Titel: | Das Welter'sche Gesetz und die latente Vergasungswärme des Kohlenstoffes; von G. Bethke und F Lürmann. |
Fundstelle: | Band 220, Jahrgang 1876, Nr. , S. 182 |
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Das Welter'sche Gesetz und die latente Vergasungswärme des
Kohlenstoffes; von G. Bethke und F
Lürmann.
Bethke und Lürmann, über das Welter'sche Gesetz
und die latente Vergasungswärme des Kohlenstoffes.
Das Welter'sche Gesetz: „Gleiche Gewichtsmengen Sauerstoff
entwickeln bei ihrer Verbrennnng mit jedem Körper gleiche
Wärmemengen“ war begründet auf die Versuche von Despretz, sowie von Lavoisier und Clement, welche
als Verbrennungswärme des Wasserstoffes zu Wasser 24 000c und als Verbrennungswärme des
Kohlenstoffes zu Kohlensäure 8000c gefunden hatten. Da 1 Gew. Th. Kohlenstoff bei seiner
Verbrennung zu Kohlensäure 2⅔ Gew. Th. Sauerstoff
gebraucht, so entwickelt umgekehrt 1 Gew. Th. Sauerstoff bei der
Verbrennung mit Kohlenstoff 8000 : 2⅔ = 3000c, und
da ferner 1 Gew. Th. Wasserstoff bei der Verbrennung zu Wasser 8
Gew. Th. Sauerstoff gebraucht, so entwickelt in diesem Falle der
Sauerstoff 24 000 : 8 = 3000c pro Gewichtseinheit, also genau
ebenso viel wie bei der Verbrennung mit Kohlenstoff.
Hieraus folgerte Welter sein Gesetz,
welches offenbar eine große innere Wahrscheinlichkeit für sich
hat.
Allein die spätern Versuche von Dulong, von Favre und Silbermann, sowie von Grassi ergeben übereinstimmend, daß die
Verbrennungswärme des Wasserstoffes nicht 24 000, sondern
annähernd 34 000c beträgt, daß also bei der
Verbrennung von Wasserstoff zu Wasser 1 Gew. Th. Sauerstoff
nicht 3000, sondern 34 000 : 8 = 4250c
entwickelt. Das Welter'sche Gesetz erwies sich also nach den
genauern Versuchen der genannten Forscher nicht mehr als
stichhaltig.
Die nachfolgenden Untersuchungen, welche wir bereits Ende 1870
anzustellen Veranlassung hatten, werden indessen ergeben, daß
die genauern Bestimmungen der Verbrennungswärme des
Wasserstoffes das Welter'sche Gesetz nicht zu Falle bringen,
sondern erst recht bestätigen.
Der leichtern Uebersichtlichkeit wegen legen wir unsern
Entwicklungen die nachstehenden abgerundeten, von den wirklich
gefundenen nur sehr wenig abweichenden Werthe der jetzt
geltenden Verbrennungswärmen zu Grunde. Es entwickelt
1 Gew. Th. H zu HO verbrannt
33 600c
1 Gew. Th. CO zu CO2 verbrannt
2400
1 Gew. Th. C zu CO verbrannt
2400
1 Gew. Th. C zu CO2 verbrannt
8000
Da 1 Gew. Th. Wasserstoff sich mit 8 Gew. Th. Sauerstoff
verbindet, um Wasser zu bilden, so entwickelt in diesem Falle 1
Gew. Th. Sauerstoff 33 680 : 8 = 4200c.
Da ferner 1 Gew. Th. Kohlenoxyd sich mit 4/7 Gew. Th. Sauerstoff
verbindet, um Kohlensäure zu bilden, so entwickelt in diesem
Falle 1 Gew. Th. Sauerstoff 2400 : 4/7 = 4200c,
also genau dieselbe Wärmemenge.
Dagegen findet sich auf gleiche Weise, daß 1 Gew. Th. Sauerstoff
bei der Verbrennung von Kohlenstoff zu Kohlenoxyd 2400 : 4/3 =
1800c und bei der Verbrennung von Kohlenstoff zu
Kohlensäure 8000 : 8/3 = 3000c entwickelt.
Diese letztern Zahlen sind nun zwar an sich durchaus richtig, da
die zu Grunde gelegten Werthe für die Verbrennungswärmen durch
wiederholte Versuche genau bestimmt sind; allein man hat bisher
nicht in Betracht gezogen, daß bei der Verbrennung des festen Kohlenstoffes zu den gasförmigen Verbindungen, Kohlenoxyd und
Kohlensäure, eine gewisse Wärmemenge latent werden muß, welche bei den Verbrennungsversuchen
nicht hervortritt, und deren wirklicher Werth bisher nicht
ermittelt scheint. Diese latente Vergasungswärme des
Kohlenstoffes läßt sich aber, wie folgt, durch Rechnung
finden.
Betrachten wir noch einmal den Verbrennungsproceß des
Kohlenoxydes. Dasselbe ist ein gasförmiger Körper; der in
demselben enthaltene Kohlenstoff befindet sich also ebenfalls in
gasförmigem Zustande. Das Kohlenoxydgas besteht aus 3/7 Gew. Th.
Kohlenstoff und 4/7 Gew. Th. Sauerstoff, enthält also bereits
Sauerstoff, welcher offenbar bei Zutritt von neuem Sauerstoff
zur Erzeugung der Verbrennungswärme nichts beitragen kann;
letztere wird vielmehr lediglich dadurch erzeugt, daß der neu
hinzutretende Sauerstoff, ebenfalls 4/7 Gew. Th. des
Kohlenoxyds, an den im Kohlenoxyd enthaltenen
Kohlenstoff tritt. Man kann also schließen: Bei der Verbrennung
des Kohlenoxyds zu Kohlensäure verbinden sich 4/7 Gew. Th.
Sauerstoff mit 3/7 Gew. Th. gasförmigem Kohlenstoff und erzeugen
dabei eine Wärmemenge von 2400c. Dies macht für einen Gewichtstheil gasförmigen Kohlenstoff 2400 : 3/7 = 5600c. Da
nun die directen Verbrennungsversuche ergeben haben, daß 1 Gew.
Th. fester Kohlenstoff bei der
Verbrennung mit einem gleichen Gewichtstheil Sauerstoff zu
Kohlenoxydgas 2400c entwickelt, so stellt die
Differenz 5600 - 2400 = 3200c die
Wärmemenge dar, welche bei dem Uebergange des Kohlenstoffes aus
dem festen in den gasförmigen Zustand gebunden wird. Diese
hat man bei der Berechnung der Verbrennungswärme des
Kohlenstoffes in Betracht zu ziehen und daher zu schließen, 1
Gew. Th. fester Kohlenstoff entwickelt bei der Verbrennung zu
Kohlenoxydgas 5600c, von denen 3200 latent und 2400
fühlbar werden, ferner 1 Gew. Th. fester Kohlenstoff entwickelt
bei der Verbrennung zu Kohlensäure 11 200c, von
denen 3200 latent und 8000 fühlbar werden.
In beiden Fällen zeigt sich nun, daß der Sauerstoff bei der
Verbrennung wieder 4200c wie bei denen der gasförmigen
Körper Wasserstoff und Kohlenoxyd erzeugt, nämlich bei der
Verbrennung von Kohlenstoff zu Kohlenoxyd 5600 : 4/3 = 4200c und
bei der Verbrennung von Kohlenstoff zu Kohlensäure 11 200 : 8/3
= 4200c.
Das Welter'sche Gesetz erweist sich daher für den gasförmigen Zustand der verbrennenden
Körper als durchaus richtig. Bei der Verbrennung von festen
Körpern zu gasförmigen Producten muß man dagegen die latente
Vergasungswärme der erstern in Rechnung ziehen.
Man kann dem Welter'schen Gesetze auch folgende Form geben,
welche eine einfache Berechnung der Verbrennungswärme der
verschiedenen Körper gestattet:
„Bei der Verbrennung mit Sauerstoff entwickelt jeder
einfache oder zusammengesetzte Körper eine Wärmemenge von 33
600c (der Verbrennungswärme des Wasserstoffes zu
Wasser), dividirt durch das Atomgewicht des Körpers und
multiplicirt mit der Anzahl Atome Sauerstoff, welche die
Verbrennung erzeugen.“
Es geben also:
H + O = 33 600/1 = 36 000c
C + O = 33 600/6 = 5600
C + 2O = 33 600/6 . 2 = 11 200
CO + O = 33 600/14 = 2400.
(Zeitschrift des Vereins deutscher
Ingenieure, 1875 S. 645.)