Titel: | Ueber Verwendung von Alkalien in der Portlandcementfabrikation und Zerfallen des Portlandcementes; von Dr. L. Erdmenger. |
Autor: | L. Erdmenger |
Fundstelle: | Band 218, Jahrgang 1875, S. 503 |
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Ueber Verwendung von Alkalien in der
Portlandcementfabrikation und Zerfallen des Portlandcementes; von Dr. L. Erdmenger.
Erdmenger, Verwendung von Alkalien in der Portlandcementfabrikation
und Zerfallen des Portlandcementes.
Nach dem Brennen wird dem Cement oft in den Zerkleinerungsmaschinen kohlensaures
Alkali zugegeben, was zunächst den Zweck hat, ersteren in kürzerer Zeit durch
Kohlensäure-Einführung langsamer bindend zu machen. Viel verbreiteter als die
Anwendung von doppeltkohlensaurem Salz dürfte zu diesem Zwecke wohl die des
einfachkohlensauren Salzes (wohl meist calcinirte Soda) sein. Es findet jedoch dann
nicht wie bei Zugabe von doppeltkohlensaurem Alkali auch sogleich eine
Contractionsvergrößerung statt (215 543. 216 65), sondern das Volum bleibt wie auch bei der
Anwendung von bloßem Wasser dasselbe, wie bei Verwendung ohne jeglichen Zusatz,
während jedoch das jähere Ansaugen und die Erwärmungsintensität gleichfalls wie bei
Anwendung von Wasser gemildert werden. Indeß hat doch das einfachkohleusaure Alkali vor dem Wasser
noch den wesentlichen Vorzug, daß es, wie ebenfalls S. 543 (Bd. 215) bereits
angegeben ist, die Schwefelsäure etc. bindet, die fast stets in geringer Menge sich
bildet, und daß es somit der schädlichenUeber die schädliche Wirkung des Gypses u.a. siehe S. 222 des vortrefflichen
Werkes von Dr. W. Michalis: Die hydraulischen Mörtel, insbesondere der
Portlandcement. (Quandt und Händel. Leipzig 1869.) Bildung von Gyps und schwefelsaurer Magnesia entgegenwirkt. Auch unter
diesem Gesichtspunkt wird also, will man nicht die Ablöschung durch bloßes Lagern
und öfteres Umstechen erreichen, der Zusatz des Alkalis wichtiger als der des
Wassers. Es sei übrigens hier mit bemerkt, daß die vom Verfasser früher aufgestellte
Vermuthung (Bd. 215 S. 549 und 550), betreffend die Ursache schnellen Abbindens und
Erwärmens des frischen Cementes, sich modificirt. S. 547 ist bereits gesagt, daß
trotz eines gewissen sich documentirenden Zusammenhanges zwischen Temperaturerhöhung
einerseits und Steigen und Fallen des Kalkgehaltes andererseits doch im Uebrigen bei
thonreichen oder thonarmen Portlandcementen alle Temperaturen von 0° bis
14° bei Anwendung von 25 Proc. Wasser vorkommen können. In der That zeigte
sich bei weiteren Versuchen, daß auch das 1/2-Silicat, häufig ganz frisch,
noch beträchtliche Temperaturerhöhung aufweist – nur mit dem bemerkenswerthen
Unterschiede, daß bei ihm diese Eigenschaft in kurzer Zeit sich verliert, wenige
Wochen und oft selbst wenige Tage zur völligen Ablöschung ausreichen. Läßt man
daher, der ganz langsamen Abstumpfung talkreicherer Portlandcementmasse eingedenk,
vor der Temperaturprüfung auch nur kurze Zeit verstreichen, so wird man leicht zur
Annahme einer von Haus aus vorhanden gewesenen Temperaturneutralität verleitet. In
einer späteren Abhandlung wird hierauf wieder zurückgekommen werden.
Eine fernere günstige Wirkung, welche das Alkali bewirkt, sowohl das vor dem Brennen
als auch namentlich das erst bei der Cementzerkleinerung zugegebene, ist, daß es den
Cement viel befähigter macht, das zur Erhärtung nöthige Wasser zurückzuhalten.Vergl. Deutsche Bauzeitung, 1875 S. 437. Es wirkt so vorschneller Austrocknung entgegen. Der Cement ist in langsam
bindendem Zustande im Allgemeinen demselben Cement in noch frischem Zustande
vorzuziehen; ersterer ist aber (wenn ohne Alkaligehalt) dem Austrocknen stärker
ausgesetzt – so zwar, daß er bei Verarbeitung ohne
Sandzusatz zuweilen schon mehrere Stunden nach dem Anmachen nicht mehr die
ganze Menge des zur chemischen Action nothwendigen Wassers besitzt. Dadurch wird
natürlich die Festigkeit herabgestimmt und aus dem Grunde oft noch frischem Cement
der Vorzug gegeben.
Außer zu den erwähnten Zwecken kann sich die Verwendung eines Alkalis bei der
Portlandcementfabrikation noch in Hinsicht auf einen anderen Punkt als sehr
hilfreich erweisen.
Es ist bereits auf S. 70 und 71 (Bd. 216) Einiges über das öfter auftretende
theilweise Zerfallen der Portlandcementmasse im Brennofen erwähnt worden und wurde
daselbst hervorgehoben, wie namentlich stark Schlacken gebende Coaks das Auftreten
dieses Fehlers begünstigen. Indeß gibt es Cementrohmassen, die auch bei reinsten
Coaks noch stark zum Zerfallen neigen. Es zeigt sich dies namentlich bei dem in
neuerer Zeit immer mehr aufkommenden sogen. trockenen Verfahren betreffs Behandlung
der Rohmasse. Steht nur ein Kalkstein zu Gebote, welcher zum Schlemmen viel zu hart
ist, welcher demnach trocken gemahlen werden muß, so ist es natürlich sehr viel
schwerer als beim Schlemmen, die Masse in möglichst feinzertheilten Zustand
überzuführen. Sie wird zu- dem bei Weitem nicht so mit Wasser durchtränkt als
bei dem Schlemmverfahren, wo die Masse durch das zudem meist Kalksalz in Lösung
enthaltende und so das Schmelzen fördernde Wasser förmlich aufgesumpft wird.
Womöglich ist auch noch der zu erlangende Thon ein schwer schmelzbarer. Bei den
erwähnten ungünstigeren Verhältnissen in Betreff der Präparation der Masse zu
möglichst günstigem Brennergebniß ist es natürlich auch in den meisten Fällen
schwieriger, eines gleichmäßigen Brandes sich zu versichern, den Cement richtig gar
zu erbrennen, durchweg gut gesinterte, gleich scharf gebrannte Cementmasse zu
erzielen. Wollte man nun, wie dies irrthümlich meist angenommen wird, glauben, die
Cementrohmasse enthalte, wenn sie theilweise zerfällt, noch zu viel Thon, so ergäbe
sich die Unrichtigkeit dieser Ansicht schon daraus, daß der größere Theil nicht
zerfällt, sondern oft vollkommen guter, richtig zusamengesetzter Cement ist; ferner
daraus, daß bei leicht sinternder Masse ein viel besserer Brand erhalten wird,
selbst wenn dessen Masse merklich mehr Thon enthält und womöglich auch noch
schlackigere Coaks verwendet werden. Bei einer zum Zerfallen neigenden Masse kann
man mit dem Kalkgehalte immer höher und höher gehen; man erhält dann treibenden
Cement, ohne indeß das Zerfallen in genügendem Grade zu beseitigen, wenn es auch
meist gemindert wird. Untersucht man das Zerfallene, die sogen. Cementasche, so
zeigt sich allerdings stets, daß sie zu viel Thonbestandtheil enthält, daß dieser
thonige Gehalt über das 1/2-Silicat meist noch hinausgeht, während der in
festen Stücken bleibende Cement die Zusammensetzung hat, welche er, gute Vermischung
vorausgesetzt, nach der auf der Basis stöchiometrischer Berechnung ausgeführten
Zusammenmengung der Rohmaterialien haben soll. Es ist dies ein Beweis dafür, daß bei leicht
sinternder Masse die Coaksschlacke bedeutend weniger im Stande ist, die
Cementrohmasse anzugreifen, als dies bei schwerer sinternder Masse der Fall ist. Bei
letzterer tritt die Schlacke mit den äußeren Massepartien in Schmelzung ein und
erhöht ihren thonigen Gehalt an diesen Stellen so, daß zerfallende Masse resultirt.
Von 2/5-Silicatcement können durch Zusatz von 1 Ctr. thonigen Bestandtheilen
bis reichlich 10 Ctr. Cementmasse als zerfallenes Gut erhalten werden. Hat man nun
z.B. Coaks von 10 Proc. Aschengehalt zur Verwendung, bedarf man zur Ofenfüllung 100
Ctr. Coaks, und nehme man an, daß bei einer vorliegenden, schwer erbrennbaren Masse
der gesammte Coaksaschengehalt, im vorliegenden Falle also 10 Ctr., als reiner
lediglicher Thonzuschlag die Masse schädlich beeinflusse, so können im schlimmsten
Falle dadurch 10 × 12 = 120 Ctr. Cement als zerfallenes Gut gezogen werden.
Wenn auch in dem Beispiele der Ausfall hoch gegriffen ist, so zeigt dasselbe doch,
wie sehr man sein Augenmerk darauf zu richten hat, die Rohmasse, wenn nöthig vor dem
Brennen, so zu präpariren, daß dieselbe beim Brennen schon anfängt, zu fritten und
zu sintern, noch ehe die Coaksschlacke energischer auf sie einwirken kann. Ist die
Masse bereits in solcher Frittung begriffen, so sind auch die äußeren Partien
derselben bereits chemisch mit starker Kraft engagirt; die Masse ist bereits in sich
viel cohärenter, fester und für die nun auftretende Aggression der Coaksschlacke
nicht mehr frei, von derselben viel schwerer angreifbar. Letztere fließt daher
chemisch unwirksam und ohne merklichen Schaden anzurichten nieder. Wie bereis früher
(Bd. 217 S. 70 und 71) erwähnt, ist zur Erzielung eines möglichst günstigen
Brennergebnisses zunächst auf recht aschenarme und trockene Coaks zu halten. Aber
selbst bei reinsten Coaks muß einer schwerer sinternden Masse beim Zerkleinern ein
Flußmittel zugesetzt werden. Wohl die gegebenste der hierbei in Betracht kommenden
Substanzen ist die rohe calcinirte Soda. Eine kleine Menge – 0,5 Proc. und
weniger, wohl selten mehr – genügt oft, bei sonst möglichst feiner
Zertheilung und guter Mischung, den überraschendsten Erfolg zu Tage treten zu
lassen. Doch wie gesagt, nicht etwa fehlenden Kalk ersetzt diese kleine Menge des
kohlensauren Alkalis und beseitigt nicht etwa als zum vorhandenen Kalk noch weiter
ergänzend hinzukommende Basis das Zerfallen, sondern sie hat lediglich die Aufgabe,
das Sintern zu erleichtern und so namentlich mehr Sicherheit in Betreff günstigen
quantitativen Ergebnisses der Brände zu garantiren. Noch so hoher Kalkgehalt bleibt
in diesem Punkte an günstiger Wirkung oft noch erheblich hinter der Wirkung der
geringen Menge Soda zurück, namentlich was Zuverlässigkeit des erwarteten Erfolges
anlangt. Die den Cement
charakterisirenden Eigenschaften werden durch das Sinterungsmittel nicht weiter
berührt. Wenn auch Bindezeit und Farbe bei Masse mit Sinterungsmittel oft etwas
anders ausfällt als bei Masse ohne solches, so ist der Cement jedoch dadurch meist
weder schlechter noch besser geworden. Nur erhält man unter solcher Beihilfe bei
schwer erbrennbarer Masse leichter die charakteristische grünliche Farbe des
Cementes.
Von der chemischen Constitution des Portlandcementes (2/5-Kalksilicatalumnat)
ausgehend, ist ja theoretisch zur Cementfabrikation von Rohmaterialien nichts weiter
nöthig als Kalk und Thon. Um jedoch aus allen vorkommenden weichen, wie felsharten
Kalken, leicht- und schwerflüssigen Thonen, bei reineren und unreineren Coaks
guten Portlandcement auch fabrikmäßig darzustellen, genügt die Kenntniß noch nicht,
daß der Cement aus den beiden erwähnten Rohmaterialien die alleinigen wesentlichen
Bestandtheile seiner chemischen Zusammensetzung entnimmt. Für den Großbetrieb tritt
die calcinirte Soda oder ein anderes Flußmittel den eigentlichen Rohmaterialien um
so mehr ergänzend zur Seite, je ärmer an Alkali diese sind, während sie bei
alkalireicheren Rohmaterialien natürlich ganz wird vermißt werden können. Es
garantirt in sehr vielen Fällen erst Sicherheit und möglichste Ergiebigkeit der
Brände und wird somit oft genug zum wichtigsten Factor der Rentabilität der Fabrik.
Wenn demnach für die Herstellung von Cement im Kleinen es auch genügt, zu sagen:
„Der Portlandcement wird aus Kalk und Thon hergestellt“, so
muß für fabrikmäßige Darstellung doch noch hinzugesetzt werden: „und meist
noch unter Zusatz von 1/4 bis 1 1/2 Proc. eines Alkalis.“ Die
Kenntniß hiervon, sowie die Kenntniß von der wesentlichen Verbesserung des
Portlandcementes durch Ablagern (mit oder ohne Mitwirkung künstlicher
Abstumpfungsmittel) dürften wohl die Hauptpunkte des sogen. Geheimnisses der
Portlandcementfabrikation sein. Die Wichtigkeit des eventuellen Zusatzes eines
Schmelzmittels ist schon von Lippowitz
A. Lippowitz: Die Portlandcementfabrikation.
(Berlin 1868. Jul. Springer.) genügend hervorgehoben worden. Nur glaubte derselbe noch irrthümlich, daß
die Alkalien zur Vollständigkeit der chemischen Constitution des Cementes nöthig
seien, während sie nur die fabrikmäßige Darstellung erleichtern. Lippowitz bemerkt in seinem Buche, welches namentlich für
auf trockenem Wege arbeitende Fabrikanten in vielen Punkten beachtenswerth ist, sehr
richtig (S. 5): das Fabrikat wäre bei jungen Fabriken oft nach ganz richtigen
chemischen Principien hergestellt und doch nicht von der hiernach zu erwartenden
Güte. – Heute übrigens dürfte die Wichtigkeit eines Zusatzes von Sinterungsmitteln für viele
Fälle in der Portlandcementfabrikation nur noch wenigen Etablissements unbekannt
sein. Jedoch ist früher wohl der Mangel dieser Kenntniß vielfach verhängnißvoll
geworden und dürfte diesem Umstande vornehmlich das viele Lehrgeld zugeschrieben
werden, welches die meisten, heute zum Theil glänzend prosperirenden Cementfabriken
haben zahlen müssen. Der schließliche Erfolg hängt eben oft nur noch von einer
scheinbaren Kleinigkeit ab. Das Zerfallen der Oefen wurde aber, wie bereits oben
angedeutet, dann auch oft noch die Veranlassung zu noch weiterer Verschlechterung
des Cementes. Nach der herrschenden Annahme, bei Eintritt des Zerfallens lediglich
zu viel Thon vermuthend, ging man im Kalkgehalt immer höher; die Folge davon war,
daß der Cement, welcher nicht zerfallen war, mehr oder weniger arg trieb, so daß
also auch der gut erbrannte Cement nichts taugte oder nicht sobald verwendbar war
und dadurch Renommée und Existenzfähigkeit der Fabrik überhaupt oft gefährdet
wurden und nur durch die frühere hohe Einträglichkeit der Portlandcementbranche
wieder ausgeglichen werden konnten.
Feinste Vertheilung und Reinigung von überflüssigen Substanzen, möglichst vollkommene
Mischung der nach dem Verhältniß, wie es die Erzielung des 2/5-Silicats
erfordert, zusammengegebenen Rohmaterialien, eventuelle Beförderung der Sinterung
durch ein Flußmittel, das sind die Hauptbedingungen, welche ein nach Qualität wie
Quantität gutes Brennergebniß in Aussicht stellen. Dazu kommen noch möglichst
aschenarme, trockene Coaks und endlich gutes Vertrocknen der einzusetzenden
Masse.
Es mag schließlich bemerkt werden, daß der bei Cementanalysen stets vorgefundene
Gehalt an Alkali, namentlich Natron, wohl meist nur zum geringeren Theil von den
Rohmaterialien (Kalk und Thon) herrühren dürfte, zum größeren Theile aber von vor
oder nach dem Brennen künstlich zugesetzten kohlensauren Alkalien.