Titel: | Grundsätze der Galvanoplastik; Erwiederung. |
Autor: | Meidinger |
Fundstelle: | Band 219, Jahrgang 1876, S. 141 |
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Grundsätze der Galvanoplastik;
Erwiederung.
Meidinger, über Grundsätze der Galvanoplastik.
Hr. Professor Kick ist im Irrthum, wenn er in seiner
Entgegnung (S. 61) glaubt, ich hätte ihm einen Vorwurf daraus machen wollen, daß ihm
meine Abhandlung in Meyer's Conversationslexikon unbekannt geblieben war; ich
constatirte einfach die Thatsache, theilte jedoch zugleich mit, daß Separatabdrücke
der Abhandlung gefertigt wurden, von welchen ich, nebenbei bemerkt, an 60 Exemplare
vertheilt habe, wie solche auch (als besondere Broschüre) meines Wissens in den
Buchhandel gebracht wurden. Daß die Schrift gleichwohl nicht in Jedermanns, auch
nicht in eines Fachmanns Hände gelangte, ist ganz begreiflich, und finde ich dies im
vorliegendem Falle nur bedauerlich, indem sie dann Hrn. Professor Kick wohl von der Mühe neuer Untersuchungen auf diesem
Gebiet abgehalten hätte. Auf der andern Seite darf mir solches wieder angenehm sein,
indem mir dadurch Gelegenheit wurde, die Priorität der Gedanken in unserm
verbreiterten technischen Journal öffentlich in Anspruch zu nehmen, wozu es eine
gewisse Gleichgiltigkeit in solchen Dingen früher nicht kommen ließ. Nur meine
Uebersiedlung nach Carlsruhe und in eine andere Thätigkeit Anfang des Jahres 1865
hinderten mich übrigens, ein in Heidelberg projectirtes Werk über Galvanoplastik, wo
ich 7 Jahre über diesen Gegenstand vorgetragen und experimentelle Uebungen geleitet
hatte, herauszugeben. Uebrigens rühme ich mich nicht einmal, die richtigen
Anschauungen über die Bildung des galvanoplastischen Niederschlags vollständig
allein durch eigene experimentelle Arbeit gewonnen zu haben; dem Werk von Smee: Elements of Electrometallurgy, London 1851 3. Auflage, verdanke ich
wirklich nicht wenig; die von ihm aufgestellten laws
kommen der Wahrheit schon ziemlich nahe.
Soviel einleitungsweise, um dem Leser meine Beziehungen zur Galvanoplastik, über die
ich übrigens zu verschiedenen Zeiten kleinere Abhandlungen (zuletzt den amtlichen
Bericht über Galvanoplastik auf der Wiener Weltausstellung) geschrieben habe, ins
rechte Licht zu setzen, und um ihm die Ueberzeugung zu verschaffen, daß meine
Behauptungen auch ohne Unterstützung durch schöne tabellarische Versuchsreihen
Vertrauen verdienen.
Das Mißverständniß, dessen mich der geehrte Hr. College zeiht, beruht auf seiner
Seite. Das von mir entwickelte Gesetz der Bildung des galvanischen Niederschlags
bezieht sich auf das Verhalten der neutralen Kupferlösung
resp. Metalllösung im Allgemeinen. Das Gesetz läßt sich einfach so ausdrücken: Das Verhältniß von Stromdichte zu Concentration der Lösung ist
für eine bestimmte Beschaffenheit des galvanischen Niederschlags eine constante
Größe, nur daß die Grenzen nicht ganz scharf sind. Es ist das so wichtige
Wörtchen neutral allerdings zum Anfang der Entwicklung
nicht besonders hervorgehoben; wenn ich aber von einer Metalllösung spreche, kann
ich doch gewiß nichts anderes meinen, als gerade das einfache
(Kupfervitriol-) Salz gelöst. Auch wird Jeder, der sich mit Untersuchung
galvanischer Niederschläge zu beschäftigen gedenkt, von vornherein gewiß nur die
einfachen Salze in Angriff nehmen; in den meisten Schriften über den Gegenstand ist
zumal nur von neutraler Kupfervitriollösung die Rede. Jeder Irrthum sollte endlich
dadurch vollständig ausgeschlossen sein, daß später der außerordentliche Einfluß
fremder Salze sowie der freien (Schwefel-) Säure ausführlich besprochen wird.
Die Säure übt gerade die Wirkung aus, daß der Niederschlag bei den schwächsten
Strömen wie bei den stärksten (im letztern Fall bis zu einer gewissen Grenze,
derselben wie bei der neutralen Lösung) gleich gut geräth und daß somit, wie ich
ausdrücklich hervorhob, die Galvanoplastik durch diesen Umstand sich im Allgemeinen
so leicht ausüben läßt. Ich bemühte mich noch besonders, diese merkwürdige Wirkung
der Schwefelsäure zu erklären.
Wenn ich sagte, die Ergebnisse der Untersuchungen Kick's
sind der Hauptsache nach nicht unbekannt, so sind als solche Ergebnisse gemeint:
„aus neutraler Kupfervitriollösung erhält man (häufig) schlechte
Niederschläge, aus saurer Lösung jedoch (in der Regel) gute“ –
Dinge, welche den meisten Praktikern ohne Zweifel längst bekannt sind. Es handelte
sich auch viel
weniger darum, diese Thatsachen festzustellen, die übrigens so ganz präcis meines
Wissens nirgends zuvor ausgesprochen wurden, als vielmehr die Erklärung dafür zu geben. Darüber schweigt nun Kick vollständig, während ich schon vor 10 Jahren eine doch gewiß ganz
plausible Ansicht veröffentlicht habe, und dieses ist es, was ich (nächst dem
Verhalten der Anode) in meiner frühern Abhandlung als neu bezeichnen wollte. Um
durchaus nicht mißverstanden zu werden, erlaube ich mir das Wichtigste über die
Wirkung galvanoplastischer Bäder folgenderweise zusammenzufassen:
„Neutrale Metalllösungen sind aus dem Grunde weniger gut für die Bäder
geeignet, weil bei schwächern Strömen oder, sagen wir, geringer Stromdichte der
Niederschlag zu ausgeprägt krystallinisch wird. Das Metall muß sich secundär
ausscheiden, dann wird es bei jeder Stromdichte feinkörnig.
Der Zusatz von Säure, wo er überhaupt verwendbar ist, wird aus diesem Grunde
förderlich, außerdem erhöht er die Leitungsfähigkeit der Flüssigkeit, wodurch
der Strom an Stärke zunimmt und die Ausscheidung des Metalles beschleunigt.
Fremde Salze werden zuweilen ähnlich wirken wie die Säure, in manchen Fällen
kann jedoch der Niederschlag aus dem Grunde besser werden, weil sich eine Art
Legirung bildet (wie z.B. beim Eisen); daß unter anderm das Eisen aus neutraler
Eisenvitriollösung sich schlecht ausscheidet, rührt vielleicht daher, daß es
sich während des Ausscheidens oxydirt, wodurch natürlich die Theilchen keinen
Zusammenhang gewinnen.“
Prof. Kick spricht es übrigens selbst wiederholt aus, daß
auch die starksaure Kupferlösung bei sehr schwachen Strömen einen weniger zähen,
d.h. also mehr krystallinischen Niederschlag gegeben habe; ebenso gab Zusatz von
viel Schwefelsäure bessere Resultate, wie wenig Schwefelsäure. Das erklärt sich
vollständig aus Obigem. Nach Kick sollte die Ursache
allerdings in einem Bleigehalt des Niederschlags liegen. Dies wäre experimentell zu
beweisen. Blei ist weich, nicht spröde. Verdünnte saure Lösungen halten bekanntlich
kein schwefelsaures Bleioxyd gelöst; wo sollte da die elektrolytische Ausscheidung
herkommen? Lauter Widersprüche! – Was auch Prof. Kick gefunden, ist allgemein richtig: der am raschesten gefällte
Niederschlag ist immer der beste, resp. weichste, da sich die Krystalle am feinsten
ausscheiden – bis zu der bekannten Grenze.
Wenn nun Hr. Prof. Kick als Hauptresultat seiner
Untersuchungen angibt: „Die Beschaffenheit metallischer Niederschläge ist
unabhängig von der Stromstärke, aber abhängig von der Zusammensetzung der
Flüssigkeit“
– so stimmt dies
doch ganz exact weder mit seinen Untersuchungen überein, noch mit dem wirklichen
Sachverhalt. Kick hat ja selbst gefunden, daß bei sehr
großer Stromdichte das Kupfer sich schwammartig ausschied; es ist somit also doch
die Grenze da. Wird die Flüssigkeit mit Wasser verdünnt, aber durch Zusatz von
Schwefelsäure wieder auf ihre ursprüngliche Leitungsfähigkeit gebracht, so tritt die
Grenze bei entsprechend der Verdünnung geringerer Stromdichte ein; gute
Niederschläge kann man auch in einer solchen verdünntern Lösung erhalten. Ein guter
Niederschlag ist durchaus nicht an eine bestimmte Concentration der Flüssigkeit
geknüpft, wie man etwa aus Kick's Aeußerungen schließen
möchte. Er ist auch nicht an die Gegenwart der Säure in der Kupferlösung im
Allgemeinen gebunden. Hätte Kick seine Versuche 1 und 3
bei sehr großer statt bei sehr kleiner Stromdichte angestellt, so würde er auch aus
neutraler Kupfervitriollösung tadellosen Niederschlag
erhalten haben, ebenso wie er solchen aus der nur mit 1/2 Proc. Schwefelsäure
versetzten Lösung bei großer Stromdichte erhielt (Versuch Nr. 17, 52 und 60); dafür
hätten aber statt eines Smee'schen Elementes zwei Bunsen'sche angewendet werden müssen. Ebenso würde
bei der angegebenen geringen Stromdichte ein tadelloser Niederschlag erhalten worden
sein, wenn die fast concentrirte neutrale Kupfervitriollösung mit vielleicht der
6fachen Menge Wasser versetzt worden wäre.
Die ungünstigen Resultate bei Zufügung von chlorhaltigen Säuren oder Salzen zu der
Kupferlösung (während sich schwefelsaure Salze ganz indifferent verhalten) dürften
sich daraus erklären lassen, daß sich unter solchen Umständen Kupferchlorid bildet,
welches die Eigenschaft besitzt, metallisches Kupfer zu Kupferchlorür aufzulösen,
das sich dann wieder bei völliger Sättigung an das Kupfer selbst weiß ausscheidet;
dadurch muß natürlich die feste Structur unterbrochen werden.
Was nun endlich die Anstände betrifft, die Hr. Prof. Kick gegen meine Anmerkung
erhebt, so bedaure ich, ihm auch hierin Unrecht geben zu müssen. In seiner
ursprünglichen Abhandlung hält derselbe den schwarzen Niederschlag wahrscheinlich für Kupferoxyd.
Damals war also keine Analyse angestellt gewesen, und doch wird dies am Schlusse des
obigen Artikels behauptet. Was der schwarze Niederschlag in Wirklichkeit ist,
darüber brauchen wir uns nicht zu streiten; diese Mühe hat uns durch ganz gründliche
Untersuchung Maximilian Herzog von Leuchtenberg vor
beinahe 30 Jahren abgenommen (vergl. 1847 104 293. 106 35. 1849 111 136). Vor
allem hat derselbe nachgewiesen, daß die neutrale Kupfervitriollösung, zwischen
Kupferpolen zersetzt, in ihrem Verhältniß von Kupfer zu Schwefelsäure durchaus nicht
verändert wurde, woraus
doch zur Evidenz hervorgeht, daß nur das Salz nach Cu
und SO₄ zersetzt sein, aber keine Oxydation des
Pols eintreten konnte. (Bei dem einfachen Bade wurde hingegen eine Zunahme der Säure
beobachtet, die ohne Zweifel von der Zinkzelle überdiffundirte.) An der Anode wurde
nun aber das bekannte schwarze Pulver in Masse vorgefunden. Dasselbe enthielt zur
großen Ueberraschung kein Kupferoxyd. Dafür wurden eine
große Anzahl anderer Stoffe darin gefunden: Antimon, Zinn, Arsen, Platin, Gold,
Silber, Blei, Nickel etc., auch Kupfer (theils vom Abschaben des Pulvers metallisch,
theils als Oxydul). Da erklärt sich denn wohl die schwarze Farbe zur Genüge. Ich
ersuche Hrn. Prof. Kick den folgenden Versuch
anzustellen. Aus einer chemisch reinen, mit reiner Schwefelsäure versetzten
Kupfervitriollösung möge im einfachen galvanoplastischen Bad eine chemisch reine
Kupferplatte gefällt werden. Diese verwende man in einer zweiten durchaus reinen
sauren Kupferlösung als Anode, und wenn sich jetzt auf deren Oberfläche wieder ein
schwarzer Niederschlag bildet, so möge derselbe mit meiner Zustimmung Kupferoxyd
heißen.Ich füge anmerkungsweise noch Einiges über das Verhalten des positiven Pols
in einfachen, nicht alkalischen Salzlösungen bei. Ist das Metall desselben
unrein, so bleiben alle negativeren metallischen Bestandtheile desselben
ungelöst, sowie die positiveren, die mit dem Säureradical eine unlösliche
Verbindung bilden, endlich die in dem Metall aufgelösten Oxyde. Von
Legirungen wird bei sehr schwachem Strom (Stromdichte) der positivere
Bestandtheil allein gelöst, bei starkem Strom alle Bestandtheile. Es ließe
sich hierauf vielleicht eine Methode der Analyse gründen, insbesondere zum
Nachweis von Oxyden in Metallen oder Legirungen. Bei den epochemachenden
Untersuchungen Künzel's über Bronzelegirungen,
die kürzlich in einer besondern großen Schrift veröffentlicht wurden
(Dresden 1875, Meinhold's Söhne), konnte das
Vorhandensein von Zinnoxyd nur auf indirectem Wege nachgewiesen werden.Die Elektrolyse bietet ein einfaches directes Mittel der Analyse, bei
Auflösung des Pols bleiben Kupferoxydul und Zinnoxyd ungelöst zurück; die
Trennung und Bestimmung derselben wird keine Schwierigkeit haben. Als
Elektrolyt dürfte sich ein neutrales schwefelsaures Salz, z.B. Glaubersalz,
am besten eignen. Das am negativen Pol sich ausscheidende Alkali würde das
am positiven Pol gebildete Kupferoxyd- und Zinnoxydulsalz sofort
fällen. Bei Verbindung der Zersetzungszelle mit einer zweiten aus chemisch
reiner Kupfervitriollösung mit etwas reiner Schwefelsäure bestehenden Zelle,
in welcher ein aus chemisch reinem Kupfer bestehender positiver Pol einem
negativen Pol aus gewöhnlichem Kupferblech gegenübersteht, würde man aus der
Gewichtszunahme des letztern und ebenso großen Gewichtsabnahme des erstern
das Aequivalent der gelösten Bronze in reinem Kupfer erfahren und daraus
durch einfache Rechnung das Verhältniß von Zinn zu Kupfer in der Legirung
bestimmen. Wenn noch ein drittes Metall z.B. Zink in der Bronze vorhanden
ist, so muß allerdings die Bestimmung des einen Metalles auf chemischem Wege
durch Fällung vorgenommen werden. Will man bei Untersuchung nur zweier
Metalle auf eine etwaige Controle durch den chemischen Niederschlag
verzichten, so kann man die Untersuchung auch mittels einer einzigen Zelle
aus Kupfervitriol vornehmen, wobei die Bronze den positiven Pol bildet.
Carlsruhe, December 1875.
Meidinger.