Titel: | Bemerkungen zu dem Aufsatze des Professors Meidinger über „Meidinger's galvanisches Element von J. M. Bussemer in Heidelberg.“ |
Autor: | J. M. Bussemer |
Fundstelle: | Band 220, Jahrgang 1876, Nr. , S. 269 |
Download: | XML |
Bemerkungen zu dem Aufsatze
des Professors Meidinger über „Meidinger's galvanisches
Element von J. M.
Bussemer in Heidelberg.“
Ueber Meidinger's galvanisches
Element.
Der ohne unsere Veranlassung und
Wissen in diesem Journal, 1875 217 382, erfolgte Abdruck einer Beschreibung der in
unserer Fabrik gefertigten
„Meidinger-Elemente“, welche wir den
Bestellern als Gebrauchsanweisung mitzugeben pflegen, hat Hrn.
Prof. Meidinger zu einem Angriffe in
Bd. 219 S. 63 Veranlassung gegeben, der uns zu einigen
Gegenbemerkungen nöthigt. Unmittelbar nachdem Prof. Meidinger hervorgehoben hat, daß wir
unsere eigene Construction aufgegeben hätten und zu der seinigen
übergegangen wären, sagt er:
„Ich trete damit (mit seiner Mittheilung) zugleich den
Bemühungen Unberufener entgegen, mit sogen. Verbesserungen an
meiner Batterie für sich Reclame zu machen. Alle verbesserte
Meidinger-Elemente haben bisher Fiasco gemacht“
etc.
Ob Hr. Meidinger mit derartigen
Aeußerungen innerhalb der Grenzen einer würdigen Discussion und
Kritik geblieben ist, mag unerörtert bleiben; ob wir als
„Unberufene“ zur Verbesserung der
Meidinger'schen Batterie erscheinen, hat das technische Publicum
zu beurtheilen. Reclame pflegen wir überhaupt nicht zu machen
und so unwesentliche Leistungen wie eine veränderte Construction
der Meidinger'schen Batterie überhaupt nicht zu publiciren. Da
Prof. Meidinger es aber als einen
Eingriff in sein Erfindungsrecht anzusehen scheint, daß andern
Orts Meidinger'sche Batterien angefertigt werden, und unsere
veränderte Construction als fehlerhaft nachzuweisen versucht, so
sind wir genöthigt, hierauf etwas näher einzugehen.
Wie Prof. Meidinger selbst angibt, ist
sein Element auf das von Varley
zuerst benützte Princip der Trennung der Flüssigkeiten durch die
Verschiedenheit ihres specifischen Gewichtes anstatt durch
Diaphragmen basirt, ist also selbst eine Abänderung der
Varley'schen Batterie. Diese Abänderung bestand wesentlich
darin, daß Prof. Meidinger einen
Glascylinder anbrachte, durch welchen er dem Varley'schen
Elemente neues Kupfervitriol zuführen konnte, ohne die
Flüssigkeiten zu mischen. Später adoptirte Prof. Meidinger anstatt des Glascylinders den
Speiseballon, dessen Urheber er nicht angibt. Ein solches
Fütterungsrohr findet sich schon bei unserm Element, dessen
Construction wir 1859 (vgl. Bd. 153 S. 113) publicirten,
während. Prof. Meidinger mit dem
seinigen erst im Jahre 1860 hervortrat. Seine Verbesserung
bestand wesentlich nur darin, daß er das horizontale Diaphragma,
welches wir zur größern Sicherheit zwischen den verschieden
schweren, über einander gelagerten Flüssigkeiten anbrachten,
fortließ. Meidinger's Element ist demnach, wie das unsrige, ein
verändertes Varley'sches Element und eine Vereinfachung des
letzternSoll
heißen: „des erstern“ statt „des
letztern“ (vgl. S. 276 Z. 18 v. o.)D. Red.,
aber keine originelle Erfindung des Hrn. Meidinger. Wäre letzteres aber auch der Fall, so würde er
nach Verlauf von 15 Jahren nach seiner Publication wohl kaum den
Anspruch erheben können, daß sein Erfinderrecht noch ferner
respectirt werden sollte. Unsere eigene Batterieconstruction
haben wir durchaus nicht aufgegeben, wie Prof. Meidinger annimmt. Wir verwenden sie
überall da, wo große Constanz erforderlich ist; doch schließt
das nicht aus, auch andere bekannte
Batterieconstructionen zu verwenden, wo sie zulässig sind, oder
deren Anwendung besonders gewünscht wird. Prof. Meidinger sagt, der einzige Vorzug
unserer Construction seines Elementes bestände darin, daß unser
Element weniger Widerstand hätte; dies sei aber für Telegraphie
und die meisten andern Anwendungen ganz unwesentlich. Wenn Prof.
Meidinger sich eingehender mit
Telegraphie beschäftigen wollte, so würde er finden, daß er sich
hier in einem großen Irrthum befindet. Bei der jetzt ziemlich
allgemeinen Benützung gemeinschaftlicher Batterien für mehrere
Linien, sowie auch ohne dies bei submarinen oder unterirdischen
Leitungen und der Verwendung als Localbatterie ist der große und
veränderliche Widerstand der Meidinger'schen Batterie sehr nachtheilig. Es gibt dies Hrn. Meidinger die gesuchte Erklärung, warum
die Verbreitung derselben nicht so groß geworden ist, wie sie es
seiner Meinung nach verdiente. Gerade diesen wesentlichsten
Mangel der Meidinger'schen Batterie wollten wir durch unsere
abweichende Construction vermindern, was uns auch einigermaßen
gelungen ist. Neben dem durchaus fehlerhaften Hineinragen des
Ballonhalses in das innere Gefäß leidet seine Construction an
dem weitern Fehler, daß sein Kupferpol nicht ganz in
concentrirter Kupfervitriollösung steht, sondern in den obern
Theil des Glases, in welchem nur wenig Kupfervitriol gelöst ist,
hineinragt. Dadurch wird die elektromotorische Kraft des
Elementes geringer und variabel. In gleicher Weise wirkt das
nicht isolirte Bleiblech nachtheilig.
Wir wollen Hrn. Prof. Meidinger nicht
weiter in das Detail seiner andern, größtentheils sehr
angreifbaren Einwendungen folgen, da die Sache selbst zu
unbedeutend ist und die Praxis schon ihr Urtheil sprechen
wird.
Berlin, Februar. 1876.
Siemens und Halske.
Erwiederung auf
Vorstehendes.
Ich begreife wirklich nicht, wie die HH. Siemens und Halske meine
Verwahrung auf sich selbst beziehen konnten. Durch ihre
wissenschaftlichen Leistungen steht diese Firma so hoch im
Ansehen der Welt, daß mehr als Muth dazu gehören würde,
derselben den Vorwurf von „Unberufenen“ zu
machen. Diese Bemerkung bezog sich lediglich auf zu
verschiedenen frühern Zeiten in Journalen erfolgte
Veröffentlichungen über „verbesserte Meidinger-Elemente“, deren
Verfasser sich als keine Physiker documentirten und
Verballhornisirungen zu Tage schafften, die mit dem Original nur
noch den Namen gemein hatten. Ich sah mich früher nicht
veranlaßt, darauf zu erwiedern, und wollte jetzt durch die
gelegentliche Bemerkung nur meine Auffassung jener Bemühungen
kund geben. Wer sich gedrungen fühlt, Vorhandenes zu tadeln und
zu verbessern, was gewiß Niemanden verwehrt ist, möge, nur wenn
er seinen Gegenstand völlig beherrscht, um dadurch die
wissenschaftliche Berechtigung zu erhalten, an fremden Namen
anknüpfen, sonst provocirt er die scharfe Kritik. —
„Reclame machen“ kann man sowohl in
geistiger wie in geschäftlicher Hinsicht; daß ich blos ersteres
meinte, dürfte aus dem Zusammenhang doch klar hervorgehen.
Daß die Firma Siemens und Halske meine Elemente fertigt, freute
mich nur und konnte ich für mich persönlich schmeichelhaft
finden, gerade weil dieselbe eine eigene Construction besitzt.
Von einer eigentlichen Verbesserung meiner Anordnung kann
hierbei aber gar nicht die Rede sein, da im Wesen eine
vollständige Uebereinstimmung zumal mit der ursprünglichen
Ausführung meiner Elemente vorhanden ist; die Unterschiede
betreffen lediglich kleine Formänderungen, über welche eine
wissenschaftliche Discussion möglich ist, deren Werth allerdings
die Praxis entscheidet. Ich verbreite mich kurz über den
sachlichen Inhalt der Bemerkungen von Siemens und Halske.
Sie behaupten, ihr Element sei im J. 1859, das meinige im J. 1860
publicirt worden; das letztere ist ein Irrthum. Eine
Patenteingabe in England und Oesterreich stammt aus December
1858; beschrieben wurde mein Element zuerst in Poggendorff's
Annalen, 1859 Bd. 108 S. 602; ferner in Heusinger's Organ für
die Fortschritte des Eisenbahnwesens, 1859 S. 281, während S.
263 desselben Bandes (nach Kerl's Repertorium der technischen
Literatur) die Siemens'sche Batterie beschrieben ist. Somit
konnte ich das Diaphragma, welches Siemens und Halske anbrachten,
nicht wohl fortlassen.
Die Verschiedenheit meines Elementes von dem Varley'schen besteht
durchaus nicht blos in dem Füllcylinder, sondern ganz wesentlich in dem Becherglas mit dem anliegenden negativen
Pol — und bildet diese Anordnung das charakteristische
Zeichen meines Elementes, wodurch sich dasselbe ebensowohl von
dem Varley'schen wie von der alten Anordnung des Daniell'schen
Elementes mit Thonzelle unterscheidet; auch habe ich wohl zuerst
die Bittersalzlösung als geeignetste Flüssigkeit zum erstmaligen
Füllen der Elemente angegeben. Meine Batterie ist eine
modificirte Daniell'sche, als der Urform aller Batterien, welche
sich des Kupfervitriols bedienen, um so mehr als die Ringform
beider Pole erhalten ist, wie auch das besondere Gefäß für den
Kupfervitriol, nur ist das letztere von Glas statt von Thon.
Mein Element unterscheidet sich von dem Varley'schen
in der Form darin, daß das Zink nicht über, sondern neben
Kupferpol und Kupferlösung sich befindet, und in der Wirkung
darin, daß die Diffusion des Kupfervitriols aufwärts zum Zink
bei Varley außerordentlich viel
größer ist. Wie mein Element mit dem Becherglas und dem Füllrohr
aber als eine Vereinfachung des Varley'schen ausgegeben werden
kann, verstehe ich nicht.
Was die Anwendung des Speiseballons statt eines Fülltrichters
oder-Cylinders anlangt, so stammt dieselbe bereits aus dem J.
1863; ich erinnere mich nicht, einen Ballon bei galvanischen
Elementen vordem in Anwendung gesehen zu haben. Ich läugne
allerdings nicht, daß die Ballonform, wie sie bei den kleinen,
bei Bussemer in Heidelberg
hergestellten Elementen in Brauch ist, die zugleich Deckel des
Gefäßes bildet, von anderwärts (Berlin?) angefertigten Elementen
vor drei Jahren adoptirt wurde. Dies ist aber auch der einzige
gute fremde Gedanke an dem Apparat.
Daß der Widerstand meiner Elemente groß ist, habe ich selbst
immer behauptet, daß aber auch der schwerst gehende
Telegraphenapparat durch Anwendung nur weniger Elemente als
Localbatterie getrieben werden kann, ist doch Thatsache; der
elektrische Consum ist darum nicht größer als bei einer Batterie
mit geringem Widerstand. Daß aber der Widerstand so veränderlich
sein solle, daß dies auf den Betrieb der Apparate sehr nachtheilig wirke, ist mir in der
That neu, und bekenne ich offen, daß ich zu wenig praktischer
Telegraphist bin, um solches zu wissen. Uebrigens habe ich trotz
meiner Jahre langen Verbindung mit der Technik nie etwas darüber
verlauten hören. Es wäre mir wirklich interessant, durch
positive Zahlenangaben hierüber näher belehrt zu werden.
— Man wird mir wohl zutrauen, daß ich die Mittel selbst
kenne, den Widerstand meiner Batterie zu vermindern, und die
Bedingungen, unter denen er sich ändert. Ich habe darüber schon
in meiner ältesten Abhandlung das Nähere mitgetheilt. Der
Widerstand ist nach Füllung der Elemente am größten, nimmt mit
der Concentration der Lösung durch das aufgelöste Zink ab bis zu
einer gewissen Grenze, dann aber wieder zu, weil sehr
concentrirte Zinkvitriollösung schlechter leitet. Bei niedern
Temperaturen ist der Widerstand größer als bei höheren. Durch
Ueberziehen der Zinkoberfläche mit dem basischen Salz vermehrt
sich der Widerstand. Dies sind lauter Einflüsse, welchen alle
Batterien mit neutralen Flüssigkeiten unterliegen, die aber erst
nach langer Zeit sich merklich machen. Endlich steht der
Widerstand noch im Verhältniß der Tiefe, bis zu welcher die
Ballonöffnung in das Becherglas herabgeht, da die
Entfernung des activen Theils des negativen Pols von dem Zink
hierüber maßgebend ist. (Die mäßige Verengerung des
Querschnittes des Becherglases durch den Ballonhals hat auf den
Widerstand so gut wie keinen Einfluß.) Diese Entfernung ist nun,
sofern die Kette nur in längern Intervallen geschlossen wird,
wechselnd, da die Kupferlösung langsam nach oben diffundirt und
auch der obere Theil des Pols, wenn er Kupfer enthält, sich
schwach löst, während unten Kupfer aus der concentrirten Lösung
gefällt wird. Blos dieser eine Umstand kann in kurzer Zeit eine
Veränderlichkeit des Widerstandes bedingen — aber doch
immer nur Bruchtheile des ganzen Widerstandes, sofern die
Ausmündung des Ballons nicht gerade bis zum Boden des Gläschens
herabgeht. Die Veränderlichkeit des Widerstandes reducirt sich
auf Null, sobald die Kette dauernd geschlossen bleibt
(Ruhestrom), oder die Apparate gewissermaßen ununterbrochen
arbeiten, — auch dann, wenn bei größerm äußern Widerstand
nicht mehr Kupfer auf den obern Theil des Pols gefällt wird, als
gleichzeitig durch die locale elektrische Thätigkeit gelöst wird
und durch die Diffusion aufsteigt. Es kann also nur bei Linien
mit schwachem Betrieb und mäßigem äußern Leitungswiderstand von
einer überhaupt nur nennenswerthen Schwankung des
Gesammtwiderstandes die Rede sein; daß dieselbe aber einen sehr
nachtheiligen Einfluß auf die Linienapparate ausüben soll, kommt
mir geradezu wunderbar vor; das Ohm'sche Gesetz läßt mich hier
im Stich. Allerdings mag es noch bei sehr starkem Gebrauch einer
mit verschiedenen Leitungen verbundenen Batterie vorkommen, daß
die Zuführung des Kupfervitriols durch das Röhrchen ungenügend
ist, und durch Mangel an diesem die elektromotorische Kraft sich
vermindert; dann muß eben das Röhrchen kürzer und weiter gemacht
werden, und habe ich hierüber das Betreffende bereits in meinem
frühern Artikel gesagt. Da trägt aber blos der Constructeur die
Schuld an dem Fehler und nicht die Anordnung an sich. Es
unterliegt nun aber gar keinem Zweifel, daß die Ausmündung des
Röhrchens in Randhöhe des Becherglases mit einem ganz
erheblichen Localconsum, d. h. Mehraufwand von Kupfervitriol und
Zink verbunden ist, da ein viel stärkeres Ueberdiffundiren des
Kupfervitriols erfolgt, wodurch wiederum die Batterie eine
geringere Dauer besitzt; ich halte deshalb diese Anordnung im
Allgemeinen minder vortheilhaft und ganz besonders in den
Fällen, wo nur gelegentlich eine Stromeswirkung zu erfolgen hat.
Auch die Autorität von Siemens und
Halske wird mich von diesem Ausspruch
nicht abbringen. Vielleicht daß bei der submarinen Telegraphie
wegen der viel Elektricität consumirenden Ladung des Kabels ein
geringerer Widerstand der Batterie erwünscht ist und
dann die Anordnung von Siemens und
Halske wirklich den Vorzug verdient;
dies ist aber gewiß kein Grund, die Elemente überhaupt in der
mehr als hundertfach größern Zahl für andere Zwecke derartig zu
bauen. — In Baden, dessen Eisenbahntelegraph (Morse)
ausschließlich meiner Elemente sich bedient, wie auch früher der
Staatstelegraph für Privatdepeschen lediglich solche verwendete,
bis derselbe an das Reich überging, stellte man besondere
vergleichende Versuche über die zweckmäßigste Höhe der
Ausmündung des Ballons an und entschied sich durchaus dafür, daß
dieselbe mindestens bis zur Mitte des Pols herabgehen solle. Von
einer Einwirkung der so geringen Stromschwankung auf den Gang
der Apparate verspürte man nichts, wie mir bei Nachfrage jetzt
wiederholt versichert wurde, weder bei Relais noch bei
Schriftapparat.
Wenn behauptet wird, durch das Hervorragen des negativen Pols aus
der concentrirten Kupferlösung heraus werde die
elektromotorische Kraft geringer und variabel, so wird hier wohl
elektromotorische Kraft mit Leitungswiderstand verwechselt;
gerade darüber habe ich mich oben ausgesprochen. Die
elektromotorische Kraft vermindert sich blos dann, wenn nicht
genügend Kupfervitriol an den Pol gelangt; die Größe der davon
berührten Fläche kommt gar nicht in Betracht — diese
wirkt nur auf den Leitungswiderstand. Was das Blei, welches von
der Flüssigkeit gar nicht angegriffen wird, auf die
elektromotorische Kraft überhaupt für einen Einfluß ausüben
soll, ist nicht einzusehen.
Zum Schlusse bemerke ich, daß ich durchaus keine Einwendungen
gegen die von Siemens und Halske vorgezogene Anordnung meiner
Batterie erhoben habe, noch habe erheben wollen; ich habe blos
die Motive für meine eigene Construction dargelegt, und
überlasse es durchaus jedem Fabrikanten, ob er die Sache ebenso
machen will oder nicht. Die Theorie der Batterie ist im J. 1859
vollständig entwickelt und kein weiterer Beitrag zu derselben
geliefert worden. Wenn Siemens und
Halske meinen, der Batterie die
Originalität absprechen zu sollen, so habe ich nichts dagegen;
absolut Neues wird wohl nichts in der Welt erfunden, es baut
sich Alles auf das Bestehende auf — wenigstens auf
Mechanisch-physikalischem Gebiet. Ein Erfinderrecht habe ich in
Deutschland nie auf die Batterie geltend gemacht; ich habe mich
nur darüber gefreut, daß der Apparat als ein nützlicher immer
mehr an Verbreitung gewann und an den verschiedensten Orten
gefertigt wurde. Nur dem trete ich mit Entschiedenheit entgegen,
daß man meinen Namen, da doch einmal derselbe mit einem
bestimmten Typ verbunden ist, auf Dinge anwendet, die
dasjenige nicht mehr sind, was sie zu sein vorgeben, und dadurch
der Sache selbst schaden.
Carlsruhe, Anfangs März 1876.
Meidinger.
Schlußbemerkungen zu
der Erwiederung des Hrn. Prof. Meidinger.
Hr. Professor Meidinger hat darin
Recht, daß sein Element bereits im Decemberheft von
Poggendorff's Annalen des J. 1859 vom Herausgeber der Annalen
gleichzeitig mit dem unsrigen beschrieben wurde. Unsere
Behauptung, daß das unsrige früher publicirt wurde, wird dadurch
nicht widerlegt. Uebrigens waren die Kabelleitungen, die im
Mittel- und rothen Meere in den J. 1857 bis 1859 unter unserer
Mitwirkung ausgeführt wurden, bereits mit unsern constanten
Elementen ausgerüstet.
Auch darin hat Prof. Meidinger recht,
daß sein Element keine Vereinfachung des Varley'schen ist
— wie durch einen Schreib- oder Druckfehler in unsern
Bemerkungen gesagt ist. Gemeint war, es sei eine Vereinfachung
des unsrigen — womit aber
nicht behauptet werden sollte, daß dasselbe Hrn. Prof. Meidinger bekannt war und ihm als Vorbild
diente.
Wenn Prof. Meidinger nach dem
Ohm'schen Gesetze die Rechnung für die Stromstärke für mehrere
Parallellinien, von denen nur eine oder alle gleichzeitig
geschlossen sind, durchführt, so wird er finden, daß die
Stromschwankungen wirklich sehr
bedeutend sind. In noch weit höherm Grade tritt dies ein,
wenn die Leitungen schlecht isolirt sind, ihr Widerstand also
sehr gering ist. Schon bei 4 gut isolirten Leitungen von ca. 30
Meilen Länge betragen die Stromschwankungen bei 60
Meidinger-Elementen mit durchschnittlich 3 Hg-Einheiten Widerstand pro Element etwa
25 Proc.
Es ist ferner ein Irrthum des Hrn. Prof. Meidinger, daß wir das Fütterungsröhrchen bei seinem
Element nur bis zur Randhöhe des Becherglases hinabreichen
lassen wollten, wie die ganz richtige Zeichnung unserer
Construction beweist. Wir finden es aber richtiger, daß
Kupferblech niedriger zu machen, damit es ganz in concentrirter
Lösung steht. Wenn Hr. Meidinger
bedenkt, daß der im Kupfervitriol steckende Theil des
Kupferbleches mit dem obern, im Zinkvitriol befindlichen, ein
geschlossenes Element bildet, dessen Strom unten Kupfer
reducirt, oben Kupfer auflöst, so wird er unserer Ansicht, daß
in diesem Falle die elektromotorische Kraft des Elementes
geringer und variabel wird, gewiß beipflichten. Wäre der im
Zinkvitriol steckende Theil des Kupferbleches sehr groß
gegenüber dem im Kupfervitriol befindlichen, so würde nach außen
nur noch die elekromotorische Kraft von Kupfer in
Zinkvitriol-Lösung oder Bitterwasser wirksam bleiben. —
Dasselbe gilt von den nicht isolirten Bleiblechleitungen.
Wenn wir demgemäß die uns vorgeworfene Verwechselung von
elektromotorischer Kraft und Widerstand auch ablehnen müssen, so
sind wir doch gerne bereit anzuerkennen, daß unsere
Verbesserungen des Meidinger'schen Elementes nicht sehr
wesentlich sind, und wollen auch das Verdienst des Hrn. Prof.
Meidinger um die Construction eines
sehr einfachen, hinlänglich constanten und für sehr viele
Verwendungen sehr nützlichen Elementes gern und vollständig
anerkennen. Nur die directen Angriffe des Hrn. Meidinger haben uns zu Gegenbemerkungen
veranlaßt.
Siemens und Halske.
Schlußerwiederung
auf Vorstehendes.
Die Ansicht der HH. Siemens und Halske, die elektromotorische Kraft sei
bei bei meinen Elementen, wenn der negative Pol nicht
vollständig in Kupfervitriol eintaucht, und wenn der
Bleiableiter nicht isolirt sei, Schwankungen unterworfen, steht
mit meinen Angaben in Widerspruch. Durch das Experiment muß sich
die Frage wohl entscheiden lassen.
1. Wenn man den innern Widerstand der Batterie eliminirt durch
Einschalten eines bedeutenden äußern Widerstandes, so findet man
auf die Dauer die gleiche Ablenkung der Nadel, die Kupferlösung
stehe nun hoch oder niedrig im Gläschen, der Pol bestehe aus
Kupfer oder Blei, der Ableiter sei isolirt oder nicht. Daraus
ist zu folgern, daß bei geöffneter Kette und bei schwachem Strom
die jeweilige besondere Anordnung des negativen Pols ohne
Einfluß auf die elektromotorische Kraft ist. Diese Erfahrung
bestimmte mich, seinerzeit einen Bleipol mit nicht isolirtem
Ableiter anzuwenden, während in den ersten Jahren der
ursprünglich kupferne Ableiter sorgfältig durch Guttapercha
isolirt worden war.
2. Wenn man bei dem gleichen Versuche die beiden Pole zuvor eine
Zeit lang direct verbindet, so ist
das Resultat jedoch abweichend. Sofern Kupfer oder Blei zur
Hälfte in Kupfervitriollösung stehen und der Ableiter ist
isolirt, so beobachtet man zwar sofort die gleiche
Nadelablenkung wie zuvor, aber nicht dann, wenn der Bleiableiter
ungeschützt durch die Flüssigkeit geht. Die Nadel gibt nunmehr
einen geringern Ausschlag, und zwar ist die Stromstärke etwa
⅓ kleiner wie zuvor, somit auch die elektromotorische
Kraft. Nach kurzer Zeit übrigens beobachtet man ein Wachsen des
Nadelausschlages, und bald hat derselbe die gleiche Größe und
für die Dauer erlangt, wie in den frühern Fällen. Die
Stromstärke hat keine Verminderung erfahren, wenn die directe
Verbindung der Pole nur wenige Augenblicke dauerte, die
beobachtete Verminderung hält um so länger an, je länger die
directe Polverbindung dauerte. — Eine jedoch etwas
schwächere und überhaupt nur ganz kurz andauernde Abnahme der
Stromstärke beobachtet man auch, wenn der Pol (immer einen
nichtisolirten Bleiableiter vorausgesetzt) völlig in die
Kupferlösung bis oben eintaucht.
3. Taucht ein Kupfer- oder Bleipol mit isolirtem Ableiter zur
Hälfte in die Kupferlösung ein, und verbindet man die beiden
Pole direct mit dem Galvanometer (von sehr kleinem Widerstand),
so findet man, daß der anfängliche Strom sich um etwa 1/10
vermindert und dann constant wird. Füllt die Kupferlösung das
Gläschen ganz an, so ist der Strom um etwa die Hälfte größer und
bleibt auf seiner anfänglichen Stärke unverändert. Ist der
Ableiter jedoch nicht isolirt, so findet man in beiden Fällen
einen anfangs stärkern Strom, und zwar ist er bei halbem
Eintauchen des Pols in die Kupferlösung mehr als die Hälfte
stärker, bei ganzem Eintauchen um etwa ⅛. Nach einiger
Zeit nimmt die Nadel die gleiche Stellung ein wie bei isolirtem
Leiter, um übrigens nach geöffneter Kette wieder in die Höhe zu
gehen.
Aus diesen Versuchen geht hervor, daß der nicht isolirte
Bleiableiter von besonderm Einfluß auf die Stromschwankungen
ist. Durch folgende weitere Versuche dürfte sich die Art der
Wirkung erklären lassen.
4. Zink, in reiner Zinkvitriollösung mit einem blanken
Kupferblechverbunden, gibt eine starke Ablenkung der Nadel, die
sich aber rasch auf nahe Null vermindert, ohne daß sofort ein
Zinkbeschlag auf dem Kupfer wahrzunehmen wäre; nach mehreren
Stunden findet man jedoch einen weißlichen Anflug. Das
Kupferblech ist stark positiv gegen reines Kupfer geworden und
erzeugt mit diesem einen kurz dauernden Strom. Ebenso verhält
sich Blei.
5. Berührt man in der Batterie bei geschlossener Kette und
Einschaltung eines großen Widerstandes den negativen Pol mit
einem Zinkstab, so geht die Nadel zurück, und zwar nimmt die
Stromstärke, somit die elektromotorische Kraft um etwa ⅓
ab. Ebenso wirkt, aber in geringerm Grade, Berührung mit Zinn
und mit Eisen. Reines Blei gibt nur eine kleine Zuckung der
Nadel, welche sich aber sofort auf ihre alte Lage wieder
einstellt. Kupfer bewirkt gar nichts.
6. Es sei die Batterie in gewöhnlicher Weise zusammengesetzt mit
isolirtem Ableiter; statt des in dem Becherglas stehenden
negativen Pols sei jedoch ein außerhalb in der reinen
Zinkvitriollösung stehender Blei- oder Kupferstreifen als
negativer Pol mit dem Zinkring in Verbindung; man läßt eine Zeit
lang wirken, bis die Nadel auf Null gefallen. Dann schaltet man
einen sehr großen Widerstand ein und verbindet außer dem
Streifen (welcher sich zuvor mit einem Hauch Zink überzogen
hatte) auch noch den in dem Becherglas stehenden Pol mit der
Kette. Der beobachtete Ausschlag der Nadel vergrößert sich nach
kurzer Zeit und wird so groß, als habe eine Berührung mit jenem
Streifen nicht stattgefunden; letzterer ist jetzt nicht mehr
positiv gegen einen frischen Streifen.
Aus diesen Versuchen läßt sich schließen, daß die Schwankungen
der Stromstärke von einem Ueberziehen des nicht isolirten
Ableiters mit Zink herrühren, wodurch sich die elektromotorische
Kraft vermindert. Es ist eben der ganze Pol activ gegen den
Zinkring; oben wird auf denselben Zink ausgeschieden, unten
jedoch Kupfer. Nun wirkt aber der obere Theil des Pols selbst
wieder durch die Flüssigkeit gegen den untern als Kette, dadurch
muß sich das oben niedergeschlagene Zink wieder auflösen. Wenn
der Strom sehr schwach ist, also oben nur wenig Zink zu fällen
gesucht wird, so bleibt es nur bei der Tendenz dazu; zu einem
wirklichen Niederschlag und dadurch Verminderung der
elektromotorischen Kraft kommt es nicht. Daß nur der nicht
isolirte Bleiableiter derartig wirkt, nicht aber die obere in
der Zinkvitriollösung stehende Hälfte des Pols, erklärt sich
daraus, daß diese dem Zink entfernter und dem untern Theil des
Pols näher steht; es wird also überhaupt weniger Zink
ausgeschieden und dieses rascher gelöst, so daß es auch bei
unmittelbarer Verbindung der Pole nur bei der Tendenz bleibt,
Zink zu fällen. Man wird annehmen können, daß es so lange zu
keinem Zinkniederschlag auf irgend einem Punkt des obern, aus
der Kupfervitriollösung herausragenden Theils des Pols kommt,
als der Widerstand der Flüssigkeit zwischen diesem Punkt und dem
Zinkring plus dem äußern Widerstand der Kette größer ist, als
der Widerstand der Flüssigkeit zwischen dem gleichen Punkt und
dem untern, in der Kupfervitriollösung stehenden Theil des Pols
allein. Taucht der negative Pol nur mit seinem untern Rande am
Boden des Becherglases in die Kupferlösung, so kann deshalb auch
noch der obere, im Becherglas selbst befindliche Theil des Pols
sich mit Zink bedecken. Daß das Blei unisolirt die
elektromotorische Kraft der offenen Kette nicht vermindert,
rührt höchst wahrscheinlich daher, daß sich durch die Wirkung
des untern Poltheils SO4 an demselben ablagert, welches, da
schwefelsaures Bleioxyd unlöslich ist, als solches an dem Pol
haftet, und zwar in solcher Menge sich anhäufend, bis die
Oberfläche ebenso negativ ist wie der untere, mit Kupfer
bedeckte Theil des Pols.
Die starke Abnahme der Stromstärke bei directer Polverbindung
wird man theils auf Rechnung des Leitungswiderstandes, theils
der elektromotorischen Kraft zu setzen haben. Durch Ueberziehen
des nicht isolirten Ableiters mit Zink vermindert sich die
elektromotorische Kraft und vermehrt sich der
Leitungswiderstand, da dann der Strom sich nur mehr nach dem
eigentlichen Pol bewegt. Es ist aber bemerkenswerth, daß der
Minimalstrom darum doch ebenso stark ist wie bei isolirtem
Ableiter; es wird also wahrscheinlich noch ein Theil des aus dem
Gläschen herausragenden Ableiters activ bleiben. Man wird somit
die elektromotorische Kraft wie den Widerstand etwas kleiner
annehmen müssen, wie bei isolirtem Ableiter. Auf den Effect nach
außen ist es aber, abgesehen von der Stromschwankung bei kleinem
äußern Widerstand, bei einem einzigen Stromkreis gleichgiltig,
ob der Ableiter isolirt sei oder nicht.
Bei mehrfachem Stromkreis ist das Verhalten jedoch ein anderes,
und erklären sich mir hieraus die von HH. Siemens und Halske
mitgetheilten Beobachtungen. Wenn nämlich der gesammte äußere
Widerstand klein wird, sei es nun, daß eine Reihe von
Parallelleitern die Kette schließt, oder wie bei schlechter
Isolirung viel Elektricität durch Nebenleitung abfließt, dann
kann eine theilweise Polarisation des nicht isolirten
Bleiableiters durch Zink eintreten und nicht blos die
elektromotorische Kraft um bis ein Drittel der ursprünglichen
Größe vermindern, sondern auch den Strom in langer Leitung.
In solchen Fällen wird es wirklich zweckmäßig sein, den Ableiter
isolirt zu haben. Dies kann nun einfach dadurch geschehen, daß
man das Blei erwärmt und mit gelbem Wachs bestreicht, oder durch
Firnissen oder durch Ueberziehen mit Guttaperchapapier. Eine
etwas mangelhafte Isolirung bringt keinen großen Schaden, da an
einer kleinen entblösten Stelle das Zink sich nicht abscheidet
oder zu wenig, um schädlich zu wirken. Jedenfalls wirkt der
obere, aus der Kupfervitriollösung herausragende Theil des Pols
nicht im geringsten nachtheilig auf die Stromstärke ein. Man
wird also, was die Anordnung anlangt, zu wählen haben zwischen
der halben Füllung oder der ganzen Füllung des Gläschens mit
Kupfervitriol: im erstern Falle geringerer Consum an Material
und längere Dauer der zusammengesetzten Batterie, im letztern
Falle ein um ein Drittel geringerer Leitungswiderstand.
Carlsruhe, Ende
März 1876.
Meidinger.