Titel: | Ueber die Versuche, das Anilin vom Pseudotoluidin zu befreien; von A. Rosenstiehl. |
Autor: | A. Rosenstiehl |
Fundstelle: | Band 221, Jahrgang 1876, S. 565 |
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Ueber die Versuche, das Anilin vom Pseudotoluidin
zu befreien; von A.
Rosenstiehl.
Rosenstiehl, über Trennung
Alle Sorten Anilinöl enthalten Pseudotoluidin; namentlich auch das aus dem Indigo
dargestellte Anilin gibt, in Aether gelöst, auf Zusatz von Wasser Chlorkalklösung
und verdünnter Säure die violettroth gefärbte Flüssigkeit, welche das Pseudotoluidin
erkennen läßt, auch bei Gegenwart von Anilin und Toluidin. Rosenstiehl, welcher diese charakteristische Reaction schon vor einer
Reihe von Jahren angegeben (1868 180 49), hat indessen,
wie er in den Comptes rendus, 1876 t. 82 p. 380 mittheilt, die
Details für die Ausführung derselben wesentlich modificirt, um die Empfindlichkeit
der Reaction zu erhöhen, um die Methoden, das Anilin von Pseudotoluidin zu trennen,
zu prüfen und um überhaupt zu untersuchen, ob es möglich ist, ein von Pseudotoluidin
ganz freies Anilin herzustellen.
3g,2 Anilin werden in 100cc Wasser gelöst und zu 10cc dieser Lösung 10cc oder auch 20cc Labarraque'sche Flüssigkeit (erhalten
durch Zersetzung von 7 grädiger Chlorkalklösung mittels einer kalt gesättigten
Sodalösung) zugefügt. Alsbald zeigt sich die bekannte Reaction von Runge. Nun werden 10cc
Aether hinzugesetzt und damit geschüttelt. Der wässerige Theil der Flüssigkeit wird
fortgegossen, die ätherische Lösung mit wenig Wasser wiederholt gewaschen; die
Waschwässer werden ihrerseits mit Aether behandelt, welcher wieder zu der obigen
ätherischen Lösung gegeben wird, und letztere mit einer kleinen Menge von
schwachgesäuertem Wasser geschüttelt. Hat man es mit reinem Pseudotoluidin oder mit
einem an letzterm reichen Anilin zu thun, so wird jetzt schon die violettrothe
Färbung der Flüssigkeit sich bemerkbar machen; bei mehr oder weniger gereinigtem
Anilin wird diese Färbung durch braune Farbstoffe, sowie durch den aus dem Anilin
reichlich entstandenen grünblauen Niederschlag verdeckt, und es ist für eine
deutliche Schlußreaction eine weitere Reinigung der sauren, wässerigen Flüssigkeit
nöthig. Sie wird zu diesem Zweck wiederholt mit Aether behandelt und die ätherische
braungefärbte Schichte jedesmal weggegossen, schließlich mit ein Paar Tropfen
Kalilauge und mit Aether versetzt. Letzterer nimmt die wieder freigewordene Basis
auf, und die ätherische Lösung wird, nach Entfernung des wässerigen Theils der
Flüssigkeit, mit schwachgesäuertem Wasser geschüttelt. Nach kurzer Zeit bemerkt man
einen fein suspendirten, grünblauen Niederschlag, welcher die hellviolettrothe
Färbung der Lösung zunächst maskirt, aber wenn derselbe nach einigen Stunden sich zu
Boden gesetzt hat, tritt die charakteristische Reaction des Pseudotoluidins deutlich
und klar hervor.
Rosenstiehl hat eine Reihe von Anilinölen nach diesem
Verfahren geprüft. Er hat die Verschiedenheit der Löslichkeit des Anilins und
Pseudotoluidins in Wasser (100cc Wasser
lösen von letzterm nur 1g,3), sowie die
verschiedene Löslichkeit der beiderseitigen schwefelsauren Salze benützt, um die
beiden Alkaloide von einander zu trennen. – Er hat zuvor schon gereinigtes
Anilin in das oxalsaure Salz übergeführt, letzteres viermal aus Wasser
umkrystallisirt, in Alkohol gelöst und mit Aether gefällt, wobei das oxalsaure
Anilin (und Toluidin) ausgeschieden wird, während das Pseudotoluidinsalz in Lösung
bleibt. Die ganze Operation wurde zweimal wiederholt, dann oxalsaures Anilin
gebildet, aus diesem das Alkaloid wiedergewonnen und auf obige Weise geprüft.
Verfasser hat ferner krystallisirtes Benzin mit dem Schmelzpunkt + 4,2° durch
zehnmaliges Gefrierenlassen und Schmelzen und Auspressen einer fractionirten
Krystallisation unterworfen, bis es den constanten Schmelzpunkt von 5,5°
zeigte, alsdann dasselbe in Anilin, hernach in oxalsaures Anilin übergeführt, um
daraus durch Zersetzung mittels Natronlauge reines Anilin zu erhalten. – Oder
es wurde Benzin aus Benzoësäure dargestellt und das aus solchem Benzin
gewonnene Anilin auf Pseudotoluidin untersucht, oder es wurde durch Erhitzen von Anthranilsäure bei
160° Anilin bereitet und dieses der Prüfung unterworfen. Gleichviel, auf
welche Weise das benützte Anilin dargestellt worden, immer ließ sich in demselben
ein bald größerer, bald kleinerer Gehalt von Pseudotoluidin nachweisen, so daß eine
vollständige Trennung dieser beiden Alkaloide fast unausführbar erscheint.
Dem Ziel am nächsten ist Rosenstiehl auf folgende Weise
gekommen. Bekanntlich wird Anilinöl an der Luft braun; wird es dann genau mit einer
Säure gesättigt, so kommt ein Zeitpunkt, in welchem die ganze Masse eine Rosafarbe
annimmt, weil in dem Anilin durch langsame Oxydation sich Pseudorosanilin gebildet
hatte. Dieses Verhalten nun hat Verfasser benützt, um das Pseudotoluidin aus dem
Anilin zu entfernen. Anilinöl wurde in ein mit Löschpapier angefülltes Glas gegeben,
so daß das Papier von dem Anilin ganz getränkt, der Luft also eine große Fläche zur
Einwirkung geboten war. Das verschlossene Glas wurde alsdann 3 Monate lang der Sonne
und der Luft ausgesetzt, während dieser Zeit häufig geöffnet und geschüttelt und
schließlich das Anilin abdestillirt. Wurde hernach das Papier mit Essigsäure
befeuchtet, so färbte es sich in Folge der Bildung von Rosanilin intensiv rosaroth,
das überdestillirte Anilin jedoch zeigte zwar jene Pseudotoluidinreaction, aber nur
in sehr schwachem Grade.
Kl.