Titel: | Construction der Perkins'schen Wasserheizung; von C. Schinz. |
Fundstelle: | Band 219, Jahrgang 1876, S. 68 |
Download: | XML |
Construction der Perkins'schen Wasserheizung; von C. Schinz.Aus dem Nachlasse des am 8. Februar 1874 verstorbenen Verfassers.
Mit Abbildungen auf Texttafel A.
Schinz, über Construction der Perkins'schen Wasserheizung.
Obgleich es bereits ein halbes Jahrhundert ist, seitdem Perkins zuerst das nach ihm genannte Heizsystem in Aufnahme brachte, so
ist doch in diesem Zeitraume eine einzige wirkliche Verbesserung an demselben
gemacht worden, und diese besteht in der Erweiterung des innern Durchmessers der
Röhren von 1/2 auf 1 Zoll engl. (auf 25mm,4), während die vorgeblichen Verbesserungen als Absperr- und
Regulirhähne gerade den Beweis lieferten, daß die Praktiker noch ganz und gar nicht
mit dem eigentlichen Wesen dieses Heizsystems vertraut sind.
Was soll ein Absperrhahn nützen, wenn die abgesperrten Röhren nicht von Wasser
entleert werden können? Man wird genöthigt sein, alle Augenblicke die abgesperrten
Röhren wieder zu öffnen, damit das in demselben befindliche Wasser nicht zum
Gefrieren gelange, wodurch die Röhren bersten würden. Es ist das nur eine scheinbare
Concession gegen das allgemein verbreitete Vorurtheil, daß es eine Verschwendung
sei, Räume zu heizen, die man nicht augenblicklich bewohne; denn durch eine solche
Absperrung wird nur den wirklich geheizten Räumen eine größere Leistung auferlegt
und so zu sagen nichts erspart, ausgenommen in dem Falle, wo solche Räume sehr
abgelegen sind. Es ist vielmehr gerade das einer der bedeutendem Vortheile der
Centralheizungen, daß dieser Phantasie des Publicums nicht entsprochen werden kann,
daher denn auch das ganze Gebäude in allen seinen Theilen eine mehr gleichförmige
Wärme zeigt, was für das Wohlbefinden der Bewohner wesentlich ist.
Ein Regulirhahn könnte nur in dem Falle eine günstige Verwendung finden, wenn die
Geschwindigkeit der Circulation des Wassers in den Röhren eine zu große wäre. Dieser
Fall wird aber nur dann eintreten, wenn die Wärme abgebenden Röhren zu hoch über dem
Ofen liegen, ohne daß dafür gesorgt ist, daß der vorhandene Kraftüberschuß permanent
beseitigt werde; daher ist ein solcher Hahn Höchstens ein kostbares Mittel, um eine
verfehlte Construction zu verbessern.
Tab. A., C. Schniz: Construction der Perkins'schen
Wasserheizung. S. 68-69
Wie wenig die Constructeure dieser Art von Heizungen mit den Principien der
Wärmemeßkunst vertraut sind, beweisen ihre Angaben über gemachte Leistungen, wo es
z.B. heißt, 1000 Cubikfuß Raum erfordern pro Tag nur 6 Pfd. Torf, um solchen zu
beheizen. Dieses Quantum Brennstoff (3k)
producirt 10587c; 1000 Cubikfuß entsprechen
27cbm und ∛27 = 3m gibt die Flächenausdehnung des Raumes,
wenn derselbe ein Cubus ist. Ein solcher Raum hätte 12 laufende Meter abkühlende
Flächen, die bei kältestem Winterwetter (– 20°) und bei dünnen Wänden
(0m,18) pro Stunde 4554c brauchen, wenn aber die Wände dick und
wenig leitend sind, nur 1782c. Wäre aber
der Raum 10m lang, 10m breit und 3m hoch, so wäre dessen Cubikinhalt 300cbm (11111 C.-F.), der Consum müßte
also 3 × 11 = 33k Torf sein. Die
abkühlende Fläche wäre dann 40 laufende Meter und würde daher bei schlechter
Wandconstruction 20240c consumiren, bei
guter Construction 7920c, während die 33k Torf 116457c geben. Es haben also solche
oberflächliche Angaben durchaus keinen Werth und können nur dienen, um sich selbst
und Andere zu täuschen. Wer nicht im Stande ist, den erforderlichen Consum im Voraus
zu bestimmen, der wird schwerlich je einen Heizapparat construiren können, der allen
gerechten Anforderungen entspricht.
Dem Publicum gegenüber machen die Praktiker geltend, daß die
Hochdruck-Wasserheizung nicht ohne Gefahr sei, einerseits wohl, um mehr
Röhren in Rechnung bringen zu können, anderseits, weil es für sie leichter wird, die
Transmissionsröhren in den zu beheizenden Räumen richtig zu vertheilen. Nun ist aber
in der That durchaus keine Gefahr vorhanden; nicht nur ist meines Wissens noch kein
einziger Fall vorgekommen, daß eine Röhredurch den in ihr stattfindenden Druck
geborsten wäre, und wenn auch je eine solche bersten würde, so würde dies vorerst im
Ofen stattfinden, ohne daß dadurch auch nur eine Spur von Gefahr einträte, denn es
würde sich einfach das im System enthaltene Wasser im Ofen entleeren, ohne einen
Menschen treffen zu können.
Wird das Wasser auf 250° erwärmt und mit 60° in den Ofen zurückgeführt,
so ist der initiale Transmissionscoefficient = 451c pro laufenden Meter und der letzte =
46c. Um nun die Röhren in den zu
erwärmenden Räumen richtig vertheilen zu können, muß man nothwendig auch alle
dazwischen liegenden Coefficienten kennen. Da nun aber diese dem Praktiker unbekannt
sind, so zieht er eine Disposition vor, welche nur wenig differirende Coefficienten
gibt, d.h. er führt das Wasser mit einer sehr hohen Temperatur in den Ofen zurück.
Dadurch entsteht aber wirkliche Gefahr nicht wegen einer zu befürchtenden Explosion,
sondern dadurch, daß
das Wasser dermaßen überhitzt wird, daß es Holz entzündet und Feuersbrünste
veranlaßt. Ich kenne nicht weniger als drei Fälle, wo solche durch diese Ursache
veranlaßt wurden. Diese Gefahr kann nur dadurch beseitigt werden, daß man einerseits
den Ofen so baut, daß nur eine gewisse vorausbestimmte Menge von Brennstoff in der
Zeiteinheit consumirt werden kann, und anderseits dadurch, daß man dem Wasser in den
Röhren die dem Bedürfnisse entsprechende Circulation gibt. Aber auch dieser
Anforderung werden die wenigsten Praktiker zu entsprechen im Falle sein.
Es ist ferner ein diesem Heizsysteme sehr nachtheiliger Irrthum, wenn man glaubt, es
genüge, bei gelinder äußerer Temperatur dem Wasser in den Röhren eine geringe
Temperatur zu geben und dann bei größerer Kälte dasselbe durch vermehrtes Feuer
stärker zu erhitzen.
Da die Ausströmungstemperatur des Wassers eine Function der
Circulationsgeschwindigkeit ist, so wird also eine Erniedrigung dieser Temperatur
auch eine Verminderung der Circulation bewirken, und dies um so mehr, da die
Reibungswiderstände dieselben bleiben, wodurch die Circulation fast ganz aufgehoben
wird.
Wird hingegen die Röhrenlänge so bemessen, daß sie nur den halben Effect gibt, den
man im Maximum, d.h. bei größter Kälte nöthig hat, und man schürt dann das Feuer
lebhafter in der Meinung, dadurch den größern Effect zu erhalten, so wird dann die
Circulationsgeschwindigkeit so groß, daß das Wasser mit sehr hoher Temperatur in den
Ofen zurückströmt. Wenn z.B. bei der normalen Temperatur 33 500° zu
vertheilen und die Anfangs- und Endtemperatur des Wassers 150° und
60° sind, so werden dann für Vertheilung von 67000c diese Temperaturen 240° und
100°, was weder ökonomisch sein kann, noch vor jenen Zufällen sichert, die
wir erwähnt haben, da der Heizer durchaus nicht wissen kann, wie stark er das Feuer
schüren darf, um den nöthigen Effect zu erhalten.
Ein anderer Umstand macht aber die Sache noch bedenklicher. Es mag sehr bequem sein,
die Transmissionsröhren in den einzelnen Zimmern zu enge gewordenen Spiralen
aufzuwickeln, aber eine solche Spirale gibt, wie wir später zeigen werden, nur 0,55
bis 0,59 des Effectes, welchen dieselbe Röhre gestreckt geben würde, daher muß sie
auch heißer sein, als die oberflächliche Rechnung zeigt, und so kommt es dann, daß
bei großer Kälte dieselbe wohl statt 240° Initialtemperatur bis auf
300° und noch höher steigen muß.
Aus diesen Verhältnissen geht hervor, daß die Pretension,
Mitteldruck-Heizungen darzustellen, nichts als eine Illusion ist, und daß
gerade dadurch Gefahr
entsteht, und aus denselben haben wir die Folgerung zu ziehen, daß dieses Heizsystem
sich gar nicht dazu eignet, durch die Stärke des Feuers regulirt zu werden. Daher
muß die Feuerung bei äußerer milder Witterung unterbrochen werden, sobald die Zimmer
hinlänglich warm sind, und erst dann wieder Feuer gemacht werden, wenn dieselben
wieder abgekühlt sind. Scheinbar ist dies allerdings gegen dieses Heizsystem, in der
Wirklichkeit aber hat sie diese Eigenschaft mit allen andern Heizsystemen gemein;
selbst der Kachelofen, trotz seinem Wärmereservationsvermögen, ist nichts weniger
als eine constante Wärmequelle, und auch er birgt einen Theil der emittirten Wärme
in den Wänden und Möbeln, die vorhanden sind, um dieselbe wieder an die ihn
umgebende Luft abzugeben, sobald diese kälter wird als sie. Darum sind auch große
Localitäten, die keine Zwischenwände haben, und deren Wände alle an die äußere Luft
stoßen, viel schwerer zu heizen und sie erfordern eine constante Wärmequelle. Dieser
Forderung kann dann nur dadurch genügt werden, daß man mehrere Heizsysteme neben
einander anlegt, von denen man so viele in Betrieb setzt, als von der äußern
Temperatur gefordert wird.
In Berlin hat man die von Perkins eingeführten und
empfohlenen Expansionsröhren gänzlich beseitigt und wähnt durch Anbringung von
Ventilen eine Ueberheizung vermeiden zu können, da der durch diese vermehrte Druck
dann das Ventil hebe; dies ist abermals eine Illusion, die, statt alle Gefahr zu
beseitigen, solche gerade herbeiführt. Wäre die zum Ventil führende Röhre wirklich
voll Wasser, so müßte sich dieses bei der geringsten Ausdehnung des letztern heben,
also schon bei einer Erwärmung um wenige Grade; ist diese von der Hauptleitung
ausgehende Röhre, die zum Ventil führt, mit Luft gefüllt, so hebt sich das Ventil
erst dann, wenn diese Röhre das größer gewordene Wasservolum nicht mehr zu fassen
vermag; aber wann dieser Punkt eintritt, ist gänzlich unbekannt, da ja diese Röhre
nicht dafür abgemessen wird. Dagegen kann die Luft dieser Röhre, die nicht einmal
vom höchsten Punkte der Leitung ausgeht, ihre Luft theilweise in diese bringen und
dadurch die Circulation des Wassers hemmen, wodurch dann erst recht die Gefahr
entsteht, daß das Wasser überhitzt wird, weil der Heizer glaubt, es fehle am Feuer,
wenn die Circulation gehemmt ist.
Man kann nicht behaupten, daß Perkins' Erfindung in jeder Beziehung vollkommen
gewesen sei; namentlich die dicht aufgewundenen Transmissionsspiralen sind
einerseits Ursache eines größern Röhrenverbrauches und anderseits eine Quelle des
Widerstandes gegen die Circulation, die in manchen Fällen jeden Erfolg unmöglich
macht; aber noch weniger
haben Diejenigen dieses Heizsystem verbessert, die ihm nachgefolgt sind, denn mit
Ausnahme des größern Röhrenkalibers sind alle modernen angeblichen Verbesserungen
nichts als Spiegelfechtereien.
Wie in allen technischen Dingen, hängt aller Erfolg davon ab, daß die einschlägigen
Naturgesetze richtig befolgt werden. Diese Gesetze sind, keineswegs unbekannt, aber
ihre richtige Anwendung verlangt Umsicht und Arbeit. Dazu eine umfassende Anleitung
zu geben, ist der Zweck der folgenden Blätter.
(Fortsetzung folgt.)