Titel: | Das Erklettern des Standrohres eines Wasserwerkes. |
Fundstelle: | Band 222, Jahrgang 1876, S. 117 |
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Das Erklettern des Standrohres eines
Wasserwerkes.
Mit einer Abbildung.
Das Erklettern des Standrohres eines Wasserwerkes.
An dem Standrohre auf der „Spring Garden Station“ des
Philadelphier Wasserwerkes waren einige Reparaturen nothwendig geworden,
insbesondere die Reinigung und der Anstrich der Außenseile, welche durch die
Witterung gelitten und Rost angesetzt hatte. Es handelte sich also um die
Construction eines schwebenden Gerüstes. Da aber keine Vorkehrung zur Befestigung
von Kloben und Seilen behufs Aufhängung des Gerüstes getroffen war, so mußte vor
allen Dingen das Rohr erklettert werden, eine Operation, welche durch einen
Takelmeister Namens Georg Robinson in folgender Weise
ausgeführt wurde.
Textabbildung Bd. 222, S. 117
Das Standrohr selbst bildet etwa eine 39m hohe, auf einem viereckigen steinernen Sockel stehende
schmiedeiserne Säule. Ihr unterer Durchmesser beträgt 1m,830, ihr oberer Durchmesser, unter
dem 406mm weit vorspringenden Capital,
1m,372. Am Fuße des Sockels wurde
eine 9m lange leichte Leiter
aufgestellt und mit ihrem obern Ende gegen den Säulenschaft gelehnt. Der
Takelmeister erstieg nun die Leiter, bog einen 13mm starken runden Eisenstab lose um den
Schaft zu einem Ring oder Bügel und befestigte die ungefähr 406mm weit abwärts gebogenen Enden
desselben an die obern Enden der beiden Leiterbäume. Hierauf nahm er ein
Taustück von 25mm Durchmesser, dessen
eines Ende mit einer Schlinge versehen war, legte es um die Säule, schob es,
nachdem er das andere Ende durch die Schlinge gesteckt, bis an das obere Ende
der Leiter dicht unter den besagten Eisenring oder Bügel hinauf und knüpfte es
fest. In dieses Tau wurde zwischen Leiter und Säule ein Kloben eingehängt, ein
Seil (Taljeläufer) an die unterste Leitersprosse befestigt und durch den Kloben
gezogen. Die unten stehenden Gehilfen ergriffen das andere bis zum Boden
herabhängende Ende dieses Seiles und hißten die Leiter sammt dem darauf
stehenden Mann ungefähr um 7m,60 empor,
wobei die Leiter durch den mit ihr hinaufgleitenden Eisenbügel in einem gewissen
Abstande von der Säule und parallel zu derselben gehalten wurde.
Nachdem die Gehilfen das freie Seilende unten irgendwo
befestigt und dadurch
die Leiter gesichert hatten, legte der Takelmeister einen zweiten, dem erstern
gleichen, eisernen Ring um die Säule und befestigte seine umgebogenen Enden an die
untern Enden der beiden Leiterbäume. Hierauf schlang er ein zweites Tau unterhalb
des obern Ringes (an einer ungefähr 7 m,60
höheren Stelle wie das erste Seil) fest um die Säule, hing in dasselbe einen bereit
gehaltenen zweiten Kloben, zog ein Seil durch und befestigte es an die untere
Leiterprosse. Das erste Umschlingungstau konnte jetzt abgenommen werden. Indem nun
die unten stehende Mannschaft das andere bis zum Boden herabhängende Ende des an die
Leitersprosse geknüpften Seiles anzogen, wurde die Leiter abermals um ungefähr 7m,60 höher gehißt. Der Takelmeister schlang
hierauf das an der tiefer gelegenen Stelle so eben abgenommene Stück Tau vom obern
Leiterende aus um die Säule, knüpfte es fest, hakte den ersten Kloben ein und
verfuhr wie vorher.
In diesem Sinne wiederholte sich die Operation – nur mit dem Unterschiede, daß
wegen des abnehmenden Säulendurchmessers zweimal die Nothwendigkeit eintrat, den
obern Eisenring entsprechend enger zu biegen, was bei dem untern Ringe nicht nöthig
war. In 5 Absätzen erreichte Robinson den höchsten Punkt
der Säule und konnte nun leicht die zur Anordnung eines Hängegerüstes nöthigen
Befestigungsmittel anbringen. Die ganze Besteigung wurde von ihm unter Beihilfe von
drei Männern in 2 Stunden ausgeführt.
P.