Titel: | Dick's verbesserter Extincteur. |
Fundstelle: | Band 219, Jahrgang 1876, S. 449 |
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Dick's verbesserter Extincteur.
Mit einer Abbildung.
Dick's verbesserter Extincteur.
Vor etwa 10 Jahren hat man zur Löschung ausgebrochener Schadenfeuer kleine, leicht
transportable Feuerlöschapparate (Gasspritzen, Extincteurs) erfunden, bei welchen
der Wasserstrahl durch stark gespannte Kohlensäure aus dem Spritzenschlauch
fortgeschleudert wird. Die erste Nachricht über einen solchen Apparat findet sich in
diesem Journal (* 1866 180 198), woselbst die Erfindung
irrthümlich Courtines und Monnet zugeschrieben, später aber (1868 187
354) für Carlier in Paris beansprucht ist.Auf im Sommer 1869 von der Firma Waldek und Wagner in Prag ausgegebenen Circularen waren als
Erfinder einerseits J. Sinclair in Manchester,
anderseits A. Vignon und F. Carlier in Paris bezeichnet (vgl. 1869 194 420).
Derselbe Apparat erscheint einige Jahre darauf (* 1869 194
418) in verbesserter Gestalt als Dick's Patent, und viele
Tausende solcher Extincteurs haben in England und auch auf dem Continente
Verbreitung gefunden, trotzdem ihnen insbesondere der Nachtheil anhaftet, daß bei
der Füllung die Chemikalien, doppeltkohlensaures Natron und Weinsteinsäure, sich
sofort vermischen, die Apparate also unter dem Druck der entwickelten Kohlensäure bis zum
Gebrauche aufbewahrt werden müssen, so daß sie bei nicht absoluter Dichtheit durch
Kohlensäureverlust unwirksam werden können. Es ist daher bei solchen Extincteurs
eine regelmäßig wiederkehrende Druckprobe vorzunehmen, um eine Sicherheit für die
Brauchbarkeit des Löschapparates im unvorhergesehenen Bedarfsfall zu gewinnen,
– eine für die allgemeinere Verwendung dieser Extincteurs erfahrungsmäßig
sehr lästige Maßregel.Das diesen tragbaren Gasspritzen zu Grunde liegende Princip hat Dick auch auf fahrbare
Feuerlöschapparate angewendet (vgl. * 1869 194
419). Säure und Salz wirken hier jedoch erst im Momente der Verwendung auf
einander.
Diesen Uebelstand hat Gardner (* 1872 204 451) dadurch zu beseitigen gesucht, daß er die zur
Erzeugung der Kohlensäure erforderlichen Ingredienzien in getrennten Kammern hält
und erst im Momente des Bedarfes (durch Umstürzen des Apparates und Oeffnen von
Hähnen) gegenseitig einwirken läßt. Der Apparat ist dadurch unstreitig wesentlich
sicherer, dafür aber auch weniger handlich geworden.
Ein wesentlicher Fortschritt in der Construction der Extincteurs wurde im J. 1873
bekannt, als statt Weinsteinsäure die billigere Schwefelsäure zur Kohlensäurebildung angewendet wurde. O. Zabel in Quedlinburg beschrieb seinen
Schwefelsäure-Extincteur im zweiten Januarheft 1873, * Bd. 207 S. 113. (Es
ist da nicht angegeben, wer zuerst diesen Gedanken gefaßt hat.Ein fahrbarer Feuerlöschapparat mit Schwefelsäure (statt Weinsteinsäure), der
in amerikanischen Städten eingeführt wurde, ist beschrieben * 1873 208 115.)
Die Bestandtheile der Füllung solcher Extincteurs werden in dem gestürzt
aufzubewahrenden Apparat vollkommen getrennt gehalten. Soll derselbe aber zur
Verwendung kommen, so wird er einfach umgedreht, wobei die Säure in das salzhaltige
Wasser sich ergießt und so rasch Kohlensäure bildet, daß der Druck schnell die zum
wirksamen Spritzen nöthige Höhe erreicht.
Das Laden erfordert nicht viel Zeit, bedingt aber das Umgießen von Schwefelsäure und
Umstürzen des Apparates vor Aufhängen auf den Rücken – und in dieser
Beziehung wesentlich vereinfacht und allen strengen Anforderungen entsprechend ist
der neueste, von Dick verbesserte und patentirte
Schwefelsäure-Extincteur, welcher durch die Firma Lipman und Comp. (141 West George Street) in
Glasgow vor kurzer Zeit auf dem Continente eingeführt wurde.
Dick's neuester Apparat bleibt beim Füllen und Laden in
derselben aufrechten Stellung (ein 40 bis 60k schwerer Cylinder läßt sich nicht gar bequem umstürzen). Die
Schwefelsäure hält man in eigenen verschlossenen Glasfläschchen vorräthig und bringt
eines davon bei der Füllung durch eine verschraubbare Deckelöffnung in den mit salzhaltigem Wasser
gefüllten Apparat hinein. Im Bedarfsfall zertrümmert man nun durch einen Schlag auf
einen Knopf das Glasgefäß, und dessen ganzer Inhalt theilt sich dem salzhaltigen
Wasser so außerordentlich rasch und wirksam mit, daß ein Manometer am Apparate nach
dem Zerschlagen des Schwefelsäureglases sofort 10at Spannung und mehr zeigt, wie sich Referent bei verschiedenen Versuchen
zu überzeugen Gelegenheit hatte.
In der bequemern und zuverlässigern Methode der Füllung und Ladung, ferner in der momentanen Vertheilung der ganzen Schwefelsäuremenge im salzhaltigen Wasser liegt die große
Ueberlegenheit der Dick'schen Extincteurs über alle andern
Schwefelsäure-Apparate.
Textabbildung Bd. 219, S. 451
Der Extincteur in seiner jetzigen Ausbildung besteht wie früher aus einem (bis
auf 20at geprüften) cylindrischen
Blechgefäß, am obern Deckel mit einer Eingußschale tt versehen, deren Oeffnung durch einen Schraubenverschluß dicht
abgesperrt werden kann. An diesem Schraubenverschluß hängt ein in den Wasserraum
des Apparates herabreichender Bügel BB,
welcher zur Aufnahme einer hermetisch verschlossenen Glasflasche F mit Schwefelsäure dient. Diese Flasche ruht unten
auf einem leicht drehbaren Ring rr und wird
oben durch einen über den Flaschenhals geschobenen Hut h in verticaler Stellung gehalten. An diesen Hut greift eine durch die
Stopfbüchse v aus dem Deckel herausragende Spindel,
welche in einen Knopf k endigt.
Ist der Cylinder mit Wasser gefüllt, welchem die nöthige Menge von
doppeltkohlensaurem Natron zugesetzt wurde, so verschließt man die Füllöffnung durch
den Schraubenverschluß mit eingestellter Schwefelsäureflasche, und in diesem Zustand
steht der Apparat an passenden Stellen der betreffenden Gebäude stets bereit, um im
Momente der Gefahr durch einen Schlag (mittels eines am Apparate hängenden
Schraubenschlüssels) auf den Knopf k sofort zum Löschen
wirksamst verwendet werden zu können.
Durch den Schlag auf den Knopf k wird nämlich der Hut h auf der Flasche F
niedergetrieben und letztere zertrümmert, wobei die untere (unterhalb der aus dem
Holzschnitt erkenntlichen Einkerbung liegende) Flaschenhälfte um so sicherer mit dem Ring rr umfällt, als derselbe in einer labilen Lage
drehbar am Bügel BB verzapft ist. In Folge dessen
ist die momentane Vertheilung der Schwefelsäure im salzhaltigen Wasser und dadurch
die lebhafteste Kohlensäure-Entwicklung gesichert.
Da man die Schwefelsäureflaschen stets in Vorrath halten, den Schraubenverschluß sehr
leicht und rasch abnehmen und aufsetzen kann, so ergibt sich die Möglichkeit einer
schnellen Ladung und wiederholten Ingangsetzung des Apparates von selbst.
Ueber den Nutzen der vorliegenden Feuerlöschapparate sind alle sachverständigen
Stimmen einig. Verschieden und zum Theile irrig wird das außerordentliche
Löschvermögen des Extincteur aufgefaßt, weshalb Verfasser die von Professor Meidinger (Badisches Gewerblatt, 1875 S. 238) gegebene
Erklärung, sowie dessen Ansicht über Aufstellung und Behandlung dieser Apparate hier
anschließt.
Stellt man die Frage auf, in wie weit der beschriebene Feuerlöschapparat sich von
wirklichem Nutzen bei Ausbruch eines Brandes erweisen wird, so unterliegt es keinem
Zweifel, daß im Entstehen, wo das Feuer noch geringe Dimensionen angenommen, eine
Löschung leicht und rasch mittels desselben bewerkstelligt werden kann. So mächtig
auch eine Flamme erscheinen mag, und durch die strahlende Hitze unnahbar, so ist
doch ihre Quelle verhältnißmäßig schwach, d.h. die Wärme in dem glühenden Holz oder
vielmehr der oberflächlich gebildeten Kohle, welche das noch unzersetzte Holz weiter
in Destillation setzt und damit eigentlich das sichtbare Feuer durch Verbindung der
erzeugten Gase mit der Luft erst bildet, ist nur gering, und es reicht
verhältnißmäßig wenig kühlendes Wasser aus, um die Glut unter die
Entzündungstemperatur herabzuführen. Die kühlende Wirkung des Wassers an sich
genommen wird ja auch in hohem Grade unterstützt durch die Verdampfung, wobei das
Wasser 5 1/3 mal so viele Wärme bindet (latent macht), als es bei seiner Erwärmung
von 0 bis 100° fühlbar aufnimmt; auch wirkt der Dampf selbst noch dadurch
vortheilhaft, daß er den Zutritt der Luft theilweise abhält.Die specifische Wärme der Holzkohle ist fast genau 1/4. Nimmt man an, daß die
glühende Kohle bei dem Bespritzen mit Wasser sich um 400° abkühle
(was gewiß reichlich gemessen ist), so könnte mittels 1k Wasser (Verdampfung
vorausgesetzt) die Glut von 6k
Kohlen vernichtet werden, die in den obigen Gefäßen enthaltene Füllung
vermöchte somit 4 resp. 5 Ctr. glühende Kohlen zu löschen. Da das Holz in
der ersten Zeit nach Ausbruch eines Brandes blos oberflächlich verkohlt ist,
so entspricht dieser Betrag schon einem ziemlich ausgedehnten Feuer.
– Die Ungeheuern Wassermassen bei starker Entwicklung eines Brandes
sind blos darum nöthig, weil man in der Regel den Herd des Feuers nicht
erreicht, somit ziemlich ins Blinde hinein spritzen muß, wobei der größte
Theil des Wassers der Wirkung ganz entgeht. Deshalb die verbreitete Ansicht,
daß bei einem Brand durch die Ueberschwemmung mit Wasser in der Regel mehr
Schaden angerichtet wird als durch das Feuer selbst. – Von der
Anwendung eines Extincteur ist aus diesem Grund auch nur dann ein Erfolg zu
erwarten, wenn die Brandstelle offen vor Augen liegt und mittels des
Strahles sicher erreicht und getroffen werden kann; auf eine größere
Entfernung wie 4 bis 5m läßt sich
nicht mehr genau zielen, wenigstens nicht ohne Uebung. Die zur Demonstration
im Freien an einem Holzstoß angestellten Versuche finden immer unter den
günstigsten Bedingungen statt, da man sich dem Feuer auf einige Meter bequem
nähern und deshalb die brennenden Stücke gut treffen kann. So erklärt sich denn die im ersten Augenblick überraschende Erscheinung, daß,
wenn ein ganz dünner Wasserstrahl auf einen großen, im lebhaftesten Feuer
befindlichen Holzstoß gerichtet wird, die Flamme wie auch die Glut der oberflächlich
bereits gebildeten Kohle in wenig Secunden wie durch Zauber erlischt. Die Anwendung
eines salzhaltigen Wassers, wie es der Extincteur liefert, bringt vielleicht noch
den Nutzen, daß sich die Oberfläche des Holzes mit einer dünnen Salzkruste
überzieht, welche die Berührung des brennbaren Stoffes mit der Luft hindert und
dadurch eine neue Entzündung erschwert.Diese Ansicht hat auch schon Prof. Dr. Hirzel in diesem Journal, 1868 187 356 ausgesprochen. Z. Diese Annahme ist jedoch bis jetzt noch durch keinen scharfen vergleichenden
Versuch erwiesen. – Von der in dem Strahl enthaltenen Kohlensäure ist keine besondere Wirkung zu
erwarten; ihre Menge ist zu gering, um bei der aufwärts gehenden Bewegung der
Feuergase die Luft von der Berührung mit der glühenden Kohle abzuhalten; auch dürfte
in Folge des Ueberdruckes der größere Theil derselben bereits vorher aus dem Strahl
entwichen sein.
Wenn der Extincteur sich somit unleugbar von großem praktischen Werth erweisen kann,
so ist doch besonders darauf aufmerksam zu machen, daß seine Bedienung Kraft und
Uebung verlangt. Man kann den Apparat nicht dem ersten Besten bei Ausbruch eines
Brandes überlassen. Das Gewicht von etwa 1 Ctr. auf dem Rücken erfordert einen
kräftigen Mann, zumal wenn etwa noch treppauf- oder abwärts gestiegen werden
soll. Der ausfließende Strahl erzeugt Rückstoß, den man mit dem Körper beherrschen
muß, um nicht umgeworfen zu werden. Die Füllung, an sich ein ganz einfaches
Geschäft, will doch gelernt sein, um rasch und sicher bewerkstelligt zu werden.
Nach dem Vorstehenden muß es durchaus geboten erscheinen, besondere Personen auf die
Wartung des Extincteur einzuüben, soll sich derselbe im Falle der Noth nicht als ein
unnützes Spielzeug erweisen. Ja eine Person wird nicht einmal für ein Haus genügen,
da dieselbe zufällig bei Ausbruch eines Brandes abwesend sein kann. Je mehr Personen
in einem Anwesen den Apparat sachverständig zu behandeln wissen, um so größer wird
der Schutz sein, den er gewährt. Es sollte deshalb, wer sich irgend dafür eignet, in
seiner Bedienung unterrichtet und außerdem eine gelegentliche Uebung damit
vorgenommen werden; nur unter solchen Umständen wird die Anschaffung eines
Extincteur einen vernünftigen Sinn haben.
Ferner sollte für ein größeres Gebäude nicht blos ein
Apparat aufgestellt werden, sondern mehrere, womöglich in jedem Stockwerk einer,
oder, wenn dasselbe ausgedehnt ist, zwei an entgegengesetzten Enden, damit bei
Bedarf unter allen Umständen gleich in der Nähe des Brandes ein Apparat aufgenommen
und in Function gebracht werden kann.
Es ergibt sich hieraus, daß wir für unsere gewöhnlichen Wohnhäuser den Extincteur
nicht empfehlen können, da nicht blos die Miether, sondern noch mehr die Bedienung
zu häufig wechseln und deshalb bestimmte Personen nicht ständig mit der Besorgung
des Apparates zu beauftragen sind; im Allgemeinen ist auch wohl das Interesse der
Miether, die zumeist durch die Versicherung den vollen Werth ihrer Habe leicht und
rasch wieder ersetzt erhalten, weniger groß an dem Schutz eines Gebäudes als bei dem
Hausbesitzer, welcher nicht immer im Hause selbst wohnt, jedenfalls aber nicht den
Miethern die Aufstellung eines Feuerlöschapparates in ihrer Wohnung zumuthen kann.
Nur in Villen und sonstigen Gebäuden (wie Gasthöfe), die vom Eigenthümer ganz allein
bewohnt werden, und wo sich auch eine ständige männliche Bedienung, wie Gärtner, Hausmeister etc.
vorfindet, kann sich die Aufstellung eines Extincteur empfehlen. Ferner wird seine
Verwendung besonders in Fabriken am Platze sein, in öffentlichen Gebäuden, wie
Theatern, Museen, Bibliotheken, auf Dampfschiffen etc.E. Preisig empfiehlt den Extincteur auch zum
Löschen von entstehenden Grubenbränden. (Vgl. Oesterreichische Zeitschrift
für Berg- und Hüttenwesen, 1875 S. 547.) Z.