Titel: | Ueber die Absorptionsspectra verschiedener Farbstoffe, sowie über Anwendung derselben zur Entdeckung von Verfälschungen; von Herm. W. Vogel in Berlin. |
Fundstelle: | Band 219, Jahrgang 1876, S. 73 |
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Ueber die Absorptionsspectra verschiedener
Farbstoffe, sowie über Anwendung derselben zur Entdeckung von Verfälschungen; von Herm. W. Vogel in Berlin.Aus den Berichten der deutschen chemischen Gesellschaft, 1875 S. 1246.
Mit Abbildungen.
Vogel, über Absorptionsspectra verschiedener
Farbstoffe.
Verschiedene neuere Publicationen über die Erkennung gewisser Verfälschungen von
Getränken durch färbende Stoffe beschreiben mancherlei chemische Reactionen, durch
welche man gewisse Farbstoffe und ihre Surrogate nachweisen kann. Diese chemischen
Reactionen führen jedoch in solchen Fällen selten zum Ziel, wo man es nicht mit
einem, sondern mit mehrern färbenden Stoffen zu thun hat.
Hier kommen Unsicherheiten vor, welche den Werth mancher Reagentien illusorisch
machen, namentlich gilt dies in Bezug auf die künstlichen Färbungen des Weins.Beim Weinbauer-Congreß in Colmar (September 1875) wurde mehrfach
behauptet, daß die Chemie bis jetzt kein Mittel biete, gefälschten Wein von
echtem zu unterscheiden, wenn die Fälschung nicht gerade eine sehr plumpe
sei. Ein Redner versicherte, es gebe 482 Stoffe, deren sich die Weinfälscher
bedienten. Am meisten gefälschte Weine weist Norddeutschland auf. Demgegenüber dürfte es wohl nicht ungerechtfertigt sein, wiederum auf die
Wichtigkeit des schon mehrfach von Sorby, Phipson u.a. zu
solchen Untersuchungen vorgeschlagenen Spectroskops hinzuweisen – ein
Instrument, das mit Hilfe weniger Reagentien unter Umständen so enschieden Resultate
gibt, daß alle andern Erkennungsmittel dagegen zurückstehen müssen. Der Grund, daß
die spectroskopische
Prüfungsmethode nicht allgemeinen Anklang gefunden hat, mag darin liegen, daß durch
Sorby's Publicationen der Irrthum entstanden sein
mag, man bedürfe dazu eines Mikrospectroskops oder sonst eines kostspieligen,
complicirten Instrumentes. Solches ist in der That aber nicht nöthig. Zu den
Untersuchungen reicht ein gewöhnliches TaschenspectroskopIch bediene mich eines solchen von Schmidt und Haensch in Berlin (der Preis ist 36 M.); dasselbe
spanne ich in einen Retortenhalter, so daß es horizontal und der Spalt
senkrecht steht, und richte es direct auf den Himmel oder reflectire
Himmelslicht mit Hilfe eines Spiegels auf den Spalt; diesen stelle ich so
eng, daß die Hauptlinien C, D, E, F, G und
einige zwischen liegende Nebenlinien deutlich hervortreten, sie dienen zur
Orientirung. vollständig aus und genügen einige Reagensgläser oder Fläschchen und sehr
einfache Reagentien. Selbstverständlich läßt sich dazu auch ein gewöhnlicher
Spectralapparat benützen.
Sieht man damit auf den blauen Himmel, so sieht man das Spectrum von Orange bei der
Linie C bis Indigoblau, d.h. etwas über die Linie G hinaus. Das Absorptionsspectrum einer Flüssigkeit
erkennt man am bequemsten, wenn man dieselbe auf weiße, flache, viereckige, etwa
1cm dicke Fläschchen füllt und diese
vor den Spalt setzt. Die kostspieligern „Absorptionskästen“
sind für diese Zwecke nicht nöthig und sogar weniger praktisch.
Es ist bekannt, daß die Absorptionsspectra verschiedener, sonst sehr ähnlich
gefärbter Körper oft sehr verschieden sind, daß aber auch im Gegentheil viele
chemisch ganz verschiedenartige Körper ein sehr ähnliches Absorptionsspectrum
zeigen, z.B. Eisenchlorid und alkoholische Jodlösung. Diese Thatsachen sind aber
kein Einwand gegen die Absorptionsspectralanalyse. Es verhält sich hiermit ähnlich
wie mit der Polarisationsanalyse; diese ist keineswegs auf alle Körper anwendbar,
sondern nur auf diejenigen, welche die Polarisationsebene drehen, für diese aber ist
sie ganz unschätzbar.
Die Absorptionsspectralanalyse setzt selbstverständlich die Kenntniß der
Absorptionsspectren der verschiedenen Stoffe voraus. Eine ziemliche Zahl derselben
ist durch die bisherigen Untersuchungen bekannt, dennoch bleiben noch genug zu
bestimmen übrig. Ein Uebelstand, welcher der Verbreitung der Spectralkunde erheblich
in den Weg tritt, ist die ungenügende Zeichnung und Beschreibung der
Absorptionsspectren. Auf gewöhnlichem Wege gefertigte Zeichnungen werden fast immer
durch den Lithographen oder Holzschneider ungenau wiedergegeben und noch mehr durch
den Farbendruck verunstaltet. Selten trifft man daher eine richtige Zeichnung eines
complicirten Absorptionsspectrums.Auch die Flammenspectra in den meisten Tafeln der Lehrbücher über Chemie sind
höchst ungenau, öfters geradezu falsch.
Um diesem Uebelstande aus dem Wege zu gehen, bediene ich mich zur Darstellung der
Spectren der graphischen MethodeVergl. K. Vierordt: Die quantitative
Spectralanalyse in ihrer Anwendung auf Physiologie, Physik, Chemie und
Technologie (Tübingen 1876, Pr. 6,8 M.). – Verfasser bespricht hier
sehr eingehend die Technik und Methodik der quantitativen Spectralanalyse,
die Farbstoffabsorption der Knochenkohle und verschiedener fester Körper,
sowie die physiologische und pathologische Spectralanalyse. D. Red. v. D. p.
J., welche ich bereits bei Darstellung meiner photographischen Spectren
angewendet habe. Auf einer Horizontallinie als Abcisse, welche durch die
Frauenhofer'schen Hauptlinien abgetheilt ist, wird die Absorption, welche irgend ein
Stoff gibt, durch eine Curve ausgedrückt, die um so höher steigt, je intensiver die
Absorption ist.
Fig. 1., Bd. 219, S. 75
So gibt Rosanilin bei geeigneter Verdünnung bekanntlich einen dunklen
Absorptionsstreif im Grün, der nach D im Gelb hin
plötzlich in Hell übergeht, nach der Linie E im Grün
rasch, dann nach F hin allmälig abnimmt; solches ist
approximativ durch die punktirte Curve in Figur 1
deutlich ausgedrückt. Bei stärkerer Verdünnung sieht man nur einen schmalen Streif
zwischen E und D, der in
Fig. 1 durch eine kurz ausgezogene Curve
angedeutet ist.
Die Sache ist so leicht verständlich, daß eine nähere Auseinandersetzung kaum nöthig
ist, und so leicht ausführbar, daß auch der des Zeichnens Unkundige ein
verständliches Absorptionsspectrum darstellen kann.Eine noch rationellere, aber für praktische Zwecke zu weit gehende
Darstellungsweile verdanken wir J. Müller
(Poggendorff's Annalen, Bd. 72 S. 76). Eine genauere Angabe der Lage der Absorptionsstreifen ist für die Praxis
insofern unnöthig, als schon eine geringe Concentrationsänderung oder eine
Veränderung des Brechungsindex der Lösung ihre Grenzen verrückt.
Die Absorptionsstreifen der wichtigsten Farbstoffe, welche für die
Absorptionsspectralanalyse in Betracht kommen, liegen zwischen C und F, die jenseits C liegenden erfordern zu ihrer Erkennung Sonnenlicht,
das nicht immer zur Disposition ist und daher hier, wo es sich um praktische Proben
handelt, außer Frage gelassen worden ist.
Angeregt durch Fachmänner, habe ich mich zunächst mit den Farbstoffen beschäftigt,
welche zur Verfälschung des Weins dienen, und von denen bisher nur einzelne
spectroskopisch untersucht sind.
Hier kam es vorerst darauf an, die Spectralreaction des reinen Rothweins zu
untersuchen. Sorby hat zu dem Zweck den Farbstoff des
Rothweins selbst und den Farbstoff frischer Beeren zu isoliren versucht (vergl. 1870
198 243). In der Praxis hat man es jedoch nicht mit
dem isolirten Farbstoff, sondern mit der Mischung desselben mit Wasser, Weingeist,
Weinsäure als Wein zu thun, und ich hielt es daher für zweckmäßiger, die Reaction
der reinen Weine selbst spectroskopisch festzustellen. Die Beschaffung völlig reinen
Rothweins war schwieriger, als es den Anschein hatte. Durch Hilfe befreundeter
Weinhändler erhielt ich einen völlig reinen Aßmannshäuser, einen Burgunder Nuit,
einen Cot d'or und einen Bordeaux. Obgleich alle drei in Intensität der Farbe und
Alter sehr verschieden, zeigten sie doch übereinstimmend folgende
Spectralreactionen.
Reiner concentrirter Wein löscht das ganze Spectrum aus bis auf Orange (Fig. 2
a I). Verdünnter Wein löscht dunkelblau fast ganz aus,
läßt Hellblau leicht durch, absorbirt aber Grün und Gelbgrün stärker. Die Absorption
nimmt nach D hin wieder ab (Fig. 2
a II). Das Roth geht unverändert durch. Mit Weinsäure
oder Essigsäure versetzt, dunkeln diese reine Weine nur unbedeutend.
Fig. 2., Bd. 219, S. 76
I. Reiner Rothwein; II.Verdünnter
Rothwein; Rothwein u. Ammoniak
Mit Ammoniak versetzt, ändert sich die Farbe der Weine in Dunkelgraugrün, und werden
sie zugleich erheblich undurchsichtiger; man muß daher stärker verdünnen, um das
Absorptionsspectrum deutlicher zu beobachten. Dieses ist jetzt ein total anderes:
Indigo und Blau werden stark verschluckt, gegen Grün sinkt die Absorption und ist im
Gelb und Orange am Geringsten (Fig. 2b). Im Orange zeigt sich zwischen den leicht erkennbaren
Linien, die ich zur Orientirung mit Buchstaben c und d bezeichnen will, ein schwacher Absorptionsstreif. Im
Lampenlicht treten diese Erscheinungen viel weniger charakteristisch hervor, daher
bediene ich mich bei meinen Reactionen stets des Tageslichtes. Der Absorptionsstreif
des alkalischen Weins ist bei Lampenlicht kaum wahrnehmbar. Anders sind nun die
Spectralreactionen der Farbstoffe, welche zum Färben der Weine dienen. In erster Linie verwendet man
hierzu Kirschsaft, Heidelbeersaft, zuweilen Fliedersaft, und in Frankreich den Extract der braunen
Malvenblüthen.
Die Färbung, welche diese zwar der Gesundheit aber nicht dem Geschmack der Weine
unschädlichen Stoffe erzeugen, sind in der That äußerst weinähnlich, und das blose
Auge dürfte nur schwer einen charakteristischen Unterschied wahrnehmen. Auch die
Spectralreaction der reinen Säfte gibt keinen sehr erheblichen Unterschied. Ich
untersuchte Kirschsaft und Heidelbeersaft nach dem Ausdrücken mit Wasser und Filtriren, Fliederbeeren und Malvenblüthen in alkoholischem Extract nach der Verdünnung mit Wasser.
Alle diese Säfte lassen in concentrirter Form in Schichten von 1cm Dicke nur das weniger brechbare Orange
des Spectrums durch (Fig. 3a I). Durch Verdünnen wird die Absorption schwächer; es erscheint die D-Linie, das Gelb (Fig.
3a II), dann das Hellblau, und bei weiterm
Verdünnen erkennt man nur eine allmälig nach G im Indigo
und E im Grün hinansteigende und nach D roth abnehmende Verdunklung (die ausgezogenen Linien
Fig. 3
b bis 6). Verdünnt man Kirschsaft, Heidelbeer-
und Fliedersaft, reinen Rothwein und Malve in fünf Gläsern mit Wasser, so daß sie ungefähr gleiche Farbenintensität zeigen, so
erscheint Wein etwas gelblicher als saurer Kirschsaft, dieser etwas gelblicher als
Heidelbeersaft, dieser etwas gelblicher als Fliedersaft und Malve. Ihre Spectra
stimmen aber sehr nahe überein, wie die ausgezogenen Linien Fig. 3
b bis e ergeben und Fig. 2
a II.
Deutlichere Unterschiede treten aber hervor, wenn man die Proben, welche so weit
verdünnt sind, daß sie noch Blau zwischen F und G durchlassen, auf 2cc mit 1 Tropfen Weinsäure 1 : 10 versetzt.
Fliederbeerensaft wird dadurch intensiv rothgelb und sein
Absorptionsvermögen wird enorm gesteigert (s. die punktirte Linie in Fig. 3
d), so daß er jetzt Blau und Grün und einen Theil des
Gelb bis nahe D vollständig auslöscht. Bei stärkerer
Verdünnung läßt er wieder Blau hindurch.
Sehr ähnlich verhält sich Malvenblüthe; sie wird durch
Weinsäure intensiv weinroth (nicht gelbroth wie Flieder) und absorbirt dann bei
hinreichender Concentration das ganze Spectrum bis nahe D (s. die punktirte Linie in Fig. 3
e). Von zwei Proben verdünnten Fliedersaftes und
Malvenblüthe, beide von gleicher Intensität, dunkelt bei Zusatz je eines Tropfens
Weinsäure Malvenblüthe bei weitem intensiver als Flieder, und die Absorption
erstreckt sich bei Malve weiter nach D.
Heidelbeersaft und saurer
Kirschsaft verdunkeln mit Weinsäure ihre Farbe nur mäßig, ohne deren Nüance zu ändern, die
Absorption in Grün und Dunkelblau wird dadurch stärker, aber bei weitem nicht in dem
Grade als beim Fliedersaft und Malve. Die punktirten
Linien in Fig. 3
a bis e
drücken das Absorptionsspectrum der mit Weinsäure versetzten
Säfte aus. Färbt man einen Weißwein mit den gedachten Säften und setzt dann
Weinsäure hinzu, so ist die Verdunklung nicht so intensiv als bei reinen Säften,
weil im Wein schon Weinsäure enthalten ist.
Fig. 3., Bd. 219, S. 78
Heidelbeere, Malve, conc.;
Fliederbeere, conc.; Saure Kirsche, conc.; Saure Kirsche; Fliederbeere; Malve;
Saure Kirsche u. Ammoniak; Heidelbeere u. Ammoniak; Flieder u. Ammoniak; Malve
und Ammoniak; Rothwein u. Ammoniak; Rothwein u. Ammoniak und Heidelbeere;
Flieder u. Alaun; Malve u. Alaun; Süße Kirsche
Reine Weine dunkeln ihre Farbe durch Zusatz von Weinsäure
nur ganz unbedeutend. Ich fand solche leise
Verdunklung allein beim Aßmannshäuser, dagegen nicht beim Macon und Nuit. Ein Wein,
dessen Farbe durch Zusatz von Weinsäure dunkelt, erregt Verdacht, daß eine künstliche Färbung
vorliegt, obgleich kein zuverlässiges Resultat gewonnen ist.
Charakteristisch aber und von der Weinreaction abweichend ist das Verhalten gedachter
Säfte zu Ammoniak. Ein Tropfen Ammoniak, zu etwa 2cc derselben gesetzt, färbt diese zunächst
dunkler, so daß man sie mehr verdünnen muß, um das Absorptionsspectrum zu sehen;
dann ändert Ammoniak gänzlich die Farbe und das Absorptionsspectrum. Kirschsaft wird
dadurch graugrün wie Wein, Heidelbeersaft anfangs rein blau, später grau,
Fliederbeersaft olivengrün und Malventinctur schön grün wie Gras oder
Chlorophylllösung – eine Färbung, die nicht lange von Bestand ist. Die
Färbung der drei ersten ist der Färbung des Weins mit Ammoniak ziemlich ähnlich. Im
Spectroskop offenbart sich aber sofort ein Unterschied, indem
die sämmtlichen hier genannten Säfte mit Ammoniak einen Absorptionsstreif auf
der D-Linie geben, der nach beiden Seiten
sanft verläuft, während Wein nur eine sehr schwache Absorption in der Mitte
zwischen D und C zeigt (s.
Fig. 3
d bis k)Fig. 3k ist zwischen D und
C durch den Holzschnitt etwas verzeichnet.
Man vergleiche damit Fig. 2
b..
Weißwein mit den genannten Farbstoffen versetzt, zeigt dieselben Farbenänderungen mit
Ammoniak; bei Gegenwart von viel Weinsäure sind die Farben auf Zusatz von Ammoniak
mehr bläulich.
Die Lage der Absorptionsstreifen von Heidelbeere, Kirsche und Flieder unterscheidet
sich nicht erheblich, während der Absorptionsstreif der Malve etwas weiter ins Roth
hineingeht; er erstreckt sich bis zur Linie c, während
die andern bei der Linie d aufhören (s. Fig. 3
i), vorausgesetzt, daß man zur Vergleichung
Flüssigkeiten von gleicher Helligkeit angewendet hat. Der schwache Absorptionsstreif
des Weins mit Ammoniak fällt mit der weniger brechbaren Seite des Streifen von Malve
mit Ammoniak zusammen; letztere aber erstreckt sich weit über D hin und unterscheidet sich dadurch von Wein ganz zweifellos.
Selbst wenn der Wein zum Theil Naturfarbe hat und nur künstlich dunkler gemacht
worden ist, läßt sich leicht der Zusatz an fremdem Farbstoff entdecken; so zeigt die
Curve l
Fig. 3 die Reaction eines solchen Weins, der mit
Heidelbeeren theilweise gefärbt wurde.
Aehnliche Reactionen zeigt von andern Farbstoffen nur Lackmus, der aber durch seine
Reaction gegen Salpetersäure zu erkennen ist. Ein Tropfen Salpetersäure zu 2cc des mäßig verdünnten, oben gedachten
Farbstoffes gegeben, färbt diese erheblich dunkler, Lackmus dagegen heller.
Haben die Farbstoffe bereits eine Zersetzung erfahren, so zeigen sich die
Farbenveränderung und der AbsorptionsstreifAbsorptiosnsstreif mit Ammoniak nicht mehr so deutlich.Es ist deshalb noch festzustellen, inwieweit der Farbstoff sich beim Altern
der Weine verändert. Die ältesten von mir geprüften Weine waren
fünfjährig. Aehnliches bemerkt man bei gefärbten verdorbenen Weinen. Diese lassen sich
aber sehr gut mit Gelatine prüfen (s.u.).
Um die Art des Farbstoffes festzustellen, gibt es noch folgende sichere
Reactionen.
Phipson erkannte, daß Malvenfarbstoff mit Alaun einen
Absorptionsstreif bei der D-Linie gibt. Ich
beobachtete dasselbe beim Flieder. Verdünnt man beide Farbstoffe so weit mit Wasser,
bis sie ziemlich gleich durchsichtig sind und ungefähr das Absorptionsspectrum Fig. 3
d geben, und setzt alsdann zu je 2cc Tropfen gesättigte Alaunlösung, so färbt
sich Flieder damit langsam höchst intensiv violett, und seine Absorption setzt dann
zwischen d und D plötzlich
ein, rasch steigend und nach Blau hin ganz allmälig abnehmend (Fig. 3
m).
Malve wird mit Alaun bläulich und trübe, zeigt eine plötzlich auftretende Absorption
bei d, die aber nach Grün fällt, so daß E, C und F deutlich
hervortreten (Fig. 3
n). Diese Blaufärbung neben Trübung und größere
Durchsichtigkeit für Grün ist für Malve charakteristisch.
Bei Verdünnung der Farbstofflösungen rückt der Anfang der Absorption mehr nach D. Dieselben Farbstoffe geben jedoch mit Alaun bei
Gegenwart der Weinsäure andere Reactionen; Flieder färbt sich dann gelbroth, Malve
weinroth, und der charakteristische Absorptionsstreif auf D erscheint dann nicht. Da nun im Wein stets Weinsäure enthalten ist, so
ist mit Alaun ohne weiters der Farbstoff nicht zu erkennen.Phipson hat vermuthlich nur die Reaction des
Malvenextractes, nicht aber die des damit gefärbten Weins untersucht. Man kann jedoch die Reaction wieder herstellen, wenn man den Wein vorsichtig
mit verdünntem Ammoniak neutralisirt, bis die Farbenänderung eintritt, und dann ein
paar Tropfen Essigsäure hinzusetzt, bis die rothe Farbe wieder erscheint. Jetzt läßt
sich die Flieder- und Malvenreaction mit Alaun sehr gut erkennen, da
Essigsäure das Entstehen der Absorptionsstreifen auf D
nicht verhindert.
Malve zeigt hierbei nicht die intensive Reaction von Flieder, da sie durch Ammoniak
zum Theil zersetzt zu werden scheint; doch erkennt man sehr gut mit Alaun die
bläuliche Farbe und den Absorptionsstreif.
Reiner Wein wird durch Alaun nicht verändert. Kirsche
dunkelt mit Alaun viel weniger als Flieder und Malve und zeigt dann nur eine etwas
intensivere Absorption als Fig. 3
b. Heidelbeere dunkelt durch Alaun noch weniger als
Kirsche mit unwesentlicher Aenderung der Absorption. Beide
zeigen damit keinen Absorptionsstreif auf D.
Faure erkannte, daß reiner Weinfarbstoff durch Zusatz von
Tannin und Gelatine vollständig ausgefällt wird, Malve dagegen nicht. Diese Reaction
kann ich bestätigen, indem ich hinzufüge, daß auch Fliederfarbstoff durch Tannin und
Gelatine nicht ausgefällt wird. Dagegen wird der Farbstoff der Kirsche und
Heidelbeere zum großen Theil durch Tannin mit Gelatine gefällt.
Versetzt man 2cc eines Rothweins mit 10
Tropfen Tanninlösung von 2 Proc. und 6 Tropfen Gelatine von 2 Proc. und läßt den
Niederschlag absetzen, so bleibt bei reinem Wein in der klaren Füssigkeit nur ein
ganz schwacher rosa oder gelber Schimmer zurück, bei künstlich gefärbtem Wein
dagegen eine merkliche Färbung, welche bei Kirsche und Heidelbeere deutlich rosa
ist. Diese Reaction ist selbst bei zersetzten Weinen noch brauchbar, wenn die
Reaction mit Ammoniak versagt. Macht man daneben einen Controlversuch mit reinem
Wein, so ist eine Täuschung kaum möglich. Fliederfarbstoff und Malve bilden somit
eine Gruppe für sich, ebenso wie KirscheDer Farbstoff der süßen Kirsche ist erheblich weniger intensiv als der der
sauren Kirsche und zeigt eine ganz andere Absorption als letztere, die von
Blau nach Gelb ganz allmälig abnimmt. Mit Ammoniak gibt er keinen
Absorptionsstreif bei D (s. Fig. 3
o). und Heidelbeere; die Glieder derselben Gruppe zeigen unter sich große
Aehnlichkeiten, die Gruppen unter einander aber sehr bestimmte Unterschiede.
Kirsche und Heidelbeerfarbstoff sicher zu unterscheiden, ist schwierig.
Ueber Verfälschungen mit andern Farbstoffen, die viel leichter zu erkennen sind,
werde ich später berichten.