Titel: | Ueber die praktischen Anwendungen der Salicylsäure. |
Fundstelle: | Band 220, Jahrgang 1876, Nr. , S. 246 |
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Ueber die praktischen
Anwendungen der Salicylsäure.
Kolbe, über praktische Anwendungen der
Salycilsäure.
H.
Kolbe macht weitere Mittheilungen über die Verwendung
der Salicylsäure zum Conserviren von Fleisch, Wein (vgl. 1875
215 169) 217 402) und Bier, sowie
als Heilmittel.
Beim Conserviren von Wein soll die Salicylsäure die Nachgährung
verhindern, Bier soll dagegen nachgähren; man darf daher die
Menge der zuzusetzenden Salicylsäure nicht so groß nehmen, daß
die Hefe davon getödtet wird.
Ein praktischer Brauer hat Versuche ausgeführt mit obergährigen,
nach englischer Methode gebrauten Bieren, welche jedoch nur
leicht gehopft waren und aus reiner Malzwürze mit 14 Proc.
Extractgehalt erzielt wurden. Die Haltbarkeit dieser Biere war
nur auf etwa 4 Monate berechnet. Je 100l Bier
wurden mit verschiedenen Mengen, von 2g,5
bis 40g pulveriger Salicylsäure versetzt und daneben ein
Faß mit der gleichen Menge Bier ohne Salicylsäure hingelegt. Die
Temperatur des Lagerkellers schwankte zwischen 10° und
15°. Die nachfolgenden tabellarisch zusammengestellten
Ergebnisse der Versuche mit zwei zu verschiedenen Zeiten
gebrauten Bieren vorbeschriebener Qualität sind an und für sich
verständlich. Dieser Versuche sind mit denselben Ergebnissen 30
angestellt, und zwar 10 mit im Januar 1875 gebrauten Bieren und
20 mit solchen, welche im August 1875 bei größter Sommerhitze
gebraut wurden.
Die erhaltenen Resultate sind über alle Erwartungen günstig
ausgefallen; es scheint, als ob die Salicylsäure alle andern zu
gleichem Zwecke verwendeten Substanzen, so namentlich den sauren
schwefligsauren Kalk bei weitem an Güte übertrifft. Allerdings
kann man durch einen genügenden Zusatz des letztern die
Haltbarkeit der Biere eben so erhöhen wie durch Salicylsäure;
allein die sauren schwefligsauren Kalk enthaltenden Biere
besitzen, namentlich im jungen Zustande, fast immer einen nicht
zu verkennenden rauhen Geschmack, und häufig ist auch ihr Aroma
in
unangenehmer Weise beeinträchtigt, wogegen die Salicylsäure
weder Geschmack noch Aroma verändert.
Die Befürchtung, daß die mit Salicylsäure versetzten Biere in
Folge des Absterbens der Hefe schaal werden würden, hat sich
nicht bestätigt. Immer bleibt die genügende Menge Hefe am Leben,
um die Biere hinreichend gasreich zu erhalten. Es scheint fast,
daß die Salicylsäure, wenn sie, wie es bei deren Anwendung für
Bier der Fall ist, auf Alkoholhefe mit beigemengten Bakterien
einwirkt, zunächst vorzugsweise die letztern tödtet, und daß
erst später die Alkoholhefe angegriffen wird, durch welche
Annahme die oben erwähnte Thatsache ihre Erklärung findet.
Bier, gebraut im
Januar 1875.
Bier.
Salicylsäure.
Geprüft im August 1875.
Geprüft im December 1875.
l
g
100
0
Sauer.
Sauer.
100
2,5
Nicht besonders
schmackhaft.
Sauer.
100
5
Wohlschmeckend und von guter
Beschaffenheit.
Wohlschmeckend und gut.
100
10
Gut, moussirend und klar, von
gutem Geschmack und Aroma.
Vollkommen in jeder
Beziehung.
100
20
Gut, moussirend, klar und
vollmundig.
Klar, moussirend und vollmundig,
von gutem Aroma, in jeder Beziehung vorzüglich.
100
40
Fast zu jung im Geschmack, sehr
gut.
Wie das vorige, jedoch noch
vollmundiger und sehr moussirend.
Bier, gebraut im
August 1875.
Bier.
Salicylsäure.
Geprüft im December 1875.
l
g
100
0
Ganz sauer.
100
2,5
Sauer.
100
5
Schmackhaft und gut.
100
10
Vorzüglich in jeder Hinsicht.
100
20
Köstlich, vollmundig.
100
40
Köstlich, wie das vorige, außerordentlich voll im
Geschmack. Sehr moussirend.
(Nach einem vom Verfasser gef.
eingesendeten Separatabdruck aus dem Journal für praktische
Chemie, 1876 Bd. 13 S. 106.)