Titel: Ponsard's Kalkofen mit Gasfeuerung, zur Darstellung von Kohlensäure.
Autor: L. Ramdohr
Fundstelle: Band 222, Jahrgang 1876, S. 72
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Ponsard's Kalkofen mit Gasfeuerung, zur Darstellung von Kohlensäure.Für Frankreich patentirt. Mit Abbildungen auf Taf. I [c.d/3]. Ponsard's Kalkofen mit Gasfeuerung. Alle zur Herstellung größerer Mengen von Kohlensäure benützten Kalköfen älterer Construction leiden an dem Uebelstande, daß zur Verbrennung des Brennmaterials eine weit größere Menge von atmosphärischer Luft zugeführt werden muß, als theoretisch erforderlich ist; dadurch ist das gewonnene Gas mit erheblichen Mengen von Stickstoff und überschüssigem Sauerstoff verunreinigt, es ist gewissermaßen unnöthiger Weise „verdünnt“. Ein erheblicher Ueberschuß an Sauerstoff ist aber in manchen Fällen, wie z.B. in der Zuckerfabrikation den Zuckersäften, ganz besonders nachtheilig. Diese Uebelstände finden sich sowohl bei den schachtförmigen Kalköfen, in denen Kalk und Koke lagenweise wechselt, als auch bei denen, welche an der Basis des Ofenschachtes besondere Feuerungen haben. Es ist selbstverständlich, daß bei den erstgenannten Oefen außerdem eine Verunreinigung des gebrannten Kalkes durch die Aschentheile des Brennstoffes unvermeidlich war. Alle diese Uebelstände sind nur durch Anwendung der Gasfeuerung zu vermeiden, weil dieselbe gestattet, mit dem denkbar kleinsten Ueberschuß an atmosphärischer Luft eine vollständige Verbrennung des im Brennmaterial enthaltenen Kohlenstoffes zu Kohlensäure zu erreichen. Von den bis jetzt bekannten Gasfeuerungs-KalköfenVgl. Steinmann * 1870 198 501. * 1876 220 151. Nehse * 1876 220 427., etwa Bock's Canalofen (* 1875 216 220) ausgenommen, unterscheidet sich Ponsard's Ofen (Annales industrielles, 1874 S. 723) besonders dadurch, daß er nicht schachtförmig und deshalb von geringer und bequemer Höhe ist, daß den Generatorgasen behufs ihrer Verbrennung stark erwärmte Luft zugeführt wird und die Erhitzung der letztern mit der Abkühlung des erzeugten Kohlensäuregases vereinigt worden ist. Wie aus den Abbildungen (Fig. 23 bis 26) ersichtlich, besteht der ganze Apparat aus einem Gaserzeuger a, dem eigentlichen Kalkofen, von welchem der vordere Raum b zur Verbrennung der Generatorgase, der hintere und größere c zur Aufnahme des Kalksteins dient, sowie aus einem aus gußeisernen Röhren gebildeten Lufterhitzungsapparate d, durch welchen gleichzeitig die Abkühlung des kohlensäurehaltigen Gases erfolgt, welches durch das Rohr e der Verbrauchstelle zugeführt wird. Sämmtliche Verbrennungsproducte müssen die Kalksteinlage durchstreichen; der gebrannte Kalk wird mittels des Schiebers f abgezogen und frischer Kalkstein durch die mit Drosselklappen und Deckeln mit Wasserverschluß versehenen Füllcylinder g eingeführt. Letztere Einrichtung macht es möglich, daß bei der Beschickung stets nur das denkbar kleinste Quantum atmosphärischer Luft, nämlich nur soviel davon in den Ofen gelangt, als in den zwischen den Kalkstücken vorhandenen Hohlräumen enthalten ist. Zur Beurtheilung des Werthes dieser neuen Ponsard'schen Construction vermag unsere Quelle zwar thatsächliche Betriebsresultate nicht mitzutheilen, da solche zur Zeit der Veröffentlichung noch nicht vorlagen, und letztere überhaupt die betheiligten Industriellen nur erst auf den neuen Kohlensäureofen aufmerksam machen soll; indeß bringt dieselbe eine Reihe theoretischer Betrachtungen über die voraussichtliche Leistungsfähigkeit des Ofens, welche der Beachtung werth sind, und von denen hier wenigstens das Wesentlichste kurz mitgetheilt werden soll. Vorausgesetzt wird, daß in 1k Kalkstein 0k,44 Kohlensäure und 0k,56 Calciumoxyd enthalten, sowie daß zur Verbrennung von 1k Kohlenstoff 2k,66 Sauerstoff erforderlich seien. Dieser Sauerstoffmenge entspricht in der zum Verbrennungsproceß erforderlichen atmosphärischen Luft ein Gewichtsquantum von 8k,86 Stickstoff, und es berechnet sich die Menge der zur vollständigen Verbrennung von 1k Kohlenstoff erforderlichen Luft dem Volum nach auf 8,93 oder rund 9cbm. Die zur Zersetzung von 1k Kalkstein erforderliche Wärmemenge, aus welcher dann das Gewicht p des zu dieser Zerlegung erforderlichen Kohlenstoffes zu berechnen ist, setzt sich aus folgenden Zahlen zusammen: 1) Unmittelbar zur Zersetzung des Kalkes sind erforderlich (nach Faberund Silbermann) c373,00 2) Vom gebrannten Kalk werden gebunden(wenn 56 Proc. Aetzkalk vorhanden sind, die Wärmecapacität derletztern 0,21 und die Temperatur, mit welcher er abgezogen wird,500° beträgt.)   58,50 3) Durch die aus dem Kalkstein entweichende Kohlensäure wird eineWärmemenge fortgeführt, welche entspricht 0,44 × 0,22 × 150° =   14,50 4) Aus der Wärmemenge, welche durch die Verbrennungsproductefortgeführt wird, von dem gesuchten Gewicht p abhängig und gleichp (3,66 × 0,22 + 8,86 × 0,244) × 150 = 445 p. Anderseits beträgt die von p Kohle entwickelte Wärme 8080 × p. Man hat daher die Gleichung: 373 + 58,5 + 14,5 + 445 p = 8080 p oder p = 446 : 7635 = 0,058; mithin sind 5k,8 Kohlenstoff erforderlich, um 100k Calciumcarbonat zu zersetzen. Der Kohlensäuregehalt der Gase berechnet sich theoretisch, wie folgt. Auf 100k Kalkstein erhält man: a) Dem Gewichte nach k Proc. Kohlensäure aus dem Kalksteinaus dem Brennstoff 5,8 × 3,66 = 44,00= 21,23   65,23 =    55,93 Stickstoff aus der zur Verbrennung erforderlichen    Luft 5,8 × 8,86 =   51,39 =    44,07 ––––––––––––––––– 116,62 = 100,00. b) Dem Volum nach cbm Proc. Kohlensäure             = 65,23 : 1,977 = 33,00 =   44,65 Stickstoff = 51,39 : 1,256 = 40,90 =   55,35 –––––––––––––––– 73,90 = 100,00. Das theoretische Maximum des Kohlensäuregehaltes beträgt sonach auf 100 Raumtheile Gas etwa 44, eine in der Praxis nicht zu erreichende Zahl. In Wirklichkeit darf man den Brennstoffverbrauch bei dem in Rede stehenden Ofen zu 150 Proc. des theoretischen Quantums, also zu 5,8 + 2,9 = 8,7 oder rund zu 9k annehmen; sonach genügt 1k Kohlenstoff zur Zersetzung von 11k Calciumcarbonat. Ebenso wird die zur Unterhaltung der Verbrennung erforderliche Luftmenge nicht 8,93, sondern ungefähr 10cbm betragen. Zahlreiche, mit Hilfe des Orsat'schen Apparates (* 1875 217 220. 1876 220 284. 468) ausgeführte Analysen der aus den Ponsard'schen Gasöfen entweichenden Verbrennungsproducte haben ergeben, daß der in letztern enthaltene freie Sauerstoff oft = 0 war, im großen Durchschnitt aber zu 2 Proc. angenommen werden muß. Unter Zugrundelegung der vorstehend angenommenen Maximalsätze würde sich dagegen der Gehalt des Gases folgendermaßen berechnen: a) Dem Gewichte nach k Proc. Kohlensäure aus dem Kalkaus dem Brennstoff 9 × 3,36 = 44,00= 32,94   76,94 =    45,5 Stickstoff aus der zur Verbrennung erforderlichen    gewesenen atmosphär Luft 9 × 8,86 =   79,74 =    47,2 Ueberschüssige atmosphärische Luft    1,07 × 1,29 × 9 =   12,42 =      7,3 ––––––––––––––––– 169,10 = 100,0. b) Dem Volum nach cbm Proc. Kohlensäure = 76,94 : 1,977 =   38,92 =   34,74 Stickstoff = 79,74 : 1,256 =   63,50 =   56,67 Ueberschüssige Luft         = 1,07  × 9 =     9,63 =     8,59 ––––––––––––––––– 112,05 = 100,00. Diesen Zahlen gegenüber, deren Erreichung in der Praxis nicht zu den Unmöglichkeiten gehört, erscheinen die bei den älteren Kohlensäure-Oefen der Zuckerfabriken erzielten Resultate ungünstig. Nicht selten beträgt der Verbrauch an Koke 20 bis 25 Proc. von dem des Kalksteins; er sinkt indeß, wenn vorzügliches Brennmaterial (Waschkoke) verwendet wird, bei großen und hohen Oefen auch bis auf 10 bis 12 Proc., so daß man für gut construirte und gut bediente Oefen (von etwa 12m Höhe) einen Durchschnittsverbrauch von 15 bis 17 Proc. Koke anzunehmen pflegt. Der Kohlensäuregehalt des Gases schwankt bei den alten Oefen zwischen 16 bis 24, und beträgt im Mittel 20 bis 21 Volumprocente. Aus nachstehender TabelleDie Zahlen derselben gelten natürlich nur für ganz reine Materialien, und es muß, wenn solche nicht verwendet werden, zuvor eine entsprechende Reduction erfolgen. ist ersichtlich, welchen Einfluß die Mengen der zur Verbrennung erforderlichen Luft und der verbrannten Koke auf den Gehalt des erzielten Gases ausüben. Luft Verbrauch an Koke auf 100k Kalkstein bei auf 8 10 12 14 16 18 20 22 1k Koke. Volumprocent Kohlensäuregehalt des Gases. cbm 10 36,10 33,00 31,00 29,20 28,30 27,40 26,50 25,75 11 33,50 30,10 28,60 27,30 26,00 25,20 24,30 23,65 12 31,60 28,40 26,50 25,60 24,00 23,20 22,40 21,75 13 29,20 26,60 24,80 23,70 22,40 21,65 20,85 20,25 14 27,40 24,90 23,20 22,00 20,90 20,20 19,40 18,90 15 25,80 23,50 21,90 20,65 19,65 18,95 18,25 17,75 16 24,50 22,20 20,60 19,40 18,50 17,80 17,20 16,70 Production in 24 Stunden. Die bei den alten schachtförmigen, mit wechselnden Lagen von Kalkstein und Koke beschickten Oefen auf 1cbm Fassungsraum berechnete Leistungsfähigkeit schwankt in weiten Grenzen; im großen Durchschnitt wird man annehmen können, daß 3 bis 5cbm Ofenraum erforderlich sind, um in 24 Stunden 1t Kalkstein durchzudringen. Von diesem Raume hat man, unter Berücksichtigung der verschiedenen specifischen Gewichte, 58 bis 65 Proc. auf Kalkstein, und 42 bis 35 Proc. auf Koke zu rechnen. Bei dem Ponsard'schen Kalkofen werden zum Brennen gleich großer Kalkmengen kleinere Dimensionen erforderlich sein, weil die Koke nicht mit im Kalkraume sich befinden und außerdem ihre Verbrennung unter andern und günstigern Verhältnissen vor sich geht. – Zur Bestimmung der Leistungsfähigkeit des neuen Ofens ist aber auch die zum Brennen des Kalkes erforderliche Zeit zu berücksichtigen. In seinem Werke über Zuckerfabrikation gibt Walkhoff an, daß beim Glühen von Kalkstein, in der Retorte der größte Theil der Kohlensäure schon in 4 Stunden, die gesammte Kohlensäure aber in längstens 8 Stunden ausgetrieben sei; hiernach wird man berechtigt sein, die Dauer der Brennzeit im Ponsard'schen Ofen auf 12 Stunden und die Leistungsfähigkeit desselben in 24 Stunden bei den in den Abbildungen angegebenen Dimensionen auf das Durchbringen von 13t Kalkstein (7t Aetzkalk) zu schätzen. Die Baukosten für den Ponsard'schen Ofen sind für jeden einzelnen Fall unter Zugrundelegung der folgenden Angaben zu ermitteln: Chamottemauerwerk         zum Kalkofen        zum Gaserzeuger 12  3 15cbm. Gewöhnliches Ziegelmauerwerk                 zum Kalkofen        zum Gaserzeuger 30  8 38cbm. Façonstücke aus Chamotte 700k. Schmiedeisen        zum Kalkofen       zum Gaserzeuger Doppel--EisenRundeisenBleche zur äußeren BekleidungRoststäbe und RostbalkenKleinere Eisentheile 186050096533045 3700k. Gußeisen        zum Kalkofen       zum Gaserzeuger 2600550 3150k. L. Ramdohr.

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