Titel: | Praktisch-theoretische Studie über grünes, blaues und violettes Ultramarin; von Eugen Dollfus und Dr. Friedr. Goppelsröder in Mülhausen. |
Fundstelle: | Band 220, Jahrgang 1876, Nr. , S. 337 |
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Praktisch-theoretische Studie
über grünes, blaues und violettes Ultramarin; von Eugen
Dollfus und Dr. Friedr. Goppelsröder in
Mülhausen.Im Auszug aus
dem Bulletin de la Société industrielle de Mulhouse, 1875 S.
193.
Dollfus und Goppelsröder, über
Ultramarin.
Der Ausschuß für Chemie der Société
industrielle hat Einen von uns beauftragt, praktische
Versuche anzustellen mit dem Ultramarinviolett, diesem kürzlich
in den Handel und in die Druckereien eingeführten Farbstoff. Der
Andere wurde veranlaßt, die Analyse des Farbstoffes vorzunehmen,
aber, indem er an die Erfüllung dieser Aufgabe ging, hat er das
Bedürfniß gefühlt, seine Arbeit auszudehnen und vergleichsweise
die drei Ultramarinfarben oder-Typen zu prüfen, die man bis
jetzt kennt: Grün, Blau und Violett.
Die Geschichte des Ultramarins ist zu bekannt, um uns lange dabei
aufzuhalten. Dennoch glauben wir, daß die Anführung einiger der
wichtigsten Thatsachen bei dieser Gelegenheit nicht ohne
Interesse sein dürften. Wohl hat man synthetische und
analytische Untersuchungen angestellt seit jenem Moment (etwa
1814), wo zwei Beobachter, Tassaert
und Kuhlmann, der Eine in Sodaöfen,
der Andere in Sulfatcalcinationsöfen, die Bildung einer blauen
Substanz beobachtet haben. Auch hat man wohl Fortschritte
gemacht in den analytischen Methoden seit den Analysen von Vauquelin, welcher die künstlichen
Producte als identisch erklärt hat mit jenem natürlichen
Ultramarin, das unter dem Namen Lazulit bekannt war, und dessen
wundervoll blaues Pulver seit Jahrhunderten in der Malerei
verwendet wurde. Es wäre rathsam, den Lazulit einer neuen
analytischen Untersuchung zu unterwerfen. Einer von uns wird
diese mit dem größten Vergnügen ausführen, sobald er im Besitz
der nöthigen Menge dieses seltenen Minerals sein wird, wovon
dessen Felsart, der Lapis Lazuli oder blaue Zeolith, nur
höchstens den dritten Theil seiner Masse enthält.
Diejenigen, welche sich mit der in Frage stehenden blauen
mineralischen Farbe beschäftigt haben, sprechen von einigen
Unterschieden zwischen ihr und dem künstlichen Ultramarinblau,
die ausgedrückt wären in ihrem Verhalten gegen einzelne
Reagentien. Hat man in der Fabrikation des Ultramarins die
chemischen Umwandlungen der Natur nachgeahmt? Hat man auf
künstlichem Weg einen Körper gefunden, welcher in der Natur
durch einen jener physikalisch-chemischen Processe erzeugt
wurde, durch welche uns die Geologen die Bildung der Mineralien
erklären? Oder ist die chemische Constitution des künstlichen
Ultramarins verschieden von derjenigen des Lazulits? Mit voller
Anerkennung der frühern Arbeiten müssen wir doch den
Fortschritten der Wissenschaft Rechnung tragen und neben den
neuen Hilfsquellen, die sie uns darbietet, einige alte Arbeiten
von neuem vornehmen.
Es ist nun bald ein halbes Jahrhundert, seitdem die von der Société d'Encouragement in Paris
aufgestellte Frage von GuimetNach
andern Angaben ging der Gedanke der künstlichen
Ultramarindarstellung von Gmelin aus,
welcher sein Vorhaben im Frühjahr 1827 Gay-Lussac mittheilte. Dieser berichtete erst 10 Monate
später, am 4. Februar 1828, der Pariser Akademie, daß es Guimet gelungen sei, Ultramarin künstlich
darzustellen. (Wagner's Jahresbericht, 1862 S. 286.)D. Red.
gelöst wurde, welcher zuerst Ultramarin fabricirte, dessen
Verfahren jedoch geheim geblieben war. Ihm folgte kurze Zeit
darauf Gmelin, welcher seine Arbeiten
veröffentlichte. Seit dem J. 1827 hat die Fabrikation große
Fortschritte gemacht, und die Wiener Weltausstellung 1873 hat
dafür die sprechendsten Beweise geliefert.
Noch sind wir aber weit zurück in unserer Kenntniß der chemischen
Constitution der Ultramarinfarben, trotz der kürzlich gemachten
schönen Arbeiten, unter denen wir in erster Linie erwähnen
möchten diejenige von B. Unger (1872
206 371) 1874 212 224. 301) und von Dr. Reinhold Hoffmann (1876 220 53). Mit vollem Recht können
wir heute wiederholen, was schon seiner Zeit Scheurer-Kestner gesagt hat, daß man noch
weit davon entfernt ist, über die eigentliche chemische
Constitution des Ultramarins im Klaren zu sein.
Wir wissen, daß die wesentlichen, die Ultramarine
zusammensetzenden Elemente Silicium, Aluminium, Natrium,
Schwefel und Sauerstoff sind. Eisen und Calcium kommen nur
zufällig darin vor; schon Brunner
(1846 100 266) hat das Blau ohne diese
beiden Elemente dargestellt. Dasselbe gilt für das Kalium und
Magnesium, die oft ganz fehlen oder nur in so geringen Mengen
vorhanden sind, daß man ihnen kaum eine Bedeutung für die
Constitution der Ultramarine beimessen kann. Die nachfolgenden
Tabellen werden in dieser Hinsicht Nachweise liefern. Wenn man
die drei Ultramarine so, wie sie sind, mit dem Spectralapparat
prüft, erkennt man nur die Natriumlinie. Auch dann bemerkt man
die Linien des Kaliums und anderer Metalle nicht, wenn man die
Ultramarine durch verdünnte Salzsäure zersetzt, filtrirt und das
Filtrat zur Trockne verdampft. Um das Kalium, das ungefähr zu
0,4 Proc. im analysirten Ultramaringrün vorhanden ist,
spectralanalytisch nachzuweisen, müßte man durch genaue Analyse
die verschiedenen Gruppen von Metallen trennen, um endlich eine
Mischung der Alkalichloride in reinem und concentrirtem Zustande
zu erhalten. Wir werden auch auf die nicht oder unvollständig
zersetzten Theile des in der Fabrikation angewendeten Kaolins
und auf das in den Analysen gefundene Wasser zu sprechen
kommen.
B. Unger hat Stickstoff gefunden, aber
weder Rammelsberg, noch Morgan, noch wir konnten dessen Gegenwart
constatiren und zwar weder nach der von Unger angewendeten Methode, noch nach andern zum Nachweis
von Ammoniak oder Stickstoff geeigneten Verfahren. Wir können
also aus unsern Versuchen schließen, daß der Stickstoff an der
Zusammensetzung keines der drei Ultramarine Antheil nimmt, weder
an der des Blaus, noch des Grüns, noch des Violetts.
Unter den verschiedenen Ansichten über die chemische Constitution
des blauen Farbstoffes erwähnen wir die folgenden. Brunner (1840 100 266)
betrachtete das Ultramarin als eine Verbindung der kieselsauren
Thonerde, vom Kaolin, mit schwefelsaurem Natron und
Einfach-Schwefelnatrium.
Nach BreunlinS. 56 dieses Bandes ist das Citat
folgendermaßen richtig zu stellen: 1856 140 214.D. Red.
enthält das blaue Ultramarin ein Doppelsilicat von Aluminium und
Natrium in Verbindung mit Fünffach-Schwefelnatrium; das Grün
hätte eine ähnliche Zusammensetzung, es wäre eine Verbindung
desselben Doppelsilicates mit Zweifach-Schwefelnatrium.
Nach Ritter enthält das Ultramarin ein
Doppelsilicat, das nicht nur mit Polysulfür, sondern auch mit
dem Hyposulfit des Natriums verbunden ist. Schützenberger scheint neben dem Doppelsilicat die
Anwesenheit von Natriumsulfit und von Einfach-Schwefelnatrium
anzunehmen.
Büchner (1875 215 164) suchte
die Frage zu lösen, ob man ohne Kieselsäure Ultramarin erhalten
könne. Er calcinirte eine Mischung von Natriumaluminat, Schwefel
und Kohle, wie auch eine Mischung, die außerdem noch Kieselsäure
enthielt. Nach der Calcination war die Mischung von Al2 O6 Na6 +
6S + 3C
hellblau, weil das Aluminat Kieselsäure enthielt. Die Mischung
von Al2 O6 Na6 + 6S + 3C + 2SiO2 war dunkelblau. Aus der ersten
Mischung bildete sich eine Art Natronfeldspath, aus der zweiten
ebenfalls ein Doppelsilicat. Indem man ein Gemenge von Thon und
Natron in Schwefelwasserstoffgas oder in den Dämpfen von
Schwefelkohlenstoff erhitzte, wurde die Masse grün, dann in
einem Luftstrom blau. Natrolith, das dem Ultramarin am nächsten
stehende, natürlich vorkommende Doppelsilicat, in
Schwefelkohlenstoffdämpfen erhitzt, wurde grün; die grüne Masse
färbte sich blau durch Erhitzen in einem Strom schwefliger
Säure.
Schon Ritter hat nachgewiesen, daß die
Gase, welche durch Säuren aus dem Ultramarinblau entwickelt
werden, schweflige Säure enthalten. Er versuchte, den
Schwefelwasserstoff von der schwefligen Säure zu trennen, indem
er den erstern durch eine Lösung von Brechweinstein oder von
arseniger Säure in Salzsäure zurückhielt. Aber unsere Versuche,
den Schwefelwasserstoff durch verschiedene Körper, welche sich
mit ihm umsetzen, zurückzuhalten, haben uns, wenn zur gleichen
Zeit schweflige Säure aus der Mischung der Ultramarine mit einer
Säure frei wurde, keine übereinstimmenden Resultate gegeben.
Wir haben z. B. durch Zersetzung des blauen Ultramarins DM mit Salzsäure bei Gegenwart von
Brechweinstein folgende Ergebnisse erhalten:
5g,782 Ultramarin, in Gegenwart von
16g,147 Brechweinstein, mittels
schwach verdünnter Salzsäure zersetzt, haben 0,8405 Proc.
schweflige Säure gegeben.
5g,194 Ultramarin, durch eine Lösung
von Weinsäure zersetzt bei Gegenwart von, 15g,212 Brechweinstein, gaben 0,7938 Proc.
schweflige Säure.
5g,665, auf dieselbe Art behandelt in
Gegenwart von 14g,982
Brechweinstein, haben 0,818 Proc. SO2 gegeben.
Es ist unmöglich, durch diese Methode die Mengen von schwefliger
Säure und von Schwefelwasserstoff zu bestimmen, welche, wenn
auch nicht in den Ultramarinen enthalten, so doch wenigstens
durch Säuren daraus entwickelt werden; ebensowenig wie die
unterschweflige Säure, die neben der schwefligen Säure frei
wird. Nichtsdestoweniger sind die Beobachtungen Ritter's in qualitativer Hinsicht von
Werth, ebenso wie die Versuche von Schützenberger, welcher in warmem Wasser zuvor gewaschenes
Ultramarin mit verdünnter Salzsäure zersetzte, indem er es in
einer Atmosphäre von Kohlensäure erhitzte. Er leitete das Gas
durch eine mit Baumwolle gefüllte Röhre in eine Wasser
enthaltende Waschflasche. Nach einiger Zeit bildete sich eine
Trübung und ein Absatz von Schwefel, gebildet durch die
Wechselzersetzung zwischen schwefliger Säure und
Schwefelwasserstoff. Bei der Wiederholung dieses Versuches haben
wir dieselben Resultate bei jedem der drei Ultramarine
erhalten.
W. Stein (1871 200 299) schließt
aus seinen Arbeiten, daß das Ultramarinblau schweflige, aber
keine unterschweflige Säure enthalte, daß aber weder Sulfite,
noch Hyposulfite für seine Zusammensetzung nothwendig sind. Er
glaubt, daß das Ultramarin seine Farbe dem schwarzen
Schwefelaluminium verdanke, das sich bei hoher Temperatur durch
die Einwirkung von Schwefelnatrium auf Thonerde bildet. Stein hält dafür, daß das Ultramarin
keine chemische Verbindung, sondern eine blose Mischung sei, und
daß die blaue Färbung aus den optischen Eigenschaften der
zusammensetzenden Bestandtheile hervorgehe. Das Ultramarin an
und für sich wäre eine weiße Masse, welche, mit dem schwarzen
Schwefelaluminium gemischt, den blauen Effect hervorbringe. Das
Schwefelaluminium ist sozusagen nicht bekannt, und wenn es im
Ultramarin enthalten wäre, so müßte sich letzteres ganz anders
gegen Chlor verhalten, als dies der Fall ist.
Nach Gentele (1856 142 315) 1861 160 453) bildet sich durch
Einwirkung eines Chlorstromes auf Ultramarin bei höherer
Temperatur kein Chloraluminium. Unter diesen
Umständen konnten wir nur einen sehr kleinen Theil des
Aluminiums in Chlorid verwandeln. Kann man hieraus schließen,
daß das Aluminium als einfaches Silicat oder als
Doppelverbindung von Aluminiumsilicat, mit Natriumsilicat, im
einen oder andern Fall an Schwefelverbindungen gebunden,
vorhanden sei? Oder daß der Sauerstoff partiell durch Schwefel
ersetzt ist? Im Gegensatz mit den Angaben Guignet's haben wir keinen freien Schwefel ausziehen
können, wenn wir die drei Muster-Ultramarine mit
Schwefelkohlenstoff digerirten.
Dr. Reinhold Hoffmann (vgl. 1876 220 53) sagt, daß, wenn das
Aluminiumsilicat (oder seine integrirenden Bestandtheile),
welches in den Rohmaterialien enthalten, bis zu dem Punkt
erhitzt wird, wo die Masse zu erweichen anfängt, es gerade eine
genügende Menge von den in atomistischen Verhältnissen
geschmolzenen Schwefelverbindungen des Natriums bindet, um damit
das chemische Individuum des Ultramarins zu bilden. Der
Ueberschuß des Natriumpolysulfürs wird vom gebildeten Ultramarin
absorbirt und mechanisch zurückgehalten. Wenn man bei diesem
Punkte der Fabrikation jeden Einfluß der Luft vermeidet, so
erhält man nach dem Erkalten in der an Kieselsäure armen Masse
das weiße Ultramarin (welches schon 1860 von Ritter beobachtet worden ist), in der an
Kieselsäure reichen Masse dagegen ein Product von grünblauer
Farbe; die beiden Producte sind mit einem Ueberschuß von
Natriumpolysulfür gemengt, das man durch Wasser entfernen
könnte. Aber bei der gewöhnlichen Fabrikationsmethode findet
während dem lange Zeit dauernden Erkalten eine langsame
Oxydation der Masse statt; diejenige, welche arm an Kieselsäure
ist, geht ins Grüne über, diejenige, welche reich daran ist,
mehr oder weniger vollständig ins Blaue. Zur gleichen Zeit wird
das überschüssige Polysulfür in Sulfat verwandelt. Das Grün,
welches sich zwischen dem Weiß und Blau bildet, variirt zwischen
Hellgelbgrün und grünlichem Dunkelblau. Das reinste Grün
erscheint als Zwischenstufe zwischen dem weißen und blauen
Ultramarin, aber ohne daß hierbei eine scharfe Grenze bestände.
Nach den Versuchen von R. Hoffmann
gehen bei der Umänderung des Grüns in Blau nur kleine
Quantitäten Schwefel und Natrium verloren; ebenso hat eine
Zugabe von Schwefel keinen Einfluß. Mit einem Wort, die
Zusammensetzung des Grüns ändert sich nur wenig, indem es in
Blau übergeht.
Hoffmann unterscheidet ein an
Kieselsäure armes Ultramarinblau, auch reines Blau genannt,
zersetzbar durch Alaun, und ein an Kieselsäure reiches
Ultramarinblau, sogen. röthliches Blau, das von Alaun nicht
angegriffen wird. Für diese beiden Classen von Ultramarinblau
ist
die Zusammensetzung constant; das Verhältniß zwischen
Aluminiumoxyd und Kieselsäure ist bei den reinen Blau 1 : 1,28,
bei den röthlichen Mustern 1 : 1,7. Wir haben in einem
untersuchten grünen Muster das Verhältniß 1 : 1,16, in einem
blauen das von 1 : 1,57, in einem violetten das von 1 : 1,83
gefunden. — Nach Hoffmann ist
die Schwefelmenge der röthlich blauen Typen um ein wenig mehr
als die Hälfte höher wie diejenige der rein blauen. In den drei
Ultramarinfarben haben wir, nach Abzug von Eisen, Magnesium,
Calcium, Gyps, Wasser und Kaolin, gefunden: im grünen 7,7, im
blauen (DM) 13,4, im violetten (VR 24) 12,4 Proc. Schwefel, in den
verschiedenen Arten von Verbindungen enthalten. Die Quantität
Schwefel, welche als Schwefelsäure vorhanden ist und mit c bezeichnet wird, variirt nach Hoffmann sehr, aber nicht nach einem
bestimmten Gesetz.
Gehen wir jetzt über zur summarischen Beschreibung der
quantitativen Analysen der drei Ultramarine: Grün, Blau,
Violett.
Die quantitativen Analysen sind von einem von uns in Gemeinschaft
mit dem Assistenten an der chemischen Schule, Hrn. Trechsel, ausgeführt worden. Wir sind mit
wenig Ausnahmen der Methode von R. HoffmannWagner's Jahresbericht, 1873 S. 375. gefolgt. Es
handelte sich um die Bestimmung des Wassers, der Unreinigkeiten
wie des Restes des Kaolins und des schwefelsauren Kalkes,
welcher dem Violett zugefügt wird, der Kieselsäure, des
Aluminiumoxydes, des Eisenoxydes, des Natriumoxydes, des
Kaliumoxydes, des Magnesiumoxydes, des Calciumoxydes, der
Schwefelsäure und der Schwefelproducte, welche sich durch die
Zersetzung der Ultramarine durch eine Säure bilden, nämlich:
schweflige Säure, unterschweflige Säure, Schwefelwasserstoff,
entsprechend dem Einfach-Schwefelnatrium und dem freien
Schwefel, welcher mit dem Einfach-Schwefelnatrium Polysulfür
geben kann. Zwar bleibt die Frage unentschieden, ob die
verschiedenen Verbindungen, in welchen der Schwefel im Momente
der Zersetzung der Ultramarine durch eine Säure auftritt, sich
auch in der Wirklichkeit darin befinden. Trotzdem haben wir nach
vielen Versuchen und reiflichem Nachdenken die angegebene
Methode gewählt, welche bis jetzt für die Analyse der
Ultramarine und namentlich für die Schwefelbestimmung am meisten
anzuempfehlen ist.
Durch die Zersetzung der Ultramarine durch Säuren kann
Schwefelwasserstoff entstehen, dessen Schwefel mit a, freier Schwefel, welcher mit b, unterschweflige Säure, deren Schwefel
mit d, schweflige Säure, deren
Schwefel mit e bezeichnet wird, und
endlich unter c Schwefel der im
Ultramarin enthaltenen Schwefelsäure. Alle diese Körper können
sich bei der Zersetzung des Ultramarins zur gleichen Zeit
bilden. Hoffmann hat zur Bestimmung
ihrer Mengen das Jod vorgeschlagen.
Wir treten jedoch nicht in die Details der Hoffmann'schen Methode
ein, sondern beschränken uns darauf einige nöthige Erklärungen
zu geben. Behufs Oxydation des Schwefels hat Hoffmann immer chlorsaures Kali, gemengt
mit kohlensaurem Kali und kohlensaurem Natron, angewendet, indem
er zu gleicher Zeit kaustisches Natron einwirken ließ. Wir
wendeten BromVgl. Note 6 S. 545 des vorhergehenden Bandes. mit
verdünnter Salzsäure, womit die vollständige Zersetzung des
Ultramarins sehr gut gelingt, für die Bestimmung der Kieselsäure
und der Thonerde an, anstatt die für die Aufschließung von
Silicaten gewöhnlich gebrauchte Mischung von Natrium- und
Kaliumcarbonat. Die Thonerde etc. haben wir bestimmt, wie sie
gewöhnlich in den Silicaten bestimmt werden, und haben genaue
Resultate erhalten. Die Alkalien sind in demselben Theil
bestimmt worden, in welchem der Schwefel e der Schwefelsäure bestimmt wurde. Nach dem Abfiltriren
des schwefelsauren Barits wurde der Ueberschuß des Chlorbariums
etc. im Filtrat mit kohlensaurem Ammoniak gefällt. Die filtrirte
Flüssigkeit wurde eingedampft, die Ammoniaksalze verflüchtigt,
der Rückstand mit Wasser behandelt, die von der Magnesia
abfiltrirte Flüssigkeit mit Schwefelsäure abgeraucht, und der
Rückstand noch einmal mit kohlensaurem Ammoniak geglüht, um das
saure schwefelsaure Kali in einfach schwefelsaures zu
verwandeln. Der schwefelsaure Kalk wurde mittels
unterschwefligsauren Natron ausgezogen, dann mit oxalsaurem
Ammoniak gefällt. Der oxalsaure Kalk wurde titrirt und zur
Controle in einem andern Theil der Kalt als Carbonat
bestimmt.
Bei der Bestimmung des Schwefels a +
b (nach der Oxydation mit Brom etc.)
wurde derselbe zuerst mit kohlensaurem Ammoniak gefällt und nur
zur filtrirten, mit Salzsäure angesäuerten Flüssigkeit
Chlorbarium zugefügt, damit der schwefelsaure Barit keine
Kieselsäure enthalte. Bei der Bestimmung des Schwefels e von SO3 wurde dieselbe Vorsichtsmaßregel
befolgt, während bei derjenigen des Schwefels d von S2O2 dies nicht möglich war, weil man
nicht erwärmen darf, und in der Kälte das kohlensaure Ammoniak
nur unvollkommen fällt.
Die Menge des Rückstandes, der als „thoniger
Rückstand“ bezeichnet wird, ist nach Hoffmann bei den rein blauen Typen kaum
die Hälfte von derjenigen der röthlich blauen Typen. Wir haben
im Grün 1 bis 2, im Blau (D M) 3 und
im Violett nach Entfernung des schwefelsauren Kalkes 7,8
Proc. thonigen Rückstand gefunden, worin das Eisenoxyd
inbegriffen ist. Wir haben die Zusammensetzung des thonigen
Rückstandes folgendermaßen gefunden; 100 Th. enthielten:
Im Grün
Im Blau
Im Violett
DM.
VR
24.
Kieselsäure
52,471
52,846
49,582
Aluminiumozyd
13,118
41,230
41,179
Eisenoxyd
34,410
5,922
9,239
––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
99,999
99,998
100,00.
Der größte Theil des Eisenoxydes im Grün
muß als Stellvertreter des Aluminiumoxydes betrachtet
werden.
Bei der Bestimmung des thonigen Rückstandes wurden genau die
Vorschriften von R. Hoffmann befolgt.
Die Ultramarine wurden durch Salzsäure zersetzt, die filtrirte
Flüssigkeit verdampft, der Rückstand von neuem in verdünnter
Salzsäure gelöst, filtrirt und gewaschen. Der Rückstand auf dem
Filter, welcher Kieselsäure, Thon und präcipitirten Schwefel
enthielt, wurde getrocknet, dann sammt den Filteraschen mit
Natronlauge zum Kochen erhitzt. Der Thon bleibt ungelöst; die
Kieselsäure wird von der alkalischen Lösung getrennt. Wir haben
folgende Resultate gefunden:
Grün.
Blau.
Violett.
Kaolin
0,526 Proc.
3,039 Proc.
4,673 Proc.
Kieselsäure
0,276 Proc.
1,606 Proc.
2,254 Proc.
Ferner würde im Rückstände des Violetts
0,127 Proc. Kalk (CaO) gefunden,
herrührend von schwefelsaurem Kalk. Alle drei Rückstände
enthielten Eisenoxyd, als solches in den Ultramarinen vorhanden.
Das Aluminiumoxyd wurde indirect bestimmt. Der salzsaure Auszug
des Ultramarins diente zur Bestimmung des Aluminium-, Natrium-,
Kalium- und Calciumoxydes, wie auch zur Bestimmung der
Schwefelsäure. Nach der Fällung der Thonerde und vor dem
Abdampfen, um die Alkalien zu bestimmen, wurde die Schwefelsäure
als schwefelsaurer Barit gefällt.
Das Wasser wurde bei einer Temperatur von 120° bestimmt,
sowie auch nach der von Hoffmann
angegebenen Methode in einem trockenen Luftstrom, indem man die
gasförmigen Producte durch eine Schichte granulirten Kupfers
streichen und die Wasserdämpfe von gewogenem Chlorcalcium
absorbiren ließ. Wir erhielten
1) beim Trocknen bei 120°:
Grün.
Blau.
Violett.
1)
0,686 Proc.
2,024 Proc.
1)
5,419 Proc.
2)
0,940 Proc.
2)
6,337 Proc.
2) nach der Hoffmann'schen Methode:
4,884 Proc.
4,904 Proc.
1)
11,614 Proc.
2)
11,460 Proc.
Weder die eine, noch die andere Methode
ist vollkommen genau. Nach der ersten erhält man zu wenig, nach
der zweiten zu viel Wasser. Das Blau entwickelte starke Dämpfe,
welche in den Chlorcalciumapparat übergingen; an den kältern
Stellen des Verbrennungsrohres bildete sich ein braungelber
Anflug und ein aromatischer Geruch trat auf. Das Grün und das
Violett entwickelten keine Dämpfe, ebenso war kein Geruch
bemerkbar, aber man konnte einen sehr schwachen, weißen Beschlag
beobachten. Das Violett war violett geblieben, das Blau hatte
sich in ein helles Himmelblau, das Grün in ein ziemlich dunkles
Bläulichgrün verwandelt.
Alle Ultramarine sind hygroskopisch. Die Bestimmung des Wassers
in den Ultramarinen ist von Wichtigkeit für die Berechnung ihrer
Zusammensetzung.
Resultate der Analysen von drei
verschiedenen Farben von Ultramarin, welche bei Dollfus-Mieg
und Comp. angewendet werden.
Grün
Blau
(DM.)
Violett
(VR24).
Kieselsäure
36,770
37,868
22,305
Aluminiumoxyd
31,499
24,285
12,790
Eisenoxyd
0,181
0,180
0,420
Natriumoxyd
13,401
12,009
6,855
Kaliumoxyd
0,480
—
—
Magnesiumoxyd
Spuren
0,063
0,506
Calciumoxyd
Spuren
0,225
—
Schwefelsäure
0,693
1,104
1,004
Schweflige Säure
0,405
0,780
0,764
Unterschweflige Säure
—
0,621
1,742
Einfach Schwefelnatrium
8,592
6,582
1,255
Freier Schwefel
3,310
7,929
3,188
Schwefelsaurer Kalk
Spuren
Spuren
41,814
Wasser, bestimmt nach R. Hoffmann
4,884
4,904
11,537
––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
100,215
96,550
104,180
Resultate der Analysen von drei
verschiedenen Ultramarinfarben, unter Berücksichtigung der
Quantität von Kaolin.
Grün.
Blau
(DM).
Violett
(VR24).
Kieselsäure
36,494
36,262
20,051
Aluminiumoxyd
31,430
23,032
10,918
Eisenoxyd
(Siehe weiter unten den
Kaolin)
Natriumoxyd
13,401
12,009
6,855
Kaliumoxyd
0,480
—
—
––––––––––––––––––––––––––––––––––
Uebertrag:
81,805
71,303
37,824
Uebertrag:
81,805
71,303
37,824
Magnesiumoxyd
Spuren
0,063
0,506
Calciumoxyd
Spuren
0,225
—
Schwefelsäure
0,693
1,104
1,004
Schweflige Säure
0,405
0,780
0,764
Unterschweflige Säure
—
0,621
1,742
Einfach Schwefelnatrium
8,592
6,582
1,255
Freier Schwefel
3,310
7,929
3,188
Schwefelsaurer Kalk
Spuren
Spuren
41,814
Wasser
4,884
4,904
11,537
Kaolin
0,526
3,039
4,546
–––––––––––––––––––––––
100,215
96,550
104,180.
Der Rückstand des Kaolins enthielt:
Kieselsäure
0,276
1,606
2,254
Aluminiumoxyd
0,069
1,253
1,872
Eisenoxyd
0,181
0,180
0,420
–––––––––––––––––––
0,526
3,039
4,546.
In Procenten ausgedrückt:
Kieselsäure
52,471
52,846
49,582
Aluminiumoxyd
13,118
41,230
41,179
Eisenoxyd
34,410
5,922
9,239
Das Eisenoxyd vertritt das Aluminiumoxyd nach den
Atomverhältnissen.
100 Th. der Ultramarine, frei von Eisen,
Magnesium, Calcium, schwefelsaurem Kalk, Wasser und Kaolin,
enthalten:
Grün.
Blau.
Violett.
Kieselsäure
38,494
41,058
43,801
Aluminiumoxyd
33,152
26,078
23,850
Natriumoxyd
14,135
13,597
14,975
Kaliumoxyd
0,506
—
—
Schwefelsäure
0,731
1,250
2,193
Schweflige Säure
0,427
0,883
1,669
Unterschweflige Säure
—
0,703
3,805
Einfach Schwefelnatrium
9,063
7,452
2,841
Freier Schwefel
3,491
8,977
6,964
––––––––––––––––––––––––
99,999
99,998
100,098.
Kieselsäure
1,00
1,06
1,13
Aluminiumoxyd
1,39
1,09
1,00
Natriumoxyd
1,04
1,00
1,10
Schwefelsäure
1,00
1,71
3,00
Schweflige Säure
1,00
2,06
3,90
Unterschweflige Säure
—
1,00
5,40
Einfach Schwefelnatrium
3,10
2,62
1,00
Freier Schwefel
1,00
2,50
1,99.
100 Th. enthalten also:
Grün.
Blau
(DM).
Violett
(VR 24).
Silicium
17,963
19,160
20,440
Aluminium
17,702
13,925
12,735
Natrium von Na2 O
10,487
10,088
11,110
Kalium
0,420
—
—
Schwefel c von SO3
0,292
0,500
0,877
Schwefel e von SO2
0,213
0,441
0,834
Schwefel d von S2O2
—
0,469
2,536
Schwefel a von Na2S
3,718
3,057
1,165
Freier Schwefel b
3,491
8,977
6,964
Natrium von Na2S
5,345
4,395
1,676
Sauerstoff
40,363
38,984
41,748
––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
99,994
99,996
100,085.
100 Th. derselben Ultramarine enthalten
also:
Silicium
17,963
19,160
20,440
Aluminium
17,702
13,925
12,735
Natrium
15,832
14,483
12,786
Kalium
0,420
—
—
Schwefel
7,714
13,444
12,376
Sauerstoff
40,363
38,984
41,748
–––––––––––––––––––––
99,994
99,996
100,085.
Sauerstoff im Aluminiumoxyd
15,450
12,153
11,115
Sauerstoff im Natriumoxyd
3,648
3,509
3,865
Sauerstoff im Kaliumoxyd
0,086
—
—
Sauerstoff disponibel für die Verbindungen des
Schwefels
21,179
23,322
26,768
Gesammtmenge des
Sauerstoffes
40,363
38,984
41,748
Gesammtmenge des Schwefels a, b, c, d, e
7,714
13,444
12,376.
Verhältniß der Quantität Schwefel zu der Quantität
Sauerstoff, disponibel für die Verbindungen mit dem
Schwefel
1 : 2,740
1 : 1,730
1 : 2,160.
Verhältniß der Quantität Schwefel zu der Gesammtmenge
Sauerstoff
1 : 5,200
1 : 2,900
1 : 3,300.
(Schluß folgt.)