Titel: | Ueber chinesische Porzellanfabrikation; von Dr. Arnold Heintz, Director der Ofen-, Chamotte- und Thonwaaren-Fabrik Osterfeld bei Naumburg a. S. |
Autor: | Arnold Heintz |
Fundstelle: | Band 221, Jahrgang 1876, S. 157 |
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Ueber chinesische Porzellanfabrikation; von Dr.
Arnold Heintz, Director der
Ofen-, Chamotte- und Thonwaaren-Fabrik Osterfeld bei Naumburg a. S.
Heintz, über chinesische Porzellanfabrikation.
Wenn die Entwicklungsgeschichte der Thonwaarentechnik nicht immer klar und sicher
sich verfolgen läßt, so bietet vornehmlich die edelste Repräsentantin der Keramik,
die Porzellanindustrie, des Merkwürdigen viel in ihrem Lebenslauf. Europa, die sonst
bevorzugte Pflanzstätte der Cultur, der Künste und Wissenschaften, verdankt seit
noch nicht zwei Jahrhunderten den Experimenten eines Alchymisten die Fabrikation des
harten Feldspath-Porzellans, – seine Wiege fern im Osten, das
himmlische Reich, kannte
seit fast zwei Jahrtausenden ein gleiches Fabrikat, und bis vor wenigen Jahrzehnten
glaubte man sogar irrthümlich, daß schon im 18. Jahrhundert vor Chr. Geb. Porzellan
in China gemacht wurde. Es waren nämlich kleine Porzellanfläschchen in ägyptischen
Gräbern gefunden, welch letztere unzweifelhaft von so hohem Alter waren. Julien gibt in seinem näher zu besprechenden Werke
Abbildungen dieser Gefäße und beweist ausführlich, daß die auf ihren Inschriften
benützten Buchstaben einer erst um das Jahr 40 v. Chr. erfundenen Schrift angehören.
Derselbe Kenner des Chinesischen betont mit Rücksicht auf die sonst so pünktliche
und ausführliche Geschichtsschreiberei der Chinesen, daß bis nach 200 v. Chr. das
Porzellan mit keiner Silbe erwähnt wird, und gelangt nach gründlichen
Auseinandersetzungen dazu, in den Zeitraum von 185 vor bis 87 nach Christo die
Entstehung des Porzellans zu setzen.
Interessanter jedoch als diese Streitfrage ist wohl die Kenntniß dessen, was wir über
die Einzelheiten der Herstellung des Porzellans und über die weite Verbreitung
dieser Industrie in China wissen. Hierüber belehrt uns eingehender als die Berichte
europäischer Reisenden die chinesische Literatnr. Der Pariser Gelehrte Stanislas Julien hat uns das aus derselben Wissenswerthe auf
Veranlassung von Ebelmen, früherem Director der
Porzellanmanufactur von Sèvres, zugänglich gemacht durch die Histoire et fabrication de la porcelaine chinoise, ouvrage
traduit du chinois; in den Augen des Technikers wird der Werth des ca. 400
Seiten umfassenden Werks wesentlich erhöht durch den Commentar, welchen ihm Alphonse
Salvétat beigegeben hat. Es sei deshalb
gestattet, hiermit einen kurzen Bericht aus Julien's Werk
zu liefern.
In der Pariser Bibliothek fand Julien vier chinesische
Bücher, welche das Porzellan eingehend besprechen:
Erstens die Geschichte des Districts Fëuliang, worin zahlreiche
Porzellanfabriken liegen (zuerst 1825 veröffentlicht), widmet in ihrer 1823
erschienenen 21. Ausgabe dem Gegenstand 72 Seiten, deren Inhalt von Julien vollständig gegeben wird.
Zweitens behandelt eine chinesische Gewerbekunde aus dem J. 1637 neben Seidenbau,
Färberei, Papier-, Zucker-, Glasfabrikation auch das Porzellan.
Drittens ist ein um die Mitte des vorigen Jahrhunderts erschienenes Handbuch der
chinesischen Keramik ausschließlich gewidmet und beschreibt u.a. die ältesten
chinesischen Töpferwaaren aus der Zeit der Kaiser Yas und
Chun 2357 bis 2205 v. Chr. (Andern Orts nennen
chinesische Chronisten
den Kaiser Hoangti um 2700 v. Chr. als Erfinder der
Töpferei.)
Viertens liefert die 1815 herausgegebene Geschichte „des Porzellans von
Kingtetschin“ – Kingtetschin-thao-lu –
als ausführlichste Quelle den Hauptstoff zu Julien's
Uebersetzung. Aus den beiden Briefen, welche der Missionär D'Entrecolles 1712 und 1722 mit Benützung einer ältern Ausgabe der
Geschichte von Fëuliang geschrieben, werden häufig Stellen zum Vergleich mit
der chinesischen Schilderung angeführt. Kingtetschin ist einer der Hauptorte
chinesischer Porzellanfabriken, etwa in der Mitte zwischen Macao und Canton südlich,
und Peking nördlich gelegen. Mit Hilfe einer beigefügten Specialkarte zählt uns Julien aus sämmtlichen chinesischen Provinzen die
wichtigsten bekannten Porzellanfabriken auf mit ihrer Betriebsdauer, Merkmalen der
Fabrikate u.s.w.
Der Raum, über welchen die chinesischen Porzellanfabriken zerstreut liegen, erstreckt
sich nicht über das ganze Reich der Mitte, sondern wird so ziemlich durch folgende
Linien begrenzt: von Peking ca. 300 deutsche Meilen weit nach Südwesten bis Yünnan;
dann 150 Meilen gerade östlich, den Wendekreis des Krebses verfolgend, bis Macao,
Canton und Hongkong, von hier bis Peking im Norden, eine Entfernung von ca. 280
Meilen, und bildet das nordchinesische Meer im Osten die Grenze. Bei Peking erreicht
dieser gewaltige Porzellandistrict mit seiner Nordspitze die Breite zwischen
Sicilien und Neapel. Endlich wird auch auf der zwischen Peking und Japan liegenden
Halbinsel Corea Porzellan gemacht; doch scheint die Industrie hier nicht sehr
bedeutend zu sein.
Das oben bezeichnete Dreieck umfaßt folgende Provinzen: 1) Petschili mit 5; 2)
Kiangnan mit 5 : 3) Chansi mit 5 Fabriksorten, deren einer viel craquelirte Waare
producirt; 4) Chantong mit 2; 5) Honan mit 13 Fabriksorten, davon ist
Jou-tschëu wegen seines Blaugeschirrs berühmt, und Sin-p'ing
ist der älteste Porzellanfabrikationsplatz, welcher von der Geschichte erwähnt wird
und jedenfalls vor 87 nach Chr. schon im Betrieb war; 6) Schensi mit 4; 7)Kansu mit
einem; 6) Tschekiang mit 8; 9) und 10) Setschuën und Kuangtong mit je einem;
11) und 12) Fokiën und Hunan mit je 2; endlich 13) Kiangsi mit 8
Fabriksorten, worunter als wichtigster, im Bezirk Fëuliang: Kingtetschin;
hier war die Porzellanfabrikation bereits seit dem 6. Jahrhundert heimisch, gelangte
aber zur Blüthe erst, seitdem zwischen 1004 und 1007 eine große kaiserliche
Manufactur daselbst errichtet wurde. Der Missionär D'Entrecolles schätzte die Bevölkerung von Kingtetschin auf 1 Million, die
Brennöfen auf dreitausend. Die aus dichtbewohnten Häusern bestehenden, engen
Straßen sind regelmäßig geradlinig angelegt und während des ganzen Tages vom
lärmenden Volksgetümmel erfüllt.
Was nun die Geschichte unseres Gegenstandes betrifft, so müßten wir dieselbe
verfolgen an der Hand der chinesischen Zeitrechnungsperioden, welche nach den
einzelnen Kaiserfamilien bezeichnet werden.
Unter den Tsin (265–419) begegnen wir zuerst blauem
Porzellan; es unterliegt keinem Zweifel, daß die Färbung durch Kobalt hervorgerufen
wurde. Unter der Dynastie der Sui (581–618) kannte
man bereits grüne Farbe auf Porzellan. – Zur Zeit des Kaisers Schi-zong (954–959) fabricirte man
Porzellane, die gut craquelirt, „dünn wie Papier, blau wie der Himmel nach
einem Regen, schimmernd wie ein Spiegel“ waren. Die Fabrikate dieser
Periode haben lange ein bedeutendes Renommée bewahrt, ja voll Begeisterung
ruft ein Schriftsteller aus: „ihre Strahlen hätten einen Pfeil abprallen
lassen!“
Unter den Song (960–1279) arbeiteten die berühmten
Porzelliner-Familien Tschang und Schu. Aus dieser Zeit wird neben vorwiegend schön weißem
Geschirr auch violettes erwähnt; Salvétat
vermuthet, dasselbe habe eine manganhaltige Bleiglasur gehabt. Ferner wurde seitdem
ein dünnschaliges, mattschwarzes Porzellan gebrannt, dessen Oberfläche mit
gelblichen Perlen oder Tröpfchen besäet schien.
Die weitern, sehr ausführlichen historischen Einzelheiten laufen bis zum Ende des
vorigen Jahrhunderts, bieten indeß dem Techniker weniger Interessantes als dem
Kunstsammler; für letztern gewiß sehr werthvoll ist das lange Verzeichniß
Fabrikmarken, welches Julien in der Vorrede (S. 39 bis
50) angibt. – Wir gehen über zu den Mittheilungen über die Rohstoffe und über
die einzelnen Manipulationen des Porzellanbetriebes bei den Chinesen.
Es ist bekannt, daß die Masse aus den strengflüssigen Thonsorten, die jetzt allgemein
Kaolins heißen, und aus Feldspath zusammengesetzt wird.
„Kao-lin“ ist eigentlich der Name eines östlich bei
Kingtetschin gelegenen Gebirges mit Feldspathgestein, aus dessen Zersetzung
Porzellanerde hervorgegangen ist. Uebrigens ist bei den Chinesen das Wort Kaolin
durchaus nicht wie bei uns stehender Ausdruck für Porzellanerde geworden, welche sie
häufig mit „Zethou“ oder noch anders bezeichnen. Um die
Bestandtheile chinesischer Rohmaterialien zu erforschen, benützte Salvétat hauptsächlich die Proben, welche von dem
getauften Chinesen Joseph Li (vgl. 1851 121 122) und von Itier, einem Mitglied der französischen
Gesandtschaft in China, nach Paris gesendet worden waren. Folgende sind die Analysen
zweier geschlämmten Thone, I von Tongkang, II von Sikang,
denen unter a und b die sehr
ähnliche Zusammensetzung von Kaolinen aus St. Yrieix bei Limoges beigefügt ist; letztere sind bekanntlich
die aus Pegmatit entstandenen Porzellanthone, welche in Sèvres verwendet
werden.
I
a.
II
b.
Glühverlust
11,2
12,62
8,2
7,2
Kieselsäure
50,5
48,37
55,3
56,9
Thonerde
33,7
34,95
30,3
31,6
Eisenoxyd
1,8
1,26
2,0
0,5
Kalk
0
0
0
0,5
Magnesia
0,8
Spur
0,4
0
KaliNatron
1,90
2,4
1,12,7
3,4.
Die chinesische Porzellanerde enthält in natürlichem Zustande unzersetzte
Feldspath-, auch Quarz- und Glimmer-, zuweilen
Schwefelkiestheilchen. Sie wird davon durch Aufschlämmen in Wasser und Seihen durch
Siebe befreit und der Schlamm entwässert in einem großen Kasten, dessen Boden von
schwach gebrannten Backsteinen gebildet wird. Auf diese wird ein großes,
engmaschiges Tuch gedeckt, der Schlamm darauf gethan und fest in das Tuch
eingeschlagen. Dann schichtet man eine neue Lage poröser Ziegel darüber und wickelt
wiederum eine Portion Schlamm in Zeug ein u.s.w. Alexander Brongniart macht dazu die Bemerkung, daß wir hier eigentlich das Urbild
einer Filterpresse vor uns haben. Die so entwässerte Masse wird zu viereckigen
Schollen oder Steinen geformt. Solch ein Formstein, gleichviel aus welchem Stoff, heißt „Tun“ und mit der
Verkleinerungsendung: „Tuntse.“
„Pe“ bedeutet: weiß, also Petuntse:
„Weißsteinchen“. Da nun die Feldspathe von den Chinesen
ebenfalls in solcher Form verhandelt werden, ward es gebräuchlich, unter Petuntse
überhaupt den chinesischen Porzellan-Feldspath zu verstehen.
Dieser Feldspath wird mit Picke und Hammer gebrochen und klein geschlagen, in Mörsern
mit Handstößern oder auch mittels Pochmühlen gepulvert, die vom Wasser getrieben
werden. Von dem pulverisirten Stein wird das Feinste abgeschlämmt und, wie es oben
beim Kaolin beschrieben, zu „weißen Briquettes“ geformt, der
gröbere Bodensatz weiter zerkleinert. So kamen denn auch die aus China bezogenen
Feldspathproben theils als Handstücke von derbem, massigem Gestein, theils als
ziegelförmige Klumpen von sehr zartem, mehr oder weniger weißem Pulver; von
nachfolgenden AnalysenAnnales de chimie et de physique, Bd. 31.
Salvétat's beziehen sich 1, 3, 5, 7, 10 auf roh,
2, 4, 6, 8, 9 und 11 auf pulverisirt übersendete Spathe. Nr. 9 ist ein für die
praktische Verwendung hergestelltes Gemisch zweier verschiedenen Spathe, und schließlich stehen unter
12 die von Salvétat für den Pegmatit von St.
Yrieix angegebenen Zahlen.Vgl. auch Kalmann's Analysen von chinesischen
Porzellanerden und Glasurmassen, 1876 220
445.
1.
2.
3.
4.
5.
6.
Glühverlust
2,94
3,05
3,10
3,05
3,76
3,25
Kieselsäure
76,20
76,26
74,90
75,00
76,30
76,41
Thonerde
13,60
14,20
14,00
14,15
13,15
13,90
Eisenoxyd
Spur
Spur
0,80
0,10
0,85
0,90
Manganoxyd
„
0,35
0,20
Spur
0,30
Spur
Kalk
0,12
Spur
Spur
0,12
Spur
0,35
Magnesia
Spur
„
„
0,15
„
Spur
Kali
3,28
3,00
3,00
3,10
3,10
3,00
Natron
5,05
4,00
3,90
3,04
2,17
2,50
7.
8.
9.
10.
11.
12.
Glühverlust
2,4
2,4
2,6
2,0
2,5
0,40
Kieselsäure
74,7
77,0
74,4
75,4
73,6
76,10
Thonerde
15,9
15,7
15,0
16,0
17,8
15,37
Eisenoxyd
–
–
Spur
0,1
–
0,13
Manganoxyd
0,1
–
–
Spur
Spur
–
Kalk
0,1
0,2
0,1
0,4
0,5
0,17
Magnesia
0,2
–
–
Spur
0,1
Spur
KaliNatron
6,4
4,7
6,9
6,0
5,5
2,84 4,58
Die Mischung der Porzellanerde mit dem Feldspath wird in der Weise geschildert, daß
Briquettes beider Stoffe im beabsichtigten Mischungsverhältniß in großen Mörsern
andauernd gestampft und dann wiederholt in Wasser aufgeschlämmt und decantirt
werden. Den resultirenden feinsten Schlamm gießt man in längliche, flache
Trosenbassins, welche dicht an dem Brennofen aufgemauert sind, um die Hitze
derselben mit zu benützen. Will man zur Versendung oder Verkauf Briquettes (Tuntse)
fertiger Porzellanmasse herstellen, so geschieht dies ebenso, wie bei der
Porzellanerde oder dem Feldspath für sich allein. Das Mischungsverhältniß ist ein
sehr verschiedenes; für die feinsten Porzellane scheinen in der Regel beide
Rohstoffe zu gleichen Theilen gemengt zu werden; für die geringern Sorten (was damit
zusammenhängen mag, daß die Chinesen in den Brennofenraum von schwächerer Hitze
geringwerthige Waare einzusetzen Pflegen) wird angegeben, daß man stets mehr
Feldspath zusetze. Indeß fand Salvétat durch
Analyse verschiedener Qualitäten chinesischen Porzellans dies nicht deutlich
bestätigt, sondern nur, daß mit steigender Güte der Eisengehalt abnahm:
Textabbildung Bd. 221, S. 162
Qualität; Kieselsäure; Thonerde;
Eisenoxyd; Kalk; Magnesia; Spur; Manganoxyd; Kali; Natron.
Soll nun die Masse zum Formen fertig gemacht werden, nachdem sie in der Regel lange
Zeit, bisweilen hundert Jahre, dem Faulen überlassen, so wird sie durch Kneten,
Treten und Schlagen sorgfältig durchgearbeitet. Das Formen geschieht durch Drehen
auf der Scheibe, aus freier Hand, oder mit Hilfe von Formen. Nach dem chinesischen
Text, sowie den beigefügten Abbildungen, sind diese Operationen den bei uns
geläufigen ziemlich ähnlich. Die Scheibe wird entweder vom Dreher selbst mit den
Füßen bewegt, oder ein Gehilfe treibt dieselbe; dann ist häufig die Antriebsscheibe
an ihrem äußern Rande mit vorspringenden Zähnen versehen, welche der Gehilfe mit den
Füßen stößt, während er mittels eines von oben herabhängenden Seils sich in
hüpfender Bewegung erhält. Oder aber er sitzt neben dem Dreher und setzt durch einen
langen, um die Scheibe geschlungenen Strick dieselbe in Rotation; auch kommt es vor,
daß der Dreher allein, ganz wie es noch heutzutage im Nassau'schen Kannebäckerlande
bei Coblenz geschieht, jedesmal vor dem Formen mit einem langen Stock die
Schwungschweibe in rasche Umdrehung versetzt.
Wenn mehrere Stücke vereinigt werden, kittet sie der Chinese mit Schlicker an
einander. Zu bewundern ist es, daß die Chinesen Geschirre von so außerordentlich
dünner Schale herstellen, ohne das Gußverfahren anzuwenden, welches in Europa
allgemein bekannt ist.
Das Abdrehen und Nachformen der lederharten Werkstücke mittels Stegen, Modellen und
allerlei Putzinstrumenten ist in China durchweg üblich.
Ein wesentlicher Unterschied des chinesischen Verfahrens von der europäischen
Betriebsart ist, daß in China das Geschirr vor der Glasur nicht verglüht, sondern
letztere direct auf die ungebrannten Werkstücke aufgetragen wird, und zwar oft (oder
sogar gewöhnlich), ehe die Formung vollendet ist. Man läßt nämlich den Tassen,
Krügen oder Vasen als unteres Ende eine Art Stiel oder Griff von Porzellanmasse;
denselben entfernt man nach Auftragen der Glasur in der Weise, daß an seiner Stelle
der Fuß ausgeformt wird. Die Fabriken von Lischui und Longtsiuën sind die
einzigen, bei denen die Glasur nach dem Brande
aufgetragen wird.
Wie die chinesische Porzellanmasse merklich leichtflüssiger als die europäische ist,
so sind es auch die Glasurstoffe; letztere werden aus Feldspath und Kalk gemischt.
Die Zusammensetzung zweier gebrannter Glasuren wurde gefunden, wie folgt:
Kieselsäure
68,0
64,1
Thonerde
12,0
10,2
Eisenoxyd
Spur
Spur
Kalk
14,0
21,0
Alkali
6,0
5,1.
Ein compacter Kalkstein wird mit Farrenkräuterschichten abwechselnd aufgesetzt und
gebrannt, das Product mit Wasser ausgezogen und nach Zuschlag von etwas Gyps durch
wiederholtes Abschlämmen vom Bodensatz gereinigt. Salvétat bezweifelt, daß die Asche jener Pflanzen und der Gyps von
chemischer Wichtigkeit oder Unentbehrlichkeit dabei seien, die ihnen die
chinesischen Quellen beilegen.
Nachdem das Kalkwasser mit feinem Feldspath zu einem dünnen Schlamm gemischt ist,
wird derselbe durch Eintauchen und Begießen aufgetragen. Sind indessen die Geschirre
zu dünn, um diese Proceduren aushalten zu können, so nehmen die Chinesen ein
Schilfrohr von 26mm Weite und 183mm Länge, dessen eines Ende mit Gaze
überspannt ist und in den Glasurschlicker eingetaucht wird; dann bläst man durch das
andere Rohrende die Glasur gleichsam wie einen feinen Thau auf die Geschirre und
wiederholt dieses Blasen je nach Bedürfniß.
Es geht dem Glasiren sehr häufig ein Bemalen, am meisten die Blaumalerei, voraus. Zur
letztern benützt man einheimische kobalthaltige Manganerze und neuerdings
europäische Kobaltpräparate, die auf dem Seewege bezogen werden. Nach Salvétat enthielt eine Probe Blauerz von
Yünnan:
Kieselsäure und unlösl. Rückstand
37,46
Kupferoxyd
0,44
Thonerde
4,75
Kobaltoxyd
5,50
Manganoxyd
27,50
Eisenoxyd
1,65
Kalk
0,60
Magnesia, Arsen, Nickel
Spuren
Glühverlust
20,00.
Die chinesischen Kobalterze werden nach äußerlichen Kennzeichen sortirt, dann im
Porzellanfeuer geglüht, kleingeschlagen, mit kochendem Wasser einigemal abgewaschen und
durch lang anhaltendes Stoßen im Mörser naß gepulvert.
Wir haben ferner die mit Hoachy bezeichneten Mineralien zu erwähnen; bald sind dies
unreine, fette Thone, welche zur
Pâte-sur-Pâte-Arbeit benützt werden, bald sind es
magnesiareiche Steinarten, welche der Glasur beigemischt craquelirte Geschirre
liefern.
Hoachi von Koan-si und von
Su-chuen.Annales de chimie et de physique, Bd.
31.
Glühverlust
16,5
15,52
Kieselsäure
48,0
45,0
Thonerde
32,0
37,1
Magnesia
2,5
2,1
Eisenoxyd
Spur
1,2
Kalk
„
Spur
Alkali
1,0
0,52.
Der von Itier gelieferte Hoachy enthält als in Säure
lösliche, geringe Beimengung die Bestandtheile des Dolomit. Das Unlösliche von
Kieselsäure
60,79
Proc.
Kalk
10,25
„
Magnesia
26,50
„
Thonerde und Eisenoxyd
0,40
„
Glühverlust
1,27
„
entspricht einem Gemenge von weißem Amphibol und Steatit,
vorwiegend wasserhaltigem Magnesiumtrisilicat.
Diese craquelirten Waaren erzielen die Chinesen auch noch auf andere Art; sie tauchen
nämlich scharf getrocknete und etwas erwärmte Geschirre rasch auf einen Augenblick
in kaltes Wasser. Diese Stücke sind nach dem Brande ebenfalls von dem so beliebten
dichten Netz feiner Risse bedeckt.
Die Herstellung und Anwendung der Kapseln ist dem europäischen Brauch ähnlich;
besonders feuerfest sind die Kapsein gerade nicht, da sie selbst im günstigen Falle
nicht über zehn Brände aushalten. Beim Einkapseln berühren die Chinesen ihr Geschirr
nicht mit den Fingern, sondern hantiren es mittels einer Schnur; die Enden derselben
werden über Kreuz in der einen Hand, eine zweizinkige hölzerne Gabel, woran die
Schnur befestigt ist, mit der andern Hand gehalten.
Die Brennöfen ähneln den alten Wiener Porzellanöfen, den Nassauer Steinzeugöfen. Als
übliche Maße werden angegeben: Höhe 3m,15,
Breite 3m, 15, Länge 6m,30, Höhe des Schornsteins 6m,30. Im Ofengewölbe, das stark genug ist,
um auch während des Brandes bestiegen zu werden, befinden sich mehrere Oeffnungen, durch welche
der Brand beobachtet, das Feuer geführt und Probe gezogen wird. Ist das Einsetzen
durch die dem Schornstein gegenüber, d.h. am andern schmalen Ende, gelegene Thür
vollendet, so wird diese zugemauert bis auf eine kleine Oeffnung, durch welche das
Brennholz (meist Kiefern) während des ganzen Brandes hinein geworfen wird. Dem
Feuerraum zunächst, gewissermaßen an Stelle unseres „Ständers“,
stehen häufig ungebrannte, leere Kapseln, dann folgen dicke Werkstücke aus schwerer
schmelzbarer Porzellanmasse, in der Mittelpartie des Ofens feines Porzellan, und am
Ende, dem Schornstein zu, wieder geringere Qualität aus leicht schmelzbarem
Material.
Die Angaben über die Brennzeit schwanken zwischen 8 und 3 Tagen. Nach erreichter Gare
werden das Schürloch und die Schaulöcher vermauert. Man setzt die Oefen stets so
früh aus, daß beim Oeffnen die Kapseln noch rothglühend sind und nicht mit blosen
Händen ausgetragen werden können. Wie die chinesischen Autoren wiederholt betonen,
ist man bemüht, die Oefen stets so rasch aus- und wieder einzusetzen, daß die
im Mauerwerk vom vorhergehenden Brand verbliebene Wärme dem nächstfolgenden
möglichst zu Gute kommt.
Wenden wir uns zur Farbendecoration, so haben wir außer der schon erwähnten
Blaumalerei als Vollfeuerfarben der Chinesen: mehrere Roth von Hellorange bis
Rothviolett mittels Kupferoxydul; die Uebergänge vom Blau zum Violett mittels
Manganerzen, deren Kobaltgehalt im Verhältniß zum Mangan entsprechend geringer wird;
verschiedene Braun mittels Eisenoxyd; Schwarz durch Ueberfangen von Braun mit Blau
oder umgekehrt. Derartige Farben werden also unter oder
in der Glasur applicirt und verlangen
Porzellanfeuerhitze.
Ferner bedienen sich die Chinesen zur Malerei auf Glasur
(nach dem ersten Brande) einer Reihe leichtflüssiger
Farben; dieselben sind gewöhnlich auf Feldspath oder auf Rocaille-Fluß basirt
und ähneln den europäischen Emails. Es würde wohl zu weit führen, hier alle die
Analysen genau anzugeben, welche Ebelmen und Salvétat von einer großen Menge solcher
chinesischer Schmelzfarben gemacht haben, und mag es genügen, aus den von Li und Itier nach Paris
gesendeten Proben einige Beispiele anzudeuten.
Elfenbeinweiß enthielt Bleioxyd, Kiesel und Arsenik.
Schwarz: Mangan, Kobalt, Kupfer- und Bleioxyd.
Blau: Spathfluß 1) mit Kobalt, 2) mit Kupfer.
Gelb: Antimon.
Grün: Antimon und Kupfer.
Roth: Eisenoxyd, Bleioxyd, Spathfluß.
Carmin: Spathfluß mit Gold.
Rosa: Bleioxyd, Kiesel, Arsenik, Feldspath und Gold.
Das Einbrennen dieser Schmelzfarben geschieht in „offenen“ oder
„geschlossenen“ Oefen; erstere scheinen sehr unvollkommener
Art und nur mit großer Geschicklichkeit zu benützen. Letztere sind Muffelöfen von
der Gestalt kleiner runder Steingutöfen; sie werden ganz geschlossen, 959mm hoch aufgemauert und mit einem ringsum
laufenden Mantel versehen, mit bemaltem Geschirr vollgesetzt, oben zugedeckt und
dann mit Steinkohlen geheizt, welche man zwischen
Ofenwand und Mantel schüttet.
Julien beschließt sein Buch mit einem kleinen Aufsatz
über die japanische Porzellanfabrikation. Derselbe ist
von Hoffmann in Leyden aus einem 1799 erschienenen
japanesischen Werk übersetzt und behandelt beiläufig 20 Porzellanfabriken, welche
bei Imari in der Provinz Fizen liegen. Die Industrie ist aus China über Corea nach
Japan gelangt, erreichte aber erst im 13. Jahrhundert ziemliche Ebenbürtigkeit, als
japanesische Keramiker nach China gegangen waren, um daselbst die Porzellantechnik
gründlicher kennen zu lernen. Die Provinz Fizen enthält reiche Lager an Feldspath
und Kaolin. Am bemerkenswerthesten ist, daß die Japanesen das Porzellan vor dem
Glasiren verglühen. Hierin zeigt ihre Industrie einen wesentlichen Fortschritt
gegenüber der chinesischen.
Stellen wir zum Schluß die Hauptmomente zusammen, durch welche sich die chinesische
Porzellantechnik von der europäischen unterscheidet, so sind es folgende.
1) Obschon die mechanischen Apparate viel unvollkommener, wichtige Methoden wie das
Gußverfahren unbekannt sind, löst die chinesische Formerei in technischer Beziehung (von der
ästhetisch-künstlerischen ist hier nicht die Rede) sehr schwierige Aufgaben
mit erstaunlicher Fertigkeit.
2) Die Körpermasse ist leichter schmelzbar als hartes europäisches
Feldspathporzellan, sie erreicht nie den geringen Kieselsäure- und hohen
Thonerdegehalt von Meißner- und Sèvres-Porzellanen; ebenso ist
die kalkreiche Glasur nicht so strengflüssig wie die unsrige.
3) Die Chinesen wenden den Verglühbrand nicht an.
4) Die Palette ihrer Porzellanfarben, selbst die der Schmelzfarben, zeigt zwar die
oft kaum erklärlichen Resultate eines ganz ungeheuren Experimentirfleißes, verräth
jedoch durch die Dürftigkeit an metallischen Rohstoffen im Vergleich zu Europa den
größern Mangel chemischer Kenntnisse.