Titel: | Wagenbremse von J. H. Cohrs in Hamburg. |
Fundstelle: | Band 221, Jahrgang 1876, S. 416 |
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Wagenbremse von J. H. Cohrs in Hamburg.
Mit Abbildungen auf Taf.
X [b. c/4].
Cohr's Wagenbremse.
Dieser zunächst für Pferdebahnwagen bestimmten Bremse liegt das Bestreben zu Grunde,
die durch das Bremsen consumirte lebendige Kraft des Wagens für seine Ingangsetzung
wieder nutzbar zu machen und so die Bespannung möglichst zu schonen. Es wird deshalb
die lebendige Kraft in Federspannung umgesetzt, und diese beim Losbremsen auf die
Wagenräder, resp. deren Achsen übertragen. Zu diesem Zweck ist, wie aus den dem
bayerischen Industrie- und Gewerbeblatt, 1876 S. 18 entnommenen Figuren 9 und
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ersichtlich, zwischen den Wagenachsen ein Satz starker Federn F angebracht, welche durch Verschieben zweier mit einander verbundenen
Zahnstangen Z, Z' zusammen gedrückt werden können,
umgekehrt also bei ihrer Ausdehnung einen entsprechenden Druck auf diese Zahnstangen
ausüben. Die Federn sind über eine Stange k geschoben,
deren Enden in einem Bock C und einer Traverse g befestigt sind; letztere sitzt zwischen zwei kräftigen
Trägern B und D, welche
einerseits mit dem Bock C verschraubt sind, anderseits
aber lose auf der Wagenachse A sitzen und hier durch
zwei Distanzbolzen e und f
gegen einander abgesteift sind.
Die Zahnstangen Z, Z' werden theils von der Stange k, welche durch deren Verbindungsstück x hindurch geht, theils von einer auf den Distanzbolzen
f geschobenen Rolle d
getragen; sie stehen mit zwei Getrieben a und b in Eingriff, welche lose auf der Wagenachse A sitzen, mit dieser aber durch die (Klauen- oder
Frictions-) Kupplungen m und n verbunden werden können. Eine Laufrolle c auf dem Bolzen e sichert
gemeinschaftlich mit der Rolle d den richtigen Eingriff
der Zahnstangen und Getriebe, eine Feder h zwischen der
Traverse g und dem Verbindungsstück x die stetige Berührung des letztern mit den Federn F.
Bewegt sich nun der Wagen in der Richtung des Pfeiles Figur 9, und wird mittels des Hebels w die Kupplung n eingerückt,
so wird das Getriebe b durch die Wagenachse mitgenommen,
die Zahnstangen werden verschoben und die Federn F
zusammen gedrückt. Ist dann der Wagen durch den hierdurch bedingten Aufwand an
lebendiger Kraft nahezu in Ruhe, so wird mittels des Hebels v auch die Kupplung m eingerückt, worauf die
beiden Getriebe a und b die
Zahnstangen in entgegengesetzten Richtungen zu verschieben suchen und so der
gänzliche Stillstand des Wagens erfolgen muß.
Soll der Wagen dann wieder in Bewegung gesetzt werden, so wird nach Ausrückung der
Kupplung n das Rad b wieder
frei, und die Federn können nun bei ihrer Ausdehnung durch die Zahnstange Z auf das mit der Radachse noch gekuppelte Getriebe a wirken, wodurch der Wagen abzüglich der
Reibungsverluste mit derselben Kraft vorwärts getrieben wird, welche beim Bremsen
von den Federn aufgenommen wurde. Soll die Bremse nicht auf gänzlichen Stillstand,
sondern blos auf eine Verminderung der Geschwindigkeit des Wagens wirken, so braucht
bei der dem Pfeil entsprechenden Drehungsrichtung blos die Kupplung n mehrmals hinter einander ein- und ausgerückt zu
werden. In diesem Falle geht natürlich die lebendige Kraft wie bei Anwendung
gewöhnlicher Bremsen verloren.
Damit nicht etwa durch Unachtsamkeit des Bremsers ein Zahnbruch eintreten könne, sind
die Zähne in der Nähe des Verbindungsstückes weggelassen; die schon genannte Feder
h sichert jedoch die für den sofortigen Eingriff
nothwendige Berührung der beiden ersten Zähne mit den Getrieben.
Die Bremse ist bei beiden Bewegungsrichtungen des Wagens vom vordern Führerstand aus
zu bedienen, da die Hebel v, w auch bei v', w' auf die Wellen r, r'
aufgesteckt werden können. Uebrigens können bei entsprechender Anordnung die
Kupplungen m und n auch
durch einen einzigen Hebel bethätigt werden. Ein in den Abbildungen punktirt
angedeuteter Blechkasten soll den ganzen Bremsapparat vor dem Verschmutzen
schützen.
Diese vom Erfinder patentirte Wagenbremse ist in der vorliegenden Form nur für solche
Wagen zu gebrauchen, bei welchen die Räder fest auf den Achsen sitzen. Indeß wäre
ihre Anwendung auch für Wagen mit losen Rädern ohne besondere Schwierigkeit möglich,
wenn sie für solche überhaupt Werth hätte.
F. H.