Titel: | Denis' Compensationsregulator. |
Fundstelle: | Band 219, Jahrgang 1876, S. 384 |
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Denis' Compensationsregulator.
Mit einer Abbildung.
Denis' Compensationsregulator.
Wir entnehmen dem officiellen österreichischen AusstellungsberichteRadinger: Die Motoren. Druck und Verlag der k. k.
Hof- und Staatsdruckerei. Wien 1874. die Skizze einer Regulirvorrichtung, welche an der von der Société centrale de construction des
machines in Pantin (Frankreich) gesandten
Weltausstellungs-Locomobile angebracht war, während der Ausstellung in Wien
selbst aber nur wenig Beachtung gefunden hat. Und doch verdient dieser Regulator die
vollste Aufmerksamkeit aller Maschinentechniker, denn derselbe verwirklicht zum
erstenmale ein für vollkommene Regulirung unerläßliches Erforderniß – ein
Problem, das schon länger bekannt, aber nie zuvor so zufriedenstellend gelöst worden
war.
Bekanntlich unterscheidet man die Regulatoren in zwei Klassen, die sogen. statischen
und die astatischen Regulatoren. Erstere können die Maschine nur auf eine Arbeitsleistung reguliren und verfallen bei
wechselnder Inanspruchnahme in endloses unnützes Springen, welches höchstens das
Durchgehen der Maschine verhüten kann. Ebenso sind aber auch die sogen. astatischen
Regulatoren, welche in jeder Lage des Stellzeuges, aber nur bei einer Geschwindigkeit im Gleichgewicht bleiben schon
längere Zeit und speciell seit der vortrefflichen Abhandlung des leider zu früh
verstorbenen Professors L. Kargl in Zürich
(Polytechnisches Centralblatt, 1874 S. 273) um ihren ererbten Ruf gekommen. In
dieser Abhandlung wird ausführlich nachgewiesen, daß auch ein astatischer Regulator
bei Mehr- oder Minderbelastung der Maschine nicht mehr zur Ruhe kommen kann,
nachdem er stets zu viel regulirt und somit gleichfalls in ein endloses Springen
geräth, das nur durch die Reibungswiderstände des Mechanismus selbst allmälig
ausgeglichen wird. In Folge dessen ist klar, daß nur durch Combination des
statischen und astatischen Regulators eine vollkommene Regulirung erzielbar ist, und
als erstes Beispiel einer solchen muß der Compensationsregulator von Denis angeführt werden.
Derselbe besteht aus einem gewöhnlichen Watt'schen Regulator, durch
Zahnräderübersetzung angetrieben von der Schwungradwelle, dessen Hülse das eine Ende
eines doppelarmigen Hebels bewegt, welcher am andern Ende eine verticale Spindel
drehbar angelenkt hat. Auf die Spindel ist ein Gewinde geschnitten und über dieses
greift eine Schraubenmutter, welche im gabelförmigen Ende des Hebels d der Drosselklappe gelagert ist.
Textabbildung Bd. 219, S. 385
Es bewegt somit, beim Fallen oder Steigen der Kugeln, der Regulator zunächst direct
die Drosselklappe in dem erforderlichen Sinne wie ein statischer Regulator; doch ist
es klar, daß bei Erreichung der Normalgeschwindigkeit sofort auch die Drosselklappe
wieder auf ihre ursprüngliche Stellung gebracht würde. Statt dessen aber ist die
Schraubenspindel nach abwärts verlängert und trägt hier einen Zahn, welcher für die
normale Mittelstellung der Kugeln frei herabhängt, bei Geschwindigkeitsänderungen
jedoch in einen der beiden entgegengesetzt rotirenden Cylinder a und b geräth und von den
Anschlägen derselben mitgenommen wird. Durch Drehung der Spindel im einen oder
andern Sinn wird nun die Drosselklappe so lange geöffnet oder geschlossen, bis der
Regulator wieder in seiner Mittelstellung angelangt ist. Der letztere Theil des
Denis'schen Regulators repräsentirt somit nichts weiters, als einen gewöhnlichen
astatischen Regulator mit Schaltwerkseinlösung, welcher für sich allein, wie oben
bemerkt, gleichfalls nicht vollkommen reguliren könnte. Durch Vereinigung beider
Systeme jedoch ist hier das gewünschte Ziel vollkommener Regulirung erreicht, wie
sich aus folgender Betrachtung des thatsächlichen Vorganges ergibt.
Es seien in Folge Entlastung der Maschine die Regulatorkugeln in aufsteigender
Bewegung begriffen, so wird sich die Schraubenspindel am rechten Ende des
doppelarmigen Hebels senken, der an ihrem untern Ende befindliche Zahn in den
Eingriff des untern rotirenden Cylinders b gelangen und
der Hebel d der Drosselklappe sowohl direct, als durch
die Drehung der Spindel nach abwärts bewegt werden, bis die Dampfspannung genügend
verringert ist und die Geschwindigkeit wieder abzunehmen beginnt. Hier ist nun die
Drosselklappe schon zu weit geschlossen, wird jedoch beim Sinken der Regulatorkugeln
durch den Schaltmechanismus noch immer weiter zugedreht so lange, bis die
Mittelstellung der Kugeln wieder erreicht ist. Während dieser Periode des Sinkens
der Kugeln von der höchsten auf die mittlere Stellung wirkt nun aber die directe
Regulirung im entgegengesetzten Sinne zur Action des Schaltwerkes, so daß die durch
Wirkung des letztern zu viel geschlossene Klappe durch die directe Action des
Regulators nun wieder etwas geöffnet wird und so nach einigen wenigen Schwankungen
in die genau richtige Lage kommt.
Dieses Resultat, welches theoretisch vollkommen gerechtfertigt ist, wurde in
zahlreichen Experimenten an der erwähnten Ausstellungs-Locomobile erprobt und
lieferte so den besten Beweis von der Richtigkeit der die Construction begründenden
Ansichten.
Es ist kein Zweifel, daß sich dasselbe Resultat auch bei Regulatoren, welche für
directe Kraftübertragung zu schwach sind, wie beim Reguliren einer
Expansionscoulisse erzielen läßt, und wir hoffen demnächst eine derartige
Construction vorführen zu können.
R.