Titel: | Ueber Kohlenersparniss bei Dampfmaschinen; von O. H. Müller, Civilingenieur und Maschinenbaumeister in Pest. |
Autor: | O. H. Müller |
Fundstelle: | Band 220, Jahrgang 1876, Nr. , S. 97 |
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Ueber Kohlenersparniss bei
Dampfmaschinen; von O. H. Müller, Civilingenieur
und Maschinenbaumeister in Pest.
Mit Abbildungen.
(Schluß von S. 21 dieses
Bandes.)
Müller, über Kohlenersparniß bei
Dampfmaschinen.
C) Die Maschine.
Bei dieser haben wir es blos mit denjenigen Organen zu thun,
welchen unmittelbaren Einfluß auf den Dampfverbrauch ausüben
— also mit der Dampfleitung, dem Cylinder, der Steuerung,
dem Dampfkolben, der Condensation und etwa denjenigen
Vorrichtungen, welche einen Gegendruck veranlassen. Dennoch ist
das Material, welches hier in Betracht käme, ein so
massenhaftes, daß wir uns für den Zweck dieser Abhandlung
gewissermaßen nur auf Andeutungen beschränken können, ohne auf
viele Beispiele in der Praxis einzugehen.
Ein oft vorkommender Fehler besteht darin, daß die Dampfleitungen, anstatt vom Kesselhause
aus Gefäll nach dem Cylinder zu haben, unterirdisch gelegt
werden. Es bilden sich dann durch Condensation und Ansammlung
des mitgerissenen Wassers an den tiefern Punkten Wassersäcke,
welche den Querschnitt der Leitung in jedem Falle verengen und
dadurch eine oft wesentliche Verminderung des Druckes im
Schieberkasten erzeugen. Die Ansammlung des Wassers steigt so
lange, bis die Differenz zwischen dem Drucke im Kessel und jenem
im Schieberkasten groß genug ist, um das Wasser auf die Höhe des
Cylinders fortzureißen, was zuweilen in periodischen Stößen
geschieht. Manches mysteriöse Vorkommniß ist auf diesen Umstand
zurückzuführen. Bei einer hiesigen Mühle wurden gegen 10 Proc.
an Kraft gewonnen, nachdem das früher 7m,3
abwärts und unterirdisch laufende Dampfrohr horizontal gelegt
worden war. Bei allen längern Dampfleitungen sollte vor dem
Schieberkasten ein Wassersammler
angebracht sein, welcher, wenn die Niveauverhältnisse es
erlauben, mit den Kesseln in directer Verbindung steht.
Die Conservirung und relative Dichtigkeit des Dampfkolbens hängt in erster Linie von
der Differenz zwischen Anfangs- und Endspannung im Cylinder ab.
Ein sonst guter Kolben, welcher bei einer Expansionsmaschine mit
1/6 Füllung, Condensation und 5at Anfangsspannung spätestens nach
6 Wochen gespannt werden muß, würde bei derselben Maschine, wenn
mit ½ Füllung und ohne Condensation gearbeitet würde,
sehr wohl 6 Monate gehen, ohne nachgesehen werden zu müssen.
Wenn der Cylinder derart construirt ist, daß die Schleifringe
bedeutend über den Rand der Dampfeingangscanäle hinausarbeiten,
so daß der beim todten Punkte der Maschine einströmende Dampf
auf den Schleifring stößt, oder wenn die Cylinderbohrung nicht
vollkommen cylindrisch ist (was bei
wenigen, namentlich bei großen Maschinen der Fall ist), oder
wenn die Länge der Cylinderbohrung größer als Hub plus Schleifringbreite ist, so daß sich an
den Enden Ansätze gebildet haben, so wird auch der allerbeste
Kolben zu Grunde gehen. Dasselbe gilt von Cylindern, die nicht
gehörig drainirt sind.
Von den unzähligen Kolbenconstructionen ist beinahe jede gut,
wenn sie gut ausgeführt ist, was
leider sehr selten der Fall ist. Kolbenbrüche kommen fast ausschließlich bei liegenden
Maschinen vor; mit Kolben bei stehenden Maschinen hat man höchst
selten Schwierigkeiten, weil jeder Punkt der Peripherie den
gleichen Widerstand zu überwinden hat, während bei liegenden
Maschinen die untere Seite der Schleifringe außer der
Federspannung auch noch den Druck des Eigengewichtes zu erleiden
hat. Um diesem Uebelstande zu begegnen, versieht man dieselben
gewöhnlich mit einer Kolben-Entlastungsvorrichtung
(„hintere Geradführung“). Aber wenn man
diese untersucht, findet man fast ausnahmslos, daß die Stopfbüchsen die Last des Kolbens tragen,
und nicht die Gleitbacken; denn die wenigsten Maschinisten
sorgen für die rechtzeitige Adjustirung dieser letztern. Somit
ist diese Vorrichtung in den meisten Fällen unnütz, und da sie
außerdem der Maschine eine übermäßige Länge und ein
ungeschicktes Aussehen geben, so bedienen wir uns derselben
selbst bei den größten Maschinen nicht mehr. Die großen
Schraubenmaschinen der Kriegsschiffe, mit Kolben von bis zu 3m
Durchmesser und einem Gewicht von mehreren hundert Centnern
können wegen des gegebenen Raumes überhaupt keine hintere
Geradführung erhalten und arbeiten dennoch so befriedigend, daß
Penn, Maudsley, Napier, Rennie und alle diese Meister ersten
Ranges ihre Constructionen in dieser Beziehung seit 20 Jahren
unverändert beibehalten haben. Wir erwähnen diese Umstände, weil
sie alle Bezug auf die Dampfdichtigkeit des Kolbens haben. Diese
ist übrigens niemals eine vollkommene. Die besten Kolben blasen,
wovon man sich durch die Dampfprobe
leicht überzeugen kann.
Viel dichter findet man gewöhnlich die Schieber, besonders die Rundschieber von Corliß. Wir kennen Fälle, wo diese
Schieber 10 Jahre lang bei continuirlicher (Tag und Nacht-)
Arbeit gut dicht blieben, während flache Schieber sich schon
nach wenigen Jahren hohl laufen. Schieberentlastungen erfordern große Aufmerksamkeit bei
der Instandhaltung. Man wendet sie fast nur noch bei
Schiffsmaschinen an, wo die Schieber manchmal ganz riesige
Dimensionen erhalten. Doch haben die Entlastungen gerade hier
schon manches Unheil angestiftet. Es kommt bei Schiffskesseln
bekanntlich vor, daß sie, besonders beim Wechseln des
Speisewassers, plötzlich so massenhaft überschäumen (priming), daß die Sicherheitsventile an
den Cylinderenden nicht mehr genügen; in solchen Fällen kann
sich ein gewöhnlicher Schieber vom Spiegel abheben, um dem
Wasser einen Ausweg zu gestatten; ist derselbe jedoch mit einer
(steifen) Entlastungsvorrichtung versehen, so muß ein
Cylinderbruch erfolgen.
Den Einfluß des schädlichen Raumes
haben wir schon früher an einem praktischen Beispiele gezeigt.
Den Cubikinhalt der Dampfcanäle als constant angenommen, wird
der schädliche Raum um so kleiner, je geringer der Spielraum
ist; dieser letztere braucht bei den allergrößten Maschinen
nicht über 13mm zu betragen, doch finden wir ihn häufig genug 25,
50mm und selbst darüber. Wenn der Maschinist bei
jedesmaligem Nachziehen der Keile an den Köpfen der Pleuelstange
die Beilagen gehörig regulirt, was er ja ohnehin thun sollte, so
kommt man selbst bei großen Maschinen mit 6 bis 8mm,5
aus. Maschinen mit langem Hube sind
schon darum ökonomischer als solche mit kurzem Hube
(„Schnellläufer“), weil bei ihnen der
schädliche Raum geringer ist. Die Oekonomie wächst ferner mit der Dampfspannung, denn da der Gegendruck (ob Atmosphäre oder
Condensator) constant ist, so steigt der Nutzdruck mit der
Dampfspannung, und gleichzeitig vermindert sich die Größe der
Abkühlungs- und Reibungsflächen. Denken wir uns den absurden
Fall Holzschnitt VII, daß die
schädlichen Räume als ein beliebiges Vielfaches des
Cylindervolums, und dazu eine Dampfspannung von wenigen
Kilogramm Ueberdruck, eben genügend, um die Kolben- und
Schieberreibung und die sonstigen Widerstände des Leerganges zu
überwinden, so hätten wir eine Maschine mit dem Maximum des
Dampfverbrauches und ohne alle Nutzleistung. Sie würde nicht
mehr einen Motor, sondern eine Art Dampfmesser — ähnlich
den Gas- oder Wassermessern — darstellen und blos dazu
dienen, den Dampf, welchen der
Textabbildung Bd. 220, S. 100
Kessel erzeugt, in gewissen Intervallen
abzulassen. Je mehr wir uns von diesem Extrem entfernen, d. h.
je kleiner die negativen Cylinderräume ausfallen, je größer der
positive Druck wird, desto geringer wird der Dampfverbrauch pro
Einheit der Arbeit, oder desto größer wird die Arbeit, welche
wir aus 1k Dampf gewinnen. Freilich wachsen im gleichen Maße
auch die Schwierigkeiten der Ausführung und Behandlung; denn mit
der Zunahme der Spannung wächst auch die Neigung des Dampfes, an
unberufenen Stellen zu entweichen, sich überhaupt der
Nutzleistung zu entziehen. — Mutter Natur verschenkt nun
einmal nichts. Je mehr wir von ihr verlangen, desto mehr Mühe,
Sorge und Intelligenz müssen wir daran setzen.
Wenn die Vortheile der Expansion einfach im Verhältnisse der
Volumvergrößerung wären, wenn im Cylinder alles so zuginge, wie
die Theoretiker es sich noch bis vor zwei Jahrzehnten
vorstellten, dann hätten wir das Maximum der Oekonomie der
Dampfmaschine längst erreicht, und es wäre Zeit, sich nach
andern, noch billigern Motoren umzusehen. Aber dem ist nicht so.
Wieviel Dampf während der Admissionsperiode verbraucht wird,
zeigt kein Indicatordiagramm. Es verschweigt, daß sich während
dieser Zeit ein Quantum von Dampf im Cylinder condensirt, von
dem wir bis zu Stimers' Versuchen
(1857) keine Ahnung hatten, und welches sich unter Umständen bis
zum 3-, 4fachen Gewichte desjenigen Dampfes steigert, welchen
das Diagramm ersichtlich macht. Erst nach dem Schlusse dieser
mysteriösen Periode erhalten wir einige Aufklärung über das
weitere physikalische Verhalten des Dampfes; wir sehen, daß
während der Expansion eine Wiederverdampfung vor sich geht,
können unter Umständen auch auf eine Ueberhitzung während der
Einströmung schließen, sehen, was im Condensor geschieht, und
daß zuletzt eine Compression von Statten geht. Der
Expansionscylinder ist somit Ueberhitzungs-,
Flächencondensations-, Verdampf- und Compressions-Apparat
— und zwar in einem Athem, denn alle diese Vorgänge
vollziehen sich während eines einzigen Doppelhubes!
Diese an der Hand von zahlreichen, ganz verschiedenen Maschinen
und unter verschiedenen Umständen entnommenen Diagramme im
Detail zu beleuchten, würde uns hier viel zu weit führen; wir
können uns vielmehr nur auf die Erfahrungsresultate und
Thatsachen beschränken, in so weit es der Zweck dieses Artikels
erheischt, bei welchem wir ausschließlich den Dampfverbrauch im Auge behalten.
Die Anwendung des Dampfmantels hängt
ab von der Temperaturdifferenz zwischen Eintritts- und
Austrittsdampf, von der Masse des Cylinders und von der
Kolbengeschwindigkeit. Je geringer diese ist und je stärker die
Expansion ist, desto nutzbringender ist der Dampfmantel.
— Kataraktmaschinen, deren Kolbengeschwindigkeit,
namentlich bei sehr tiefen Gruben, kaum über 18 bis 37m pro
Minute beträgt, werden schon seit hundert Jahren ausnahmslos mit
Dampfmänteln versehen. Watt wendete
denselben vielfach selbst bei seinen stationären Maschinen an.
Maschinen mit weniger als ⅓ Füllung, und wenn keine
Condensation vorhanden ist bei ¼ Füllung, müssen mit Dampfmantel versehen werden,
wenn die Expansion überhaupt ihren Zweck — nämlich
Dampfersparniß erfüllen soll. Leider findet man die
Verdichtungen zwischen Mantel und dem Cylinder-Einsatze meistens undicht, wobei dann natürlich
durch Entweichung des frischen Dampfes nach dem Condensor große
Verluste entstehen.Wohl nur diesem Umstande läßt sich die Verschiedenartigkeit
der Meinungen über Dampfmäntel zuschreiben. Auch haben wir
solche — selbst von renommirten Fabriken ausgeführte
— angetroffen, bei denen gar keine
Entwässerungsvorrichtung angebracht war, in Folge dessen
der Mantel anstatt mit Dampf mit Wasser
von 60 bis 70° angefüllt war! Wenn übrigens schon der
Constructeur seine Schuldigkeit gethan hat, so wird sein Zweck
oft genug durch die Maschinenwärter vereitelt, welche, den Zweck
des Dampfmantels nicht begreifend, denselben blos beim Anlassen,
zum Anwärmen, benützen und darauf das Dampfventil schließen. (Es
ist vielleicht aus diesem Grunde, daß die französischen
Constructeure ihre Mäntel so einrichten, daß der Dampf, bevor er
überhaupt im Cylinder zur Wirkung gelangen kann, den Mantel
durchstreichen muß.)Selten
wird auch die Entwässerungsvorrichtung in gehöriger Ordnung
erhalten, so daß anstatt Wasser oft Dampf, und zwar in großer
Menge, entweicht. Wird die Verdichtung mit Eisenkitt
ausgeführt, so soll diese erst an Ort und Stelle von einem
erfahrenen Monteur ausgeführt werden, weil durch den Transport,
Umladen etc. der etwa in der Fabrik eingestemmte Kitt
abbröckelt. Außerdem aber zerfrißt der Dampf die beste
Kittverdichtung im Laufe der Jahre. Watt stellte die Verdichtung meistens durch
Hanfverpackungen her, Whitehead in
Fiume durch quadratische, 25mm dicke Gummirollen,
stopfbüchsenartig eingelegt. Andere gießen Mantel und Cylinder
in einem Stücke, wobei der Guß während des Erkaltens gewöhnlich
Sprünge bekommt; noch Andere drehen die Enden des Cylinders
schwach conisch und pressen dieselben in die entsprechenden
conischen Ausbohrungen des Mantels; auch haben wir Dampfmäntel
gesehen, welche warm auf dem Cylinder aufgezogen worden und
somit ohne alle Kittverdichtung waren. Kurz, fast jeder
Constructeur hat seine seine eigene Art der Herstellung —
Beweis, daß sie Alle ihre schlimmen Erfahrungen gemacht
haben.
Bei Woolf'schen Maschinen versieht man aus leicht begreiflichen
Gründen wenigstens den Niederdruckcylinder mit einem
Dampfmantel, so z. B. fast durchgängig bei den neuern
„Compound-Engines“.
Zur Speisung der Mäntel wendet man 1) frischen Kesseldampf, 2)
überhitzten Dampf aus besondern Kesseln, 3) den Maschinendampf,
bevor er in die Schieberkasten geht, an. Nr. 1 genügt für solche
Maschinen, welche mit nicht allzu geringen Füllungsgraden
arbeiten, Nr. 2 ist für sehr starke Expansion unerläßlich, Nr.
3, die französische Praxis, empfiehlt sich dadurch, daß der im
Mantel befindliche Dampf in fortwährender Strömung bleibt, somit
verhältnißmäßig besser heizt als stagnirender Dampf; doch liegen
vergleichende Versuche in dieser Hinsicht nicht vor. Von der
Absurdität, Auspuffdampf zu verwenden, können wir hier absehen.
Manche Pumpmaschinen in Cornwall sind mit gemauerten Mänteln
versehen, in denen der Rauch der Kessel circulirt, —
jedenfalls eine gute Methode, da der Rauch hier heißer als der
Kesseldampf ist. Dies ist, beiläufig bemerkt, wohl der
rationellste Dampftrockenapparat. — Daß Cylinderdeckel
und Boden gleichfalls mit Dampf geheizt sein müssen, versteht
sich von selbst. Bei den großen Schraubenmaschinen der
Kriegsschiffe repräsentiren diese Flächen eine ebenso große
Ziffer wie der Cylinderumfang. In der französischen Marine
versucht man in neuester Zeit selbst die Dampfkolben mit Heizung
zu versehen, — in Anbetracht des oft höchst bedeutenden
Gewichtes dieser Kolben ein jedenfalls rationelles Vorgehen. Die
Entwässerung der Dampfmäntel muß durch Automaten oder, wenn
möglich, durch direct nach den Kesseln zurückführende Rohre
geschehen. Daß die Dampfmäntel ebenso wie die Schieberkasten und
Dampfleitungen gehörig eingehüllt sein müssen, braucht wohl kaum
betont zu werden. Kuhhaarfilz verbrennt sehr bald, wird dann
schwarz, bröcklig wie Holz und ist dann ein Wärmeleiter. Am besten
empfiehlt sich Composition und darüber Blechmäntel oder gut
gefugte, aus alten Hölzern bestehende, 50 bis 75mm
dicke Dauben.
Unterliegt der Dampf vor Eintritt einer sehr starken Drosselung,
so wird derselbe überhitzt, oder
wenigstens das vom Kessel her mitgerissene Wasser verdampft. In
solchen Fällen kann man des Dampfmantels entrathen. Wir fanden
den Kohlenverbrauch einer Mc Naught'schen Maschine, welche ohne
Dampfmäntel, mit Cylindern von 1 : 2,2 und ganz gewöhnlichen
einfachen Schiebern versehen war, = 1k,46
pro indicirte Pferdekraft; der Dampf wurde von 2
Lancashire-Kesseln entnommen, welche mit einer Kohle von ca.
5700c Gehalt gefeuert wurden. Verdampfungsversuche mit
derselben Kohle hatten bei ganz ähnlichen Kesseln die Ziffer 7
ergeben; es entspricht daher obiger Kohlenverbrauch 1,46
× 7 = 10k,2 Speisewasser pro indicirte
Pferdekraft und Stunde — eine Leistung, welche sich nur
dadurch erklären läßt, daß die Oeffnung des Drosselventils
(Doppelsitzventil) für den normalen Betrieb nur 1/120 des
Cylinderquerschnittes repräsentirte, wodurch allerdings die
Dampfspannung von 25k in den Kesseln auf eine
Cylinder-Anfangsspannung von nur 15k herabgebracht wurde, und
wodurch die Maschine im Verhältniß zu ihren Dimensionen wenig
leistete. Hätte der Constructeur die Cylinder für normale
mittlere Dampfspannungen berechnet, also kleiner gemacht, so
würde er mit der Materialersparniß die Kosten einer stärkern
Expansion, Dampfmäntel etc. reichlich gedeckt und eine Maschine
erhalten haben, welche noch weniger als 10k,2
Speisewasser pro indicirte Pferdekraft gebraucht hätte.
Der Einfluß guter Steuerungen auf den
Dampfverbrauch wurde schon oben an einem Beispiele aus der
Praxis erörtert. Die Anwendung von Präcisionssteuerungen,
worunter wir solche verstehen, welche vom Regulator bethätigt
werden, ist seit Corliß 1852 eine
allgemeine geworden. Zwar wurden schon seit 1840 von J. J. Mayer in Mülhausen zahlreiche Maschinen
geliefert, bei denen der Regulator mittels einer auf der Spindel
desselben befindlichen, unrunden Muffe ein besonderes
Absperrventil gesteuert wurde; allein die schädlichen Räume
zwischen diesem und dem Kolben waren so bedeutend, daß die dem
veränderten Widerstande entsprechende mittlere Cylinderspannung
erst nach einer Anzahl von Huben erfolgen konnte, so daß die
Regulirung keineswegs eine gute war. Die Corlißsteuerung dagegen
gestattet bei Anwendung Porter'scher Regulatoren eine
Regelmäßigkeit des Ganges, wie man diese selbst für den Betrieb
von Webereien und Spinnereien nicht besser wünschen kann. Man
kann es dahin bringen, daß die höchste Abweichung von der normalen Geschwindigkeit nicht
über ± 5 Proc. beträgt. Wie alles Neue und Geniale hat
auch diese herrliche Erfindung in den ersten Jahren viel
Anfeindung und Widerspruch erfahren. Noch jetzt behaupten Viele,
daß diese Steuerung — wir sprechen hier von der
Originalconstruction, mit Keilstange über den Einlaßschiebern
und im Quermittel des Cylinders angebrachter Steuerungsscheibe,
welche sich um einen Winkel von 90° drehtDie seit
dem Verkaufe der Corliß'schen Fabrik von seinen Nachfolgern
ausgeführten Steuerungen, sowie die zahlreichen Varianten von
Spencer, Inglis, Hick u. s. w. stehen
der Originalconstruction an Einfachheit nach. Uebrigens hat eine
25jährige Erfahrung darüber endgiltig entschieden, daß dieselbe
die einfachste und beste aller Präcisionssteuerungen
ist. — nicht über 25 Proc. Füllung und nicht
über 40 bis 45 Umdrehungen gestatte. Wir können
Indicatordiagramme aufweisen von Maschinen dieser Art, nach
unserer Construction, welche 88 Umdrehungen und bis zu 55 Proc.
Füllung zeigen. Da die durch die Ueberlappung des Schiebers
allein bewirkte Füllung 0,75 ist, und da die Differenz zwischen
der mittlern Cylinderspannung bei z. B. 3at,5
Kesseldruck nicht mehr als 17 Proc. beträgt, so leistet diese
Steuerung Alles, was man von einer guten Regulirung verlangt. Es
sei uns gestattet, einen der glänzendsten Erfolge mit dieser
Maschine hier anzuführen. Im J. 1864 wurde in einer hiesigen
großen Mühle eine Corliß-Zwillingsmaschine mit Cylindern von
510mm Durchmesser und 1m,370 Hub aufgestellt. Die frühern
Maschinen hatten denselben Kolbendurchmesser, jedoch nur 915mm
Hub; die Anzahl der Umdrehungen sowie die Kessel blieben
unverändert. Die frühern Maschinen — erst seit 6 Jahren
im Betriebe — hatten Schiebersteuerungen, bei denen die
Expansion mittels Coulisse variabel war, die Cylinder hatten keine Dampfmäntel und die Regulirung
wurde durch einen gewöhnlichen langsamen Pendelregulator und
Drosselklappe bethätigt. Die Vermahlung betrug 801 Metzen (zu
ca. 45k) Weizen in 24 Stunden, wobei die Füllung
durchschnittlich ℵ war. Die Corlißmaschinen arbeiten bei
derselben Kesselspannung mit 1/6 Füllung und vermahlen
regelmäßig 1200 bis 1300 Metzen bei dem gleichen Kohlenverbrauche, und leisten heute, nach 11
Jahren, dasselbe, was sie bei den Garantieversuchen 1864
geleistet haben. Wir ziehen diese Steuerung auch jener mit Ventilen vor. Bei letzterer beträgt der
Hub der einzelnen Ventile nur wenige Millimeter. Zwischen den
Ventilen und den Excentern sind aber eine Anzahl von Charniren,
deren todter Gang sich in kurzer Zeit so bedeutend summirt, daß
die Ventile, wenn nicht fortwährend regulirt, ganz uncorrect
functioniren. Solche Steuerungen erfordern einen Grad von
Aufmerksamkeit und Sachkenntniß seitens des Maschinisten,
welchen man in den wenigsten Fällen findet. Bei der
Corlißsteuerung hingegen machen alle Gelenke einen so großen Weg,
daß die Abnützung wegen des geringen Druckes eine unmerkliche
ist, und daß, wenn diese wirklich stattfindet, der correcte Gang
der Schieber dadurch nicht beeinträchtigt wird. Auch bei der
Allen-Steuerung, so sinnreich diese sonst ist, machen die
Gelenke zu kurze Wege, unterliegen also, namentlich durch die
enorme Geschwindigkeit dieser Maschinen, zu sehr der
Abnützung.
Manche „Verbesserer“ der Corlißsteuerung
scheinen die Pointen derselben gar nicht begriffen zu haben. Es
kann nicht die Absicht sein, hier auf diese näher einzugehen.
Aber Diejenigen, welche solche Steuerungen im Sinne des
Erfinders ausgeführt und mit Hilfe des Indicators studirt haben,
werden mit uns darüber einverstanden sein, daß eine Nöthigung zu
Verbesserungen derselben nicht vorlag.
Auf die von vielen Seiten angestrebte rapide Schließung der
Einlaßschieber können wir nach dem oben Gesagten wenig Werth
legen, da ein gewisser Grad von Drosselung der Oekonomie nur
günstig ist. Bei Locomotiven liegt diese Thatsache schon lange
vor. Der amerikanische Ingenieur Alban C. Stimers wies, unseres Wissens, zuerst auf diesen Umstand
hin, und zwar in seinem Bericht über die von ihm vorgenommenen
Indicatorversuche mit den Maschinen der
„Saranah“,
„Valparaiso“ und
„Callao“, 1860.Bei der von uns in der Zeitschrift
des deutschen Ingenieurvereins, 1866 und 1867 beschriebenen
Schiffsmaschine des Dampfers „Tisza“ wurde
die Tourenzahl durch Drosselung des Kesselabsperrventils bei gleichem Kohlenverbrauch von 30½
auf 31½ gesteigert. Wird Dampf von 5at,
also von 153° Temperatur, durch Drosselung auf 4at
gebracht, wobei die Temperatur für den Zustand der Saturation
nur 145° beträgt, so muß, da doch die Wärmedifferenz von
8° nicht ebenfalls verloren gehen kann, dies entweder auf
die Verdampfung des im Dampfe befindlichen übergerissenen
Wassers oder, falls dieser trocken war, auf Ueberhitzung
wirken.
Das Austrittsvoreilen ist bei weitaus
den meisten Maschinen viel zu gering, wie man dies an der Form
des untern Theiles der Indicatorcurven beobachten kann. Die
Größe desselben hängt ab von der Differenz zwischen Endspannung
im Cylinder und Condensatorspannung, sowie von der
Kolbengeschwindigkeit.
Die Eintrittsvoreilung wird bedingt
durch die Größe der schädlichen Räume, Kolbengeschwindigkeit und
Differenz der Spannung des Vorderdampfes am Ende des Hubes und
jener des eintretenden frischen Dampfes. Der Betrag schwankt von
1/50 bis zu 1/1500 der Kolbenfläche. Im engen Zusammenhange
damit steht, wie man leicht sieht, der Grad der Compression; der Schluß der
Austrittsöffnung muß um so früher erfolgen, je geringer die
Endspannung des Vorderdampfes und je größer der schädliche
Raum ist. Der sehr geringe Verlust an Kraft steht in keinem
Verhältnisse zu dem Gewinne, den man dadurch erzielt, daß die
Temperatur des Cylinderdeckels und Kolbens auf jene des
Eintrittsdampfes gesteigert wird.
Eines der wichtigsten Organe ist die Condensation. Die Größe des Condensors ist fast
nebensächlich. Es bedarf gar keines besondern Gefäßes, da das
gehörig weite Ausströmungsdampfrohr vollkommen genügt. Viele
stellen sich vor, daß die Condensation eine gewisse Zeit
erfordert. Wir haben versucht, ein Maximum derselben zu
bestimmen, indem wir Diagramme schnellgehender Maschinen darauf
hin untersuchten. In Diagramm Figur
VIII, entnommen einer Schiffsmaschine mit Condensation, 92
Touren pro Minute machend, beginnt im Punkte b der
Textabbildung Bd. 220, S. 106
Austritt des Dampfes, bei c am Ende des Hubes ist derselbe
vollendet. Errichtet man über dem Diagramm den Kreis H H, dessen Halbmesser gleich der Länge
des Diagrammes ist, und errichtet in b die Senkrechte b d′,
so stellt der Bogen d d′ im
vorliegenden Falle den achten Theil des Halbkreises H H dar; folglich ist die zur
Ausströmung resp. zur Condensation erforderliche Zeit = 60 : (92
× 8 × 2) = ca. 1/24 Secunde!Bei einer von uns indicirten, von der Withworth-Company ausgeführten Allen-Maschine mit 620mm
Kolbenhub, 150 Touren pro Minute machend, fanden wir diese Zeit
sogar nur zu 1/35 Secunde. Dabei ist zu
berücksichtigen, daß der Schieber in b erst sehr wenig, in c
etwa erst ⅔ geöffnet ist; wäre es möglich, die Schieber
binnen einer unmeßbar kurzen Zeit zu öffnen, so würde die
Austrittslinie b c wahrscheinlich
von b aus fast senkrecht abfallen.
Da nun die obige Zeit etwa derjenigen entspricht, welche zum
Ausströmen allein nöthig ist, so ist
klar, daß die Condensation in demselben Augenblick erfolgt, wie die Ausströmung, daß
also von einem gewissen Verweilen des Dampfes im Condensor zur
Vollziehung des Condensationsprocesses keine Rede sein kann. Zu
bemerken ist, daß der Schieber schon im Punkte a beginnt, zu öffnen, während die Curve
von a bis b noch der Mariotte'schen Linie folgt. Locomotivdiagramme
zeigen, daß der Punkt b bei 93m
Kolbengeschwindigkeit und bei einer Differenz von 16k,5
zwischen der Spannung im Blasrohre und jener im Punkte a mit einer Eröffnung des
Austrittscanals von ca. 1½ Proc. der Kolbenfläche
zusammenfällt. Es entspricht dies bei einem Cylinderdurchmesser
von 406mm einer kreisrunden Oeffnung von ca. 50mm
Durchmesser. Von einer geringern Oeffnung nimmt der Dampf somit
behufs Entweichung gar keine Notiz, und resultirt daraus, daß z.
B. Undichtigkeiten bis zu 1½ Proc. —
beispielsweise ein Spielraum von 1mm rings um den Kolben
— im Diagramme schnellgehender Maschinen gar nicht
ersichtlich sind, auch auf die Kraftleistung keinen Einfluß
haben.
Die Vernichtung erfolgt gleich rapid, ob der Dampf in ein
luftleeres Gefäß oder in die Atmosphäre strömt. Deshalb kann man
die Hand dicht vor dem geöffneten Probirhahn oder vor ein
blasendes Sicherheitsventil halten, ohne sich zu verbrennen. In
unmittelbarer Nähe der Ausströmung sinkt sogar das Thermometer
(indem der umgebenden Luft durch die Codensation Wärme entzogen
wird). Noch überzeugender ist der Anblick des frei ausströmenden
Dampfstrahles. Dampf ist bekanntlich unsichtbar, allein diese
Eigenschaft hört auf in demselben Augenblicke, wo der Dampf den
Kessel verläßt. Was wir sehen, ist dann kein Dampf mehr, sondern
ein Product der Condensation, Dunst, Nebel. Strömt Dampf durch
ein Rohr in kaltes Wasser, so vernimmt man ein donnerartiges
Krachen; wie der Blitzstrahl ein Vacuum, und das darauf darauf
erfolgende Zusammenprallen der umgebenden Luftmassen den Donner
erzeugt, so verursacht das plötzliche Zusammendrücken der durch
den condensirten Dampf gebildeten hohlen Räume im Wasser das
Krachen — mit einer Gewalt, welche, wie wir erlebt haben,
starke gußeiserne Gefäße zertrümmern kann. Der Dampf hat diese zwei merkwürdigen und gefährlichen
Eigenschaften: er hört urplötzlich auf, Dampf zu sein, sobald
ihm die Bedingung seiner Existenz — die Wärme entzogen wird, und er bildet sich
ebenso rapid aus dem Kesselwasser, sobald eine Druckverminderung erfolgt. Nicht der im
Kessel befindliche Dampf, sondern die heißen Wassermassen sind
es, welche Kesselexplosionen so verheerend gestalten. Diese
letztere Eigenschaft des Dampfes läßt sich sehr schön bei großen
Kataraktmaschinen mit langen Hubpausen beobachten. Beim Oeffnen
des Admissionsventiles am Cylinder, wodurch dem Kessel plötzlich
ein bedeutendes Quantum Dampf entzogen wird, springt der Zeiger
des Manometers oft bis um 5k zurück, aber in demselben
Augenblicke nimmt er auch schon wieder seine frühere Stellung
ein. Nicht das ruhige Weitersieden
des Wassers, sondern eine plötzliche, spontane, durch
Druckverminderung entstandene Verdampfung hat die frühere
Kesselspannung wieder hergestellt. Umgekehrt hört ein
Locomotivkessel augenblicklich auf, zu sieden, sobald der
Regulator geschlossen wird.
Eine Verbesserung des Vacuums über ein gewisses Maß hinaus läßt
sich weder durch Vergrößerung des Injectionswasserquantums noch
der Luftpumpe erzwingen. Im Gegentheile steigt die Spannung im
Condensor, wenn der Injectionshahn mehr als normal geöffnet
wird. Es ist die Luft, welche außer
durch das Speisewasser und durch Undichtigkeit der Verpackungen
in den Dampf, durch das Injectionswasser, besonders wenn
dasselbe strömendem Wasser in geringer Tiefe unter der
Oberfläche entnommen wird, in den Condensor gelangt, und welche
sich eben nicht condensiren läßt. Die Luftpumpe macht man meistens viel zu groß. Watt schrieb ⅛ der Cylindergröße
für dieselbe vor. Durch Indicatordiagramme, der Luftpumpe
entnommen, finden wir, daß die Größe von 1/7,33 für eine
Endspannung im Cylinder von bis zu 15k
(absolutem Druck) zur Erzeugung einer Luftleere von 5k im
Cylinder genügt, und viel mehr (höchstens 5k,67)
hat man ja bei den wenigsten Maschinen. Ist also die Endspannung
7k,5, so muß eine Größe von 1/14,66 dasselbe Vacuum
erzeugen. Dies ist auch in der That der Fall. Folgendes beweist
es.
Eine gekuppelte Corlißmaschine mit Cylindern von 648mm
× 1m,525, jede mit einer Luftpumpe versehen, von denen
die eine stehend, einfachwirkend und 432mm
× 520mm, die andere liegend, doppeltwirkend, 381mm
× 445mm war, wurde von uns in eine Woolf'sche Maschine
verwandelt, indem der rechtsseitige Corlißcylinder cassirt und
dafür ein Niederdruckcylinder von 1m,245 × 1m,525
aufgestellt wurde. Früher war die Endspannung 12k,5
gewesen, jetzt betrug dieselbe (im größten Cylinder) 5k.
Anfänglich ließen wir beide Luftpumpen arbeiten, in der
Erwartung, daß das Vacuum sich bessern werde. Nachdem dies nicht
der Fall, das Abflußwasser von den Luftpumpen jedoch ganz kalt
war, cassirten wir die stehende Luftpumpe, und das Vacuum,
welches nun durch eine Luftpumpe von nur 1/18,3 erzeugt wurde,
blieb genau dasselbe.
Den Injectionshahn zu nahe am Cylinder anzubringen, ist ein
großer, oft begangener Fehler. Man scheint nach und nach zu
vergessen, daß Watt dadurch, daß er
die Einspritzung aus dem Cylinder entfernte und dieselbe abseits
vornahm, seine bedeutendsten ökonomischen
Erfolge erzielte.
Mit Flächencondensationen erreicht man
eine ebenso gute Luftleere als durch Einspritzung. Dennoch macht
man die Luftpumpen bei Seeschiffsmaschinen gewohnheitsmäßig eben
so groß als für Einspritzung — auch da, wo für den
Nothfall angebrachte Einspritzcondensoren gar nicht vorhanden
sind. Da sich die Luftleere hier nicht wie bei directer
Condensation plötzlich, sondern allmälig, in dem Maße, als die
Kalkwasserpumpe den Condensor füllt, bildet, so wendet man oft
besondere Dampfmaschinen zum Betriebe der Condensationspumpen
an.
Zur Erreichung einer guten Luftleere muß man vor Allem den
Erzfeind derselben — die Luft — fernhalten. Wenn
die Dampfkolbenstange nicht genau cylindrisch ist, was häufig
der Fall, wenn man zu den verschiedenen, zwischen Cylinder und
Luftpumpen befindlichen Verpackungen nicht zukommen kann, oder
wenn die Anzahl derselben eine zu große ist, ist alle Mühe
vergebens. Der letzte Fall kam uns in einer englischen Spinnerei
vor, wo man den von den Maschinen abströmenden Dampf zur Heizung
der Fabrik benützte, bevor er condensirt wurde. Es ist wahr, die
Heizung war eine sehr schlechte, aber die Condensation noch
schlechter — ziemlich Null. Röhren-Vorwärmer für das Speisewasser, welche durch den
Dampf, bevor er condensirt wird, geheizt werden, können das
Wasser aus leicht begreiflichen Ursachen nicht wärmer machen,
als das Abflußwasser ist. Eine bessere, von uns vielfach
angewendete Methode besteht darin, durch einen kleinen besondern
Einspritzhahn einen Theil des Dampfes zu condensiren, bevor er
zum großen Einspritzhahn gelangt, und dieses, bis zu 70°
heiße Wasser in einem Wassersacke abzufangen, aus welchem die
Speisepumpe saugt, zwar nicht im eigentlichen Sinne des Wortes,
denn die Pumpe muß tiefer als der
Wassersack liegen. Daß die Dichtungen derselben, besonders die
Stoffbüchsenverpackung des Pumpenstempels immer gehörig in
Ordnung gehalten werden muß, ist selbstverständlich.
Der untere Theil der Indicatorlinie weist selten mehr als 4,5 bis
5k
an Luftleere im Cylinder auf. Bei ganz vorzüglichen Maschinen
steigt dieselbe auf 5,45 bis 5k,90. Im Condensor ist immer
bessere Luftleere, weil der Vorderdampf des Cylinders einen
gewissen Ueberschuß an Spannung zur Forttreibung des Dampfes
nach dem Condensor braucht. Die Vacuummeter zeigen immer zuviel
Luftleere und zwar in dem Maße, als sie entfernt vom Condensor
angebracht sind. Der laut Diagramm gemessene Gegendruck beträgt
gewöhnlich nicht unter 1k,82, selten nur 1k,36,
meistens 2,05 bis 2k,27.
Bei Nichtcondensationsmaschinen ist
der Gegendruck Null nur bei sehr
kurzen, weiten Ausströmungsröhren. Durch Speisewasservorwärmer
steigt derselbe auf 0,91 bis 2k,27. Ist die mittlere Spannung im
Cylinder nicht sehr hoch, so kann es sich leicht ereignen, daß
der Kraftverlust resp. Dampfverbrauch größer als der Gewinn bei der Dampferzeugung ist. Ist bei
einer Maschine mit ¼ Füllung, 20k
Cylinder-Anfangsspannung, ⅓ Füllung, der mittlere Druck
9k, der Gegendruck wegen des Vorwärmers 1k,5, =
0,17, und wird das Speisewasser von 15 auf 70° erwärmt
(höher kommt es so leicht nicht), so ist die Kohlenersparniß bei
3at Kesselspannung = (70 - 15) : (650 - 15) = 0,08;
man verbraucht also doppelt soviel Dampf, als man an Kohle
erspart, mit andern Worten, durch den Vorwärmer wird der
Kohlenverbrauch um 9 Proc. gesteigert. Dagegen darf der
Gegendruck ein beliebiger sein, wenn es sich darum handelt,
sämmtliche oder doch den größten Theil der Calorien des Dampfes
auszunützen, wie bei Zuckerfabriken zum Abdampfen der Säfte, bei
Spiritusfabriken zum Abtreiben der Maische u. s. w. Fließt bei
diesen das Condensationswasser aus den Apparaten mit 100°
ab, so beträgt die Ausnützung der Wärme des Dampfes, wenn dieser
mit 4at Druck in die Maschine gelangte, = (650 - 100) :
650 = 88 Proc.
Die höchste Oekonomie erreicht man
bezüglich des Dampfverbrauches nur durch das Woolf'sche Princip,
insbesondere durch Anwendung der Corlißsteuerung beim
Hochdruckcylinder. Durch Umwandlung einer gekuppelten
Corlißmaschine in eine Woolf'sche (s. unter Luftpumpen), bei
welcher beide Cylinder mit Dampfmänteln versehen waren, und
wobei der aus dem Hochdruckcylinder abströmende Dampf in einem
besondern Apparate getrocknet wurde, wurde der
Speisewasserverbrauch auf 6k,75 pro Ind.-Pferdekraft und
Stunde reducirt, was einem Kohlenverbrauche von guten
Steinkohlen mit 7800c Gehalt und bei Anwendung von
großen Speisewasservorwärmern von 6,75 : 10 = 0k,675
entsprechen würde. Dieses Resultat kann nicht befremden, wenn
man weiß, daß eine Menge von den neuern englischen
Schiffsmaschinen nach dem Compound-System als
Durchschnittsverbrauch von großen Reisen die Ziffer 0k,726
(ja der „Briton“ sogar 0k,590)
erreicht hat, was, da Schiffskessel wegen der mangelhaften
Verbrennung, wegen des großen Verlustes an Wärme durch den
Rauch, welcher selten unter 350° abgeht, und wegen Mangel
eines Speisewasservorwärmes, höchstens 7½fache
Verdampfung aufweisen, einer Speisewassermenge von 0,726
× 7,5 = 5k,444 entspricht.
Uebrigens ist nicht zu übersehen, daß diese Schiffsmaschinen noch günstiger arbeiten müssen, als die
von uns citirte, weil bei denselben 1) die Kolbengeschwindigkeit
fast doppelt, 2) die effective Leistung nach
Indicatorpferdekräften ca. 3 Mal so groß ist, weil 3) diese
Maschinen stehende sind, somit
geringern Dampfverlust wegen der Kolben haben, und weil 4) alle
diese Maschinen von unvergleichlich guter Ausführung sind und
ebenso sorgfältig gewartet werden, da der Maschinist nach
Beendigung jeder Reise Zeit hat, sich auch nimmt, die Kolben,
Schieber u. s. w. nachzusehen resp. wieder zu reguliren.
Berechnet man den theoretischen Dampfverbrauch dieser Maschinen
für 12fache Expansion und unter Annahme von (unvermeidlichen)
1k,5 Gegendruck im Niederdruckcylinder, so ergibt sich
dieser zu etwa 4k,5; da der obige aber 6k,75
war, so gehen noch immer 33⅓ Proc. an Dampf durch
Abkühlung, Undichtigkeiten etc. verloren. Als nächstbeste
Leistung stellt sich jene der großen Cornwaller Pumpmaschinen
heraus, von denen manche 125 Millionen Pfund Wasser pro Bushel
(100 Pfund engl. = 45k,36) beste Welshkohle einen Fuß
(305mm) hoch heben, was pro Pferdekraft und Stunde, da
obige Leistung = 125 000 000 : (33 000 × 60) = 63e,2
entspricht, 100 : 63,2 = 1,58 Pfd. oder 0k,717
beträgt. Die Ursache liegt hier jedoch weniger in den Maschinen
als in den Kesseln und Feuerungen.
Fast jede Maschine läßt sich in eine Woolf'sche umändern. Man
kann den zweiten Cylinder in die verlängerte Achse des
bestehenden legen, wenn dieselbe liegend ist, oder an der
Schwungradswelle eine zweite Kurbel für den Niederdruckcylinder
bei liegenden, wie bei stehenden Maschinen, bei letztern auch
unter dem bestehenden Cylinder und bei Balancirmaschinen auf
ganz beliebige Art anbringen; die Frage ist immer nur die, ob man den bestehenden Cylinder als
Hochdruck- oder als Niederdruckcylinder oder gar nicht
beibehält. Zur See werden jetzt fast ausschließlich Woolf'sche
Maschinen angewendet, ebenso auf Flußdampfern (die k. k. priv.
Donaudampfschifffahrt-Gesellschaft hat den größten Theil ihrer
Maschinen nach diesem System umgebaut, die neu anzuschaffenden
werden nur als Woolf'sche bestellt, sowohl für Passagier- als
für Fracht- und Schleppdampfer), für Pumpmaschinen, zum Betriebe
von Spinnereien, Webereien, Papierfabriken, Mühlen u. s. w.
Wir können nicht schließen, ohne eine der in Bezug auf Oekonomie
merkwürdigsten Gattung von Dampfmaschinen in Kürze zu
betrachten. Es ist die Locomotive. Wenn man erwägt, daß diese Maschinen in einem
so hohen Maße der Abkühlung ausgesetzt aufgesetzt sind, daß die
Kessel wahre Ueberkochapparate sind, daß die Speisung während
der Fahrt mit höchstens lauwarmem Wasser erfolgt, daß der Rauch
mit 300 bis 400° entweicht, daß die Cylinder weder eine
besondere Expansionsvorrichtung noch Dampfmantel haben, daß
keine Condensation vorhanden ist u. s. w., so sollte man
glauben, daß diese Maschinen wahre Kohlenfresser wären. Gerade
das Gegentheil ist der Fall, sie arbeiten mit ca. 1k,75
guter Kohle pro Ind.-Pferdekraft, brauchen also viel weniger als
die Mehrzahl der stationären Maschinen mit Expansion,
Condensation und sonstigen Vorrichtungen für Oekonomie. Alle
Mängel dieser Maschinen werden wett gemacht: 1) durch die
vollkommenste Verbrennung, die man denken kann, da diese,
angefacht durch das Blasrohr, unter einer Temperatur bis zu
1500° vor sich geht, während man bei stationären Kesseln
in der Regel nur 400 bis 600° erreicht, 2) dadurch, daß
die Feuerung eine Innenfeuerung ist,
3) durch die im Vergleich zu andern Maschinen 2 bis 3 mal
größere Kolbengeschwindigkeit und durch die daraus sich
ergebende relativ sehr kleine Abkühlungsfläche der Cylinder, 4)
durch die hohe mittlere Cylinderspannung trotz der sehr
bedeutenden Drosselung (bis zu einer Regulatoröffnung von 1/230
der Kolbenflächen), welche die Differenz zwischen Kessel- und
Anfangsspannung bis zu 2k,1 pro 1qc und
mehr erhebt, und 5) durch die hieraus resultirende Ueberhitzung
resp. Trocknung des Kesseldampfes.
Gerade das Gegentheil obiger Umstände findet statt bei der Schiffsmaschine: Schlechte Verbrennung,
große Cylinderabkühlungsflächen, viel geringere
Kolbengeschwindigkeit, voller Kesseldruck als Anfangsspannung im
Cylinder, und man erreicht hier die Oekonomie ausschließlich
durch die Maschine, indem man diese
mit allem Raffinement in Bezug auf rationellste Dampfausnützung
ausstattet.
Schlußwort.
Savery's Dampfmaschine —
eigentlich nur Apparat, da sie mehr das Aussehen eines Montejus
hatte, hob mit 1 Pfd. guter englischer Kohle, etwa um das Jahr
1700, 18 300k Wasser 1m hoch; Newcomen brachte diese Leistung ein Jahrzehnt später auf
das Doppelte. 60 Jahre hindurch blieb dies so, bis Watt mit seinen genialen Verbesserungen
es auf 76 000k brachte. Heute, ein Jahrhundert später, erreicht
man über 380 000k — und zwar nicht mit einer
einzigen, sondern mit einer großen Anzahl von Maschinen.
Schreiten wir in dem Maße fort wie seit den letzten 25 Jahren,
— und wir werden es, da die
Anforderungen an die Oekonomie immer größer werden — so
ist kein Zweifel, daß binnen Kurzem die Ziffer von ½
Million und darüber erreicht sein wird — entsprechend
etwa 0k,45 pro stündliche Pferdekraft. Diese Leistung setzt
beispielsweise eine 10fache Verdampfung und 4k,5
Speisewasserverbrauch pro Pferdekraft voraus, welches, wie wir
oben gesehen haben, sehr wohl zu erreichen wäre, und zwar nach
unserer festbegründeten Ueberzeugung lediglich durch das
mehrcylindrige Expansionsprincip, welches in seinen Details noch
großer Fortschritte fähig ist. Wir würden längst schon dahin
gelangt sein, wenn der Dampfmaschinenbau nicht, wie es leider im
Allgemeinen der Fall ist, rein geschäftlich aufgefaßt und
betrieben würde. Wie sehr vereinzelt sind selbst heute noch
diejenigen Constructeure, welche ihren Maschinen mit dem
Indicator nachgehen und genauere Studien vornehmen. Die Mehrzahl
sinnt auf Novitäten in der äußern
Form, obwohl für diese längst schon rationelle und
praktisch bewährte Muster vorhanden sind.Dafür übersehen sie oft genug die
Hauptanforderungen, welche man an
gute Maschinen stellen muß: Einfachheit und Compactheit,
richtige Verbindungen zwischen den treibenden und
getriebenen Theilen, leichte Zugänglichkeit zu den Schiebern, Kolben, den Verpackungen
etc. und Sicherheit gegen
Beschädigungen während des Ganges. Wie viele große
Maschinen existiren nicht, bei denen manche Haupttheile nur mit
Lebensgefahr zu schmieren sind, und wie viele Menschenleben
haben nicht manche Constructeure schon auf ihrem Gewissen?Ist es da zu verwundern, daß selbst heute noch, wenigstens in
Oesterreich-Ungarn, fast sämmtliche große Dampfmaschinen aus
England, Belgien, Frankreich, der Schweiz, ja selbst aus den
Vereinigten Staaten Amerikas bezogen werden? In allen diesen
Staaten steht der technische Unterricht bei weitem nicht auf
derjenigen Höhe wie in Deutschland und Oesterreich, dafür wird
um so mehr auf praktische Bildung gehalten. Die dortigen
Constructeure machen ausnahmslos die — zwar nicht gerade
angenehme, aber ganz unerläßliche — vollständige
Werkstättencarrière durch, und erst, wenn sie sich als tüchtige
Monteurs erwiesen haben, vertraut man ihnen Constructionen an,
während die Mehrzahl unserer „absolvirten
Techniker“ wunder glaubt, wie
„praktisch“ sie gebildet sind, wenn sie ein
bischen Feile und Meißel hantiren können. Wer nicht selber
Maschinen gebaut, montirt und in Betrieb gebracht hat, wer nicht
die Tausende von Dingen, welche nur die Praxis lehrt, erfahren
hat, der taugt zu keinem Constructeur, auch wenn er das sonstige
Zeug dazu — Phantasie, Geschmack, Erfindungskraft,
Gedächtniß, rasche Auffassung u. s. w. — besäße. Watt, die beiden Stephenson, fairbairn, Cockerill, Borsig, Hartmann und
fast sämmtliche übrigen Koryphäen des Maschinenbaues waren
durchaus praktische
Naturen. Nicht die
reine Mechanik, sondern die Physik und die praktische Erfahrung sind die Hauptgrundlagen des
Dampfmaschinenbaues. Oder woher rühren denn die zahllosen
Anstände wegen nicht zutreffender Kohlengarantie, wegen
verfehlter Fundamente und Hauptantriebstransmissionen, Brüche
von Zahnschwungrädern und Balanciers, heißgehender Krummzapfen-
und Hauptlager u. a. m. ? Soll es in dieser Beziehung besser
werden, so muß auf den technischen Hochschulen das
Dampfmaschinenwesen als ein besonderes Fach mit den dazu
erforderlichen Lehrmitteln eingeführt werden, zu welchem Zwecke
allerdings die heutige Literatur darüber
wesentlich erweitert werden müßte. Studirende, welche das
gesammte Gebiet des Maschinenwesens erlernen wollen, können es
darin nur zu einem encyklopädischen Wissen bringen. Wer
Spinnmaschinen, Webstühle, Turbinen und Papiermaschinen baut und
gelegentlich auch Dampfmaschinen übernimmt, kann diese unmöglich
in derjenigen Vollkommenheit liefern wie Specialisten dieses
Faches, und für diese dürfte denn doch bei dem heutigen Umfange
der deutschen Industrie endlich auch die Zeit gekommen sein.
Selbst der Dampfmaschinenbau muß wiederum specialisirt werden:
mit Herstellung von Locomotiven, Schiffsmaschinen, Locomobilen,
Dampfhämmern, Fabriksbetriebsmaschinen, Wasserhaltungs- und
Pumpdampfmaschinen, Dampfpumpen, kleinen Dampfmaschinen u. s. w.
müssen sich besondere Fabriken befassen, wie dies z. B. in
England längst der Fall ist, wo selbst die einzelnen
Bestandtheile gewisser Kategorien von Dampfmaschinen, wie
Dampfkolben, Zahnschwungräder, Regulatoren, Cylinder etc. ihre
Specialisten gefunden haben.
Die Wiener Weltausstellung 1873, deren Dampfmaschinenabtheilung
weitaus nur Deutschland und Oesterreich-Ungarn repräsentirte,
bekräftigte obige Anschauungen. Von einem wirklichen Streben
nach Oekonomie war sehr wenig zu spüren. Indicatoren waren fast
nirgends angebracht, und über die ökonomischen Leistungen
erhielt man in den seltensten Fällen Auskunft. (Die in dieser
Hinsicht wirklich renommirten Firmen Englands, Amerikas etc.
waren leider gar nicht vertreten.) Dagegen fehlte es nicht an
verunglückten Versuchen, das mehrcylindrige Expansionsprincip zu
verbessern, während anderseits dasselbe in seiner primitivsten
Form zur Darstellung gelangte. Desto lehrreicher dürfte sich in
dieser Hinsicht die diesjährige Ausstellung in Philadelphia
gestalten, da in Amerika bekanntlich Kohle überall theuer ist,
und daher die Oekonomie der Dampfmaschine dort seit Jahrzehnten
auf einem sehr hohen Standpunkt steht.
Nicht wenig zur Hebung des Dampfmaschinenbaues könnten auch die
Besteller in ihrem eigenen Interesse beitragen, indem sie ihre
Aufträge nur Solchen anvertrauen, die durch ihre Leistungen
dasselbe rechtfertigen, anstatt wie es die bisherige
Gepflogenheit war, die Ausführung der Fabrikseinrichtung und der Betriebsdampfmaschinen, Kessel
etc. in Eine Hand zu legen.
Pest, Januar 1876.
Otto H. Müller.