Titel: | Ueber Cellulose-Fabrikation; von Dr. M. Faudel. |
Autor: | M. Faudel |
Fundstelle: | Band 219, Jahrgang 1876, S. 428 |
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Ueber Cellulose-Fabrikation; von Dr.
M. Faudel.
Faudel, über Cellulose-Fabrikation.
Seit etwa 5 Jahren hat sich in Deutschland und andern Ländern ein neuer
Industriezweig aufgethan, welcher wohl geeignet ist, die Aufmerksamkeit des
technischen und industriellen Publicums auf sich zu ziehen. Ich meine die
Fabrikation von Cellulose oder reiner Holzfaser aus Holz auf chemischem Wege, welche
den Zweck hat, ein vollständiges Ersatzmaterial für theure Lumpen, dem Rohstoffe der
Papierfabrikation, auf leichte und billige Weise herzustellen.
Die Vorläufer dieses Surrogates, geschliffenes Holz und Stroh, sind nicht geeignet,
die Ansprüche, die man auf ein gutes Papiermaterial machen könnte, zu erfüllen.
Geschliffenes Holz kann immer nur, da es aus einer wenig faserigen, gelben, leicht
durch Oxydation veränderlichen Masse besteht, zur Anfertigung von geringern Sorten
Papier benützt werden, und auch dann nur im Verein mit andern langfaserigen Stoffen,
da es allein wohl dicke brüchige Pappen, aber nimmermehr dünne Bogen von einiger
Haltbarkeit liefern kann.
Papiere ferner, die zu 60 Proc. und mehr aus geschliffenem Holze bestehen, mögen für
Zeitungen zu ephemerem Gebrauche noch ganz gut zu verwenden sein, aber zu weiterer
Benützung, wie sie bei Zeitungs-Makulatur so häufig eintritt, als Umschlag
oder Packpapier, sind sie, wovon sich in letzter Zeit wohl Jeder schon überzeugt
hat, ihres harten brüchigen Charakters wegen fast ganz ungeeignet.
Ja selbst in geringern Mengen dem Papierstoffe zugesetzt, treten, wenn auch für den
Augenblick nicht sichtbar, die schlechten Eigenschaften des geschliffenen Holzes in
kurzer Zeit hervor – so bei sonst gutem Bücherdruckpapier, dessen weiße Farbe
sich in Folge eines Gehaltes an geschliffenem Holz im Laufe der Zeit in eine
unregelmäßig gelbe umwandelt.
Einen ganz andern und bei weitem bessern Ruf als geschliffenes Holz besitzt das
Stroh, nicht etwa das fast nur mechanisch zerkleinerte (vgl. 1859 152 339) und zu gelbem Strohpack oder Dütenpapier
verwendete, sondern das durch Kochen mit Alkalien und Bleichen mit Chlorkalk zu
reiner Strohfaser veränderte. Bei guter Behandlung liefert das Stroh einen
Papierstoff, dessen Verwendung in vielen Fällen eine äußerst vortheilhafte, aber
keine allgemeine ist. Nur bei bestimmten Papiersorten und in Verbindung mit
langfaserigen, festen, aus anderm Material beschafften Stoffen, selten ganz allein,
spielt es eine Rolle, denn seiner reinen Faser fehlt eine wichtige Eigenschaft,
genügende Länge und Verfilzungsfähigkeit. Dennoch wird es neben dem Espartogras
heutzutage vielfach und mit Vortheil verarbeitet.
Esparto läßt sich sogar noch leichter als Stroh auf chemischem Wege zur
Papierfabrikation verwendbar machen und wird, da es eine schöne lange Faser besitzt,
in England zu Tausenden von Centnern verbraucht; leider wird es sich aber auf die
Dauer doch nicht in den Mengen heranschassen lassen, daß es für immer als ein
gewinnbringender Ersatz für feine Fasern zu betrachten ist.
Alle die gerügten Uebelstände, welche die Verwendung von geschliffenem Holz, Stroh
und Esparto beschränken, fallen nun bei der Faser, welche man aus den Nadelhölzern
auf chemischem Wege erhält, fast vollständig weg. Dieselbe ist, wenn gut gearbeitet,
rein weiß und bleibt es, da alle leicht oxydirbaren Substanzen des Holzes durch
Behandeln mit Alkalien und Chlorkalk entfernt sind; sie ist ziemlich lang und
verfilzungsfähig und, wenn sie auch die Güte der besten Leinenfaser nicht erreichen
mag, so übertrifft sie doch z.B. die Baumwollenfaser bei weitem und läßt sich zur
Darstellung aller Papiere, sowohl solcher, bei denen es mehr auf Festigkeit, als auch
solcher, bei denen es auf Feinheit und Zartheit ankommt, benützen.
Daß der Gebrauch der Cellulose noch nicht so allgemein geworden, wie sie es verdient,
liegt einerseits an dem Mangel an Vertrauen, welches die an den alten Gang der
Papierfabrikation gewöhnten Fabrikanten ihr schenken, anderseits an der bisher noch
immer geringen Zahl von Fabriken, die sich mit der Bearbeitung des Holzes abgeben,
und deren Production durch verschiedene weiterhin zu besprechende Mängel der
Fabrikationsmethode hemmende Schranken gezogen werden.
Ehe ich auf jene Methoden, die von so großer Bedeutung für diese neue Industrie sind,
näher eingehe, will ich einen kurzen Ueberblick über den Gang der
Holzcellulose-Fabrikation geben.
Das aus dem Walde herangefahrene oder aus fernen Gegenden geflößte Holz der Kiefern
und Tannen (Laubholz liefert bei weit schlechterm Ertrage eine viel kürzere und
weniger brauchbare Faser) wird durch Handarbeit gründlich von Rinde und Bast befreit
und in mächtigen Schneide- oder Raspelmaschinen entweder in kleine Stücke
zerhackt, oder zu dünnen Scheiben geraspelt. Derartige Maschinen können stündlich an
40 Ctr. Holz zerkleinern.
In einigen Fabriken kommt nun das zerkleinerte Holz in große aufrecht stehende, über
10m lange und 1m,5 breite eiserne Kochkessel, die im
Innern mit einem durchlochten Eisenblechcylinder bekleidet sind, welcher die directe
Berührung der Holzmasse mit den Kesselwänden verhindert; in andern Etablissements in
kleine Cylinder aus durchlochtem Eisenblech, die ihrer 10 an der Zahl in wagrecht
liegende Kessel von ähnlichen Dimensionen wie die senkrechten geschoben werden.
In beiden Kesseln wird das Holz sodann mit Natronlauge, die meist aus calcinirter
Soda und gebranntem Kalk bereitet wird, von 8 bis 12° B. oder 40 bis 50g Natron im Liter bis zu einem Druck von 10
bis 14at über freiem Feuer gekocht.
Incrustirende Materie, sowie Harze des Holzes werden durch diesen Kochproceß bei
einer Temperatur von etwa 180° aufgelöst, ja die Faser selbst wird, wenn man
zu starke Lauge oder zu hohen Druck anwendet, oder die Operation zu lange dauern
läßt, angegriffen, und hängt also von einem richtigen Kochverfahren mit richtiger
Lauge die ganze Güte des erwarteten Productes ab, welches, wenn zu kurze Zeit, mit
zu niedrigem Druck oder zu schwacher Lauge gekocht, die fehlerhafte Bereitungsweise
in dunkler Farbe und schwieriger Bleichbarkeit erkennen läßt.
Nach etwa 5 bis 6stündigem Kochen läßt man durch Oeffnen eines Dampfventils die
Dampfspannung bis auf wenige Atmosphären sinken und treibt dann die gesammte
Lauge, während der Holzstoff in den Cylindern zurückgehalten wird, in große eiserne
Reservoirs, von wo aus sie, dunkelbraun gefärbt, in Flammöfen fließt, in denen sie
eingedampft und wieder zu neu verwendbarer Soda ausgeglüht wird.
Das gekochte, vom gelösten Theil der Lauge befreite Holz ist nun ganz weich, so zu
sagen „gar“ geworden und sieht, da es noch sehr viel Lauge
enthält, dunkelbraun aus. Diesen Rest von Lauge zieht man, um die darin enthaltene
Soda zu gewinnen und die Holzfaser zu reinigen, entweder durch Auspressen oder durch
geeignetes Auswaschen, z.B. in Schank'schen Auslaugekästen oder im Lespermont'schen
Waschapparat fast vollkommen heraus. Ganz von färbender Lauge befreit man die
Fasermasse meist erst in sogen. Waschholländern, worin auch die noch zu Bündeln
vereinigten Fasern abgelöst und mit Wasser zusammen schon jetzt in einen für
Papierfabrikation passenden, breiartigem Zustand gebracht werden.
In den für den Verkauf arbeitenden Cellulose-Fabriken wird nun die isolirte
Holzfaser, die noch einen gelbgrauen Farbstoff enthält, auf Pappmaschinen zu
trocknen Pappen verarbeitet und in dieser Form an Papierfabriken versendet, in denen
die Pappen wieder aufgelöst und entfasert, gebleicht und in Papier verwandelt
werden.
Manche Fabriken bleichen die Cellulose selber und versenden sie gebleicht in nassem
Zustande; auch solche, die selbst daraus Papier machen, geben sich natürlich nicht
die Mühe, den ausgewaschenen Stoff erst zu trocknen, sondern bleichen und vermahlen
ihn, sobald er rein ausgewaschen ist, wie z.B. die Fabriken zu Cöslin und
Aschaffenburg. In ihnen ist der Kreislauf des Stoffes, wenn man so sagen darf, ein
enorm schneller; was heute noch mächtiger Fichtenstamm war, erscheint dort
vielleicht morgen Abend schon als schönes weißes Kanzleipapier oder gar schon zur
Morse-Rolle verarbeitet, die bald dazu dienen muß, den momentanen Einfluß des
elektrischen Stromes als lesbares Zeichen oder deutlichen Buchstaben zu fixiren.
Die Mängel, welche dem soeben kurz beschriebenen Industriezweige anhaften, bestehen
hauptsächlich: 1) in der Wiedergewinnung der Soda, die bei sehr hohem
Kohlenverbrauch in den meisten Fabriken eine wenig ausreichende ist und einen zu
bedeutenden Sodaconsum zur Folge hat; 2) in der schlechten Haltbarkeit der riesigen
Kochkessel, welche durch den anstrengenden Gebrauch bei einer Dampfspannung von 10
bis 14at in kurzer Zeit derart leiden, daß
neue Platten eingesetzt, ja binnen 1 oder 2 Jahren die Kessel ganz verworfen und
neue aufgestellt werden müssen.
Was die Wiedergewinnung der Soda betrifft, so beträgt sie in den besten Fabriken
wenig über 70 Proc. der angewendeten Menge; denn wenn man auch den Kalkschlamm, der
vom Kausticiren der Soda stammt, oftmals mit frischem Wasser auswäscht und die so
erhaltenen dünnen Laugen zum Ansetzen frischer, stärkerer benützt, wenn man auch zum
Auslaugen des gekochten Holzes die sinnreichsten Apparate, wie der Lespermont'sche,
construirt hat, so gehen doch noch immer im Kalkschlamm an 5, im Holz ebensoviel,
durch Undichtheiten und beim Verdampfungsofen an 20, im Ganzen also etwa 30 Proc.,
in einigen Fabriken wohl noch mehr verloren.
Viel mag daran die schlechte Construction mancher Verdampfungsöfen Schuld haben. In
einigen Fabriken sind es langgestreckte, niedrige Gewölbe mit mächtigen
kohlenfressenden Feuerungen an einem Ende, deren Feuergase über die Oberfläche der
Lauge hinstreichen. Dieselbe wird hier nur bis zu einem gewissen Concentrationsgrade
eingedampft, in dem sie als ziemlich feste, aber theerige Masse aus dem Ofen geholt
und auf besondern Herden oder im Freien auf Eisenblechen weiter ausgeglüht und
geschmolzen wird. Man erhält die Soda auf diesem Wege in großen harten Klumpen, die
man, um sie zur Laugenbereitung wieder brauchen zu können, mit oft nicht
unbedeutenden Kosten zerkleinern und mahlen lassen muß.
Ganz abgesehen von der Umständlichkeit der ganzen Procedur, gehen dabei ungeheure
Wärmemengen nutzlos verloren, denn es bildet sich bald über dem Laugenspiegel im
Ofen eine feste Kruste, welche, rechtzeitig zu zerstören, die Sache nicht immer
zuverlässiger Arbeiter ist, und die jede weitere Verdampfung der darunter
befindlichen Lauge verhindert. Höchst wahrscheinlich ist diese Krustenbildung auch
die Ursache zu zwei Explosionen gewesen, die kurz hinter einander in einer der
größten derartigen Fabrik zwei Menschenleben als Opfer gefordert haben.
Rationeller, als die eben beschriebenen, sind die sogen. Porion'schen Verdampfungsöfen, die zuerst zur Verarbeitung von
Schlempekohle gedient haben und in diesem Journal (*1868 188 23) schon beschrieben sind. Die darin erhaltene Soda ist porös und
ohne weitere Zerkleinerung zur fernem Verarbeitung auf kaustische Lauge verwendbar.
Jedoch soll bei diesem Verfahren durch die Rührwerke sehr viel Lauge in höchst fein
vertheiltem Zustande aus dem Schornstein herausgeschleudert werden und auf Gärten
und Felder der Nachbarschaft verderbliche Wirkung ausüben.
Eine süddeutsche Ofenconstruction läßt die Lauge treppenartig angelegte Pfannen
herabfließen und auf diesem Wege den entgegenströmenden Feuergasen begegnen. Dieser
Ofen, welcher häufigen Reparaturen unterworfen sein soll, liefert die Soda gerade so
unfertig, wie der erstbeschriebene, mag also wenig Vortheile vor ihm bieten.
Als vierter ist der von dem Belgier Werotte patentirte (*
1874 212 196), auch unter dem Namen Fernau (*1875 215 217) weiter bekannt gewordene
Ofen erwähnenswerth. Ob dieses Ofensystem schon auf dem Felde der
Cellulose-Fabrikation Anwendung gefunden hat, ist mir unbekannt. Jedenfalls
muß bei sonst gut geleiteter Operation und Anwendung eines einfachen und praktischen
Ofens die Wiedergewinnung der Soda an 80 Proc. betragen; unter 20 Proc. Verlust wird
man kaum davon kommen. Ein solcher Ofen mag auch eine große Kohlenersparniß mit sich
führen. Während man auf einfachen Flammöfen ohne Rührwerke oft an 300k guter Steinkohlen pro 100k Soda verbraucht, vermindert sich diese
bedeutende Quantität schon beim Porion'schen Ofen auf 200k und soll sich beim belgischen Ofen noch
geringer stellen.
Ein guter Porion-Ofen von 16m,5 Länge
und 3m Breite vermag bei 4 Mann Bedienung
in 24 Stunden 28cbm Lauge zu verdampfen und
etwa 50 Ctr. Soda bei einem Steinkohlenconsum von 100 Ctr. zu liefern. Die Kraft,
welche die Rührwerke dabei in Anspruch nehmen, ist höchstens auf 1e,5 zu veranschlagen.Vgl. dagegen Fischer, 1875 218 488. Die Red.
Die mangelhafte Anlage von Sodaöfen trägt in vielen Fabriken die Hauptschuld, daß die
Production derselben eine nur sehr beschränkte ist; denn wohin soll man mit der
abgeblasenen Lauge von 4 Kochungen des Tages, wenn der schlechte Ofen nur drei
verdampfen kann?
Ein zweiter Uebelstand, welcher die Fabrikation der reinen Holzfaser nach oben
beschriebenen Verfahren bedenklich hemmt, ist, wie schon gesagt, die schnelle
Abnützung der Kochkessel und die damit verbundene Explosionsgefahr. Zumeist bei
stehenden, aber auch bei liegenden Kesseln werden die Platten, welche der
Stichflamme der Feuerung ausgesetzt sind, schnell leck, und wenn gar, wie es der
Fall gewesen, Nietreihen dem ersten Feuer ausgesetzt sind, so beginnt hier schnell
die Abnützung, die sich zu Anfang in starken Lecken der Nieten und weiter in
einzelnen Rissen und Sprüngen zwischen den Nietköpfen und schließlich gar in
Sprüngen, welche ins Innere der Platten gehen, offenbart.
Man hat nun zwar erprobte Kesselschmiede angestellt, die Tag für Tag nach jeder
Operation die Kessel zu untersuchen und entstehende kleine Schäden sofort zu
verbessern haben, aber dennoch ist die Abnützung solcher Kessel, die mit freiem
Feuer geheizt werden, besonders wenn die Fabrikation Tag und Nacht geht, so groß, daß
diese selten länger als 2 Jahre aushalten, ja daß einzelne Platten schon nach
Verlauf von einigen Monaten ganz erneuert werden müssen.
Diesem bedeutenden Uebelstande, welcher in der gewaltigen Erhitzung, die man zur
Erzeugung eines Druckes von 10 bis 14k
braucht, vereint mit bald darauffolgender Abkühlung, überhaupt also in diesem
beständigen Wechsel, der in 24 Stunden zweimal vor sich geht, seinen Grund hat,
könnte man begegnen, wenn man sich mit geringerm Drucke begnügte, was vor der Hand
aus Mangel einer geeigneten Methode nicht angeht, oder, wenn man, wie es schon an
einigen Stellen geschieht, mit Dampf von hoher Spannung, der in einem besondern
Generator erzeugt wird, kocht. Ein Uebelstand bei dieser Methode ist nur der, daß
man, da durch Zufuhr von Dampf auch viel übergerissenes condensirtes Wasser sich mit
der Lauge mischt, diese letztere viel stärker als bei der alten Art nehmen muß, und
daß man kaum vorher sagen kann, um wie viel sich die Lauge verdünnen werde. Zwar
könnte man diesem Umstande durch längere Erfahrung Rechnung tragen; schwieriger
jedoch ist es, eine Lauge von stärkerer Concentration, als man gewöhnlich braucht,
herzustellen, denn beim Kaustischmachen von Soda durch gebrannten Kalk ist immer
eine bestimmte Menge Wasser, zum mindesten die zehnfache Gewichtsmenge der
angewendeten Soda nöthig, und wollte man, um stärkere Laugen zu erzielen, weniger
Wasser dazu nehmen, so bekäme man keine ganz kaustische Lauge und setzte sich, da
alles Natron, was als kohlensaures in der Lauge vorhanden, beim Kochproceß
wirkungslos ist, zu bedeutenden Verlusten aus. Die mit Dampf kochenden Fabrikanten
müßten also zur Verstärkung ihrer Laugen festes kaustisches Natron, Aetznatron,
zusetzen, woran, in Deutschland wenigstens, der hohe Preis desselben hindern muß.
Außerdem scheint die Construction von Dampfgeneratoren, welche, wie sie der
Engländer Sinclair (1872 204
341. * 206 235) baut, aus geneigt liegenden Röhren
bestehen, und die, da der Dampf in den obern Röhren überhitzt wird, einen Druck von
mindestens 20at aushalten müssen, eben so
sehr der Abnützung und Reparatur unterworfen, wie die mit freiem Feuer geheizten
Kochkessel. Einige englische Fabriken sollen mit dieser Einrichtung arbeiten, man
kann aber, selbst von ihren Erbauern nichts über ihre Resultate erfahren.
In Deutschland kocht eine sächsische Cellulose-Fabrik, dieselbe, aus welcher
die sogen. Cellulose-Sanitätssohlen stammen, mit Dampf und zwar in kleinen,
Lumpenkochern ähnlichen, kugelförmigen Kesseln, welche Form, wenn nicht die Zahl der
Gefäße ihre mangelnde Größe ersetzt, nur eine wenig ausgedehnte Production zur Folge
haben mag.
Das sehr interessante, aber etwas complicirte Verfahren von Ungerer nach dem in einer österreichischen Fabrik Cellulose bereitet
werden sollte, entzieht sich leider der Beurtheilung, da die betreffende Fabrik,
kaum vollendet, bis auf den Grund niedergebrannt ist (vgl. 1876 219 367).
Einige Daten über den Verbrauch von Rohmaterialien bei der
Cellulose-Fabrikation, welche dem 6monatlichen Betriebe zweier Fabriken
entnommen sind, mögen hier Platz finden. Die erste Fabrik verarbeitet junges Holz,
frisch aus dem Walde mit 35 Proc. Wasser, die zweite altes, dickstämmiges Holz mit
etwa 25 Proc. Wasser. Zur Darstellung von 100k Cellulose sind erforderlich:
1. Fabrik.
2. Fabrik.
Frische Soda mit 50 Proc. NaO
55k
70k
Wiedergewonnene Soda von 50 Proc. NaO
110k
120k
Gebrannter Kalk
87k
112k
Steinkohlen beim Ofen
325k
300k
Holz
500k
455k
Es werden wieder gewonnen an Soda
66,6 Proc.
58 Proc.
100k Holz geben
Cellulose
20k
22k
100k Soda erfordern
Kohlen beim Ofen
245k
240k
Chlorkalk zum Bleichen
20–25k
30–35k.
Es ist zu bemerken, daß die erste Fabrik schlesische, die zweite englische Kohlen
verwendet. Der Porion'sche Ofen der ersten Fabrik verdampft in 24 Stunden 28cbm, der doppelte Flammofen der zweiten nur
21cbm Lauge.
Aus diesen Angaben geht hervor, daß die Verarbeitung von jungem Holze entschieden der
von älterm vorzuziehen ist, denn der Sodaverbrauch stellt sich bei ersterm viel
günstiger; außerdem aber ist auch die erhaltene Faser in Farbe heller, ihr Ansehen
seidenartiger und die Bleichbarkeit bedeutend besser.
Freilich scheint der Ertrag aus dickem Holze vortheilhafter zu sein als der aus
jungem – 20 Proc. aus diesem, während 22 Proc. aus jenem erhalten werden.
Dieser einzige Vorzug kann aber nicht den bedeutenden Mehrverbrauch an Soda und
Chlorkalk aufwiegen und ist außerdem nur ein imaginärer, durch den Mehrgehalt des
frischen Holzes an Wasser hervorgebrachter, welcher, wenn man den Wassergehalt
dieses Holzes durch längeres Lagern von 35 auf 25 Proc. herabdrücken wollte, fast
ganz ausgeglichen werden könnte.
Der Kohlenverbrauch pro 100k
wiedergewonnener Soda scheint bei beiden Oefen ziemlich gleich zu sein; man hat aber
zu bedenken, daß beim Porion'schen Ofen nur mittelgute schlesische, beim beinahe
doppelt so großen
Flammofen aber gute englische Steinkohlen angewendet wurden, und daß bei letzterm
noch die Kosten für das Mahlen der geschmolzenen Sodaklumpen hinzukommen.