Titel: | Spectralanalytische Untersuchungen von R. Bunsen. |
Fundstelle: | Band 220, Jahrgang 1876, Nr. , S. 44 |
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Spectralanalytische
Untersuchungen von R. Bunsen.
Mit Abbildungen auf Taf. I [d/1].
Bunsen's spectralanalytische
Untersuchungen.
Nur bei dem kleinern Theile der einfachern Stoffe und ihrer
Verbindungen genügt die verhältnißmäßig niedrige Temperatur der
nichtleuchtenden Gasflamme, um für analytische Zwecke
verwendbare Spectren zu erhalten; der bei weitem überwiegende
Theil der Elemente verwandelt sich erst bei Hitzegraden in
Dampf, wie sie nur durch elektrische Glüherscheinungen
hervorgebracht werden können. Bei Körpern, welche in der Flamme
keine Spectren hervorbringen, ist man daher auf Funkenspectren
angewiesen, deren Verwendung namentlich da nicht entbehrt werden
kann, wo es sich in solchen Fällen um Aufsuchung neuer Elemente
oder um zweifellose Nachweisung von Körpern handelt, die ihrem
Verhalten nach einander so nahe stehen, daß die gewöhnlichen
Reagentien zu ihrer Erkennung nicht ausreichen.
Einer praktischen Verwerthung der Funkenspectren stehen aber
Schwierigkeiten entgegen, welche Veranlassung gewesen sind, daß
diese wichtigen Reactionsmittel in den chemischen Laboratorien
immer noch keinen Eingang gefunden haben. Zunächst hat es bisher
an einem einfachen Verfahren gefehlt, durch welches
Funkenspectren mit derselben Bequemlichkeit wie Flammenspectren
jederzeit hergestellt werden können. Eine andere Schwierigkeit
ergibt sich aus dem Umstande, daß es noch an Spectrentafeln
fehlt, welche allen Anforderungen der Praxis genügen. Zwar liegt
eine Fülle von zum Theil vortrefflichen Maßbestimmungen auf
diesem Gebiete vor, aber bei einem nicht geringen Theile
derselben ist die Reinheit des Materials, auf
welche sie sich beziehen, auch nicht im Entferntesten verbürgt
und oft erweislich nicht vorhanden.
Verfasser hat vor Jahren gezeigt, daß ein Gemisch von
Kalibichromat mit Schwefelsäure die Salpetersäure in der
Kohlenzinkkette ohne Thonzellen mit Vortheil ersetzen kann;
später haben Leeson und Warrington vorgeschlagen, diese Mischung
bei Thonzellenketten in einem solchen Verhältniß anzuwenden, daß
das chromsaure Salz gerade hinreicht, mit der Schwefelsäure
Chromalaun zu bilden, und daß die zur Lösung des Salzes benützte
Wassermenge genügt, um den gebildeten Chromalaun in Lösung zu
erhalten. Eine solche Lösung besteht dem Gewichte nach aus:
Kalibichromat
1,33
concentrirter Schwefelsäure
1,00
Wasser
6,00.
Durch diese Mischung, welche allgemein in Gebrauch gekommen ist,
wird aber durchaus nicht den elektrolytischen Vorgängen in der
Kette ohne Thonzellen Rechnung
getragen. Je nachdem die grünliche zweisäurige oder die
bläuliche dreisäurige Modification des Chromoxydes bei der
Elektrolyse entsteht, gestalten sich diese Vorgänge entweder
nach folgendem Schema I oder nach
Schema II, wo links vom
Gleichungszeichen die ursprünglich vorhandenen Bestandtheile und
rechts davon die daraus durch die Elektrolyse erzeugten
Zersetzungsproducte in Aequivalenten ausgedrückt sind.
Textabbildung Bd. 220, S. 44
Textabbildung Bd. 220, S. 44
Für das Verhältniß von 1 Aeq. Kaliumbichromat auf 4 Aeq.
Schwefelsäure, welches Warrington für
Thonzellenketten der Theorie entsprechend vorschreibt, gestaltet
sich der Vorgang unter der Voraussetzung, daß die Thonzelle
hinwegfällt und beide Erregerplatten in die Chromflüssigkeit
eingetaucht sind, nach folgendem Schema:
Textabbildung Bd. 220, S. 44
Man sieht daher, daß in der Flüssigkeit I und II das Verhältniß der
Bestandtheile in dem noch unzersetzten Antheile einerseits, und
dem zersetzten anderseits, während der ganzen Dauer der
Elektrolyse bis zur Erschöpfung der Kette dasselbe bleibt, daß
also eine der ersten Bedingungen der
Stromconstanz erfüllt ist, daß aber dagegen, wenn man die
Warrington'sche Flüssigkeit ohne Thonzellen anwendet, die
ursprünglichen Bedingungen der Stromerzeugung schon nicht mehr
vorhanden sind, sobald der Verbrauch an Bichromat die Höhe von
57 Proc. erreicht hat. Dieser also nicht weniger als 43 Proc.
betragende ökonomische Verlust hat aber noch einen viel größern
Nachtheil im Gefolge, welcher daraus entspringt, daß die in der
Flüssigkeit vorhandenen Säuren nicht ausreichen, um bis zu Ende
der Action mit den bereits vorhandenen oder sich erst bildenden
Basen lösliche Salze zu bilden. Folge davon ist, daß sehr bald
auf den Erregerplatten Absätze entstehen, die polarisirend
wirken und den Strom hemmen. Es ist daher nicht zu verwundern,
daß die mit der Warrington'schen Flüssigkeit gespeisten
Chromsäureketten ohne Thonzellen, was ihre Stromconstanz und
Nachhaltigkeit betrifft, nur sehr unbefriedigende Resultate
haben geben können.
Da sich aus der Theorie nicht entnehmen läßt, welchen Einfluß die
Bildung der grünlichen oder der bläulichen Modification des
Chromoxydes auf den Gang der Stromerzeugung ausübt, und welcher
Wasserzusatz die günstigsten Resultate gibt, so schien es
geboten, den Versuch in dieser Beziehung entscheiden zu lassen.
Zu diesem Zwecke wurden aus der Warrington'schen Flüssigkeit
durch successiven Zusatz gemessener Schwefelsäuremengen zehn
Flüssigkeiten bereitet und aus jeder derselben durch steigenden
gemessenen Wasserzusatz wiederum fünf Flüssigkeiten hergestellt.
In einzelnen dieser nach einer geeigneten systematischen Ordnung
ausgewählten Flüssigkeiten wurde unter ganz gleichen
Verhältnissen ein einfaches, aus amalgamirtem Zink und Kohle
gebildetes Paar, in dessen Schließungsbogen sich eine
Tangentenbussole befand, eingetaucht und der Verlauf der
Stromstärke nach der Zeit bis nahe zur Erschöpfung der Kette
beobachtet. Es erwies sich dabei als die am besten wirkende
Mischung folgende fast ganz genau den unter I gegebenen, aus der Theorie
abgeleiteten Aequivalentverhältnissen entsprechende
Gewichtszusammensetzung:
Kalibichromat
1
Schwefelsäure
2
Wasser
12.
Dieselbe erzeugt beim Gebrauch keinen Chromalaun, sondern färbt
sich mit Zink in Berührung grün und trocknet allmälig zu einer
faserig krystallinischen Salzmasse ein, die aus Sulfaten von
Chromoxyd, Kaliumoxyd und Zinkoxyd besteht und die beim Kochen
mit viel Wasser einen nach der Formel 2Cr2 O3, 3SO3
zusammengesetzten Niederschlag fallen läßt. Zink,
selbst sehr unreines, löst sich darin ohne alle Gasentwicklung
mit spiegelblanker Oberfläche auf.Die Flüssigkeit eignet sich ganz
vorzüglich zum Decapiren angelaufener Metalle.
Um 10l dieser Erregerflüssigkeit zu bereiten, verfährt man
auf folgende Weise. 0k,765 käufliches pulverisirtes
Kalibichromat, das an 3 Proc. Verunreinigungen zu enthalten
Pflegt, werden in 0l,832 Schwefelsäure von 1,836 spec.
Gew., die sich in einem Steingutgefäß befindet, allmälig unter
Umrühren eingetragen, und wenn das Salz in Chromsäure und
schwefelsaures Kali umgesetzt ist, 9l,2 Wasser unter fortwährendem
Umrühren als fingerdicker Strahl hinzugegossen; der bereits sehr
heiße Krystallbrei erhitzt sich dabei noch mehr und löst sich
nach und nach vollständig auf. Als Erreger in dieser Flüssigkeit
dienten bei allen nachfolgenden Versuchen ein 120mm
tief eintauchender, 40mm breiter und 13mm
dicker Stab von der festesten
Gaskohle und eine eben so tief eintauchende, ebenfalls 40mm
breite, 5mm dicke, gewalzte Zinkplatte, welche mit Ausnahme
ihrer der Kohle zugekehrten amalgamirten Fläche sonst überall
mit einer warm aufgestrichenen Wachsschicht überzogen war. Der
Abstand zwischen Kohle und Zink betrug je nach den Umständen 3
bis 10mm. Gibt man der zur Aufnahme der Erregerflüssigkeit
dienenden Zelle die bei Grove'schen oder Zinkkohlen-Ketten
übliche Größe und Gestalt, so erhält man, was Dauer und Constanz
des Stromes anbelangt, wenig befriedigende Resultate. Dies hat
seinen Grund in dem Umstande, daß in der Salpetersäure jener
Ketten bei weitem mehr zur Depolarisation verwendbarer
Sauerstoff aufgespeichert ist, als in einem gleichen Gewichte
der Chromflüssigkeit, und daß mithin von dieser letztern für
gleichen Effect eine verhältnißmäßig weit größere Menge
verbraucht wird. Die Chromsäurekette fordert deshalb, im
Vergleich mit der Grove'schen, Gefäße von mindestens drei- bis
viermal größerm Rauminhalt. Man gibt ihnen am besten die Gestalt
schmaler hoher Cylinder, welche bei der Aufstellung keinen
größern Flächenraum einnehmen, als gleich wirksame Elemente der
gebräuchlichen Thonzellenketten.
Figur 45 stellt eine Kette von 4 solchen Elementen dar.
Die ungefähr 1l,6 betragende Flüssigkeitssäule
hat eine an dem Glascylinder markirte Höhe von 280mm und
einen Durchmesser von 88mm. Das Zinkkohlepaar taucht nur
bis zu seiner halben Höhe in die Flüssigkeitssäule ein mit einer
wirksamen Zinkoberfläche von ungefähr 48qc.
Wird diese Kette durch einen Schließungsbogen von geringem
Leitungswiderstande geschlossen, so sieht man in der rothen
Flüssigkeitssäule einen dunkler gefärbten Flüssigkeitsfaden,
welcher von der sich lösenden Zinkplatte ausgeht, zu Boden
sinken und sich in Gestalt einer ziemlich scharf begrenzten
Schicht im untern Theile der Glaszelle ansammeln. Die
ursprüngliche Flüssigkeit hat das specifische Gewicht 1,140, die
mit Zinkvitriol beladene, am Boden angesammelte dagegen 1,272;
die elektrolytisch verbrauchte Flüssigkeit sinkt daher stetig zu
Boden und wird fortwährend durch seitlich zuströmende, noch
nicht elektrolytisch veränderte ersetzt, wodurch sich eine
Circulation herstellt, welche von wesentlichem Einfluß auf die
Constanz des Stromes ist.
Die specielle Einrichtung dieser zur Erzeugung der Funkenspectren
bestimmten Kette ist folgende. Sie besteht aus vier der
beschriebenen Paare, in deren Glaszellen die an den Rahmen a in geeigneter Weise befestigten,
leicht abzunehmenden Zinkkohlenelemente mittels der Handhabe b eingetaucht werden. Dieser Rahmen
erhält seine Führung durch die in den Schlitzen der Ständer c, c mit sanfter Gleitung beweglichen
Zapfen e, e, wobei die Tiefe der
Einsenkung der Elemente mittels eines durch den Schlitz
gesteckten Stiftes f bestimmt wird
und daher im Verlaufe der Erschöpfung der Erregerflüssigkeit
beliebig vermehrt werden kann. Um die Kette jeder Zeit ohne
Anstrengung in Thätigkeit setzen zu können, ist der bewegliche
Theil derselben durch das Gegengewicht g so weit entlastet, daß die Elemente, sich selbst
überlassen, eben noch aus der Flüssigkeit emporgezogen werden.
Die Zinkplatten sind an die Kupferstreifen h angelöthet, gegen deren anderes platinirtes Ende der Kohlenstab mittels
einer Klemmschraube angepreßt wird. Soll die Amalgamation der
Zinkplatten erneuert werden, so bringt man das bis zur
richtigen, durch Marken bezeichneten Höhe mit Quecksilber und
darüber befindlicher verdünnter Schwefelsäure gefüllte
Amalgamirgefäß (Fig. 46)
unter die Zinkplatte und hebt es langsam empor, bis die letztere
den Boden berührt. Das abtropfende Quecksilber sammelt sich in
kleinen porzellanenen Untertassen, mit denen man die Glaszellen
während des Nichtgebrauches der Kette bedeckt hält.
Die Poldrähte der Kette i, i sind
etwas spiralförmig gewunden, um bei dem Niederlassen der Paare
der Bewegung hinlänglichen Spielraum zu lassen; sie führen den
inducirenden Strom, von welchem eine Abzweigung den
Stromunterbrecher in Thätigkeit setzt zum Ruhmkorff'schen
Apparat, dessen Inductionsrolle nahezu einen Durchmesser von
200mm und eine Länge von 500mm besitzt.
Der in derselben inducirte Strom gelangt zu dem vor dem Spalt des
Spectroskops stehenden Funkenapparat, Figur 46.
Als Stativ für diesen dient die dreihalsige Flasche w. Der Inductionsstrom geht von dem
Quecksilbernäpfchen a durch den
feinen Draht b zu der auf einem
zugespitzten Platindraht steckenden Kohlenspitze c, springt als Funke zur andern
Kohlenspitze c1 über und gelangt von dieser in das
zweite mit dem andern Ende der Inductionsrolle in Verbindung
stehende Quecksilbernäpfchen a1. Die Platindrähte, auf welchen die
Kohlenspitzen stecken, sind von angeschmolzenen Glasröhren
umgeben, welche sich in den Durchbohrungen der Korke d, d mit sanft gleitender Bewegung um
ihre Achse drehen lassen; die Korke stecken ihrerseits auf
Glasstäben und lassen sich ebenfalls auf und ab bewegen und um
ihre Achse drehen. Alle diese Bewegungen gestatten eine rasche
exacte Einstellung der Kohlenspitzen vor dem Spalt des
Spectralapparates. Die Beobachtung der Funkenspectren selbst
geschieht in der Weise, daß man, während sich das Auge vor dem
Beobachtungsfernrohr befindet, mit der linken Hand die auf dem
Boden stehende Kette in Thätigkeit setzt und mit der rechten den
Funkenapparat, dessen Kohlenspitzen man ein für alle Mal die
richtige Höhe gegeben hat, vor dem Spalt so einstellt, daß das
Spectrum mit der Scale im Fernrohr coincidirt. Bei den
Beobachtungen läßt man den stets durch eine eingeschaltete
Leydener Flasche verstärkten Funken am besten in horizontaler
Richtung vor dem senkrechten Spalt überschlagen; die Schlagweite
des zwischen stumpfen Platinspitzen
überspingenden Funkens beträgt 10 bis 20mm.
Die zur Aufnahme der Flüssigkeitsproben bestimmten Kohlenspitzen
stellt man auf folgende Weise her. Als Material zu denselben
dient die im Handel allgemein verbreitete, nicht zu lockere
Zeichenkohle. Um sie leitend zu machen, setzt man eine große
Anzahl von Kohlenstängelchen in einem bedeckten Porzellantiegel,
der sich, allseitig mit Kohlenpulver umgeben, in einem größern,
ebenfalls bedeckten Thontiegel befindet, längere Zeit der
größten Weißglut aus. Die dadurch leitend gewordenen Stängelchen
werden mit einem Bleistift schärfer zugespitzt und der kleine so
hergestellte Kohlenconus mit einer feinen Uhrmachersäge
abgeschnitten. Fünfhundert solcher Kohlenspitzen können leicht
von einem Arbeiter in einem Tage gefertigt werden, so daß man
sich einen zu langjährigen Beobachtungen ausreichenden Vorrath
davon ohne Schwierigkeit verschaffen kann. Aus den Kohlenspitzen
ist jetzt noch der Gehalt an Kieselerde, Magnesia, Mangan,
Eisen, Kali, Natron und Lithion zu entfernen. Man kocht zu
diesem Zweck in einer Platinschale an tausend Kohlenspitzen auf
einmal, zuerst mit Fluorwasserstoffsäure, dann mit concentrirter
Schwefelsäure, dann mit concentrirter Salpetersäure und endlich
mit Salzsäure je zu wiederholten Malen aus, indem man
zwischendurch jede dieser Säuren durch Auskochen und Abspülen
mit Wasser entfernt. Nach dieser Behandlung sind die
Kohlenspitzen, nachdem sie an ihrer Basis mit einem den
Platinspitzen entsprechenden Loche mittels eines
feinen dreikantigen Spitzbohrers versehen sind, zum Gebrauche
fertig. Für jeden Versuch steckt man neue Kohlen auf die
Platinspitzen und bewirkt die Imbibition derselben mit der zu
prüfenden Salzlösung mittels eines hohlen capillaren Glasfadens,
nöthigen Falls unter gelinder Erhitzung mittels einer kleinen
Gasflamme. Ein solcher Kohlenconus wiegt ungefähr 15mg und
kann mehr als sein eigenes Gewicht an Flüssigkeit aufnehmen. Die
damit erhaltenen Funkenspectren sind von sehr langer Dauer, so
daß bei den völlig imprägnirten Kohlenspitzen ein Nachfüllen mit
den capillaren Glasfädchen erst nach längerer Zeit nöthig wird.
Die mit den reine Funkenspectren gebenden Lösungen getränkten
Kohlenspitzen, sowie diese Lösungen selbst, werden in
etiquettirten Gläschen aufbewahrt, um jederzeit die normalen
Spectren zur Vergleichung herstellen zu können.
Der Verfasser beschreibt dann eingehend die Funken-, Flammen- und
Absorptionsspectren der Elemente und die Reindarstellung der
verwendeten Körper, in Betreff welcher jedoch auf unsere Quelle
(Poggendorff's Annalen, 1875 Bd. 155 S. 230 und
366) verwiesen werden muß.