Titel: | Blocksignalapparat von Lartigue, Tesse und Prudhomme. |
Fundstelle: | Band 219, Jahrgang 1876, S. 307 |
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Blocksignalapparat von Lartigue, Tesse und Prudhomme.
Mit Abbildungen auf Taf.
VII [b/1].
Lartigue, Tesse und Prudhomme's Blocksignalapparat.
Als Vorzug des Blocksignalapparates von Lartigue, Tesse
und Prudhomme (Revue
industrielle, December 1875 S. 523) wird hervorgehoben, daß 1) seine
Bedienung keine Vorübung erfordert, da sie nur die Ausführung einer einzigen und
allezeit der nämlichen Bewegung erfordert, und daß 2) die Elektricität unmittelbar
auf die Signale wirkt. Bei einer zweigleisigen Bahn wird jeder Signalmast mit zwei
großen, durchbrochenen und auf der dem Zuge zugewendeten Seite roth angestrichenen
Signalflügeln
A, B an seinem obern Ende, auf halber Höhe aber mit zwei
kleinen, ebenfalls durchbrochenen Signalarmen
a, b (Fig. 4 bis 7) ausgerüstet; endlich
befindet sich in den vier zugehörigen elektrischen Apparaten am Fußende des Mastes
noch je eine Signalscheibe, welche bald ihre rothe, bald
ihre weiße Hälfte durch ein Fensterchen sichtbar werden läßt. Bei
„freier“ Bahn hängt der Signalflügel am Maste herab, mit
seiner Spitze nach unten; als Haltsignal steht er, in der
Zugrichtung gesehen, vom Maste horizontal nach links. Jeder Signalarm deutet durch
seine horizontale Stellung dem Signalwärter an, daß auf seiner Strecke sich ein Zug
ihm nähert; hat der Zug das Blocksignal überschritten, so wird der Arm in seine
verticale Stellung mit der Spitze nach oben
zurückgebracht. Die Flügel und Arme zweier auf einander folgenden Signalposten
stehen paarweise mit einander in Verbindung, sind symmetrisch am Mast angebracht,
und jeder wird mittels einer Zugstange durch die Kurbel des einen der Apparate am
Fußende des Mastes, über dem Batterieschranke bewegt, wobei der Signalwärter stets mit dem Gesichte in
der Zugrichtung steht. Bei Nacht wird „Halt“ durch ein rothes
Glas am Signalflügel gegeben, welches vor die zur Mastspitze aufgezogene Laterne
tritt; zugleich wirft dann ein kleiner, am hintern Ende des Flügels unter 45°
angebrachter Spiegel genug Licht nach unten, daß man die Arme und Scheiben erkennen
kann.
Die Signalisirung ist nun folgende: Geht ein Zug von A
nach B ab, so meldet er sich in B durch Horizontalstellen des Armes an; trifft er in B ein und findet den Weg nach C frei, so fährt er an B vorbei und der
Signalwärter stellt mittels der betreffenden Kurbel den Signalflügel horizontal;
dadurch blockirt er den Bahnabschnitt BC und und
stellt zugleich in C durch einen elektrischen Strom den
betreffenden Signalarm horizontal, um in C den Zug
anzumelden. Darauf wiederholt der Signalwärter in B
dieselbe Bewegung, wie mit der Kurbel für den Flügel, auch mit der zu dem
zugehörigen Signalarm gehörigen Kurbel, führt dadurch seinen Signalarm in die
verticale Stellung zurück, sendet aber zugleich auch einen elektrischen Strom nach
A und hebt daselbst durch Verticalstellung des
Flügels die Blockirung der Strecke AB wieder auf.
Jede Kurbel steht für gewöhnlich horizontal und steckt mit einem um 90° gegen
sie verstellten, also gewöhnlich nach oben stehenden Krummzapfen auf einer und
derselben Achse; beim Blockiren oder Entblockiren wird die Kurbel des Flügels oder
des Armes um einen Winkel von etwa 210° von rechts nach links gedreht, und
dabei bewegt der Krummzapfen durch Zugstangen den Flügel oder den Arm in die
verlangte Stellung. Später kehrt die Kurbel automatisch in ihre horizontale Lage
zurück, ebenfalls von rechts nach links, da eine Drehung derselben von links nach
rechts durch Sperrungen überhaupt unmöglich gemacht ist.
Die in den elektromagnetischen Apparaten verwendeten Elektromagnete haben die
bekannte Einrichtung von Hughes, d.h. ihre Kerne aus
weichem Eisen bilden die Verlängerungen der Schenkel eines permanenten
Hufeisenmagnets; sie halten daher ihren eisernen Anker für gewöhnlich angezogen,
trotzdem daß ein Gegengewicht am Ankerhebel ihn abzureißen strebt. Das Gegengewicht
kann den Anker erst abreißen, wenn ein Strom die Linie durchläuft, welcher in den
Kernen die durch den Hufeisenmagnet influencirte Polarität durch Entwicklung
entgegengesetzter Pole schwächt, wozu bei richtiger Wahl des Gegengewichtes schon
ein sehr schwacher Strom ausreicht. Ein Strom von der entgegengesetzten Richtung
würde bewirken, daß der Anker nur um so fester an den Kernen haftet.
In dem Blocksignale kommen nun folgende Kräfte zur Wirkung: 1) die Kraft des
Signalwärters, welcher das blockirende Signal für die vom Zuge befahrene Strecke und
das entblockirende für die vom Zuge verlassene Strecke stellt; 2) die Schwere und
die ihr entgegenwirkende magnetische Anziehung, von denen die erstere das den Zug
deckende Signal verschwinden zu lassen und die zweite es sichtbar zu erhalten
strebt; 3) der elektrische Strom, welcher im gegebenen Augenblicke den Magnet
schwächt, das Gleichgewicht zu Gunsten der Schwere stört und das Signal wirklich
verschwinden macht.
Die innere Einrichtung der elektrischen Apparate ist aus den beigegebenen Abbildungen
Fig. 1 bis
3 zu
erkennen. Auf der Achse X der Kurbel M sitzt ein Arm D und ein
Daumen C. Zwei Sperrzähne auf derselben Achse verhindern
jede Rückwärtsdrehung der Kurbel M, da sie gegen die (in
Fig. 1
punktirte) Sperrklinke W stoßen. Auf der Achse X ist endlich noch die Schließungsscheibe O aus Holz oder einem andern isolirenden Materiale
aufgesteckt; in den Umfang dieser Scheibe, welche die Stromsendung zu vermitteln
hat, sind 7 Metallstücke eingelassen, von denen nach Figur 3 sechs paarweise
a₁ und a₂,
b₁ und b₂,
c₁ und c₂
unter einander, die siebente t aber mit dem
Apparatgestelle und durch dieses mit der Erde leitend verbunden sind. Auf der
Scheibe O schleifen 4 Federn, von denen L₁ über den Blitzableiter Z und über den Ständer s₁ und den Arm
s₃ des Umschalters K mit der Klemme L und der Linie, A mit dem Elektromagnete A₁, P₁ mit dem positiven, und P₂ mit dem negativen Pole der Batterie in
Verbindung stehen. Die Lage der 4 Federn und die Länge der 7 Metallstücke ist so
gewählt, daß in den verschiedenen Stellungen die Ströme entsendet oder empfangen
werden können.Hat sich die Scheibe O um 210° gedreht, so
steht a₁ unter A,
a₂ unter L₁; es kann
daher jetzt ein Strom aus der Linie durch die Elektromagnete A₁ und R₁ gehen und nimmt dann wohl, wie Figur 1 andeutet,
seinen Weg über k zur Klemme T und zur Erde. Vorher, bei einer Drehung um
etwa 170°, steht vorübergehend c₁
unter L₁, c₂ unter P₂, t unter P₁,
so daß der negative Strom in die Linie gesendet
wird. Etwas später, bei der weitern Drehung, etwa bei 320° Drehung,
tritt t unter P₂, b₁ unter L₁ und b₂ unter P₁, weshalb jetzt
der positive Strom in die Linie gelangen kann.
Beide Ströme durchlaufen also die eigenen Elektromagnete nicht mit. D.
Ref.
Am hintern Ende der Achse X sitzt der Krummzapfen B (Fig. 2), welcher mittels
der Zugstange T die Stellung des Signales bewirkt. In
Figur 3
ist der Krummzapfen B als vertical stehend
angenommen.
Der unten vor dem Hufeisenmagnete A₂ liegende
Elektromagnet A₁ hält für gewöhnlich seinen Anker
p aus weichem Eisen angezogen, weshalb der den Anker
p tragende Winkelhebel rFJ die in Figur 1 gezeichnete Lage einnimmt. Die beiden Arme des Winkelhebels rFJ liegen übrigens nicht in derselben Ebene; der Arm r, welcher mit dem um die Achse x drehbaren Aufhalter P durch das Glied U verbunden ist, liegt in der Ebene des Armes D; der unter schiefem Winkel gegen r stehende Arm J dagegen
liegt in der Verticalebene durch den Daumen C und trägt
auf einem mit Schraubengewinde versehenen Stabe ein stellbares Gegengewicht J₁. Bei der Umdrehung der Kurbel M (um 210°) fängt sich der Arm D schließlich an dem Aufhalter P, und der Apparat bleibt dann in dieser Stellung, bis ein elektrischer
Strom den Magnetismus der von A₂ influencirten
Kerne von A₁ schwächt, worauf das Gegengewicht
J₁ am Arme J den
Anker p abreißt, der Arm r
durch das Glied U den Aufhalter P mit nach links nimmt, D also an P vorbeigehen und die Kurbel M nun ihre Umdrehung fortsetzen und in die horizontale Stellung
zurückkehren kann, in welcher sie dann stehen bleibt, weil der Arm oder Flügel, mit
welchem sie verbunden ist, seine tiefste Stellung erreicht hat.
Im obern Theil des Gehäuses H befindet sich ein zweiter
Hughes'scher Elektromagnet R₁, R₂, in welchem der Magnetismus der Kerne durch
einen Strom von entgegengesetzter Richtung wie bei A₁, A₂ geschwächt wird. Sein Anker
f aus weichem Eisen bildet mit dem
Gegengewichtsträger l₁ einen um die Achse i drehbaren Winkelhebel, welcher noch einen dritten Arm
Y mit einem Stück weichen Eisens g am Ende besitzt und durch diesen mittels der Stange
v mit dem Arme J in
Verbindung steht, so daß der Anker f an R₁ festgehalten bleibt, sobald der Arm J des Winkelhebels rFJ
sich nach unten um seine Achse F gedreht hat. Dieser
Theil des Apparates hat die Bestimmung, dem Signalwärter von den auf den
Nachbarsignalen ausgeführten Bewegungen Nachricht zu geben und durch ein
Empfangssignal eine Controle der von ihm selbst abgesendeten Signale zu ermöglichen.
Zu diesem Behufe ist an der Achse i noch ein auf die
Glocke G Wagender Klöppel l₂ und eine halb rothe, halb weiße Signalscheibe V befestigt, welche je nach ihrer Stellung anzeigt, daß die Strecke frei
oder besetzt ist.
Der Elektromagnet A₁ spielt die Hauptrolle,
obgleich der Elektromagnet R₁, welchem die
Nebenrolle zufällt, nicht unwichtig ist. Zur Schwächung des Magnetismus in A₁ bedient man sich daher des negativen Stromes,
damit bei etwaiger Berührung der Blocksignaldrähte mit Telegraphendrähten die
(positiven) Telegraphirströme die Wirkung nicht stören. Während also ein negativer
Strom den Elektromagnet A₁ schwächt, in R₁ aber keine Wirkung hervorbringt, schwächt ein
positiver Strom R₁ und wirkt nicht auf A₁. Für jede Fahrtrichtung ist ein besonderer
Signaldraht, im Ganzen also zwei Drähte erforderlich. An
jedem Signalmaste
laufen jedoch von Porzellanisolatoren 4 Drähte nach den 4 Apparaten herab und hinter
diesen dann bei Bedarf zur Erde. Dabei ist jeder zu einem Signalflügel gehörige
Apparat Nr. 1 mit dem zu dem betreffenden Signalarme des nächsten Signalpostens
gehörigen Apparate Nr. 2 durch einen Leitungsdraht verbunden.
Der ganze Vorgang ist hiernach folgender. Es sei wieder der Weg für jeden Zug
zwischen zwei Stationen B und C frei, und es komme ein Zug in der Richtung BC. In B stehen die Kurbeln der beiden
Apparate Nr. 1 für den (großen) Flügel und Nr. 2 für den (kleinen) Signalarm
horizontal; der Flügel hängt vertical am Maste herab, der Arm steht horizontal und
kündigt den von A her kommenden Zug an. In C steht die Kurbel Nr. 1 horizontal, die Kurbel Nr. 2 um
210° gedreht; doch hängt der Flügel am Maste herab, während der Arm senkrecht
nach oben steht. Ist der Zug an B vorbei, so dreht der
Wärter die Kurbel Nr. 1 um 210° und stellt dadurch seinen Flügel horizontal,
um die Strecke BC zu blockiren; darauf macht er
dieselbe Bewegung mit der Kurbel Nr. 2, um seinen Signalarm vertical zu stellen. In
Folge der ersten dieser beiden Bewegungen sendet der Apparat Nr. 1 in B nach dem Apparat Nr. in C
einen negativen Strom, welcher den untern Elektromagnet A₁ dieses Apparates in C schwächt, so
daß der Arm D von P frei
gelassen, der Signalarm also ausgelöst wird und in seine horizontale Stellung
herabgeht, während zugleich von der Signalscheibe des Signalarmes in C das rothe Feld erscheint, weil ja der Arm J niederging. Darauf hebt jedoch der Daumen C des Postens C den Hebelarm
J wieder, in Folge der inzwischen begonnenen
Umdrehung der Scheibe O, bei welcher zugleich ein
positiver Strom aus dem Apparate Nr. 2 in C nach dem
Apparate Nr. 1 in B gesendet wird, in letzterm den obern
Elektromagnet schwächt, das rothe Feld der zum Flügel gehörigen Signalscheibe
sichtbar werden und den Hammer l₂ einen Schlag
auf die Glocke G als Empfangszeichen geben läßt. Der
Apparat Nr. 2 in B hat dagegen in den Apparat Nr. 1 des
vorhergehenden Signalpostens A einen negativen Strom
gesendet, dort den Signalflügel ausgelöst und vertical gestellt und das weiße Feld
seiner Signalscheibe sichtbar gemacht, da zugleich die Stange v beim Falle des Armes J mitgenommen worden
ist; das Empfangssignal wird hier wieder genau so wie vorher gegeben.Es müßte also der von dem Apparate Nr. 1 in A
gesendete positive Strom im Apparate Nr. 2 des Postens B den Anker f
abfallen lassen, wobei die Signalscheibe für den Signalarm das weiße Feld
erscheinen läßt und l₂ einen Schlag auf
die Glocke G gibt. Demgemäß müßten die Felder
der Signalscheibe V (Fig. 1) für die
Flügel anders angeordnet sein wie für die Signalarme; bei erstern das rothe
links, das weiße rechts, bei letztern das weiße links und das rothe rechts.
D. Ref.
Die für die Flügel und Signalarme gewählte Construction ermöglicht es, daß durch das
Gewicht der Flügel und Arme die Umdrehung der Achse X
veranlaßt wird, sobald sie einmal ausgelöst ist. Die Zugstangen nehmen beim
Emporgehen den Krummzapfen B mit hinauf und führen die
Kurbel M in die horizontale Lage zurück. Zugleich
besteht jede Zugstange aus zwei Theilen, welche an einem Transmissionshebel in einem
Gelenke Q oder q (Fig. 4)
zusammentreffen; dies erleichtert nicht nur die Bewegung, insofern jeder Apparat
unter seinen Flügel oder Arm gestellt werden kann, sondern es läßt sich auch dazu
verwerthen, daß bei jeder Auslösung des Apparates von einem Hammer ein Schlag auf
eine Glocke gegeben wird. Die Länge der Zugstangen wird durch Schrauben
regulirt.
In der Ansicht des Apparates (Fig. 1) ist noch der
Umschalter K zu sehen, welcher sich an der innern
Gehäusewand befindet und herausgeklappt ist. In seiner Ruhestellung setzt er die
Linie von der Klemme L aus über s₃, s₁, und Z mit der Schleiffeder L₁ in Verbindung. Ein Wecker dient dazu, um auf den für die Apparate
dienenden Drähten zwischen den Signalposten gewisse verabredete Signale zu
geben.Nach Figur
1 scheint es, daß bei der in Fig. 1 und 3
gezeichneten Stellung der Scheibe O die
Schleiffeder L₁ außer Verbindung mit der
Erde, daß also etwa dann die Klemme L über s₃, s₁, n und S durch den Wecker hindurch mit der Erde in Verbindung steht. Bei
Umlegung des Umschalters K würde dann der
negative Pol über s₂, s₄ und Klemme T mit der Erde, der positive über s₅, s₃ und Klemme L mit der Linie in Verbindung treten und den
Strom zum Wecken entsenden. D. Ref.
Bei eingleisigen Bahnen lassen sich diese Blocksignale mit einigen sehr einfachen
Aenderungen benützen, wenn man den kleinen Signalarmen dieselbe Bedeutung und
dieselbe Größe wie den großen Signalflügeln gibt.
Die französische Nordbahn hat zwischen Paris und Creil eine Anzahl solcher
Blocksignale von Lartigue, Tesse und Prudhomme aufstellen lassen. Die günstigen, seit mehr als
2 Jahren auf dieser so verkehrsreichen Bahn erzielten Ergebnisse sprechen für die
Brauchbarkeit dieser Signale. Die atmosphärische Elektricität hat den Dienst der
Apparate nie gestört.
E–e.