Titel: | Verwerthung menschlicher Excremente; von Dr. H. Schwarz, Professor an der k. k. technischen Hochschule in Graz. |
Autor: | H. Schwarz |
Fundstelle: | Band 220, Jahrgang 1876, Nr. , S. 162 |
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Verwerthung menschlicher
Excremente; von Dr. H. Schwarz, Professor an der k.
k. technischen Hochschule in Graz.
Schwarz, über Verwerthung menschlicher
Excremente.
Für alle Städte, welche wie z. B. Graz für die Ansammlung der
menschlichen Excremente das sogen. Tonnensystem adoptirt haben,
erwächst das Bedürfniß diese rationell aufgesammelten
Düngersubstanzen auch auf eine rationelle Art zu verwerthen.
Der directen Ablagerung auf dem Acker tritt für einen großen
Theil des Jahres der Frost, die Vegetation, endlich der zu weite
Transport entgegen. Es wäre besonders für größere Städte sehr
wünschenswerth, wenn man diese immerhin beträchtlichen
Düngerwerthe in Form eines geruchlosen, haltbaren, concentrirten
Kaufdüngers herstellen könnte.
Die altbekannte Methode der sogen. Poudrette-Erzeugung ist hierzu
absolut ungeeignet, was sich leicht ergibt, wenn man sich die
dabei vorkommenden Manipulationen ins Gedächtniß ruft. Der
flüssige Grubeninhalt, der durch Regenwasser verdünnt, durch
Fäulniß zum Theil zersetzt war, wurde auf einem möglichst
durchlässigen Boden ausgebreitet und so lange gelagert, bis er
durch Absickern, Wind und Sonne eine dickbreiige Consistenz
angenommen hatte, und nun durch Einmengen pulverförmiger
Abfälle, z. B. Torfgruß, gebrauchter Lohe, Knoppern etc. durch
Umhacken und Wenden endlich eine pulverisirbare Masse daraus
dargestellt. Da der Hauptwerth des menschlichen Düngers durch
den Stickstoffgehalt des Harnes repräsentirt ist, dieser aber
durch das Absickern und die Verdunstung gerade beseitigt wird,
da endlich die gegenannten Beimischungen als Dünger fast
werthlos sind, so kann das Product, die Poudrette, nur einen
sehr geringen Werth haben. Nur so lange die
Düngeranalyse vernachlässigt wurde, konnte die Poudrette Absatz
finden. Sobald man zu analysiren anfing, mußten die
Poudretten-Fabriken, besonders die auf werthlosen Grubeninhalt
angewiesenen, zu Grunde gehen.
Beim Tonnensystem fallen die Verluste bei der Aufbewahrung
hinweg. Den Düngerwerth der so gewonnenen frischen Fäcalien kann
man, Harn und feste Excremente zusammen genommen, zu 60 bis 70
Pf. pro Ctr. veranschlagen, und da per Kopf und Jahr 10 Ctr.
solcher Excremente gerechnet werden können, so repräsentirt dies
für eine Stadt mit 100 000 Einwohner schon die beachtenswerthe
Summe von 600 000 bis 700 000 M. Etwa ¾ dieses Werthes
sind aber auf den Stickstoff zu rechnen, welcher besonders aus
dem Harne stammt. Ein Mittel, den Stickstoff, resp. das Ammoniak
zu fällen, ist nicht vorhanden. Auch die hierzu vorgeschlagene
Bildung von phosphorsaurer Ammoniak-Magnesia ist unzulänglich.
Man müßte phosphorsaure Alkalien neben der Magnesia hinzufügen
und würde einen Theil dieses Zusatzes verlieren, da das
Ammoniak-Magnesia-Phosphat eben nur schwerlöslich, nicht
unlöslich ist.
Alle Fällungsmethoden, auch das von mir (1875 215 251) 349) beschriebene Grazer Phosphatverfahren, haben
deshalb Fiasco gemacht, weil sie den werthvollsten Theil, das
Ammoniak, in der ablaufenden Flüssigkeit verloren geben
mußten.
Es bleibt als radicales Mittel die Abdampfung zur Trockne, z. B.
in einem Flammofen, nachdem man das Ammoniak durch Zusatz von
Schwefelsäure gebunden hat. Wie ich gehört, soll man in Berlin
nach dieser Methode arbeiten. Dabei ist nur zu bedenken, daß
einmal die zu verdampfenden Massen ziemlich viel Brennstoff
kostenEs müssen
etwa 9 Ctr. Wasser auf 1 Ctr. trocknen Dünger verdampft werden;
dazu braucht man 3 Ctr. Braunkohlen oder 1,5 Ctr. Steinkohlen
und erhält einen Düngerwerth von etwa 5,4 bis 6,3 M., also
immerhin noch einen ziemlichen Nutzen., und daß
ferner der Geruch der sich verflüchtigenden Substanzen, welcher,
wie es scheint, besonders von fetten Säuren herrührt, ein
äußerst unangenehmer ist. Bei dem Abdampfen in einer Pfanne läßt
sich die riechende Substanz durch Niederschlagen der
Wasserdämpfe, z. B. durch einen Körting'schen Exhaustor, wohl
beseitigen; doch wird dann die Anlage und der Betrieb bedeutend
kostspieliger.
Ich frug mich nunmehr, ob man die zu verdampfende Wassermenge
nicht reduciren und doch den größten Theil des Düngerwerthes
gewinnen könne. Es bot sich hierzu der sehr einfache Weg, den
rohen Dünger mit Kalkmilch zu mischen, in einem verschlossenen
Kessel so lange zu erhitzen, bis eine Art Scheidung eingetreten
und das Ammoniak verflüchtigt ist. Dieses
Ammoniak ist zu entwässern und zu condensiren, ferner der
entstandene Scheideschlamm abzufiltriren und auszupressen, das
geklärte Wasser aber weglaufen zu lassen.
Der Düngerwerth der Excremente setzt sich aus folgenden Daten
zusammen:
1) Das Ammoniak, meist an Kohlensäure gebunden und aus der
Gährung des Harnstoffes entstanden. Bekanntlich tritt besonders
bei reichlicher Gegenwart des Harnstofffermentes diese Umsetzung
sehr rasch ein. In den Abortfäßern ist dieses Ferment im
reichsten Maße vorhanden, und selbst in der Winterzeit ist die
Umwandlung schon nach 24 Stunden eine nahezu vollständige.
2) Gebundener Stickstoff findet sich in geringen Mengen. Was
davon als Harnsäure und Eiweiß vorhanden ist, geht in den
Kalkniederschlag über. Nur relativ geringe Mengen finden sich in
der ablaufenden geklärten Flüssigkeit.
3) Phosphorsäure, welche theils als phosphorsaurer Kalk, theils
als phosphorsaures Alkali vorhanden ist, geht mit dem Kalk in
Verbindung in den Niederschlag.
4) Das Kali allein bleibt löslich und geht mit der ablaufenden
Flüssigkeit verloren. Dies ist der einzige unvermeidliche
Verlust, welchen man indessen gegenüber dem sonstigen
Düngergewinn leicht verschmerzen kann.
Wenden wir uns nunmehr zu den quantitativen Verhältnissen, so
ergaben Versuche, theils im Laboratorium, theils in einem
Versuchsapparate in der Fabrik angestellt, folgende Zahlen.
300k Tonneninhalt, gleichmäßig aus mehreren Tonnen
entnommen und gut gemengt, wurden mit 11k
gebranntem Kalk, der mit 39k Wasser gelöscht war, innig
gemengt und so 350k = 350l Mischung erhalten. 1l
davon wurde in einer Retorte mit aufwärts gerichteten Schnabel
gebracht, dieser mit einem Liebig'schen Kühler verbunden und
vorsichtig mit vorgelegter Normalsäure destillirt. Nachdem
100cc übergegangen waren, wurde die freie Säure
zurücktitrirt und so das übergegangene Ammoniak bestimmt. Es
wurden schließlich noch 40cc abdestillirt, die indessen nur
noch wenig Ammoniak enthielten.
Man hätte sich demnach eventuell auf 10 Proc. Destillat,
vielleicht noch weniger, beschränken können. Es wurden auf diese
Weise 0,606 Proc. Ammoniak oder 0,499 Proc. Stickstoff gefunden.
Dies entspricht in den unvermischten Fäcalien, welche durch den
Kalkmilchzusatz im Verhältnisse 6 : 7 verdünnt wurden, 0,707
Proc. Ammoniak, oder auf Stickstoff berechnet, 0,582 Proc. Ein
Versuch mit mehr (6 Proc.) Kalk gab, ebenso berechnet, nur 0,579
Proc. Stickstoff; 2 bis 3 Proc. Kalk dürften also
genügen. Bei diesem Kochen mit Kalk trat eine deutliche
Scheidung ein; es bildete sich eine bräunliche Schaumdecke, die
indessen nur wenig stieg, sich bei weiterm Kochen zertheilte und
leicht absetzte.
Die Masse, noch heiß auf ein einfaches Filter gebracht, ließ mit
großer Schnelligkeit ein weinklares gelbliches Filtrat ablaufen,
welches vollkommen geruchlos war. In gleicher Weise zeigte sich
auch der zurückbleibende hellbräunliche Filterrückstand gänzlich
geruchlos. Gegenüber dem früher erwähnten Niederschlag der
Phosphatmethode war die Leichtigkeit des Filtrirens geradezu
überraschend. Dies erklärt sich einfach durch die bei dieser
Kalkkochung eintretende Bildung einer Kalkseife, welcher
nebenbei kohlensaurer Kalk in krystallinischer Form beigemengt
ist. Beide Verbindungen zeichnen sich, wie bekannt, durch die
Leichtigkeit aus, mit der sie das Wasser durchlassen.
Es blieben auf dem Filter 260g dieses feuchten Rückstandes, der
beim Trocknen noch 76,1 Proc. Feuchtigkeit verlor, so daß im
Ganzen auf 100 Th. Fäcalien 7,29 Th. trockner Kalkdünger
gewonnen wurden. Es ist kaum zweifelhaft, daß eine Filtration
unter Druck, beispielsweise in einer Fachfilterpresse, ein noch
trockeneres Material liefern würde. Statt etwa 64 Proc. würden
vielleicht 75 bis 80 Proc. der Fäcalmasse als Filtrat beseitigt
werden. Der Kalkniederschlag trocknet auch an der Luft viel
leichter aus, als ein Phosphatdüngerschlamm von demselben
Wassergehalte. Es ist bekannt, daß gerade die
Thonerde-Verbindungen, wie Thonerdehydrat oder Thonerdephosphat,
als Colloide das aufgesogene Wasser ungemein langsam abdunsten
lassen. Die Consistenz des Kalkschlammes ist eine solche, daß
man ihn direct oder eventuell nach Beimengung von pulverförmigen
organischen Abfällen, Lohe, Sägespänen, in Pressen einfüllen und
zu Ziegeln pressen könnte, welche dann nur der Trocknung an der
Luft bedürften.
Eine Analyse des trocknen Kalkdüngers ergab:
Stickstoff
1,21
Phosphorsäure
3,75
Kalk
38,00
Schwefelsäure
1,30
Kali
0,52
Natron
1,10
Organische Substanz
28,53
Sand
2,85
Kohlensäure, Wasser und Verlust
22,74
–––––––––
100,00.
Die beim Versuch mit 1l erhaltene klare Flüssigkeit
betrug 600cc. 100cc davon hinterließen beim
Abdampfen im Durchschnitt von 2 Versuchen 2g,69
schwach feuchten Rückstandes; dies macht 16g,14
für 600cc; für die totale Kalkmischung von 350k
berechnen sich 5649g für 100k
Rohfäcalien 1883g oder 1,88 Proc.
Die Analyse des Abdampfrückstandes ergab:
Stickstoff
1,04
Phosphorsäure
Spur
Kalk
19,13
Kali
1,18
Natron
14,36
Schwefelsäure
3,33
Organische Substanz
33,89
Chlor
17,13
Feuchtigkeit, Sauerstoff des Kalis,Natrons und
Verlust
9,94
–––––––––
100,00.
Wird diese Analyse nach den Regeln chemischer Wahrscheinlichkeit
gruppirt, so besteht dieser Rückstand aus:
Chlorkalium
1,87
Chlornatrium
27,09
Schwefelsauren Kalk
5,66
Organischsauren Kalk
50,50
Harnstoff (?)
2,23
Feuchtigkeit und Verlust
12,65
–––––––––
100,00.
Es werden demnach aus 100 Th. Rohfäcalien erhalten resp.
verloren:
Gewonnen
Verloren
durch Destillation.
als Niederschlag.
als Flüssigkeit.
Stickstoff 0,582 bis 0,579,
Kalkdünger
Abdampfrückstand
im Mittel 0,58 Proc.
7,24 Proc.
1,88 Proc.
Darin sind an werthvollen Düngerstoffen vorhanden:
N
0,58
Proc.
0,08
Proc.
0,017
Proc.
PO
5
—
0,27
Proc.
—
KO
—
0,08
Proc.
0,022
Proc.
Setzen wir 1k Stickstoff zu 2 M., 1k
Phosphorsäure zu 40 Pf. und 1k Kali zu 24 Pf., so beträgt der
Werth in Mark für 100k Fäcalien:
Gewonnen
Verloren
im
Destillat.
im
Niederschlag.
im Abfluß.
N
1,16
0,16
0,034
PO5
—
0,11
—
KO
—
0,02
0,052
–––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
Summe
1,16
0,29
0,086.
Der Totalwerth der Fäcalien beträgt
hiernach pro 100k 1,536 M.; davon werden gewonnen
1,45 M. oder 94,4 Proc., dagegen verloren 0,086 M. oder 5,6
Proc.
Diese Laboratoriumszahlen wurden im Wesentlichsten durch einen
Versuch im größern Maßstabe bestätigt. 4 Ctr. Excremente wurden
in einem verschlossenen Dampffasse mit 3 Proc. Kalk versetzt und
das durch Dampf ausgetriebene Ammoniak nach genügender Abkühlung
des Dampfes durch vorgeschlagene verdünnte Schwefelsäure
condensirt. Das ganze Condensat wurde alsdann gewogen, und darin
das aufgenommene Ammoniak bestimmt, theils indem man es durch
Kochen mit Aetznatron austrieb, in einem gemessenen Volum
Normalsäure auffing und mit Normalalkali zurücktitrirte, theils
dadurch, daß man mit Natron genau neutralisirte, zur Trockne
abdampfte und glühte. Der dabei gefundene Glühverlust entspricht
dem schwefelsauren Ammoniak.
200k Fäcalien geben 45k Condensat, mit 1,93 Proc.
Ammoniak oder 1,60 Proc. = 0,36 Proc. Stickstoff der Fäcalien.
Der Niederschlag, gesammelt und getrocknet, entsprach 8,37 Proc.
Kalkdünger mit 0,96 Proc. oder auf 100 Th. Fäcalien 0,08 Proc.
Stickstoff. Das Filtrat lieferte beim Abdampfen für 100 Th.
Fäcalien 1,48 Th. Rückstand mit 4,06 Proc. Stickstoff, also mehr
als beim vorigen Versuche, was wahrscheinlich von einer nicht so
weit vorgeschrittenen Zersetzung der Excremente herrührt und für
100 Th. Fäcalien 0,06 Th. Stickstoff ausmacht. Wir haben also
wieder:
im Destillat gewonnenNiederschlagAbfluß
verloren
0,36 Proc. Stickstoff oder 72 Proc.0,08 Proc.
Stickstoff oder 16 Proc.0,06 Proc. Stickstoff oder
12 Proc.
des totalen Stickstoffgehaltes.
0,50 Proc. Stickstoff oder 100 Proc.
100 Th. Fäcalien ergeben so an Düngerwerthen:
Im Destillat für Stickstoff
0,72 M.
Im Niederschlag für Stickstoff
0,16 M.
Im Niederschlag für PO5 und KO
0,13 M.
–––––––––
Summe
1,01 M.
Verloren gehen im Abfluß:
An Stickstoff
0.12 M.
An sonstigen Düngersubstanzen (KO S. o.)
0,05 M.
–––––––––
Summe
0,17 M.
Es werden vom totalen Düngerwerth an Stickstoff 85,6 Proc.
gewonnen, 14,4 Proc. verloren. Hiernach wird man wohl nicht
fehlgreifen, wenn man annimmt, daß nach dieser Methode
mindestens 4/5 des ganzen Düngerwerthes gewonnen werden, den wir
bei gutem normalmäßigen Tonneninhalte mindestes zu 1,2 M. für
100k veranschlagen dürfen.
Die Kosten der Verarbeitung sind besonders vom verbrauchten
Brennmaterial abhängig. Nehmen wir den ungünstigsten Fall an,
daß jede Düngerportion neu erhitzt und daß zur Austreibung des
Ammoniaks 14 Proc. Wasser einmal abdestillirt, dann bei der
Concentration des gewonnenen schwefelsauren Ammoniaks nochmals
verdampft werden müßten:
100k Fäcalien von 15 bis 100° erhitzt,
brauchen dazu
8 500c
28k Wasser von 100° verdampft
15 400
–––––––––
23 900c.
1k gewöhnliche Steinkohle liefert
7000c, man brauchte daher theoretisch 3k,4
Steinkohlen. Diese Zahl erscheint zu günstig. — Nehmen
wir an, daß 1 Th. Steinkohle 6 Th. Wasser verdampft, und daß
dieselbe Wärme, die 1 Th. Wasser verdampft, 5 Th. kaltes Wasser
auf 100° erhitzt, so macht dies eine totale Menge von
(100 : 5) + 28 = 48k Wasser zu verdampfen, was 8k
Steinkohlen gleichkommt. Es treten freilich noch
Trocknungskosten für den Kalkdünger hinzu; es sind dabei 21k
Wasser zu verflüchtigen, was noch 3k,5 Steinkohlen kostet, in
Summe 11k,5. Nehmen wir 100k Steinkohle zu 3 M., so betragen
die sämmtlichen Brennstoffkosten 0,345 M.
Hier sind die ungünstigsten Verhältnisse angenommen. Durch eine
passende Construction der Destillationsapparate wird es unnöthig
werden, überhaupt mehr als höchstens 10 Proc. der Fäcalien zu
verdampfen, um alles Ammoniak zu gewinnen. Durch die
Dephlegmation desselben wird genügend Wärme disponibel, um die
Fäcalien bis zum Sieden zu erhitzen. Selbst die Wärme des
Abflusses läßt sich zum Vorwärmen der nächsten Portion benützen.
Durch Schlammfilterpressen wird der so leicht filtrirende
Niederschlag so weit entwässert werden, daß er an der Luft von
selbst austrocknet. So läßt sich wahrscheinlich mit 4k
Steinkohlen für 100k Fäcalien auskommen, was dann nur
0,12 M. an Brennstoffkosten betragen würde.
Das zweite Material, der gebrannte Kalk, ist wahrscheinlich auf 2
Proc. der Fäcalien zu reduciren. Da 100k
desselben zu 3 M. leicht zu beschaffen sind, so betragen die
Kosten für Kalk pro 100k Fäcalstoffe höchstens 0,06 M.
Das dritte Material, die Schwefelsäure zur Absorption des
Ammoniaks, kommt theurer zu stehen. Man braucht bei einem
Gehalte der Fäcalien an Ammoniak, der 0,5 Proc. Stickstoff
entspricht, zur Absorption 3,5 Proc. Schwefelsäurehydrat oder
vielleicht 6 Proc. Kammerschwefelsäure von 58 Proc.
SO3HO. 100k
derselben dürften heute leicht zu 6 M. zu beschaffen sein, so
daß die 6 Proc. 0,36 M. kosten.
Die Totalmaterialkosten betragen also für 100k
Fäcalien 0,64 M., was eine genügende Deckung für Generalkosten,
Arbeit und Gewinn übrig läßt.
Der Gang der Fabrikation würde folgender sein. Die Tonnen mit den
Fäcalien werden in der Fabrik in ein gut verschließbares Bassin
aus Cementmauerwerk entleert, in welchem sie eventuell 1 oder 2
Tage lagern können, um die Harnstoffgährung sich vollenden zu
lassen. Aus diesem Bassin werden sie entweder mittels der
Luftleere oder durch eine Dampfstrahlpumpe, eventuell, wenn das
Terrain es gestattet, durch den natürlichen Fall in die
Destillationsapparate übergeführt. Dies sind liegende
cylindrische Dampfkessel, paarweise in der Art verbunden, daß
man alternirend den Kessel A oder
B direct heizt, während der Dampf
bald aus A nach B oder aus B
nach A geht. Diese Art Heizung ist
z. B. bei dem in verschiedenen Lehrbüchern aufgeführten
Gall'schen Marienbadapparat zur Destillation des Spiritus in
Anwendung, auch ist sie in England zur Gewinnung von Ammoniak
aus Gaswasser ziemlich allgemein im Gebrauch. Der Kessel A, der z. B. direct geheizt wird,
enthält die am weitesten erschöpfte Mischung. Die Spuren
Ammoniak, die noch darin enthalten sind, werden durch das
lebhafte Kochen ausgetrieben. Der gleichzeitig gebildete
Wasserdampf tritt in den Kessel B
über, durchströmt die darin enthaltene frische Mischung und
erwärmt sich durch seine Condensation sehr bald bis zum Sieden.
Nun wird das übergehende Ammoniak nicht mehr condensirt und
addirt sich zu dem gleichzeitig aus der Mischung B ausgetriebenen. Es wird schon in B die Mischung nahezu an Ammoniak
erschöpft werden, so daß sie bei der nächsten Operation, nachdem
A entleert und mit frischer Mischung
gefüllt ist, nur kurze Zeit erhitzt zu werden braucht, um den
letzten Rest Ammoniak abzugeben.
Die Kessel sind mit einem Rührwerke mit durchlöcherten Flügeln
versehen, welches zur gleichmäßigen Mischung, zur Verhütung des
Anbrennens und gleichzeitig zum Unterrühren des im Momente der
Scheidung etwa auftretenden Schaumes dient. Natürlich ist es
zweckmäßig, die Dampfabzugsröhren von ziemlich geräumigen
Dampfdomen abgehen zu lassen und außerdem hinreichend weit zu
wählen. Röhren mit Kreuzmuffen dürften zum bequemen Reinigen
zweckmäßig sein.
Die Kalkmilch tritt in abgemessener Menge aus einem höher
stehenden Reservoir mit Rührwerk in den Kessel ein. Ein weiter
Ablaßhahn am tiefsten Punkte gestattet eine rasche Entleerung.
Sicherheitsventil, WasserstandgläserWohl am besten eingeschraubte
Plangläser, die man leichter reinigen kann als
Wasserstandsröhren. Der geringe Dampfdruck macht diese
Construction unbedenklich. Probirhähne zur Prüfung
auf Reste von Ammoniak u. s. w. vollenden die Montirung der
Kessel.
Das entwickelte Ammoniak ist immer noch von viel Wasserdampf
begleitet. Man leitet es daher durch ein aufsteigendes
Schlangenrohr, welches innerhalb des Vorwärmers liegt.
Zweckmäßig dürfte es sein, bei jeder Windung nach unten ein
Röhrchen abzuzweigen, welches das condensirte Wasser
zurückfließen läßt, ohne dem Dampf den Weg zu versperren. Es
wird sonst das Wasser leicht mit dem Ammoniak fortgerissen. Der
Vorwärmer ist ein geschlossener stehender Cylinder, ebenfalls
mit Rührwerk. Er steht durch ein Rohr einerseits mit der
Luftpumpe, anderseits mit dem Fäcalreservoir in Verbindung. Man
kann auch die Kalkmilch in den Vorwärmer einsaugen lassen und
nach inniger Mischung die Flüssigkeit bald nach rechts, bald
nach links in den Destillationskessel ablassen. Von dem
Vorwärmer geht das schon stark entwässerte Ammoniakgas eventuell
noch durch einige Liebig'sche Kühler immer aufsteigend und
endlich in die Condensationsvorrichtung, wo es entweder von
Kammerschwefelsäure oder auch wohl, zur Bereitung von Salmiak,
von Salzsäure absorbirt wird. Für Düngerzwecke dürfte sich die
Absorption durch Superphosphat empfehlen. Es ist meines
Erachtens vollkommen gleichgiltig, ob ich gelöstes Superphosphat
oder das aus dieser Lösung durch Alkali regenerirte, chemisch
feinvertheilte basische Phosphat dem Boden einverleibe, da ja
doch in jedem kalkhaltigen Boden diese Fällung bei der
Verwendung zum Dünger von selbst erfolgt.
Man kann demnach die Schwefelsäure in doppelter Weise, einmal zum
Aufschließen der Phosphate, dann zur Absorption des Ammoniaks
verwenden, und wird durch die Combination von Ammoniaksalzen mit
feinst vertheilten Phosphaten einen sehr wirksamen Dünger
erzielen welcher dem Peruguano gleichkommt.
Natürlich läßt sich das Ammoniakgas auch, nachdem man es noch
durch einen Cylinder mit Holzkohle von etwaigem Geruch befreit,
zur Bereitung von Ammoniakflüssigkeit verwenden.
Der in den Kochkesseln gebildete Niederschlag läßt sich wohl am
besten durch eine Fachfilterpresse gewinnen. Man läßt die noch
kochend heiße Flüssigkeit in ein Montejüs übertreten und
befördert sie aus diesem durch Dampfdruck in die Filterpresse.
Durch Nachdecken mit Dampf wird man die Preßkuchen nahezu
trocken bekommen können. Bei der leichten Durchdringlichkeit des
Niederschlages dürften zwei solcher Pressen zum Verarbeiten von
täglich 1000 Ctr. frischer Fäcalien genügen. Die Preßkuchen
können in einer Thonschneidemaschine, mit trockenen Abfällen
gemischt, in Ziegelform zur Trockne gebracht und endlich
gemahlen werden.
Der Düngerwerth dieses Kalkdüngers ist nicht groß. Für 100k hat
man nach obenstehender Analyse:
1,21 Proc. N zu
2
M.
=
2,42 M.
3,75 Proc. PO5 zu
40
Pf.
=
1,50 M.
0,52 Proc. KO zu
24
Pf.
=
0,12 M.
–––––––
Summe
4,04 M.,
wobei man noch immer eine Kleinigkeit für
den reichlich vorhandenen fein vertheilten Kalk rechnen kann.
Durch Brennen könnte man daraus wieder einen Theil des Kalkes
zur Fällung gewinnen und würde so eine Anreicherung an
Phosphorsäure erzielen, müßte aber natürlich den Stickstoff
opfern. Ein Theil des Kalkes geht als lösliches organisches
Kalksalz in die Abflußwässer über. Die letztern werden direct in
den nächsten Flußlauf geleitet; eventuell lassen sie sich zur
Berieselung von Wiesen etc. verwenden.
Als Vorzüge dieser Methode betrachte ich:
1) Die möglichst vollständige Gewinnung des werthvollsten
Düngerbestandtheiles, des Ammoniaks, in concentrirter, jederzeit
verwerthbarer Form. Ammoniak und Ammoniaksalze werden immer auf
dem Markte gesucht sein und wegen ihres hohen Preises auch
Transportdistanzen vertragen, welche bei dem Dünger mindern
Werthes unmöglich sind.
2) Daneben wird ein freilich geringwerthiger, indessen immerhin
noch verwendbarer Kalkdünger erzeugt, welcher den großen Vorzug
besitzt unveränderlich und geruchlos zu sein.
3) Das Gleiche ist bei der ablaufenden Flüssigkeit der Fall, die
also ohne Anstand abgeleitet werden kann.
4) Die Verarbeitung erfolgt rasch und in vollkommen geschlossenen
Apparaten, so daß sich keinerlei belästigende Emanationen nach
außen verbreiten können. Die Anhäufung solcher Excrementalstoffe
in kolossalen Massen, die Wochen und Monate zur vollständigen
Aufarbeitung bedürfen, war der Hauptübelstand der bisherigen
Poudrette-Anstalten. — Eine nach meiner Methode in
genügender Ausdehnung angelegte Fabrik, die besonders mit den
nöthigen Reserveapparaten im Falle einer Reparatur ausgerüstet
ist, wird die abgelieferten Excremente spätestens nach 48
Stunden in fertige Marktwaare verwandeln.
5) Bei irgendwie mäßigen Preisen des Brennmaterials und der Säure
kommen die Kosten der Verarbeitung nicht zu hoch zu stehen. Auch
die Kosten der Anlage halten sich in mäßigen Grenzen, indem die
Leistungsfähigkeit der Apparate eine große ist.
6) Endlich bietet wohl keine der bisherigen Verarbeitungsmethoden
der Fäcalien eine so vollkommene Garantie gegen sanitäre
Schädlichkeiten. Wir können zuversichtlich annehmen, daß alle
etwa in den Excrementen vorhandenen Fermentkeime durch das
Kochen und den Kalk getödtet werden. — Dem Abfließen der
filtrirten Flüssigkeit in die Flußläufe dürfte wohl keine
Medicinalpolizei Hindernisse in den Weg legen.
Ich würde mich freuen, wenn diese Veröffentlichung Veranlassung
gäbe, meine Methode irgendwo in größerm Maßstabe auszuführen und
bin zu weitern Mittheilungen an sich Interessirende gerne
bereit. Natürlich ist irgend ein Tonnensystem, das hinreichend
reine Fäcalien liefert, die Vorbedingung zur Anwendung meiner
Methode.