Titel: | Neue Methode, die Schmelzpunkte der Metalle, sowie auch anderer die Wärme schlecht leitender Stoffe mit Genauigkeit zu bestimmen; von Prof. Dr. C. Himly. |
Autor: | C. Himly |
Fundstelle: | Band 220, Jahrgang 1876, Nr. , S. 529 |
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Neue Methode, die
Schmelzpunkte der Metalle, sowie auch anderer die Wärme schlecht
leitender Stoffe mit Genauigkeit zu bestimmen; von Prof. Dr.
C.
Himly.
Mit einer Abbildung auf Taf. VIII [c/3].
Himly, über Bestimmung der Schmelzpunkte von
Metallen etc.
Die Schwierigkeit, den Schmelzpunkt Wärme schlecht leitender
Substanzen, wie z. B. der Fette etc., namentlich wenn sie
zugleich eine bedeutende latente Wärme besitzen, mit Genauigkeit
zu bestimmen, ist allgemein bekannt, sowie auch das bisher
angewendete, immerhin unvollkommene Verfahren, die zu
untersuchenden Stoffe in Haarröhrchen einzuschließen und an
einem nebenbei angebrachten Thermometer das sichtlich
eintretende Schmelzen zu beobachten. Um so mehr mußte die von I.
Löwe (*1871 201 250) so
sinnreich ausgedachte Methode mit Freude begrüßt werden; leider
aber haben die von C. H. Wolff (1875
217 411) angestellten Versuche gezeigt,
daß doch nicht der erwartete Grad von Genauigkeit erreicht
werden konnte, was wohl ohne Frage hauptsächlich der
verschiedenen Wärmeleitungsfähigkeit des Platins dem
Quecksilberthermometer gegenüber zugeschrieben werden muß.
In Veranlassung, daß die kaiserliche Werft in Wilhelmshaven,
welche neben genauen qualitativen und quantitativen Analysen
verschiedener Weißmetalle, von denen zwei merkwürdiger Weise
etwa 5 Proc. Quecksilber enthielten, auch
Schmelzpunktsbestimmungen derselben verlangte, habe ich zu
diesem Zwecke eine Methode angewendet, welche mit der von I. Löwe beschriebenen eigentlich nur die
Benützung eines Läutewerkes gemein hat. Es handelte sich nicht
nur darum, den oben erwähnten Fehler bei der
Schmelzpunktsbestimmung schlechter, bei niedriger Temperatur
schmelzender, die Elektricität isolirender Wärmeleiter zu
vermeiden, sondern dieselbe auch auf andere metallische, Wärme
und Elektricität gut leitenden Substanzen auszudehnen.
Diese neue Methode ist folgende: Die zu den Versuchen zu
verwendenden Glasthermometer sind mit dünnen, ogival
zugespitzten Quecksilberreservoiren, ähnlich wie bei den sogen.
Retortenthermometern, versehen und werden dieselben zunächst
nebst einem kurzen Stücke der Röhre selbst auf chemischem Wege
versilbert. Ich bediene mich dazu des weinsteinsauren
Silbers.
Damit Jeder diesen Proceß mit Leichtigkeit und vollkommener
Sicherheit ausführen könne, außerdem aber auch diese
Versilberungsmethode z. B. bei Hohlgefäßen und Anfertigung von
Spiegeln Anwendung findet, so will ich mit wenigen Worten die
beste Ausführung beschreiben. Man löst 17 Th. salpetersaures
Silber und 28 Th. weinsteinsaures Natrium-Kalium (sogen.
Seignettesalz) jedes für sich in einer beliebigen Menge
destillirten Wassers auf und gießt beide Auflösungen durch
einander. Der sofort entstehende käsige Niederschlag fällt in
wenigen Minuten krystallinisch zusammen. Nachdem sich derselbe
gut abgesetzt hat, wird die darüber stehende Flüssigkeit
abgegossen und zweibis dreimal unter jedesmaligem Umschütteln
durch destillirtes Wasser ersetzt. Nachdem so das weinsteinsaure
Silber ausgewaschen ist, setzt man noch ein Mal eine kleinere
Menge destillirtes Wasser hinzu und verwahrt dieses Gemisch zur
spätern beliebigen Verwendung in einem verschlossenen Glase, am
besten vor Licht geschützt. Bei dem Gebrauche schüttelt man
stark um, gießt einen Theil in ein zu verkorkendes Glas ab und
fügt unter fortwährendem Umschüttein sehr verdünntes Ammoniak
hinzu. Für das absolut sichere Gelingen der Versilberung kommt
alles darauf daraus an, jeden Ueberschuß an Ammoniak in der sich
bildenden Lösung zu vermeiden. Sollte dieses nicht
geschehen sein, so muß wiederum etwas von dem Silbersalze
hinzugefügt werden, so daß unter allen Umständen ein kleiner
Theil desselben ungelöst bleibt. Schon nach wenigen Minuten läßt
sich der Anfang der Versilberung an der Wand des Gefäßes
beobachten, welche man nun dadurch verlangsamt, daß man die
Flüssigkeit mit einer größern Menge destillirten Wassers
verdünnt, welche dem gewünschten Volum entspricht. Das noch im
Ueberschusse vorhandene Silbersalz setzt sich unter Schwärzung
rasch zu Boden, worauf man die klare Flüssigkeit abgießt.
Dieselbe fängt nun sofort an zu arbeiten, und man muß sich
beeilen, die Thermometer so weit schwebend hinein zu bringen,
als sie versilbert werden sollen. Das Gefäß versilbert sich
natürlich selbst mit.
Da der Ueberzug auf den versilberten Thermometern außerordentlich
zart ist, so ist es vortheilhaft, denselben in der gewöhnlichen,
aus schwefelsaurem Kupferoxyd bestehenden
Verkupferungsflüssigkeit mit Anwendung eines schwachen
elektrischen Stromes zu verstärken. Zuvor aber befestigt man
durch Umwickeln einen feinen ausgeglühten Kupferdraht etwas über
dem Quecksilbergefäße etwa von der doppelten Länge des
Thermometers. Den Draht führt man der Länge nach an dem
Thermometerrohre hinauf und befestigt ihn durch Ueberschieben
eines Gummiringes, um Zerrungen zu vermeiden, da er beim
demnächstigen Gebrauche mit einem galvanischen Elemente in
Verbindung gesetzt werden soll. Man läßt die Verkupferung bis
über die Befestigungsstelle des Drahtes reichen, wodurch eine
festere Verbindung mit dem versilberten Thermometerstücke
hergestellt wird. Für Bestimmungen der Schmelzpunkte von
Metallen und von Elektricität gut leitenden Substanzen kann man
die Verkupferung der Dauerhaftigkeit wegen etwas stärker machen,
während bei der Untersuchung von Nichtleitern derselbe sehr zart
sein muß, oder auch ganz wegfallen kann.
Zur Bestimmung des Schmelzpunktes von Metallen und von die
Elektricität leitenden Substanzen gehört zunächst eine U-förmig gebogene Glasröhre d (Fig. 28)
von etwa 10cm Schenkellänge, deren Glasdicke der Haltbarkeit im
Gebrauche wegen nicht zu schwach zu wählen ist. Die Schenkel
stehen dicht parallel neben einander. Der innere Durchmesser
derselben ist unbedeutend größer als der des zu verwendenden
Thermometers.
Das zu untersuchende Metall wird in Stängelchen gegossen,
ebenfalls von ungefährer Dicke des Thermometers. Außerdem ist
noch ein durch eine Spirituslampe oder Gaslampe langsam zu
erwärmendes eisernes Metallbad von der Form tiefer runder
Schmelztiegel c erforderlich. Je nach
der Höhe des zu bestimmenden Schmelzpunktes wird dasselbe
entweder mit Quecksilber oder dem sogen. Rose'schen
Metallgemische oder auch einer andern geeigneten
Metallcomposition gefüllt. Um den Versuch auszuführen, steckt
man das mit seinem Leitungsdrahte versehene Thermometer in den
einen Schenkel der U-förmigen Röhre
d und das Metallstängelchen in den
andern Schenkel ganz unmittelbar an die Biegung, so daß sie sich
zwar so nahe wie möglich gegenüber befinden, ohne sich aber
berühren zu können. Neben den Metallstängelchen ist noch ein
Leitungsdraht bis unten an die Biegung eingeführt, welcher lang
genug ist, um später bequem mit einem galvanischen Elemente a in Verbindung gesetzt werden zu
können. Diese Vorrichtung wird in eine verschiebbare Klemme f befestigt, um in das Metallbad,
nachdem dasselbe flüssig geworden ist, nach gehörigem Vorwärmen
tief eingetaucht werden zu können.
Zwischen diesen beiden Leitungsdrähten vom Thermometer und dem
des Metallstängelchens wird nun ein elektrisches Läutewerk b eingeschaltet.
Der gesammte elektrische Kreis findet demnach nur in der Biegung
der Röhre d seine Unterbrechung, und
solange diese dauert, schweigt das Läutewerk. Wenn aber das
Metallbad, in welches die Röhre d
eintaucht, so weit erwärmt ist, bis das Metallstängelchen
schmilzt, so schließt das flüssige Metall den elektrischen
Kreis. In demselben Augenblicke ertönt das Läutewerk b, und der Stand des Thermometers wird
abgelesen. Wenn man bedenkt, daß das Thermometer und das
Metallstängelchen unter ganz gleichen Verhältnissen der
Wärmequelle ausgesetzt sind, und ferner, daß die Temperatur des
Metalles bei sehr langsamer Erwärmung sich nicht früher erhöht,
als die gesammte Menge geschmolzen ist, so leuchtet die
Genauigkeit der auf diese Weise ermittelten Schmelztemperaturen
von selbst ein. Derartige Bestimmungen können selbstverständlich
auf diese Weise nur bei Elektricität leitenden Substanzen
Anwendung finden, deren Schmelztemperaturen die Anwendung des
Quecksilberthermometers gestatten; auch müssen die
Thermometerbeobachtungen in bekannter Weise rectificirt werden.
Es ist aber auch in letzterer Beziehung vortheilhaft, daß ein
bedeutendes Stück der Thermometerscale in dem einen Schenkel der
Röhre d sich befindet. Das Princip
an sich ist auch anwendbar auf Metalle von hohen Schmelzgraden,
wenn das U-förmige Gefäß d aus schwer schmelzbarem Materiale
gefertigt wird, und man das Thermometer mit einem passenden
Pyrometer vertauscht.
Auch für die Bestimmung des Schmelzpunktes von die Wärme sch'echt
und die Elektrictät nicht leitenden Substanzen wird das
metallisirte Thermometer mit seinem Leitungsdrahte
verwendet. Die zu untersuchenden Stoffe werden geschmolzen, und
wenn an der Wandung des dazu verwendeten Gefäßes die Erstarrung
beginnt, taucht man das Quecksilberreservoir des Thermometers
für einen Augenblick hinein; es genügt, um das Thermometer 1 bis
2mm dick mit dem Nichtleiter zu überziehen. Ferner
gehört dazu ein eisernes Flüssigkeitsbad, in welches durch ein
in dem Deckel befindliches rundes Loch ein dünner, mit
Quecksilber gefüllter Porzellantiegel möglichst tief
eintaucht.
Die zum Erwärmen des Bades zu verwendende Flüssigkeit besteht
zweckmäßig aus Glycerin oder einer Auflösung von Chlorcalcium in
Glycerin, welche ohne Belästigung bis zu einer Temperatur von
200° erwärmt werden kann. Sind höhere Temperaturen
erforderlich, so würde man sich des Quecksilber- oder des
Metallbades durch directes Erhitzen bedienen müssen.
Die Ausführung des Versuches selbst ist nun sehr einfach: Man
taucht das metallisirte, mit Leitungsdraht versehene Thermometer
e etwas tiefer, als sein längliches
Quecksilbergefäß reicht, in die zuvor geschmolzene, in dem
Schmelzgefäße am Rande wieder erstarrende Masse, z. B. Paraffin,
und zieht es sogleich wieder heraus. In den meisten Fällen wird
ein einmaliges Eintauchen hinreichend sein. Nach dem Erkalten
befestigt man dasselbe, so weit es mit dem Nichtleiter überzogen
ist, mit Anwendung eines Statives, in der Mitte des in dem
Prozellangefäße befindlichen Quecksilbers eintauchend, und setzt
dasselbe mit dem einen Leitungsdrahte des einzuschaltenden
elektrischen Läutewerkes b in
sichere Verbindung. Den andern Leituugsdraht führt man ebenfalls
gut befestigt am Rande des Quecksilberbades in dasselbe ein.
Darauf wird das Glycerinbad langsam erwärmt.
Da nun die Fläche des zu untersuchenden Nichtleiters, namentlich
wenn das Thermometer nur versilbert ist, mit der des
Thermometers zusammenfällt, so muß in dem Momente des
Schmelzens, in welchem das Läutewerk ertönt, das Thermometer mit
erstaunlicher Genauigkeit den wirklichen Schmelzpunkt angeben.
Dieses ist so einleuchtend, daß es nicht erforderlich ist, die
Richtigkeit durch Angabe vieler angestellter Versuche zu
constatiren.
Nachträglich möge noch bemerkt werden, daß bei der
Schmelzpunktsbestimmung der Metalle einerseits darauf zu achten
ist, daß das in den U-förmigen
Röhren befindliche Metallstängelchen sich ganz und gar unter der
Oberfläche des Metallbades eingetaucht befindet, und daß
letzteres nicht nur von unten, sondern auch von den Seiten, also
so gleichmäßig wie möglich erhitzt werde. Durch vorsichtiges
Umrühren mittels eines eisernen Stäbchens läßt sich dieses noch
besser erreichen. Von der andern Seite ist aber auch darauf zu
achten, daß die U-förmige Röhre in
ihrer Biegung nicht zu stark oder gar unregelmäßig
zusammengekniffen sei, um das Herabfließen des schmelzenden
Metalles nicht zu beeinträchtigen. (Nach einem vom Verfasser
gef. eingesendeten Separatabdruck aus den Abhandlungen des
naturwissenschaftlichen Vereins für Schleswig-Holstein.)
Kiel, im März
1876.