Titel: | Ueber die Verwendbarkeit des Broms in der Hydrometallurgie, der Probirkunst und der chemischen Technologie; von Rudolf Wagner. |
Fundstelle: | Band 219, Jahrgang 1876, S. 544 |
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Ueber die Verwendbarkeit des Broms in der
Hydrometallurgie, der Probirkunst und der chemischen Technologie; von Rudolf Wagner.
(Schluß von S. 332 des vorhergehenden
Bandes.)
Wagner, über die Verwendbarkeit des Broms in der chemischen
Technologie.
VIII. Anwendung des Broms in der Probirkunst und der
technischen Analyse.
1. Bestimmung des Kohlenstoffes und Schwefels im Roheisen
und im Stahl. Soviel mir bekannt, war Berthier
Anales des mines, (3) 1833 III p. 209 und 215. der erste, welcher das Brom in der Probirkunst, namentlich in der Analyse
der Eisensorten, verwendete. Das Brom in gesättigt wässeriger Lösung löst das Eisen
zu Bromeisen auf und verwandelt den Schwefel in Schwefelsäure und den Phosphor in
Phosphorsäure, während der als Graphit vorhandene Kohlenstoff ungelöst zurückbleibt.
Ein Stück graues Roheisen von 106,52 Gewicht war nach einer 24stündigen Digestion
mit einem Ueberschuß an Bromlösung vollständig unter Zurücklassung von siliciumhaltigem Graphit gelöst.
Die rückständige Kohle wird, nachdem sie von der Flüssigkeit, die Bromeisen,
Schwefelsäure, Phosphorsäure (und unter Umständen auch Arsensäure) enthält, getrennt
worden ist, mit Wasser, zu welchem etwas Bromkalium gesetzt wurde, ausgewaschen und
schließlich nach dem Trocknen der Kohlenstoffgehalt in gewöhnlicher Weise
elementaranalytisch bestimmt. Mit der Lösung, die von dem Kohlenstoff getrennt
wurde, läßt sich, nachdem das freie Brom durch Erhitzen der Flüssigkeit verjagt
wurde, das Eisen, die Schwefelsäure und die Phosphorsäure (eventuell die Arsensäure)
durch Titriren bestimmen. In der 1862 von T. Nicklès
Repertoire de chimie appliquée, 1862 p. 872. in Nancy veröffentlichten Arbeit über die Analyse von Stahl und Gußeisen mit
Hilfe von Brom findet sich der einzuschlagende Weg eingehend geschildert.
Die vor zwei Jahren von R. Fresenius
Zeitschrift für analytische Chemie, 1873 S. 37. vorgeschlagene Methode der Bestimmung des Schwefels im Roheisen und Stahl,
welche darin besteht, daß die beim Auflösen des Eisens in Salzsäure sich
entwickelnden Gase in eine Lösung von Natriumplumbat geleitet werden, wobei der
Schwefel des Eisens als Schwefelblei zum Vorschein kommt, dürfte, wie T. Moffat-Johnston
Wagner's Jahresbericht, 1874 S. 10. bereits mit Recht hervorgehoben, in der Weise zu modificiren sein, daß man
die sich entwickelnden Gase durch eine wässerige oder salzsaure Bromlösung leitet,
um allen Schwefel des Schwefelwasserstoffes sofort in Schwefelsäure
überzuführen.
Ueberhaupt bei der Bestimmung des Schwefelwasserstoffes, des Schwefels der
Alkalisulfurete, -Sulfite und -Hyposulfite dürfte das Brom allen
übrigen Agentien vorzuziehen sein. Auch bei dem von R. Hoffmann
Daselbst 1873 S. 385. herrührenden Verfahren der Ultramarinanalyse ist das Brom zum Aufschließen
und zur Bestimmung des Gesammtschwefels in jeder Hinsicht zu empfehlen. Das
Aufschließen des Ultramarins mit concentrirter Salzsäure ist niemals ein
vollständiges; in dem Rückstand kann man, wie auch E. Büchner (vgl. 1875 215 166) gefunden hat, in
den meisten Fällen unter dem Mikroskop noch unzersetztes Ultramarin auffinden. Eine
mit Salzsäure erhitzte wässerige Lösung von Brom entfärbt und zersetzt sofort alle
Arten von Ultramarin, doch Grün etwas langsamer als Blau und Violett.Fr. Goppelsröder empfiehlt die Anwendung des Broms
gleichfalls bei der Analyse der Ultramarine. (Die diesbezügliche Abhandlung
wird im nächsten Bande dieses Journals erscheinen. D. Red.) Die Bestimmung des Gehaltes der Kammergase an schwefliger Säure in der
Schwefelsäurefabrikation ist wahrscheinlich auch mit Hilfe von Brom (und des
modificirten F. Reich'schen ApparatesVgl. Ph. Schwarzenberg: Technologie der chemischen
Producte (1865), S. 377.) ausführbar.
2. Bei der Goldprobe ist die Anwendung des Broms
gleichfalls indicirt. Es werden die goldarmen Erze, Arsenabbrände oder
Pyritrückstände in der Menge von 50 bis 200g in einem Extractionsgefäße mit Bromlösung digerirt, aus der vom Erz oder
Abbrand getrennten Flüssigkeit wird, nachdem das überschüssige Brom durch Erhitzen
ausgetrieben worden ist, mittels Ferrosulfat das Gold gefällt und darauf in
gewöhnlicher Manier mit Blei abgetrieben.
3. In der Analyse der in der Natur vorkommenden oder als Hüttenproducte auftretenden
Sulfide und Sulfurete ist
das Brom in wässeriger und salzsaurer Lösung das bequemste aller Lösungsmittel.
Auf Grund meiner (im Verein mit Georg Warnecke
ausgeführten) Versuche ist das Brom anwendbar zum Aufschließen, resp. Lösen
folgender Mineralien und metallurgischen Producte: Schwefelkies, Kupferkies,
metallisches Nickel und Kobalt, Kupferstein, Nickelspeise, Zinnfolie,
Scheidemünzmetall, Phosphorbronze, Auripigment und Realgar, Musivgold, Fahlerze,
Bournonit, Zinkblende und Antimonglanz.
Z.