Titel: | Gegenbemerkungen zu vorstehendem Artikel; von Friedr. Kick. |
Autor: | Friedrich Kick [GND] |
Fundstelle: | Band 220, Jahrgang 1876, Nr. , S. 201 |
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Gegenbemerkungen zu
vorstehendem Artikel; von Friedr. Kick.
Kick, über Festigkeit etc. der
Constructions-Materialien.
Prof. Thurston glaubt durch
vorstehende Auseinandersetzungen „endgiltig bewiesen
zu haben“, daß meine in Bd. 218 S. 185 bis 191
gegebene Kritik seiner Versuche ohne gesunde Grundlage sei.
Zwar sagt er, der mathematische Theil dieser Kritik sei richtig;
aber er berechnet die begangenen Fehler nach der von mir
angegebenen Formel und findet sie verschwindend klein. Zunächst
ist dabei der Irrthum unterlaufen, daß die für geradlinige,
gleichförmig beschleunigte Verticalbewegung geltende Formel ohne
weiters auf einen Mechanismus angewendet wurde, der einer ganz
andern gezwungenen Bewegung folgt; dann aber sind ganz geringe
Geschwindigkeiten angewendet worden, für welche ich selbst in
meiner Kritik den Fehler als verschwindend bezeichnete. Wenn man
60
Secunden zur Zurücklegung eines Weges von 40 Zoll braucht
— wenn man so im Schneckenschritt marschirt — da
sind allerdings die aus der Beschleunigung resultirenden Fehler
nicht bedeutend, ja verschwindend.
Betrachten wir die Thurston'sche Festigkeitsmaschine als
mechanisches System, welches Arbeit überträgt, so erkennen wir
sogleich, daß die am Handgriff oder dem Bewegungshebel
angewendete Arbeitsgröße einerseits zur Deformation des
Probestäbchens, anderseits zur Hebung des Gewichtes verwendet
wird (von der Reibungsarbeit abgesehen). Die zur Deformation
verwendete Arbeitsgröße soll sich nach Thürston aus dem selbstthätig verzeichneten Diagramme
erkennen lassen, in welchem die Abscissen der Winkelbewegung des
Bewegungshebels, die Ordinaten den statischen Momenten des
Gewichtshebels proportional sind. — Wenn nun meine
Behauptung, daß diese Diagramme den für Deformation erforderten
Arbeitsaufwand um so unrichtiger angeben, je größer die
angewendeten Geschwindigkeiten sind, richtig ist, so muß der
Fehler am bedeutendsten sein, wenn auf den Bewegungshebel ein
Schlag oder Stoß ausgeübt wird.
Würde bei einer solchen Inanspruchnahme der Gewichtshebel in
seiner Anfangsstellung verharren, so wäre sein statisches Moment
Null, daher auch die durch das
Diagramm für die Inanspruchnahme des Probestäbchens
angegebene Arbeit Null, d. h. der Apparat würde einen Nonsens
angeben. Würde anderseits, bevor auf den Bewegungshebel ein
Schlag ausgeübt würde, durch ruhige Inanspruchnahme der
Gewichtshebel eine bestimmte Stellung einnehmen, aus derselben
aber durch den auf den Handgriff oder Bewegungshebel geführten
Schlag nicht gebracht, so würde das Diagramm die auf Deformation
aufgewendete Schlagarbeit viel zu
klein angeben. Die Diagrammangabe wäre gleichfalls ein
Nonsens.
Daß dem aber wirklich so ist, daß Thurston's Apparat in diesem
Falle wirklich das Diagramm mit möglichster Fehlerhaftigkeit
zeichnet, spricht Thurston selbst in
dem vorstehendem Satze (S. 197) aus:
„Der Fehler, welchen der Kritiker (?!) machte, zeigt
sich sogleich, wenn man bemerkt, daß während der raschen
Bewegung des Handgriffes und der Verdrehung des Probestückes
— hervorgebracht durch einen schweren Schlag auf den
Handgriff — das Gewicht nicht Zeit
hatte, sich zu bewegen, und ein Fallen des Gewichtes der
Verdrehung folgte.“
Für so mangelhaft wagte selbst der „endgiltig
widerlegte“ Kritiker die Maschine nicht zu halten.
— Also das Gewicht hatte nicht Zeit, sich zu bewegen; der
selbstthätige Schreibapparat konnte daher die Einwirkung auch
nicht richtig, ja so gut wie gar nicht, verzeichnen und doch
sollen solche Diagramme maßgebend sein?! Bei der
Ueberanstrengung des Probestäbchens ist das nachherige Sinken
des Gewichtes sehr natürlich. Das Diagramm weist nur dieses
Sinken nach, aber nicht die vorgängige besondere
Inanspruchnahme. Durch den oben citirten Satz ist meine Kritik der Art bestätigt, daß ich
wohl darauf verzichten kann, in eine Widerlegung aller andern
Bemerkungen einzugehen.
Nur das sei mir noch zu bemerken gestattet, daß zur Zeit der
Wiener Weltausstellung viele Besucher
des k. k. Arsenals Gelegenheit fanden, die Festigkeitsapparate
des Generals Uchatius zu sehen, und
daß derselbe bei deren fachmännischer Erklärung gar kein
Geheimniß daraus machte, ja ausdrücklich darauf hinwies, daß
seine Versuche zeigten: zähe Metalle erhalten erst ihre volle
Leistungsfähigkeit dann, wenn sie bis zu einem gewissen Grade
über ihre Elasticitätsgrenze hinaus beansprucht worden sind.
Diesbezügliche Versuchsdaten wurden im August 1873 den HH. R. L.
Haswell, Paget und mir gütigst
vorgelegt. Die Priorität, welche Thurston beansprucht, ist in diesem Punkte daher
mindestens fraglich. Hiermit sei diese Polemik meinerseits
abgeschlossen.
Prag, den 9. März
1876.