Titel: Nebelsignale.
Fundstelle: Band 221, Jahrgang 1876, S. 129
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Nebelsignale. Mit Abbildungen auf Taf. III [d/1]. Nebelsignale. Theils wegen der beständig wachsenden Dringlichkeit der Anwendung von Nebelsignalen, theils wegen der Ueberlegenheit der in Amerika, sowohl an den Küsten von Canada wie der Vereinigten Staaten, benützten Nebelsignale wurden in England eingehendere Untersuchungen angestellt. Gegen Ende 1872 gingen Sir Frederik Arrow und Capitain Webb nach Amerika, um die Signaleinrichtungen an den amerikanischen und canadischen Seeküsten zu studiren; sie fanden dieselben allgemeiner und systematischer; es sind ja die Nebel in Amerika zu gewissen Zeiten außerordentlich vorwiegend. Sie fanden die Nebelsignale dort ebenso verwendet wie Licht und Bojen bei Hellem Wetter; man verläßt sich dort blindlings auf dieselben. Man kann sagen, daß während der Hälfte des Jahres der Nebel an den amerikanischen Küsten das Gewöhnliche ist, und daher können die Schiffer sich nicht durch ihn zurückhalten lassen. Unterstützt vom Board of Trade wurde eine besondere Commission ernannt, bestehend aus Admiral Collinson den Capitainen Drew, Were, Close und Atkins, welche mit Dr. Tyndall arbeiteten; als Secretär fungirte Edwards. South Foreland wurde zur Anstellung der Versuche ausgewählt, und dort wurde eine lange Reihe von Versuchen angestellt, welche als befriedigend gelten können, besonders weil allen Rechnungen die geringste Wirkung der Signale zu Grunde gelegt wird. Da nämlich die Wirksamkeit der Signale nach den vorliegenden Verhältnissen sehr stark wechselt, so darf blos die geringste Tragweite in Rechnung gesetzt werden. Ueber die Fortpflanzung des Schalles hat Tyndall lange Untersuchungen angestellt. Während der Nebel den Durchgang des Lichtes verhindert, bietet er der Fortpflanzung des Schalles sehr günstige Verhältnisse. Die Tragweite des Schalles schwankte zwischen 4,83 oder 6km,44 (am 19. Mai) bis 16,10 oder 20km,52 (am 1. Juli).Vgl. 1874 213 450. 1876 219 372. Weder die Stärke und Richtung des Windes, noch irgend welche andere meteorologische Verhältnisse konnten als Ursache dieser Erscheinung angesehen werden. An zwei anscheinend ganz ähnlichen Tagen konnte die Tragweite des Schalles ganz verschieden sein. Deshalb sind auf die Beobachtungen eines einzigen Tages gegründete Schlüsse trügerisch. Am 3. Juli konnten die Klippen des Vorgebirges auf 10mal so große Entfernung gesehen werden als am 1. Juli, der Schall dagegen war in ein Sechstel der Entfernung wie abgeschnitten. Um 2 Uhr Nachmittag konnten weder Geschütze, noch Trompeten die durchsichtige Luft auf 4km,83 Entfernung durchdringen, kaum auf 3km,22. Diese Undurchdringlichkeit entsprang aus einer Beimischung von Wasserdämpfen, welche durch die kräftige Sonne der Luft zugeführt waren. Diese ganz unsichtbaren Dünste bildeten eine für den Schall undurchdringliche akustische Wolke, von welcher die Schallwellen zurückgeworfen wurden, wie die Lichtwellen von einer gewöhnlichen Wolke. Da nun die Tragweite des Schalles an hellen und ruhigen Tagen von 4,02 bis 26km,56 schwankt, so muß in den Instructionen für Seeleute die kleinste Tragweite verwendet werden. Bezüglich jenes Zurückwerfens des Schalles berichtet Tyndall: „Die Luftschicht, welche sich bereits als so kräftig in Betreff des Auffangens des Schalles erwiesen hatte, lag jetzt vor uns. Die auf sie treffenden Schallwellen wurden uns von ihr mit überraschender Stärke wieder zugeworfen. Die nicht sichtbaren Apparate standen auf einer Klippe 72m über uns, die See war glatt und frei von Schiffen, die Atmosphäre ohne Wolke, und nirgends war ein Gegenstand zu sehen, welcher die beobachtete Wirkung hätte hervorbringen können. Von der vollkommen durchsichtigen Luft kamen die Echo, zuerst mit einer dem directen Schalle augenscheinlich nur wenig nachstehenden Stärke, dann allmälig und continuirlich hinsterbend. Diese Luftecho waren bei jedem Wetter (wolkig, heiter, stürmisch oder ruhig) vorhanden, wechselnd an Stärke und Dauer; an manchen Tagen erreichten sie bei vollkommen Hellem Himmel eine erstaunliche Stärke.“ Obwohl der Wind einen großen Einfluß auf die Tragweite des Schalles ausübt, so begleitet doch, nach Admiral Collinson, starker Wind selten einen dicken Nebel; überdies scheint der Schall quer durch die Windrichtung ganz gut zu dringen. Bei starkem Winde war es, so widersinnig es auch scheint, am besten, das Instrument gerade gegen den Wind zu richten, wobei der Wind den Schall nach der zu schützenden Gegend unter dem Winde trug. Regen machte bei Tyndall's Versuchen den Schall kräftiger; auch durch dichten Hagel hindurch konnte das Horn und die Sirene deutlich gehört werden; als aber der Hagel nachließ und sich so das durch ihn veranlaßte örtliche Geräusch verminderte, war der Schall in 12km entschieden lauter zu hören, als bei regenfreier Atmosphäre bei 12km Entfernung. Da nach Tyndall's Versuchen bei nebeligem Wetter die Luft, worin der Nebel schwebt, im höchsten Grade gleichartig ist, so ist es sehr wahrscheinlich, daß die Signale bei Nebel auf weit größere Fernen, als angegeben, wirksam sind. Tyndall faßt den Nebel als Folge einer Verdichtung auf, welche die wirkliche Schranke der Schallfortpflanzung beseitigt, jene Schranke, welche der Wasserdampf bildet, wenn er der Luft so beigemischt ist, daß er sie flockig und trübe macht. Prof. Henry, der Vorsitzende des United States Lighthouse Board, berichtet: „Die Erscheinungen, welche an verschiedenen Stationen beobachtet wurden, zeigen einen großen Wechsel in der Schallstärke während der Annäherung an eine Station und der Entfernung von derselben. Ein aus Südwest sich Whitehead näherndes Schiff vernahm das Nebelsignal aus einer 254mm weiten Dampfpfeife deutlich in etwa 9km,65 Entfernung von der Station, und es stieg die Schallstärke bis zu etwa 4km,83 Entfernung; hier aber verschwand der Schall plötzlich und wurde erst wieder hörbar, als das Schiff sich innerhalb 0km,40 von der Station befand; das Nebelsignal war jedoch während der ganzen Zeit gegeben worden.“ Dies ist eine sehr bedenkliche Erscheinung. Bezüglich des Einflusses der Tonhöhe auf die Tragweite des Schalles gibt man tiefen Tönen entschieden den Vorzug vor schrillen. Aehnlich pflanzen sich die langsamen, langen Wellen des rothen Lichtes am weitesten fort, und bei Nebel erscheint andersfarbiges Licht bei wachsender Entfernung immer röther und röther, indem die andern Strahlen des Spectrums in stärkerm Maße verloren gehen wie die rothen. Als Schallerzeuger dienen Lufthörner oder Trompeten, Dampfpfeifen, die Sirene und Geschütze oder auf verschiedene Weise bewirkte Explosionen. Lufthörner und Trompeten (Fig. 15) wurden einige Jahre an den englischen Küsten benützt (vgl. 1869 194 171) und bei den Versuchen mit andern Instrumenten verglichen. Das Horn ist aus Messing, 2m,59 lang, 76mm Durchmesser am Mundstück, etwa 585mm an der Mündung. Es hat eine Stahlpfeife (Fig. 16 und 17) von 280mm Länge, 76mm Weite und 6mm Dicke, ist auf den Grundton der Trompete gestimmt und ertönt bei 1k,3 Luftspannung. Die Pfeifen waren verschieden: die amerikanische, die canadische, die von Holmes und Bayley in zwei Größen, G und H (Fig 18). Die Hauptgröße war 305mm Durchmesser; sie wurden mit Dampf von etwa 5at Druck betriebest. Die Sirene (Fig. 18) kann als eine Art Dampftrompete bezeichnet werden. Der Schall wird dadurch erzeugt, daß Dampf von etwa 5at Spannung durch die Oeffnungen hindurch geblasen wird, welche entstehen, wenn eine Scheibe mit radialen Schlitzen sich schnell über einer ähnlichen, aber festliegenden Scheibe (Fig. 19 und 20) in der Trompete dreht; die wirksamste Geschwindigkeit beträgt 2400 bis 2800 Umdrehungen in der Minute. Die Trompete ABC ist aus Gußeisen. Nach F. Arrow's Berichte über die Versuche erwiesen sich die Pfeifen als den andern Instrumenten merklich nachstehend. Die canadische war besser als die amerikanische; alle aber zeigten den Fehler, daß sie einen betäubenden Ton von localem Charakter von sich gaben, was damit stimmt, daß scharfe Töne nicht am leichtesten in die Ferne getragen werden. Eine aufrechte Pfeife wurde am besten in ihrer eigenen Horizontalebene gehört. Die Trompeten sind besser als die Pfeifen und mögen weiter benützt werden. Die Sirene ist aber bei weitem das kräftigste Instrument; Tyndall bezeichnet sie als besonders kräftig, wenn locale Geräusche zu überwinden sind, wie Wind, Takelwerk, Brechen der Wellen, Uferbrandung und Rasseln der Kiesel; alle solche Geräusche übertöne sie noch, wenn andere Instrumente unterlägen. Selbst auf Raddampfern würde sie auf 4km,83 Entfernung vernommen und meist noch weiter. Die Kanone scheint minder geeignet wie die Sirene, andere Geräusche zu überbieten. Doch braucht die Sirene mehr Kohlen und Wasser als die Pfeifen. Unvortheilhaft ist es, die Schallinstrumente oder Kanonen aus Bronze oder Messing zu machen. Diese Metalle vibriren und erzeugen einen heftigen localen Schall; die auf diesen verwendete Kraft scheint aber der Schallwelle entnommen zu werden, welche in der gewünschten Richtung fortgepflanzt wird, und deshalb sind eiserne Instrumente und Geschütze vorzuziehen. Ueber die Geschütze berichtete Major Maitland, Unterdirector der kgl. Geschützfabrik, welcher diesen Theil der Versuche leitete. Da die Geschütze einen deutlichen einzelnen Schall geben, welcher leicht von dem langgezogenen Tone der Sirene unterschieden werden kann, so war es wünschenswerth, ein combinirtes System ihrer Benützung aufzustellen. Am vollkommensten scheint es zu sein, wenn man Sirenen am Bord von Lichterschiffen, Geschütze an Land benützt. Der Geschützfabrik wurde die Aufgabe gestellt, den am weitesten reichenden Schall mit einer dreipfündigen Pulverladung hervor zu bringen und zwei Mann in den Stand zu setzen, während eines lange anhaltenden Nebels das Feuern in Pausen von nicht mehr als 5 Minuten zu unterhalten. Zu diesem Behufe wurde ein Geschütz mit sich drehender Kammer (Fig. 21) entworfen. Die Kammern liegen radial, sind 178mm tief und 127mm im Durchmesser; die horizontale Scheibe, worin sie liegen, kann durch kräftige Schrauben so dicht als nöthig an das Rohr gepreßt werden. Die Verbindungsstelle wird durch einen Stahlring geschlossen, ähnlich wie bei dem Ventil einer hydraulischen Presse. Das Abfeuern erfolgt durch ein gewöhnliches Röhrchen, welches nur eindringen kann, wenn die Kammer in der richtigen Stellung für das Abfeuern ist. Maitland bemerkt, daß die Stärke des Schalles, welcher durch das Abfeuern eines Geschützes hervorgebracht wird, in irgend einem Punkte vor der Ebene der Mündung des Geschützes weit größer ist als in dem entsprechenden Punkte hinter derselben Ebene, was er auf Rechnung einer seitlichen Welle schiebt, welche durch den Widerstand der Atmosphäre gegen den plötzlichen, durch die Explosion der Ladung erzeugten Strahl des sich ausdehnenden Gases hervorgerufen wird. Maitland erörtert die sehr interessante Frage nach der besten Form, welche der erweiterten Mündung eines Geschützes gegeben werden kann, rücksichtlich der Fortpflanzung des Schalles in der Richtung, nach welcher das Geschütz gerichtet ist. Beim Schalle wie beim Lichte muß ein Reflector, welcher die von einem Punkte ausgehenden, an ihn kommenden Wellen parallel, gewissermaßen als einen Schallstrahl, zurückwerfen soll, parabolische Form haben, und jener Ausgangspunkt muß der Brennpunkt der Parabel sein. Da nun die an die Seiten der Glockenmündung auffallenden Schwingungen nicht in dem Brennpunkte oder in einem andern Punkte des Raumes erzeugt werden können, so ist schwer, genau zu entscheiden, welche Curve die beste ist. Eine conische Mündung erschien seither ganz wirksam, doch muß offenbar eine größere Annäherung an die Parabel den besten Erfolg geben. In Fig. 22 bis 26 sind die Querschnitte von verschiedenen, einem Versuche unterworfenen Mündungsformen abgebildet, nämlich die gußeiserne vollwandige Kanone, gußeiserner weiter Conus, gußeiserner enger Conus und Parabel. Bei den Geschützsignalen wurden auch Ladungen mit Schießbaumwolle probirt, mit oder ohne Schallreflectoren. Die Wirkung bei Ladungen von 114g war folgende: Reihenfolge bei 100 bis 1600 1900 bis 4400 5000 Yards Vollwandige Kanone 5 6 5 Weiter Conus 4 4 6 Enger Conus 3 5 4 Parabel 6 3 3 Schießbaumwolle, in einem Reflector 1 1 1 Schießbaumwolle, offen 2 2 2. Hiernach ist der Knall von 114g Schießbaumwolle bis zu 5000 Yards (zu 914mm) Tragweite unveränderlich deutlicher als von derselben Pulverladung. Da jedoch die Vergleichung bei gleichen Gewichten kaum zweckmäßig ist und meist die Kosten der verwendeten Materialien zu berücksichtigen sind, so wurden umfänglichere Versuche mit Ladungen von gleichem Preise und auf größere Entfernungen angestellt. Am 2. Mai ergaben sich, bei 4km Tragweite, aus 17 Versuchsreihen folgende Zahlen: k Reihenfolge Bronze- 12 pfündige Haubitze, 1,36 Pulver, L. G. 1 Gußeisen- 24 1,36 2        „ 18 Kanone, 1,36 3 Schießbaumwolle, offen, 454g 4               „ 680g 5. Der durch Schießbaumwolle erzeugte Knall ist, wie Abel darlegte, welcher ihre Prüfung vorschlug, sehr scharf und innerhalb einer gewissen Entfernung gut zu hören, aber wie die höheren Töne von Pfeifen wird er nicht auf so große Entfernungen fortgepflanzt wie der Knall von Kanonen. Daß der Knall von 454g für lauter angesehen wurde als der von 680g, ist erklärlich, weil der Unterschied nur gering war und so eine Täuschung im Urtheil vorkommen konnte. Das Bronzegeschütz schlug das eiserne, weil der 24-Pfünder anscheinend zu groß war, als daß die Ladung ihre größte Wirkung haben konnte. Gelegentlich wurden 17 Versuchsreihen mit folgenden Geschützen gemacht: Geschütz und Ladung. Reihenfolge Gußeisernes, parabolisches, Papiermachépfropf, 114g 1 Bronze, 12 pfündiger Mörser, Holzklotz, 142 2 Tauendenpfropf, 142 3. Alle Beobachter erklärten dabei den Knall der parabolischen Kanone für den kräftigsten. Deshalb wurde diese Mündungsform und als Metall das Eisen vorgezogen. In Figur 27 endlich ist eine Revolversignalkanone mit parabolischer Trompetenmündung abgebildet, welche in der kgl. Kanonenfabrik soeben fertig geworden ist. A ist eine Art Schloß, B das Zündloch, C, C die Kammern. (Nach dem Engineer, Januar 1876 S. 37.) E–e.

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