Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 220, Jahrgang 1876, Nr. , S. 91 |
Download: | XML |
Miscellen.
Miscellen.
Einsturz einer eisernen Brücke.
Die enormen Hochwässer, welche im Verlaufe der letzten Monate
ganz Mitteleuropa verwüsteten, haben auch die Zerstörung der
eisernen Brücke zur Folge gehabt, welche bei Riesa (Sachsen)
über die Elbe führt. Wir entnehmen über dieses interessante
Ereigniß, dem glücklicherweise nur äußerst wenige analoge Fälle
in der Geschichte unserer Eisenconstructionen an die Seite
gestellt werden können, einige nähere Notizen der Wochenschrift des österr. Ingenieur- und
Architektenvereins, 1876 S. 104, welche seit Anfang dieses
Jahres neben der bekannten Zeitschrift dieses Vereins erscheint.
Aus der erwähnten Mittheilung ist zumeist hervorzuheben, daß der
Einsturz dieser Brücke durchaus nicht durch die
Eisenconstruction selbst veranlaßt war, sondern lediglich
dadurch verursacht wurde, daß die Strompfeiler sich gegenüber
dem Andrange des außerordentlich gestiegenen Wassers als zu
schwach erwiesen. Dieselben waren nämlich mit theilweiser
Benützung der Pfeiler einer früher bestehenden Holzbrücke
aufgebaut worden, und zwar die neu angeschuhten
Pfeilertheile auf Betonfundamenten, während die alten Pfeiler
auf Pfahlrost fundirt waren. Auf diesen reconstruirten Pfeilern
liegt die Brücke, bestehend aus zwei von einander unabhängigen
Theilen für je ein Schienengleise und einer dritten Bahn für
Wagen- und Fußgängerverkehr. Die Hauptöffnung des Stromes ist
mit 98m lichter Weite durch Halbparabelträger überspannt,
ferner drei kleinere Oeffnungen von je 30m
Weite durch Parallelträger.
Am 19. Februar begann nun der linksseitige Pfeiler, auf welchem
das eine Ende der drei Hauptträger auflag, in dem angesetzten,
stromaufwärts liegenden Theile nachzugeben, in Folge dessen
alsbald die hier aufliegende Straßenbrücke in die Elbe stürzte,
sowie die mittlere Eisenbahnbrücke sich bedenklich senkte und
mit Ketten an die neben (stromabwärts) liegende Eisenbahnbrücke
gebunden werden mußte. Gleichzeitig wurden zwei zwischen den
Hauptpfeilern stehen gebliebene Pfeiler der alten Holzbrücke mit
größter Eile nachgemauert, um den Bahnbrücken zur Unterstützung
zu dienen; ehe jedoch diese Arbeit vollendet werden konnte,
brach plötzlich der mittlere Strompfeiler, auf welchem das
andere Ende der Hauptträger auflag, in drei Stücke aus einander
und riß auch die stromabwärts liegende Eisenbahnbrücke in die
Elbe, während der Hauptträger der mittlern Eisenbahnbrücke,
obwohl ursprünglich am meisten gefährdet, auf die Nachmauerung
der Zwischenpfeiler auffiel und hier allerdings in total
deformirtem Zustande gehalten wurde.
So ist nun das Hauptbett des Stromes durch die beiden
herabgestürzten Brückenträger gänzlich unpassirbar, und als
wichtigste Arbeit muß nun zunächst das Ausbaggern einer neuen
Stromrinne zwischen der mittlern der drei Seitenöffnungen der
Brücke begonnen werden. Ueber die Wiederherstellung der Brücke
selbst, die selbstverständlich im höchsten Grade dringend ist,
wurde bis jetzt noch nichts bestimmtes bekannt.
R.
Dampfpferd für Straßenverkehr.
Nachdem so oft die Befürchtung ausgesprochen wird, daß die
verschiedenen Systeme der Tramway-Locomotiven dadurch einen
störenden Einfluß auf den allgemeinen Verkehr ausüben dürften,
als die Pferde anderer Fahrzeuge durch den ungewohnten Anblick
leicht erschreckt und scheu gemacht werden, so ist S. R. Mathewson in Gilroy(Cal. Amerika) auf den
glücklichen Gedanken gekommen, seiner neuen Tramway-Locomotive
das äußere Ansehen eines Pferdes zu geben, damit die übrigen
Zugthiere in demselben gleichfalls einen Collegen zu begrüßen
glauben. So sehen wir denn (im Scientific
American, Januar 1876 S. 51) die Abbildung eines riesigen
Pferdes, welches in seinem Bauche — wie das Trojaner
Pferd streitbare Männer — so hier einen completen
Röhrenkessel trägt, im Hintertheile aber einen Sitz für den
Locomotivführer enthält, der auch gleichzeitig die Functionen
des Conducteurs in dem anzuhängenden Waggon versehen soll. Auf
dem Kopfe trägt das Dampfroß eine Allarmglocke, auf der Brust
eine Laterne, vor den Füßen einen Bahnräumer; Rauchfang und
Dampfauspuffrohr sind glücklich vermieden, nachdem
Rauchcondensator, rotirende Dampfmaschine, Dampfcondensator
— alles im Bauch des Riesenpferdes untergebracht sind. Es
ist daher wohl erklärlich und aus dem in unserer Quelle
angeführten Holzschnitte sehr schön zu ersehen, wie das Ganze
einen äußerst beruhigenden Eindruck macht und zur Nachahmung
bestens empfohlen werden kann.
M-M.
Ersatz der Sandstreu-Vorrichtungen für
Locomotiven.
Ingenieur C. Heinrich von der
Grubenbahn der österreichischen Staatseisenbahngesellschaft in
Reschitza (Ungarn) hat sich ein Verfahren zur Erhöhung der
Adhäsion von Locomotiven patentiren lassen, das als eine
wesentliche Verbesserung wohl geeignet ist, in weitesten Kreisen
Aufsehen zu erregen. Wie bekannt, schwankt der Betrag des
Reibungscoefficienten zwischen den Locomotivtreibrädern und den
Schienen in außerordentlich hohem Grade, zwischen 1/5 bis 1/15,
je nachdem die Schienen trocken oder durch Nebel, Regen, Schnee
feucht und schlüpfrig sind. Nachdem aber durch den Betrag dieses
Reibungscoefficienten im selben Maß die disponible Zugkraft der
Maschine bestimmt wird, dieselbe somit je nach der
Witterung zwischen den Grenzen 1 und 3 schwanken würde, ist man
bei feuchtem Wetter genöthigt, zum Befahren von Steigungen mit
der normalen angehängten Last andauernd die
Sandstreu-Vorrichtung zu gebrauchen. Abgesehen davon, daß
hierdurch zwar die Adhäsion der Triebräder vermehrt wird,
gleichzeitig aber auch der Widerstand sämmtlicher Laufräder des
Eisenbahnzuges zunimmt, so ist an und für sich schon die
Anbringung des unschönen, schwer und unsicher zu handhabenden
Sandkastens, welcher zu dem noch das Gewicht der Maschine um 400
bis 500k vermehrt, ein Uebelstand, dessen Entfernung mit
Freuden begrüßt werden muß. Dies wird durch die vorliegende
Erfindung erreicht, und zwar einfach dadurch, daß vor den
Treibrädern durch ein 10mm weites Röhrchen heißes
Kesselwasser auf die feucht-schmutzigen Schienen gespritzt wird,
welches den Schienenkopf reinigt, gleichzeitig trocknet, und dem
nachfolgenden Rade seine volle Adhäsion, der Maschine somit die
bei günstigster Witterung erzielbare Zugkraft wiedergibt.
In einer Notiz der Wochenschrift des österr. Ingenieur- und
Architektenvereines, 1876 S. 98 werden Versuchsresultate
angeführt, welche auch vom ökonomischen Standpunkte aus die
Vortheile der neuen Erfindung darthun; dieselbe ist nun schon
seit einem Jahr an allen Maschinen der schmalspurigen Montanbahn
in Reschitza in Gebrauch und hat sich durchgehends bestens
bewährt.Beiläufig
sei hier in Erinnerung gebracht, daß die Amerikaner Ortiz und Valladare (18701871 199 422) den zur Verhütung des
Schleifens der Locomotivräder auf feuchten Schienengleisen
gestreuten Sand durch einen dem Kessel entnommenen Dampfstrahl
wegfegen, welch letzterer durch ein 1mm,6
weites Röhrchen hinter die letzten Treibräder ausgeblasen wird,
ehe die Laufräder der an die Locomotive angehängten Wägen auf
die bestreuten Schienentheile gelangen.
G.
Croßley, Hanson
und Hick's Patent
Wasserstandsgläser.
Ein bekannter Uebelstand unserer gewöhnlichen Wasserstandsgläser
besteht darin, daß in Folge des Durchscheinens der dunklen
Kesselwand der Wasserstand nur undeutlich erkannt werden kann,
und daß es besonders fast unmöglich ist, zu unterscheiden, ob
das Glas ganz voll oder ganz leer ist. Wenn wir nun auch nicht
die Ansicht der Erfinder theilen, daß dieser Mangel die meisten
Kesselexplosionen verschuldet haben soll, so besitzt doch ihr
neues Wasserstandsglas Interesse genug, um den Kesselbesitzern
einen Versuch mit demselben zu empfehlen.
Das Glas, welches im übrigen in den Dimensionen der gewöhnlichen
Wasserstandsgläser gehalten ist, besitzt an seiner hintern, dem
Kessel zuzuwendenden Hälfte einen weißen Emailüberzug, welcher
das Licht reflectirt, bei mittlerm Wasserstand die
Trennungsfläche hell beleuchtet und den vollen Wasserstand von
dem niedersten Wasserstand durch die verschiedene Lichtbrechung
des gefüllten oder geleerten Glases deutlich unterscheidet.
Auf diese Weise kann man sich auch schon aus größerer Distanz von
dem richtigen Betrieb eines Dampfkessels überzeugen.
R.
Stahlmaßstäbe von Chestermann in Manchester.
Nach Kick (Technische Blätter, 1875 S.
259) scheinen die Chestermann'schen
Stahlmaßstäbe mittels eines dem Molettiren ähnlichen Verfahrens
geprägt zu sein. Die hochgravirte Prägewalze muß für jede
Maßstabart eine andere sein, und wenn auch bei deren Herstellung
alle Sorgfalt verwendet wird, so müssen ganz kleine Differenzen
bei den Maßstäben verschiedener Länge (Art) sich herausstellen,
während alle, welche mit der gleichen Walze hergestellt sind,
auch genau übereinstimmen müssen. Eine Vergleichung der Maßstäbe
dieser Firma bestätigte dies.
Unterirdische Kabel anstatt oberirdischer
Telegraphenleitungen.
Durch den diesjährigen deutschen Reichshaushalts-Etat sind die
Mittel bereit gestellt worden, um die etwa 160km
lange oberirdische Drahtleitung Berlin-Halle, welche
stellenweise 31 Drähte enthält, durch ein Kabel zu ersetzen. Bei
der Etatsberathung hat der General-Postmeister erklärt, daß,
wenn dieser Versuch mit Erfolg gekrönt werden würde, vielleicht
schon beim nächsten Budget ein Plan über die Ausdehnung der
Kabelleitungen auf alle Hauptlinien der deutschen Telegraphie
vorgelegt werden könnte. Daß es indessen auf eine ganz
allgemeine Beseitigung der offenen Drähte selbst bei günstigsten
Erfolgen mit den Kabelleitungen nicht abgesehen ist, geht aus
einer gleichzeitigen Aeußernng des jetzigen Leiters der
Reichstelegraphie hervor, in welcher derselbe dem von Seiten
eines Abgeordneten ausgesprochenen Wunsche, daß die offenen
Leitungen in Städten sämmtlich durch Kabelleitungen ersetzt
werden möchten, mit Hinweis auf den hohen Kostenpunkt lebhaft
entgegen trat.
Wie allgemein bekannt, sind für die ersten Telegraphenleitungen
wie anderwärts auch in Preußen Kabel benützt; 1848/49 wurde der
Beschluß gefaßt und in großem Maßstabe auch ausgeführt, die
Hauptlinien im ganzen Staate als Kabelleitungen herzustellen;
bekannt ist ferner, daß die Kabel sich damals nicht bewährten
und man dann zu offenen Leitungen übergegangen ist. Einerseits
die zahlreichen Mißstände, welche den offenen Leitungen
anhaften, anderseits die großen Vervollkommnungen in der
Kabelfabrikation, veranlaßt durch die Legung zahlreicher
unterseeischer Kabel, rechtfertigen die Rückkehr zu
unterirdischen Kabeln.
Die Mängel offener Leitungen sind nach den Auseinandersetzungen
des General-Postmeisters, kurz zusammengefaßt, etwa folgende: 1)
Stromverluste, so groß, daß bei einer 450km
langen Leitung die Stromstärke mitunter auf ½ der
ursprünglichen reducirt wird und in Folge davon die Verbindung
zeitweilig ganz aufhört; 2) Drahtbrüche und Drahtberührungen
durch Temperaturwechsel; 3) häufige Zerstörungen durch Stürme,
wodurch auch der Eisenbahnbetrieb in Mitleidenschaft geräth; 4)
Anhängen bedeutender Rauhfrostmassen, die häufig Drahtbrüche
veranlassen, weil die Eislast, welche auf eine Spannung von
75m Länge kommt, unter Umständen bis zu 1500k
anwachsen kann; 5) Betriebsstörungen durch die atmosphärische
Elektricität; 6) Entstehen von Nebenschließungen in der Zeit des
Spätsommers durch den sogen. fliegenden Sommer, wenn dieser
durch Nebel oder sonstige Niederschläge naß wird; endlich 7) die
Gefahren für den Betrieb durch muthwillige und fahrlässige
Beschädigung der Drähte und eine ganze Reihe kleiner, nicht
speciell anzuführender Ursachen.
Die frühern Mängel der Kabelleitungen (ungenügende Kenntniß des
Isolirmaterials, der Guttapercha, unzweckmäßig construirte
Maschinen für die Kabelfabrikation, zu wenig tiefe Legung der
Kabel (450mm, in welcher Tiefe die Umhüllung der Drähte vor
Beschädigungen durch Nagethiere nicht genügend sicher ist) sind
jetzt genau erkannt und überwindbar. Eine im Sommer 1875 nach
England entsendete Commission von Technikern hat sich derart
günstig ausgesprochen, daß man nach Ansicht der Behörde jetzt
mit vollem Vertrauen an die Herstellung einer Kabelleitung gehen
kann. (Nach der deutschen Bauzeitung, 1876 S. 60.)
Torpedo-Experimente.
Die englische Admiralität beschäftigt sich seit mehreren Jahren
unausgesetzt mit den großartigsten Torpedo-Experimenten und hat
erst kürzlich ein ausrangirtes Kriegsschiff, den
„Oberon“, diesem Zwecke geopfert. In
weiterer Verfolgung desselben Zweckes soll nun eines der
kolossalsten Thurmschiffe der englischen Marine, die erst vor 4
Jahren erbaute „Devastation“ den Angriffen
von scharf geladenen Whitehead-Torpedos ausgesetzt werden. Hier
soll aber nicht die Wirksamkeit der Torpedos, deren zerstörende
Wirkung in gehöriger Nähe genügend bekannt ist, versucht werden,
sondern die Verläßlichkeit einer eigenthümlichen
Sicherheitsvorrichtung zur Erprobung kommen, deren Wesenheit
darin besteht, daß das Schiff unter Wasser ringsum mit einem
Drahtnetze umgeben wird, das an weit hervorstehenden Stangen
getragen wird und jeden Torpedo auf eine Distanz von 9m vom
Schiffe entfernt unfehlbar zur unschädlichen Explosion bringen
soll.
Sollte sich diese Zuversicht etwa doch nicht erfüllen, so könnte
dieser gewagte Versuch leicht fatal für ein Schiff werden,
dessen Herstellungskosten sich s. Z. in die Millionen
beliefen.
M.
Heraklin.
Nach der Deutschen Industriezeitung; 1876 S. 88 ist dies ein
Sprengpulver, welches neuerdings in französischen Kohlengruben
versucht wird und in Oesterreich bereits Verbreitung finden
soll. Nach der französischen Patentbeschreibung von Dickerhoff enthält das Pulver
Pikrinsäure, Kali- und Natronsalpeter, Schwefel und Sägespäne;
es soll unschädliche Verbrennungsgase geben und verhältnißmäßig
langsam abbrennen, so daß es die zu sprengenden Massen nur
zerreißt, aber nicht herumwirft. Der Preis beträgt 80 Pf. pro
1k.
Analyse des zur Schießpulverfabrikation
bestimmten Kalisalpeters.
Das von den chemischen Fabriken zur Herstellung von Schießpulver
gelieferte salpetersaure Kalium ist in der Regel so rein, daß
die Spuren beigemischter Salze in gewöhnlicher Weise nicht
bestimmt werden können. Fresenius
(Zeitschrift für analytische Chemie, 1876 S. 63) empfiehlt daher
folgendes Verfahren.
Die Wasserbestimmung wird wie
gewöhnlich durch mäßiges Erhitzen einer im Platintiegel
abgewogenen Probe ausgeführt. Man kann die Hitze steigern, bis
der Salpeter eben anfängt zu schmelzen.
Zur Bestimmung des im Wasser unlöslichen
Rückstandes löst man 100g
Salpeter in heißem Wasser, sammelt den Rückstand auf einem bei
100° getrockneten Filterchen, wäscht ihn aus, trocknet
bei 100° und wägt. Sollte der Rückstand irgend
erheblicher sein, so ist das Trocknen des Filters und
Rückstandes bei 120° vorzuziehen.
Zur Chlorbestimmung wird das erhaltene
Filtrat mit reiner Salpetersäure angesäuert, mit etwas
salpetersaurem Silber versetzt und die Flüssigkeit längere Zeit
bei Lichtabschluß gelinde erwärmt. Den Niederschlag von
Chlorsilber sammelt man auf einem kleinen Filterchen und
bestimmt ihn in üblicher Weise entweder als Chlorsilber oder als
metallisches Silber. Die maßanalytische Methode von Mohr gibt ungenügende Resultate.
Bestimmung des Kalkes, der Magnesia und des
Natrons. Man löst 100g des
Salpeters und 1g,5 Chlorkalium (zur
Zersetzung des Natriumnitrates) in etwa 100cc
Wasser unter Erhitzen in einer Platin- oder Porzellanschale auf
und gießt die Lösung unter Umrühren in etwa 500cc
reinen Alkohols von etwa 96 Proc. unter stetem Umrühren. Nach
dem Absitzen sammelt man den krystallinischen Niederschlag auf
einem gut ausgewaschenen Saugfilter und wäscht ihn mit Alkohol
unter stetem Absaugen aus. Das Filtrat wird zur Entfernung des
Weingeistes abdestillirt, der Rückstand in wenig Wasser gelöst
und nochmals mit Alkohol gefällt. Nachdem diese Operation noch
einmal wiederholt ist, hat man in der weingeistigen Lösung den
Gesammtgehalt an Kalk, Magnesium und Natron, neben so wenig
Kalisalzen, daß nun eine Trennung des Natrons ausführbar ist.
Enthält der Salpeter Sulfate, was jedoch selten der Fall ist, so
würde allerdings auch schwefelsaures Calcium durch den Alkohol
gefällt werden. Diese Lösung wird nun abgedampft, der Rückstand
mehrmals mit Salzsäure verdampft, um die Nitrate in Chloride
überzuführen, und in der filtrirten Lösung der Kalk durch
oxalsaures Ammonium, die Magnesia mittels Natriumphosphat
gefällt. Das Filtrat erhitzt man in einer Platinschale, um das
Ammoniak zu entfernen, fetzt einen oder zwei Tropfen
Eisenchloridlösung zu, neutralisirt mit Ammoniak oder
kohlensaurem Ammonium bis zu ganz geringer alkalischer Reaction,
erhitzt und filtrirt den aus basisch phosphorsaurem Eisenoxyd
bestehenden Niederschlag ab. Das Filtrat verdampft man zur
Trockne, verflüchtigt die Ammonsalze, scheidet das Chlorkalium
als Kaliumplatinchlorid ab, verdampft das weingeistige Filtrat
zur Trockne und zersetzt das Natriumplatinchlorid sammt dem
überschüssigen Platinchlorid durch vorsichtiges Erhitzen im
Wasserstoffstrom. Man zieht alsdann das Chlornatrium mit Wasser aus,
verdampft die Lösung zur Trockne und berechnet das Natron aus
dem gewogenen Rückstand.
Ein auf diese Weise untersuchter Salpeter zeigte folgende
Zusammensetzung:
Salpetersaures Kalium
99,8124
Salpetersaures Natrium
0,0207
Salpetersaures Magnesium
0,0093
Salpetersaures Calcium
0,0006
Chlornatrium
0,0134
Unlöslicher Rückstand
0,0210
Feuchtigkeit
0,1226
––––––––––
100,0000.
Zur Darstellung des Platins.
Die von Deville und Debray (1859 153 38) 154 130. 199. 287. 1862 165 198. 205) empfohlenen Methoden der Platindarstellung auf
trockenem Wege haben in die Platin-Industrie keinen Eingang
finden können, da sich der Anwendung derselben vielfache
Schwierigkeiten in den Weg stellten. Die Schmelzung des Platins
in größern Massen zu einem homogenen Ganzen ist keine leichte
Arbeit und bietet nicht immer die wünschenswerthe Garantie, daß
das Platin auch von sämmtlichen Verunreinigungen befreit wird;
auch haben die Legirungen des Platins mit dem Iridium und
Rhodium nicht genügende Verwendung gefunden. Daher wird bisher
noch überall die Darstellung des Platins auf nassem Wege
ausgeführt. Auf der Petersburger Münze wurde die Methode von Döbereiner angewendet, welche auf der
Annahme beruht, daß das Platin aus Lösungen, in denen es als
Chlorid enthalten ist, bei Ausschluß von Licht nicht durch Kalk
gefällt wird. Es hat sich jedoch gezeigt, daß diese Annahme
nicht richtig ist; es wird das Platin auch theilweise durch Kalk
gefällt, und das aus der Lösung gewonnene Platin ist nicht rein,
sondern noch mit Iridium gemengt. Bessere Resultate gibt das
Verfahren von Schneider (1868 190 118).
In der Fabrik von Heräus in Hanau wird
nach I. Philipp (Amtlicher Bericht
über die Wiener Weltausstellung, Heft 20 S. 999) folgendes
Verfahren befolgt. Das rohe Erz wird mit einem Gemisch von 1 Th.
Königswasser und 2 Th. Wasser in Glasretorten unter 314mm
Wasserdruck gelöst, die Lösung eingedampft und die trockene
Masse auf 125° erhitzt, bei welcher Temperatur das
Palladium- und Iridiumsalz zu Chlorür reducirt werden (aus der
ursprünglichen Lösung des Platinerzes in Königswasser erhält man
durch Salmiak stets einen rothen Iridium- und eisenhaltenden
Niederschlag). In der nun mit Salzsäure sauer gemachten und
geklärten Lösung entsteht durch Salmiak ein Niederschlag von
reinem Platinsalmiak, während Iridiumsalmiak sich beim
Eindampfen der Mutterlaugen abscheidet. Aus der nach der Fällung
des Platinsalmiaks verbleibenden Lösung werden die Metalle durch
Eisendrehspäne gefällt; der durch Salzsäure vom überschüssigen
Eisen befreite Niederschlag wird aufs Neue in Königswasser
qelöst; aus der Lösung erhält man durch Salmiak eine neue Menge
Platin- und Iridiumsalmiak. Der aus dem Platinsalmiak durch
Glühen erhaltene Platinschwamm wird gepreßt, alsdann in Stücke
zerbrochen und im Kalktiegel mit überschüssigem Sauerstoff
zusammen geschmolzen. Das meiste im Handel vorkommende Platin
ist nicht rein, sondern enthält, wie die russischen Münzen, bis
2 Proc. Iridium — eine Beimengung, welche das Platin
besonders geeignet für Geräthe macht.
Zur Darstellung der das Platin begleitenden Metalle, Palladium,
Rhodium, Ruthenium, Osmium und Iridium, werden, die bei der
Platindarstellung erhaltenen Mutterlaugen eingedampft, wobei
sich Iridiumsalmiak mit wenig Platin ausscheidet. Die
concentrirte Lauge wird einige Zeit bei Seite gestellt, vom
ausgeschiedenen Iridiumsalmiak getrennt, verdünnt und mit Zink
gefällt. Der Niederschlag wird mit Salzsäure digerirt, gewaschen
und geglüht. Königswasser löst aus demselben Palladium und eine
kleine Menge Gold auf, während unreines Rhodium zurückbleibt.
Die Lösung wird mit Ammoniak übersättigt und durch Salzsäure das
Palladium ausgefällt. Der Rückstand vom Auflösen des Platins,
der bei russischem Platin durchschnittlich gegen 8 Proc.
beträgt, wird, um ihn mürbe zu machen, geglüht, gemahlen und
geschlämmt, um den größten Theil von Eisen, Gangart etc. zu
entfernen. Der Staub, der jetzt noch 2 bis 3 Proc. vom
ursprünglichen Erz beträgt, wird mit gleichen Theilen eines
Gemisches aus Borax und Salpeter geschmolzen, bis die Masse
ruhig fließt. Nach Behandlung der zerriebenen Schmelze mit
Salzsäure und Wasser bleiben vorzugsweise die Platinmetalle
zurück. Dieselben werden mit der doppelten Menge Zink im
Graphittiegel legirt, die erhaltene Legirung wird zerstoßen und
gemahlen und durch Salzsäure vom Zink befreit. In Röhren aus
hessischem Thon mit gläsernen Vorlagen wird die Masse durch
Chlor aufgeschlossen. Man erhält auf diese Weise, neben einer
kleinen Menge Platin, Iridium- und Osmiumchlorid. Aus dem im
Wasserstoffstrome geglühten Rückstande wird durch Schmelzen mit
Aetzkali und Salpeter das Ruthenium ausgezogen.
Ueber den Lackmusfarbstoff; von Wartha.
Behandelt man den käuflichen Lackmus mit gewöhnlichem Weingeist,
so erhält man eine trübe, blauviolette Flüssigkeit, aus welcher
sich beim Kochen Indigo als feines Pulver absetzt, während ein
schön roth, oder bei manchen Sorten grün fluorescirender
Farbstoff, der gegen Säure indifferent ist, in Lösung bleibt.
Die auf diese Weise behandelten, zurückbleibenden Lackmuswürfel
werden nun mit destillirtem Wasser übergossen und mindestens 24
Stunden hingestellt, worauf die tiefgefärbte Lösung abgegossen
und auf dem Wasserbade eingedampft wird. Der zurückbleibende
Farbextract wird einigemale mit absolutem, etwas Essigsäure
enthaltendem Alkohol behandelt und weiter eingedampft, wodurch
das Wasser so vollständig entfernt wird, daß der trockene,
spröde Rückstand sich pulvern läßt. Das erhaltene braune Pulver
wird nun mit absolutem, essigsäurehaltigem Alkohol extrahirt,
wobei große Mengen eines scharlachrothen — mit Ammoniak
nicht blauen, sondern purpurroth
werdenden — ganz dem Orcëin ähnlichen Farbstoffes
entfernt werden. Dadurch wird der zurückbleibende
Lackmusfarbstoff so empfindlich, daß man damit die im
Brunnenwasser enthaltenen kohlensauren alkalischen Erden gerade
so genau titriren kann wie mit Cochenilletinctur, was mit der
nach der bisher üblichen Weise hergestellten Lackmustinctur
nicht ausgeführt werden konnte. Der in absolutem essigsaurem
Alkohol unlösliche braunrothe Farbstoff wird nun in Wasser
gelöst, filtrirt, im Wasserbade zur Trockne verdampft und
schließlich durch mehrmaliges Befeuchten mit reinem, absolutem
Alkohol und abermaligem Verdampfen jede Spur von Essigsäure
entfernt. Der nun zurückbleibende, spröde, zu einem braunen
Pulver leicht zerreibbare Körper ist der im Wasser mit
röthlichbrauner Farbe lösliche, höchst empfindliche
Lackmusfarbstoff. (Nach den Berichten der deutschen chemischen
Gesellschaft, 1876 S. 217.)
Ueber Resorcinschwarz; von Rudolf Wagner.
Das Resorcin, welches, seitdem es fabrikmäßig durch Schmelzen der
Benzoldisulfonsäure mit Kaliumhydroxyd dargestellt wird, die
Aufmerksamkeit der technischen Chemiker auf sich gelenkt, zeigt,
mit gewissen Reagentien zusammengebracht, eigenthümliche
Farbenerscheinungen, die den Beweis liefern, daß das Resorcin
nicht nur als Ausgangsproduct für die Darstellung des
Fluoresceïns und des Eosins von Interesse ist.
Versetzt man eine wässerige Lösung von Resorcin mit Kupfersulfat
und setzt dann so viel Ammoniak hinzu, daß der anfänglich
entstandene Niederschlag sich wieder auflöst, so erhält man eine
tiefschwarze Flüssigkeit, mit welcher Wolle und Seide schwarz
gefärbt werden kann, und die vielleicht auch als schwarze Tinte
zu verwenden ist. (Deutsche Industriezeitung, 1876 S. 4.)