Titel: | Crohn's Expansionssteuerung. |
Autor: | V. H. Sirk |
Fundstelle: | Band 221, Jahrgang 1876, S. 302 |
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Crohn's Expansionssteuerung.
Mit Abbildungen auf Taf.
VII [b.c/4].
Crohn's Expansionssteuerung.
Beschreibung.Nach Engineer, Mai 1876 S. 394; Engineering, Juni 1876 S. 516. Der Grundschieber A dieser Steuerung (Fig. 27 bis
33) hat
die bekannte Form wie bei Meyer's Expansionsvorrichtung. Die Dampfcanäle münden am
obern Spiegel in zwei symmetrisch angeordneten Spalten. Auf dem Rücken des
Vertheilungsschiebers schleift dampfdicht die mit Spalten versehene Expansionsplatte
M (Fig. 27), deren Siege
jenen des Grundschiebers entsprechen und eine geringere Breite aufweisen. Außer der
Umsteuerungscoulisse B ist noch eine Expansionscoulisse
C vorhanden, welche mittels einer
Reversirvorrichtung gehoben und gesenkt werden kann und durch ein Schleifstück die
Führung der Expansionsschieberstange besorgt. Das Ende D
der Expansionscoulisse C erhält durch die rückgelegte,
am Schleifstück der Umsteuerungscoulisse eingehängte Führungsstange F und die Schubstange G die
jeweilige Bewegung des
Vertheilungsschiebers. Wird daher die Expansionscoulisse gesenkt, so gelangt das
Ende D auf die Schieberplatte M zur Wirkung, und es verfolgen beide Schieber A und M eine gemeinsame, durch die Einstellung
des Umsteuerungsschleifklotzes bedingte Bewegung. Die Expansionsvorrichtung ist nun
ganz ausgeschaltet, ohne einen Reibungswiderstand zu verursachen, und die Maschine
empfängt die durch den Grundschieber zulässige volle Füllung.
Das Ende E der Expansionscoulisse wird durch ein
voreilend aufgekeiltes Excenter H geführt. Wird die
Expansionscoulisse gehoben, bis das Ende E den
Schleifklotz erfaßt, so wird die Schieberplatte M durch
das voreilende Expansionsexcenter H bewegt und am
Spiegel KL ein vorzeitiges Abschneiden des
Arbeitsdampfes hervorgerufen. Die Vorrichtung führt nun eine Expansion herbei,
welche durch ein Verstellen der Coulisse C variabel und
wobei der Füllungsgrad um so größer wird, je näher das Schleifstück an das Ende D rückt.
Wenn eine solche Expansionsvorrichtung für beide Bewegungssinne gleichmäßig wirken
soll, so mag die aus Figur 30 ersichtliche
Aufkeilung der Excenter gewählt werden, wobei OK
die Kolbenkurbel, O V das Vorwärts-, OR das Rückwärts-, OE das Expansionsexcenter bedeuten.
Eine sichere Führung des Gelenkes der Stangen F und G, welches in der praktischen Ausführung als sicher und
dauerhaft anempfohlen werden kann, ist in Figur 31 veranschaulicht.
Die rückgelegte Stange F trägt eine kreisrunde Scheibe,
welche in einem entsprechend geformten Schlitz die Maschinenachse umfaßt, so daß die
bedingte hin und her gehende Bewegung gestattet ist. Die Schubstange G umgreift diese transversal schwingende Scheibe mit
einem Band. – Es dürfte keiner Schwierigkeit begegnen, die Schieberanordung
erforderlichen Falles zu entlasten, ohne die gleitenden Flächen unnöthig zu
vermehren.
Wirkungsweise und Diagramm. Die Expansionsvorrichtung
kennzeichnet sich nach Schmidt als solche mit
„Spaltschieber nach dem
Einkammersystem“ (Spaltschieber auf dem Rücken des
Vertheilungsschiebers); das Diagramm der bewirkten Dampfvertheilung kann nach den
Zeuner'schen Theorien verzeichnet werden und gestattet einen genauen Einblick in die
Wirkungsweise und den Werth dieses Mechanismus als variable
Expansionsvorrichtung.
Trägt man sich in Figur 32
OD = r und OE = r' (den
Excentricitäten unter den Voreilungswinkeln YOD =
δ und YOE =
δ') auf, so stellen die über OD und OE als
Durchmesser verzeichneten Kreise die Gesetze der absoluten Bewegung der beiden Enden
D und E der
Expansionscoulisse auf die bekannte Weise dar, wenn die Umsteuerungscoulisse ganz eingelegt wurde, so
daß das Vorwärtsexcenter OD vollkommen seinen Hub
auf den Schieber überträgt.Für Zwischenstellungen des Umsteuerungsschleifklotzes braucht es keiner
weitern Erklärung, wie der Kreis über OD
durch den der relativen Stellung des Schleifklotzes entsprechenden Kreis
ersetzt werden könnte. Für den Fall, als eine Expansionsvorrichtung
angebracht ist, kann wohl mit Bestimmtheit angenommen werden, daß die
Coulisse der Umsteuerung nicht zum Expandiren verwendet wird. Die Bewegungsgesetze für Mittelstellungen des Schleifklotzes der
Expansionscoulisse können gleichfalls durch Kreise dargestellt werden, deren
Durchmesser OC, OB, OA (Fig. 32) durch Rechnung
bestimmt werden können (Zeuner: Schiebersteuerungen S.
71), wobei gleiche Excentricitäten vorausgesetzt werden müssen. Zum bessern
Verständniß mag man das Achsensystem um so viel verlegt denken, daß die OX-Achse den Winkel DOE der Excentricitäten halbirt. Zum Entwurfe oder
zur Untersuchung von solchen Steuerungen ist ein Rechnen der Werthe für a und b der Mittelstellungen
überflüssig, oder wenigstens nicht unbedingt erforderlich, indem die Centralcurve
mit genügender Genauigkeit durch einen Kreis versetzt werden kann, welcher durch die
Punkte D, E und den Scheitel der Parabel führt.
Diese über OA, OB... OD verzeichneten Kreise veranschaulichen aber nur die absolute Bewegung
des Expansionsschiebers, während für die Dampfvertheilung nur die relative Bewegung
beider Platten maßgebend ist. Das Gesetz der relativen Bewegung der beiden Schieber
A und M wird nach dem
Satz des Parallelogrammes der Excentricitäten als Kreis dargestellt. Man findet
dessen Durchmesser OF gleich und parallel DE für die äußerste Stellung in E und auf ähnliche Weise in Oa, Ob, Oc... für die gewählten Mittelstellungen.
Verzeichnet man mit OL = é'
Figur 27
(negative äußere Ueberdeckung) und in der Entfernung a₀ (Canalbreite) concentrische Kreise, so beantwortet die erhaltene
Figur alle einschlägigen Fragen. Der Expansionsschieber hält in der Mittelstellung
den Zuströmungscanal offen und arbeitet nur mit einer Kante, weshalb die horizontal
schraffirte Fläche die Eröffnung des Dampfweges am Spiegel KL für die Stellung des Expansionsschleifklotzes
in A (dritte Expansionsstufe) darstellt. Der Beginn der
Expansion tritt bei der Kurbelstellung OL, für die
vierte Stufe bei OM ein. Bei dieser Stellung des
Schleifklotzes in B ist zugleich die Grenze der
nutzbringenden Anwendung der Expansionsvorrichtung zu erkennen, indem über diese
hinaus ein der Dampfökonomie abträgliches Nacheinströmen oder zweckloses Drosseln
des Arbeitsdampfes eintritt, weshalb die Coulisse über B
hinaus nicht mehr verwendet werden soll. Es wird dann vortheilhafter sein, die
Expansion ganz auszuhängen und durch Drosseln mit dem Absperrventil die gewünschte
Tourenzahl zu erreichen.
Wie dem mit ungünstigen Annahmen verzeichneten Diagramme Figur 32 entnommen werden
kann, erfolgt das Abschneiden bei den geringern Füllungen sehr rasch und präcis,
während bei größern Füllungsgraden ein mehr schleichendes Absperren des Dampfweges
erfolgt. Die geringste erreichbare Füllung wird bei den gewählten Daten bei der
Kurbelstellung OK stattfinden.
Nach einer andern (im Engineering veröffentlichten) Notiz
scheint man das in Figur 29 dargestellte Schieberprofil anzuwenden. Der Dampfweg ist
gleichfalls bei der Mittelstellung des Expansionsschiebers geöffnet und wird erst
bei einer Verschiebung der Platte geschlossen. Bei diesem Profile arbeitet der
Expansionsschieber mit beiden Kanten und sperrt daher bei seinem Ausschicke nach F₁ (Fig. 33) gleichfalls den
Dampfweg ab, weshalb für die Einströmung am Spiegel KL die in Figur 33 horizontal schraffirten Flächen gelten, und zwar die Fläche
rechts für die Kolbenbewegung von links nach rechts und die Fläche links für den
Rücklauf des Kolbens, während die horizontal schraffirte Fläche im Diagramm Figur 31 nur
für eine Kolbenbewegung gilt. Die in Figur 28 dargestellte
äußere Steuerung arbeitet demnach mit den beiden in Fig. 27 und 29 skizzirten
Schieberprofilen theoretisch gleich richtig, und Referent möchte der praktischen
Ausführung, der geringern Reibungswiderstände wegen das Schieberprofil Figur 27
empfehlen.
Unterziehen wir die beschriebene Steuerung einer nähern Kritik, so zeigt in Figur 33 die
Kurbelstellung OM die gefährliche Stelle für eine
Nacheinströmung, wonach sich die zulässige günstige Maximalfüllung bestimmt. Die
Minimalfüllung findet bei der vollen Auslage der Expansionscoulisse bei OL statt. Eine genaue Betrachtung der entwickelten
Diagramme wird zeigen, daß eine Einhängung des Vorwärts- und
Expansionsexcenters G und R
mit offenen Stangen Platz greifen muß, indem sodann eine größere Veränderlichkeit
des Füllungsgrades ermöglicht wird, weil eine Nacheinströmung später zu befürchten
steht und der Expansionsgrad genauer eingestellt werden kann.
Weiters wird ersichtlich, daß ein um so geringerer Füllungsgrad bei geringerer
Veränderlichkeit erreicht werden kann, je kleiner die negative äußere Ueberdeckung
e₁(Fig. 27) des
Expansionsschiebers gewählt wird, wobei zu bemerken ist, daß die Stegbreite des
Rostschiebers M um einige Millimeter breiter gehalten
werden muß als die Strecke FG des Diagrammes Figur 33
anzeigt, um ein Durchsickern des Dampfes zu verhüten. Es ist eine um so größere
Veränderlichkeit des Füllungsgrades zu erwarten, je größer der relative Voreilungswinkel DOE bestimmt wird.
Im Allgemeinen functionirt Crohn's Steuerung theoretisch
ebenso richtig als irgend eine durch Excenter bewegte Schiebersteuerung und weist
hierbei den Vortheil auf, daß der Mechanismus um so geringere Reibungswiderstände
verursacht und minderer Abnützung ausgesetzt ist, je größere Füllungen gegeben
werden, weil die relative Bewegung beider Schieberplatten dann kleiner wird. Die
Variabilität des Füllungsgrades nach der vorgeführten Anordnung kann mit 30 Proc.
Cylinderfüllung angenommen werden, wobei erwähnt werden muß, daß für die
Versuchsdiagramme Figur 32 und 33 ungünstigere Angaben
gewählt wurden, um auf die auftretenden Uebelstände des schleichenden Abschlusses
und der Nacheinströmung aufmerksam zu machen.
Zum Schlusse sei noch bemerkt, daß eine Vereinfachung des Mechanismus erreicht werden
kann, indem man das Rückwärtsexcenter zur Führung der Expansionsplatte verwendet, so
daß eigentlich nur zwei Excenter erforderlich sind. Die Anordnung wäre dann
folgende: Eine Coulisse mit zwei bogenförmigen Gleitbahnen wird wie gebräuchlich
durch die beiden Umsteuerungsexcenter bewegt. In einer Gleitbahn wird nach Gooch's
Anwendung das Schleifstück des Grundschiebers verstellt, während die zweite
Gleitbahn der gleichen Coulisse nach derselben Anordnung das Schleifstück der
Expansionsschieberplatte führt. Dabei wäre für den Vorwärtsgang das
Rückwärtsexcenter und umgekehrt für den Rückwärtsgang das Vorwärtsexcenter zur
Führung des Expansionsschiebers berufen. Die derart herbeigeführte Dampfvertheilung
kann durch das Diagramm versinnlicht werden, indem man den Voreilungswinkel YOE des Expansionsexcenters gleich 180 –
δ macht, wobei natürlich ein entsprechendes
δ gewählt werden muß.
V. H. Sirk.