Titel: | Valet's totalisirendes Dynamometer. |
Autor: | F. H. |
Fundstelle: | Band 220, Jahrgang 1876, Nr. , S. 399 |
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Valet's totalisirendes
Dynamometer.
Mit Abbildungen auf Taf. VIII [a
b/1].
Valet's totalisirendes Dynamometer.
Die bisher bekannten Dynamometer sind im allgemeinen zu
continuirlichen Arbeitsmessungen nicht geeignet; nur jene,
welche ein Diagramm liefern, machen hiervon dann eine Ausnahme,
wenn die Bewegung des Papierstreifens nicht durch ein besonderes
Uhrwerk erfolgt, sondern von der zu untersuchenden Maschine
selbst abgeleitet wird. Die Berechnung der gesammten und
mittlern Arbeit aus einem der artigen Diagramm
erfordert jedoch nicht nur Sachkenntniß, sondern sie ist auch
umständlich und zeitraubend und für den allgemeinern Gebrauch
unzulänglich. Da nun die Durchführung continuirlicher
Arbeitsmessungen namentlich dort, wo es sich um Abgabe von
motorischer Kraft seitens eines Etablissement an andere, oder
überhaupt um Erlangung genauer Durchschnittszahlen des
Kraftconsums von Maschinen oder Transmissionen handelt, mehr als
wünschenswerth erscheint, so sind auch hierzu geeignete
Apparate, welche eine genaue und leichte Ueberwachung gestatten,
immerhin zum Bedürfniß geworden. Diesem hat denn auch Decher in München schon vor einigen
Jahren durch Construction eines totalisireuden Dynamometers
abzuhelfen gesucht, welches, unter dem gleichzeitigen Einfluß
von Kraft und Geschwindigkeit stehend, direct die übertragene
Arbeit, resp. eine derselben proportionale Größe an einem
Zählwerk abzulesen gestattete. Unseres Wissens wurde die Idee
Decher's bis jetzt jedoch weder
praktisch verwerthet, noch irgendwo publicirt, und aus diesem
Grunde erscheint die Selbstständigkeit der Erfindung eines
andern totalisirenden Dynamometers durch J. Valet in Paris kaum fraglich, obwohl
dasselbe im Princip mit der Construction Decher's fast vollkommen übereinstimmt; das
Prioritätsrecht gebührt dem deutschen Erfinder.
Bei dem in den Figuren 1
bis 7 nach
Armengaud's Publication industrielle,
vol. 22 p. 407 pl. 46 wiedergegebenen Valet'schen Dynamometer wird die an einer
Scheibe auftretende Umfangskraft ähnlich dem Dynamometer von Neers (*1868 189 433) und
namentlich dem von Herder> in
Schaffhausen (Praktischer Maschinenconstructeur, 1870 S. 354)
zur Spannung bezieh. Biegung von Federn benützt, um in deren
Deformationsgröße ein Maß der ihr direct proportionalen
biegenden Kraft zu besitzen. Zu diesem Zwecke sind zwischen
geeigneten Angüssen a einer Scheibe
S durch Klemmschrauben zwei
Blattfedern F eingespannt, welche
sich mit ihren freien Enden gegen entsprechende Angüsse a′ einer Riemenscheibe R legen. Diese sitzt lose auf der Nabe
der auf der Welle W aufgekeilten
Scheibe S, und wird somit die
Bewegung der vom Motor bethätigten Welle W erst dann durch den Riemen auf die zu prüfende Maschine
übertragen, wenn der hierzu nöthige Kraftaufwand eine Biegung
der Federn veranlaßt hat, welche ein Maß der Umfangskraft an der
Riemenscheibe ist und durch die hierbei eintretende relative
Bewegung der Scheiben R und S gegen einander ausgedrückt wird.
Da nun die Scheibe R einen Stift t trägt, welcher in eine an der letztern
aufgehängte Coulisse c greift, so
muß mit der gegenseitigen Verstellung der beiden Scheiben auch
die Coulisse einen entsprechenden Ausschlag aus ihrer
Anfangslage machen. Dieser Ausschlag wird durch ein mit der
Coulisse verschraubtes Zahnsegment z
auf einen verzahnten Quadranten q
übertragen, der mit einem gegabelten Arm den eingedrehten Hals
einer kleinen Frictionsrolle r
umfaßt und denselben somit auf dem vierkantigen Theil der
Antriebsspindel s eines Zählwerkes
Z verschieben kann. Gegen die
Frictionsrolle r wird durch eine
Feder f eine Frictionsscheibe N gedrückt, welche in einem auf der
Festscheibe S aufgeschraubten
Ständer m gelagert ist. Der gezahnte
Rand dieser Frictionsscheibe steht im Eingriff mit einem
gleichgroßen Zahnrad M, welches auf
die Hülse h eines besondern
Hängarmes H aufgeschraubt ist, also
beständig in Ruhe bleibt. Bei jedesmaliger Umdrehung der Scheibe
S wird somit die Frictionsscheibe
N in Folge ihrer Planetenbewegung um
das Zahnrad M ebenfalls eine
Umdrehung machen, und diese wird mit entsprechender Uebersetzung
durch die Frictionsrolle r auf das
Zählwerk übertragen.
Die Uebersetzungsgröße, also auch die Tourenzahl der
Zählwerkspindel s hängt aber außer
von dem constanten Durchmesser der Frictionsrolle auch noch von
derem radialen Abstande vom Mittelpunkt der Frictionsscheibe N ab, und da sich dieser, wie früher
erörtert wurde, mit der Biegung der Federn F, d. h. mit der Umfangskraft an der
Riemenscheibe R in directem
Verhältniß ändert, so folgt, daß die Tourenzahl der
Zählwerkspindel s sowohl der
Tourenzahl der Riemenscheibe, als auch der an ihr auftretenden
Umfangskraft gleichzeitig und direct proportional ist, und daß
somit das Zählwerk wirklich die übertragene Arbeit
registrirt.
Sollen bei Benützung des Apparates keine Unrichtigkeiten
eintreten, so darf bei der Maximalspannung der Federn F die Frictionsrolle r nicht etwa über den Rand der
Frictionsscheibe N hinausgeschoben
werden können, anderseits muß sie bei unbelasteten Federn genau
den Mittelpunkt der Frictionsscheibe berühren. Da nun die
Federung außer von der biegenden Kraft auch noch von den
Dimensionen der Federn und ihrem Material abhängig ist, so ist
eine Einrichtung nothwendig, welche die Erzielung gleicher
linearer Verschiebungen der Frictionsrolle bei verschiedenen
Ausschlagswinkeln der Riemenscheibe R gegen die Scheibe S und
außerdem ein genaues Einstellen der Frictionsrolle ermöglicht.
Zu diesem Zwecke ist der Stift t
mittels einer Schraube x radial
verstellbar und ferner die Verbindung der Coulisse c mit dem Zahnsegment z durch eine Klemmschraube y hergestellt, welche in der Coulisse
befestigt ist und vor dem Festklemmen eine gewisse Drehbarkeit
des sie mit einem Schlitz umgreifenden Zahnsegmentes z gestattet.
Um einer zu starken Anspannung und dadurch einem Bruch der Federn
F vorzubeugen, sind zwischen den
Scheiben R und S geeignete Anschläge angebracht, welche
die relative Bewegung der beiden Scheiben zu begrenzen haben.
Endlich gehört zu den Sicherheitsvorrichtungen des Apparates
noch ein Gesperre g auf der
Zählwerkspindel, welches verhindert, daß ein etwaiges
Zurückdrehen der Riemenscheibe auf das Zählwerk übertragen
wird.
Vor Verwendung des Apparates ist die zu registrirende Arbeit erst
schätzungsweise zu bestimmen, um eine geeignete Wahl der Federn
treffen zu können; darauf wird die Tourenzahl des Zählwerkes für
irgend eine bestimmte Tourenzahl der Riemenscheibe und eine
entsprechende Umfangskraft empirisch ermittelt, indem man um die
Riemenscheibe eine Schnur legt, an diese Gewichte hängt und beim
Fallen der letztern die Tourenzahl der Riemenscheibe und die
Angabe des Zählwerkes controlirt. Aus den erhaltenen Größen
lassen sich die einer Zählwerkseinheit entsprechenden
Pferdestärken leicht ermitteln.
Es sei um der Umfang der Riemenscheibe, Pk die
bei dem Versuch angewendete Umfangskraft an derselben und n ihre
Tourenzahl, während das Zählwerk, welches im unbelasteten
Zustande der Federn auf Null eingestellt war, N Einheiten
angibt; dann ist die ganze verrichtete Arbeit Ae =
u P n/75, die
einer Zählwerkseinheit entsprechende Arbeit also E = u P n/75 N.
Mit dieser Einheit ist das jedesmalige Ergebniß des
Dynamometerzählwerkes einfach zu multipliciren und durch die
Secundenzahl der Arbeitsdauer zu dividiren, um die mittlere
Arbeit pro Secunde in Pferdestärken zu erhalten. Für N′
vom Zählwerk nach t Secunden angegebene Einheiten ist die mittlere
Arbeit A′ = E N′/t.
Die Riemenscheibe habe beispielsweise einen Umfang von 2m, an
die Schnur werde ein Versuchsgewicht von 60k
gehängt, und die Zählwerksablesung ergebe nach 50 Touren der
Riemenscheibe die Zahl 4; dann wäre Textabbildung Bd. 220, S. 401 Das Dynamometer werde nun durch 10 Stunden zur
Kraftmessung benützt, wobei durch das Zählwerk 2160 Touren
angegeben werden; die übertragene Arbeit pro Secunde wäre dann
Textabbildung Bd. 220, S. 401
Das Dynamometer dürfte sich in jedem einzelnen Falle leicht so
justiren lassen, daß E ziffermäßig nicht zu complicirt
ausfällt, was mit Rücksicht auf spätere Controlrechnungen
wünschenswerth erscheint. Den Dienst wird dasselbe nur dann
versagen, wenn die Kraftübertragung über die zulässige
Federspannung hinausgeht, wenn sich also die früher erwähnten
Anschläge der beiden Scheiben R und
S gegen einander legen. In diesem
Falle kann natürlich das Zählwerk blos jene Arbeitsmenge
angeben, welche bei irgend einer Tourenzahl der durch die
Anschläge bestimmten Maximalumfangskraft entspricht; ein
allfallsiger Ueberschuß bleibt ungezählt. Man wird indeß in
jedem solchen Falle aus den gemachten Beobachtungen bald
herausfinden, ob sich die Kraftentnahme immer an dieser obern
Grenze bewegt und entsprechenden Falles durch Anwendung
stärkerer Federn abhelfen.
Ein Beispiel der Anordnung des Dynamometers bei seiner Benützung
ist in Figur 7
veranschaulicht. Von dem auf die Transmissionswelle aufgekeilten
Dynamometer wird mittels Riemen zunächst ein Deckenvorgelege und
von diesem die zu prüfende Maschine (hier eine Kreissäge)
angetrieben.
F. H.