Titel: | Die Motoren auf der Wiener Weltausstellung 1873; von Professor J. F. Radinger. |
Fundstelle: | Band 219, Jahrgang 1876, S. 291 |
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Die Motoren auf der Wiener Weltausstellung 1873;
von Professor J. F.
Radinger.
Mit Abbildungen.
(Schluß von S. 108 dieses Bandes.)
Radinger, über die Motoren auf der Wiener Weltausstellung
1873.
Außer den bekannten und langbenützten motorischen Kräften des gespannten Dampfes und
des fallenden Wassers erschienen noch andere Arbeitsquellen verwerthet, welche der
Verfasser in dem Kapitel „Andere Motoren“ (S. 261 bis 276 des
Berichtes) näher behandelt. In diesem Auszug beschränken wir uns aber auf die
Vorführung jener Motoren, welche in diesem Journal noch keine Erwähnung gefunden
haben.
Selbststellende Windschraube von Johann
Fischer in Korneuburg.
Vier hölzerne Schraubenflügel waren auf ihrer horizontalen Drehachse in einem Gerüste
gelagert, welches mit einem mittlern Hohlzapfen und mit vier Laufrädern drehbar auf
dem Deckkranz eines pavillonartigen Holzunterbaues stand. Ein großes, von zwei
Auslegern gehaltenes Holzsteuer ragte von drehbarem Gerüste rückwärts hinaus und
stellte die zu seiner Fläche parallele Flügelachse stets in die Richtung des
Windes.
Die Flügelachse trug eine Stirnkurbel, deren Schubstange einen um einen Punkt in
seiner halben Länge schwingenden Hebel am Boden des Drehgerüstes antrieb. Das andere
Ende dieses Hebels kam gerade über den hohlen Drehzapfen zu liegen, und die durch
diesen niederreichende
Anmerkungszeichen zu dieser Fußnote fehlt im Text.Mit gef. Genehmigung aus dem officiellen Ausstellungsbericht, Heft 83. Druck
und Verlag der k. k. Hof- und Staatsdruckerei. Wien 1874.
Stange konnte direct in
die Kolbenstange einer Pumpe übergehen, welche in der Mitte des Pavillons stand. Der
Pumpenkolben folgte also der Flügelwelle in der Zahl der Hübe und in den
Drehstellungen gegen den Wind.
Eine Ankündigung besagte, daß man auf diese Weise und bei mäßigem Winde von 3,0 bis
4m,5 Geschwindigkeit pro Secunde
stündlich 200 bis 250l Wasser (ohne Angabe
der Hubhöhe) heben könne, daß jedoch eine derart betriebene Doppelpumpe 35 bis 40cbm Wasser binnen 24 Stunden fördert. Ueber
die Construction und Größe der Maschine war trotz wiederholter Anfrage keine
Auskunft zu erhalten. Dem Anscheine nach waren die Flügel Viertelwindungen einer
gleichförmig steigenden Schraubenfläche und waren aus einzelnen auf hölzernen Armen
geschraubten Holztafeln hergestellt.
Der Kohlensäure-Motor von L.
Seyboth in Wien.
Diese Maschine unterscheidet sich im Principe durch Nichts von einer gewöhnlichen
Dampfmaschine, als daß statt des gespannten Wasserdampfes gespannte Kohlensäure auf
den Kolben drückt. Seyboth erzeugt nämlich in
geschlossenen eisernen, mit Blei gefütterten Kesseln Kohlensäure von 4at Druck, indem er den natürlich
vorkommenden Spatheisenstein mit verdünnter Schwefelsäure mischt und durch ein
Rührwerk rührt. Die Kessel müssen des Wechsels und der Reinigung halber doppelt
vorhanden sein. Die erzeugte Kohlensäure passirt dann ein Waschgefäß, in welchem sie
einfach durch Wasser aufsteigend die mitgerissene Schwefelsäure verliert, und kommt
durch ein Anlaßventil in die Maschine, welche sie betreibt.
Anfangs verwendete Seyboth eine selbstgebaute Maschine,
deren Details nur unwesentliche Abweichungen von einer Normalconstruction zeigten.
(Es waren zwei offene mit den Böden zusammenstoßende Cylinder verwendet, deren
Kolben durch einen die Cylinder umfassenden Rahmen gekuppelt waren, was angeblich
geschah, um die Stopfbüchsenreibungen zu umgehen etc.) Später wurde aber eine
Dampfmaschine der gewöhnlichen Construction der Simmeringer Maschinen- und
Waggonbau-Fabriks-Actiengesellschaft mit der Kohlensäure
betrieben.
Die von der Maschine kommende Kohlensäure besitzt nach dem Betrieb derselben noch den
Werth von frisch erzeugter Kohlensäure und kann für chemische, Sodawasser-,
Zucker-Fabriken und für Eiserzeugung verwendet werden. Seyboth nennt seine Maschine für Sodawasserfabriken unersetzbar. Nicht nur
wird durch sie jede fremde Kraft überflüssig, sondern sie gibt zugleich das für
solche Anlagen nöthige Eis. Sie sei als Feuerlöschmaschine einzig vollkommen, denn sie
treibt sich mit Kohlensäure und wirft das mit dem abziehenden Gas geschwängerte
Wasser in die Flammen. Als Grubenmaschine könne sie die Luftcompressoren wegfallen
machen, und überall könne sie mit Vortheil als Kraftquelle benützt werden, indem sie
keiner polizeilichen Erlaubniß, keines Schornsteines, keines Mauerwerkes etc.
bedarf, und die Betriebskosten durch die Rückstände vollkommen gedeckt werden.
Was nämlich diese Kosten betrifft, rechnet Seyboth, wie
folgt:
Zum täglichen 10 stünd. Betrieb einer 2e-Maschine benöthigt man
1000k
Spatheisenstein à fl. 2.
– ö.
W.
fl. 40. –
1000k
Schwefelsäure à fl. 4
1/2
fl. 90. –
––––––––
Betriebskosten
fl. 130. –
Dagegen liefert die Maschine außer dem Effect von 2e:
2400k
Eisenvitriol
à fl. 3. –
fl. 144. –
und eventuell noch
außerdem
2500k Eis
à fl. –. 50
fl. 25. –
–––––––
Summe
fl. 169. –
Die Differenz zwischen dem erhaltenen Eisenvitriol und den aufgewendeten
Rohmaterialien deckt allein die Kosten der Anlage und der Wartung. Allerdings drängt
sich die Frage auf, ob nicht bei größerer Erzeugung des Eisenvitriols dessen Werth
sinken müßte, und wenn nicht, ob bei dem Bestand der obigen Preise die Erzeugung des
Eisenvitriols nicht allein und ohne Ausnützung der entstehenden Kohlensäure ein
lohnender und vielergriffener Industriezweig sein müßte.
Calorimotor von Friedrich
Siemens.
Außer dem in diesem Journal, 1873 209 86 beschriebenen
neuen Dampfmotor hatte Friedrich Siemens in Dresden einen
Calorimotor ausgestellt, dessen Triebkraft die Ueberwucht von Wasserkörpern bildet,
welche in einem Zellensystem durch Wärme verdrängt werden und wieder
niedersinken.
Der Motor besteht aus zwei concentrischen halbkugelförmigen Schalen, deren jede
doppelte Wandungen besitzt und durch eingesetzte Radialwände in je 12 Fächer
getheilt ist. Diese Radialwände befinden sich jedoch nur im obern Theil der
ringförmigen Schalenräume, während unten die 12 Abtheilungen mit einander und noch
durch einzelne Bodenöffnungen mit dem vom Ganzen umschlossenen Innenraum in
Verbindung stehen. Oben sind die einzelnen Abtheilungen der innern und der äußern
Schale abermals, aber derart verbunden, daß je eine Abtheilung des innern mit einer um 60°
vorgeschrittenen Abtheilung des äußern Raumes communicirt. Diese Verbindung
geschieht durch rechteckige Rohre, welche Metallnetze enthalten und als
Regeneratoren wirken. Diese beiden Schalen stecken auf einer unter 45°
geneigt gelagerten Drehachse, und die äußere Schale wird unten durch eine Flamme
geheizt.
Textabbildung Bd. 219, S. 294
Der gesammte Innenraum ist etwa zur Hälfte mit Wasser, respective einer andern
Flüssigkeit gefüllt, welches also auch bis in die Einzelabtheilungen der Ringräume
reicht und dieselben unten abschließt. Die obern Theile derselben sowie die
Verbindungs- (Regenerator-) Rohre sind aber mit Luft gefüllt.
Die untern Räume der äußern Schale werden also geheizt, während die der innern Schale
durch das Wasser gekühlt bleiben.
Textabbildung Bd. 219, S. 295
Solange nun dem also vorbereiteten Apparat keine Wärme zugeführt wird, steht das
Wasser in allen Räumen im Niveau und es ist kein Bestreben einer Drehung geweckt.
Denkt man sich nun eine Drehung angeregt, so taucht auf der niedergehenden Seite ein
unterer Raum der Außenschale tiefer ins Wasser, die oben enthaltene Luft wird
verdrängt und zieht durch das obere Rohr in den um 1/6 Drehung zurückstehenden Raum
der Innenschale. Wird aber der Außenraum gleichzeitig geheizt, so wird sich die Luft
noch ausdehnen, ein Theil ihres Wassers unten austreten und das Gewicht ihrer
Abtheilung vermindern, wodurch das Bestreben zu einer der angeregten
entgegengesetzten Bewegung geweckt wird. Dieses Bestreben ist aber nur von geringer
Größe, denn indem die Wärme nicht sofort durch die Wandung hindurchwirkt, und die
enthaltene Luft in den ungeheizten Regeneratornetzen und der großen Luftfläche der
höher stehenden Innenzelle gekühlt wird, so steigt die Temperatur- und
Volumsvergrößerung nur langsam.
Passirt nun diese Zelle (unter Reaction) den tiefsten Punkt, so beginnt sie sich
(erst durch den Zwang der Kreisbewegung) zu heben. Dabei wächst der von Luft
erfüllte Raum, und die angesaugte Luft kommt aus der mit ihm verbundenen, aber um
1/6 Drehung zurückstehenden und eben tiefer ins Wasser eintauchenden Zelle der
Innenschale und zwar durch den Regenerator an, dessen Netze durch den früher
beschriebenen Vorgang angewärmt wurden. Die Luft tritt also bereits warm in die
Außenzelle, und nachdem auch deren wachsende Heizwände bereits von der Flammenwärme durchdrungen
sind, und die allenfalls kühlen wollende Innenzelle fast ganz ins Wasser getaucht
wenig Luft und daher wenig Kühlfläche bietet, so steigt die Temperatur in der
Außenzelle rapid und wird größer, als sie während des Niederganges der Zelle war.
Die Folge davon ist eine bedeutende Volumsvergrößerung des Luft- (und
Dampf-) Inhaltes und wegen der damit verbundenen Wasserausdrängung durch die
untere Oeffnung eine bedeutende Gewichtsverringerung dieser gegenüber einer
symmetrisch liegenden Zelle der Gegenseite. Diese GewichtsänderungGewichtsändernng bewirkt nun das energische Aufsteigen dieser Abtheilung, und da in jeder
folgenden Zelle der gleiche Vorgang stattfindet, so dreht sich das System unter der
Differenzwirkung der dies- und jenseits der tiefsten Lage befindlichen
Wassergewichte in constantem Kreislauf.
Da in dem ausgestellten Modelle Wasser, welches nur eine geringe Temperaturdifferenz
unter dem Siedepunkt zuläßt, als Medium für die die Triebkraft bildenden
Gewichtsdifferenzen angenommen ist, so würde auch nur eine geringe
Temperaturdifferenz der Luft und folglich auch eine nur geringe Triebkraft erzielt
werden, wenn nicht der Wasserdampf eine eigenthümliche Rolle dabei spielte. Ist
beispielsweise (nach Siemens) die TemperaturTemperatnr der kalten Schale 50° und die der heißen 100°, so würde sich
die Luft nur um 1/6 ihres Volums durch die Erwärmung von 50° ausdehnen,
während gesättigter Dampf durch eine Temperaturerhöhung von 50 auf 100° das
10 fache Volum erreichen würde. Durch beide vereint würde mithin eine
Volumsvergrößerung auf nahezu das Doppelte stattfinden. (Bei Anwesenheit von 15
Volumeinheiten Luft würde sich dieselbe auf 17 1/2 Einheiten ausdehnen. Sind aber
nur 1 1/2 Vol. Dampf von 50° beigemischt, so füllt dieser bei 100°
bereits 15 Vol. Die Summe beider kommt also von 16 1/2 auf 32 1/2, mithin nahezu auf
das Doppelte.)
Die Regeneratoren dienen daher nicht allein dazu, der Luft abwechselnd Wärme zu
entziehen und wiederzugeben, sondern sie condensiren auch den Dampf, um ihn wieder
zu entwickeln, was bei genügender Größe der Regeneratorflächen und Anwesenheit von
Luft als Träger des Dampfes so lange auf das Vollkommenste erreicht wird, als das
Wasser nicht kocht. Wird die Erhitzung des Außengefäßes so weit getrieben, daß das
Wasser zum Sieden kommt, so würden die Innenräume und die Regeneratoren als
Condensatoren dienen, und sich somit rasch bis zum Kochpunkt erwärmen, womit jede
Wirksamkeit der Maschine aufhören würde, indem dann keine Temperatur-, resp.
Spannungsdifferenzen zwischen den Zellen dies- und jenseits der tiefsten Lage
auftreten könnten.
Es darf daher unter normalem Druck und Anwendung von Wasser die Temperatur von
100° nicht erreicht werden. Aber andere Flüssigkeiten könnten zur Verwendung
kommen, deren höherliegende Siedepunkte große Temperaturdifferenzen zulassen.
Die nöthige Kühlung geschieht durch Einführen von kaltem Wasser in den innern
Hohlraum der Maschine. Nachdem nun die sämmtlichen Abtheilungen beider Schalenringe
durch die untern Oeffnungen stets mit diesem oben offenen Innenraume in Verbindung
bleiben, so ist das ganze System unter sich als auch mit der Atmosphäre verbunden,
mithin kann kein anderer als der durch die innere niedere Wasserhöhe meßbare
Ueberdruck entstehen, und jede Gefahr einer Explosion ist derart entrückt.
Das aus dem offenen Kühlraume verdampfende Wasser muß von Zeit zu Zeit ersetzt
werden, das nöthige Luftquantum in den Zellen regulirt sich aber bei richtiger Höhe
des Kühlwassers von selbst, indem die Zellen bei jeder Umdrehung aus dem Wasser
aufsteigen.
Um die Triebkraft zu verstärken, will Siemens specifisch
schwerere Flüssigkeiten, etwa Quecksilber verwenden, und um dies zuzulassen, sind
sämmtliche Theile der Maschine aus Eisen. Will man den Dampf des Quecksilbers
hintanhalten, so bedeckt man dasselbe mit einer Wasserschichte.
Das von einer Gasflamme geheizte und im Gange befindliche eine der beiden
ausgestellten Modelle konnte mit einem Finger der Hand aufgehalten werden. Beim
größern der beiden Modelle war die äußerste Schalenfläche nach einer Halbkugel von
700mm Radius gekrümmt, auf welche sich
noch eine 125mm hohe Cylinderfläche
ansetzte. Der Halbmesser der innersten Wand maß 390mm. Der Gesammtrauminhalt der heißen Schale
betrug 330, der der kalten Schale 140 und der mittlere Inhalt der
Verdrängflüssigkeit 240l.
Im Kapitel „Maschinentheile“ bespricht der Verfasser:
Regulatoren, Riemen, Einzeltheile, und beschließt seinen werthvollen Bericht mit den
„Apparaten zur Untersuchung der Maschinen“: Indicatoren,
Bremsen.
Oscillationsregulator von L. A. Groth
und Comp. in Stockholm.
Dieser Regulator besteht aus einem schweren Ring, welcher, ohne sich zu drehen, um
seine feste Achse schwankt. Dieses Schwanken, welches man sich in einem im Kreise
weiterrückenden Vor- und Rückwärtspendeln jedes einzelnen Durchmessers denken
kann, wird durch die zwei auf einander senkrecht stehenden Zapfenpaare eines
zwischen Ring und Stütze eingebauten Universalgelenkes ermöglicht, und das Schwanken (Oscilliren) wird im
Princip durch drei außer dem Ring liegende Punkte angeregt, welche in einer zur
Ebene des Ringes geneigten Ebene kreisen. Werden diese drei Punkte an den Ring
gedrückt, so stellen sie denselben schief, und rotiren sie um eine Achse, welche mit
der Achse des Ringes zusammenfällt, so bewirken sie die im Kreise fortschreitende
Schiefstellung des Oscillationsringes.
Für kleine Ausführung werden thatsächlich drei solcher Punkte in Gestalt von
halbkugelförmigen Schraubenköpfen an den Enden eines Dreiarmes gebildet, dessen
Welle gegenüber der Ringachse liegt und durch eine Schraube angenähert werden kann.
Für größere Ausführung aber tritt diese geneigte Ebene direct und zwar in Gestalt
einer dünnen Ringplatte (Frictionsplatte) auf, welche vor dem eigentlichen
Oscillationsring steht; sie wird von zwei Armen am Ende einer Welle getragen, welche
durch die hohle Stütze (Achse) des OscillationsringesOscillalionsringes hinaustritt und rückwärts der Stütze von einer Riemenscheibe eine dauernde
Drehung empfängt.
Wenn nun die Ringplatte in Drehung kommt und sie drückt gleichzeitig auf den der
Drehung nicht folgenden Oscillationsring, so bewirkt doch jener Druck, welcher zum
Schiefstellen des letztern nöthig ist, eine Reibung. Und weil dieser Druck
(Oscillationsdruck) dauernd auftreten muß, indem das Zurückdrücken der einzelnen
Durchmesser des Oscillationsringes dauernd weiterschreitet, so wirken fortwährend
zwei Kräfte, nämlich der Oscillationsdruck und die dadurch geweckte Reibung zwischen
der rotirenden Druckplatte und dem oscillirenden Ring. Es läßt sich nun leicht
einsehen, daß bei steigender Geschwindigkeit des rotirenden Ringes der
Ausschlagwinkel des Oscillationsringes steigen will, und in Folge dessen der
Oscillationsdruck und mit ihm die Reibung wächst.
Wird nun der Oscillationsdruck der normalen Geschwindigkeit durch eine Feder
aufgehoben, welche z.B. die Normalneigung der Frictionsscheibe bestimmt, so muß der
steigende Druck jene Federspannung überwinden, und wenn diese Federspannung die Lage
eines Stellzeuges bestimmte, so wird dieses verschoben, wodurch der Eingriff in die
Arbeitsweise der Maschine erfolgt.
Ebenso läßt sich auch die Reibung zwischen Frictionsscheibe und Oscillationsring
benützen, indem diese die Drehwelle zurückzuhalten sucht. Steigt diese Reibung, so
erfolgt durch die kurze Verzögerung eine Aenderung der relativen Stellungen, welche
zum Einrücken einer Räderkupplung benützt werden kann, wenn die Welle der geneigten
Scheibe und ihre
Antriebsriemenscheibe nicht fest, sondern durch eine Frictionskupplung verbunden
sind.
Der Erfinder behauptet eine ungemeine Empfindlichkeit mit dieser Anordnung gewonnen
zu haben, was aber in der Ausstellung nicht nachgewiesen werden konnte, indem dieser
Regulator an keiner Maschine in Gang war.
Amsler's Indicator für schnellgehende
Maschinen.
Bei schnellerm Gang der Dampfmaschinen gibt ein gewöhnlicher Indicator kein reines
Diagramm, sondern seine schwingenden Massen lassen den Stift um die wahre Drucklinie
auf- und niederwogen, das Instrument peitscht. Dieses Peitschen beginnt in
der Regel bei 100 bis 150 Touren, wird bei ca. 250 Touren schon lästig arg und
verwehrt das Erkennen der charakteristischen Formen, und für noch größere
Geschwindigkeiten versagt das Instrument. Um nun bei solchen und höhern
Geschwindigkeiten dennoch vollkommen reine Diagramme zu erhalten, construirte J. Amsler in Schaffhausen folgenden Indicator, welcher der
auf- und niedergehenden Massen fast gänzlich entbehrt.
Textabbildung Bd. 219, S. 299
Zwischen zwei durch Auseinanderschrauben zugängigen Ringsitzen des
Indicatorgehäuses befindet sich eine Ventilplatte, welche sowohl nach oben als
nach unten aufgeschliffen ist und dichten kann. Diese Ventilplatte ist aber
nicht zwischen ihren beiden Sitzen eingespannt, sondern findet etwa 1/5mm Spiel für einen möglichen Hub. Damit
bei einem Sitzwechsel kein Dampf um das Ventil passirt, reicht der Kern des
Ventiles in die Bohrung des untern Sitzes, wo er wie ein Kolben wirkt und die
Oeffnung für den Dampfaustritt versperrt. Dieses Ventil mit seiner Hubhöhe von
1/5mm ersetzt nun den
Indicatorkolben. Auf dieses drückt die Belastungsfeder und die Spitze seiner
(Kolben-) Stange trägt den schreibenden Stift.
Nun würde sich die ganze Wirkungsweise des Instrumentes darauf beschränken, auf der
von der Maschine in gewöhnlicher Weise angetriebenen Papiertrommel so lange eine
Horizontale zu schreiben, als der Dampf unter jener Spannung bleibt, welche dem
Druck der Feder entspricht, und dann einen 1/5mm hohen Ruck zu machen, wenn die Dampf- die Federspannung
überholt, worauf wieder die Linie horizontal fortginge.
Dies geschieht auch thatsächlich, nur kann während des Versuches die Federspannung
mittels einer Schraubenspindel und Kurbel von der Hand des Beobachters in beliebigem
Zeitmaß geändert werden, wodurch die 1/5mm
hohe Stufe in der Horizontalen, welche stets jene Punkte des Kolbenweges
kennzeichnet, wo sich Dampf- und Federspannung gleichen, entsprechend
weiterrückt. Wird aber auch die Papiertrommel auf ihrer Achse und zwar durch
dieselbe Spindel verschoben, welche die Federspannung ändert, so decken sich die
einzelnen Horizontalen nicht mehr, sondern bilden ein System paralleler Linien,
deren jede eine einzelne kleine Stufe zeigt, aber deren Gesammttheil das
Dampfdiagramm gibt.
Die Schraubenspindel steht zwischen Gehäuse und Trommel. Die Federstange des erstern
wird nun durch eines von den drei Radpaaren verschiedener Uebersetzung mitgenommen,
welche zwischen Spindel- und Federschraube eingeschaltet sind, wodurch man,
das eine oder andere in Eingriff nehmend, die Theilung des Diagrammes feiner oder
gröber einstellen kann.
Dieses Instrument ist derartig wohl erdacht, daß es für den ersten Anblick
überraschend einfach und zweifellos sicher erscheint. Wenn man aber näher nachdenkt,
so kommt man zur Einsicht, und durch anderweitige Versuche kam Verfasser zur
Ueberzeugung, daß selbst dieses Instrument bei schnellem Gang nicht absolut genaue
Angaben machen kann.
Jeder Körper braucht nämlich zu seiner Ingangbringung einer gewissen Arbeit, welche
in seiner Masse die Bewegungsgeschwindigkeit erzeugt. Diese Arbeit kann als endlich
groß nur in einer endlichen Zeit aufgenommen werden, und daher erfolgt jede Bewegung
mit einer gewissen Nacheilung gegen ihren Impuls. Dieses Nacheilen ist in der Regel
verschwindend, aber bei schnellgehenden Dampfmaschinen bereits merkbar. Macht
beispielsweise eine Maschine nur 180 Umdrehungen pro Minute, so kommen drei ganze
oder sechs halbe Umgänge auf die Secunde. In der Nähe der senkrechten Lage
entspricht ferner 1/20 des Kolbenhubes (2/π
× 1/20) ungefähr 1/31 des halben Umfanges, und findet die Drehung mit
gleicher Winkelgeschwindigkeit statt, so vergehen weniger als 1/31 × 1/6 =
1/186 = 0,0054 Secunden, während der Kolben 5 Proc. Weg zurücklegt.
Ein verspätetes Eintreten der Bewegung um 1/186 Secunde scheint aber nicht unmöglich,
wenn man die kleine Druckdifferenzen bedenkt, welche die Bewegung von der Ruhe aus veranlassen, und wird
zur vollen Gewißheit, wenn man mit einem gewöhnlichen (Richards-) Indicator
Diagramme einer sich beschleunigenden Maschine nimmt, wo trotz fixer Expansion der
scheinbare Eintritt der Dampfabsperrung weiter hinausrückt, je schneller die
Maschine geht.Solches Diagramm siehe Radinger: Ueber
Dampfmaschinen mit hoher Kolbengeschwindigkeit. 2. Aufl. Diagramm S. 96.
Von diesem Standpunkte aus betrachtet, scheint daher dieser neue Indicator auch noch
nicht das rechte Instrument zu sein, welches die Drücke schnellgehender Maschinen
angibt. In der Ausstellung und auch später bot sich aber dem Verfasser keine
Gelegenheit zur Richtigstellung dieser Ansicht durch einen thatsächlichen
Versuch.