Titel: | Ueber Ultramarin-Fabrikation; von C. Fürstenau. |
Fundstelle: | Band 219, Jahrgang 1876, S. 269 |
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Ueber Ultramarin-Fabrikation; von
C.
Fürstenau.
Fürstenau, über Ultramarinfabrikation.
Nach des Verfassers Ansicht (Wochenschrift des n.-ö. Gewerbevereins
1875 S. 576) ist das Ultramarin ein Thonerde-Natronsilicat, in
welchem ein Theil des Sauerstoffes durch Schwefel ersetzt ist, und zwar so, daß die
Schwefelverbindungen in ihrer Zusammensetzung den respectiven Sauerstoffverbindungen
entsprechen. Das gegenseitige Verhältniß beider bedingt die Färbekraft, die Art des
Silicates die Alaunhaltigkeit. Zahlen oder Formeln können hierüber nicht gegeben
werden, und dürften solche auf analytischem Wege wohl nicht leicht zu erhalten sein.
Vielleicht gelingt es auf synthetischem und durch genaueres Studium der
Schwefelsilicium-, Schwefelaluminium- und
Schwefelnatrium-Verbindungen, Klarheit hierüber zu erlangen, zu welchen
Arbeiten ein Fabrikslaboratorium freilich ebensowenig ausreicht, als der von den deutschen
Ultramarin-Fabrikanten ausgeschriebene Preis (vgl, 1874 213 88).
Vielfache Beobachtungen des Verfassers haben ergeben, daß nur zwei Thonerdesilicate
zur Darstellung von Ultramarin geeignet sind, und zwar:
2 Al₂O₃, 3 SiO₃ und Al₂O₃, 2 SiO₃.
Diese geben je nach der Behandlung mit zwei- oder fünffach Schwefelnatrium
Farben von folgenden Eigenschaften:
I) 2 Al₂O₃, 3 SiO₃ mit NaS₂ rein hellblau, aber weniger
färbekräftig.
II) 2 Al₂O₃, 3 SiO₃ mit NaS₅ rein dunkelblau und sehr färbekräftig.
Nr. I und II sind nicht alaunhaltig.
III) Al₂O₃, 2 SiO₃ mit NaS₂: hellröthlich, etwas schmutzig.
IV) Al₂O₃, 2 SiO₃ mit NaS₂: dunkelviolettblau, sehr schön und
färbekräftig.
Nr. III und IV sind alaunhaltig.
Kaoline, welche Thonerde und Kieselerde in andern Verhältnissen enthalten, geben
Gemenge der verschiedenen Ultramarinarten und, wenn Gelegenheit zu Nr. III gegeben
ist, trübe Farben. Bei Auswahl des Kaolins muß man hauptsächlich darauf achten, daß
dasselbe kein unverwittertes, wenn auch noch so fein vertheiltes Gestein mehr
enthält; mit solchem Kaolin kann man keine reinen Farben erzeugen. Zur Regulirung
des Kieselsäuregehaltes verwendet man entweder feinst gemahlenen und geschlemmten
Quarz, oder geschlemmte und geglühte Kieselguhr.
Obschon Mischungsformeln natürlich für jetzt noch jedes wissenschaftlichen Werthes
entbehren, so hat Verfasser doch empirisch einige aufgestellt und in deren Befolgung
nur Nutzen gefunden.
1. Für rein blaue Waare:
2 Al₂O₃, 3 SiO₃ + NaO, CO₂ + 4 C + 7 S.
2. Für röthliche alaunhaltige, färbekräftige Sorten:
Al₂O₃, 2 SiO₃ + 4 NaO, CO₂ + 8 C + 16 S.
In Formel 1 kann man die Soda durch Glaubersalz ersetzen unter Zufügung von so viel
Kohle, daß aller Sauerstoff des Salzes zu Kohlenoxyd verbunden wird. Diese Farben
werden hell und sehr wenig färbekräftig.
In Formel 2 kann man bis 3 NaO, CO₂ zurückgehen,
natürlich auf Rechnung der Färbekraft.
Obige Formeln beziehen sich auf chemisch reine Materialien.
Die Fabrikation selbst hat sich im Anfange des letzten Decenniums fast nur mit dem Blaubrennen in
einem Brand beschäftigt; Verfasser selbst hat sich schon früher hierüber
ausgesprochen (1871 202 446) und hatte in den letzten
Jahren speciell Gelegenheit genug, dieses Verfahren in größtem Maßstabe zu prüfen,
kam aber auch hier zu dem Resultat, daß weder in Flammöfen noch in Häfen mit
absoluter Sicherheit in einem Brand ein Product hergestellt werden kann, welches
keiner weitern Operation bedarf, um vollkommen blau zu werden.
Allgemein wendet man deshalb jetzt Flammöfen an, welche außer dem Glühraum noch zwei
Etagen haben, eine zum Blaubrennen und eine zum Trocknen. Das gewöhnliche
Fassungsvermögen eines solchen Ofens ist 30 bis 35 Ctr. Masse. Schürzeit 36 Stunden.
Zeit der Abkühlung 10 Tage. Nach dem Abkühlen werden beim Soda-Ultramarin die
fertig blauen Stücke gleich weiter verarbeitet, die noch etwas grünlichen aber erst
geröstet. Bei Glaubersalz-Ultramarin muß gut sortirt werden; die gewöhnlich
weißen Ecken und Ränder kommen wieder unter die Mischung, das Uebrige wird geröstet
und dann weiter behandelt wie gewöhnlich.
Nach einem andern Verfahren wird das Grün unausgewaschen naß gemahlen, dann so oft
ausgekocht, bis es sich schlemmen läßt (etwa achtmal), hierauf geschlemmt,
getrocknet, gesiebt, endlich geröstet und dann mit den beim Rösten entstandenen
Salzen gepackt.
Die Fabrikationsdauer in Flammöfen ist 35 Tage. Ein Flammofen liefert ca. 15 Ctr.
Blau in 14 Tagen.
Eine Methode, welche Verfasser im Laufe der Jahre ausbildete und die, was Sicherheit,
Kürze und Reinheit des Productes anlangt, wohl von keiner andern erreicht wird, ist
folgende.
Hauptursache der Einführung der Flammöfen war die beschränkte Größe der Hafenöfen und
das ungleiche Product, welches sie lieferten, so daß man jeden Brand in 3 bis 4
Sorten aussuchen mußte. Diese Mängel veranlaßten den Verfasser, einen Hafenofen zu
construiren, welcher 32 bis 40 Ctr. Mischung faßt. Der Ofen ist in längstens 8
Stunden abgeschürt und braucht zu seiner Abkühlung 2 Tage, so daß man jede Woche
zweimal schüren kann. Ein Ofen, welcher 34 Ctr. Masse faßt, liefert 25 Ctr. Grün und
diese 18,75 Ctr. fertiges Blau; es producirt also ein solcher Ofen in 14 Tagen 75
Ctr. Blau, während ein Flammofen von demselben Fassungsvermögen blos 15 Ctr. in
derselben Zeit liefert. Ueberdies läßt sich ein 8stündiges Schüren mit aller
Sicherheit durchführen, während ein 36 stündiges, welches natürlich durch drei
Arbeiterhände gehen muß, fast nicht zu controliren ist.
Das im runden Ofen erhaltene Grün wird mit Schwefel, wie gewöhnlich geröstet; diese
Operation ist durch Anwendung von Wasserdampf vollkommen sicher geworden. Beim
Auswaschen wird durch eine kleine Aenderung fast der ganze überschüssige Salzgehalt
wiedergewonnen. Dauer der Fabrikation 14 Tage.