Titel: | Die Jute und ihre Verarbeitung; von Ingenieur E. Pfuhl, Lehrer am Polytechnicum in Langensalza. |
Autor: | E. Pfuhl |
Fundstelle: | Band 222, Jahrgang 1876, S. 134 |
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Die Jute und ihre Verarbeitung; von Ingenieur E.
Pfuhl, Lehrer am Polytechnicum in
Langensalza.
Mit Abbildungen.
(Fortsetzung von S. 41 dieses Bandes.)
Pfuhl, über die Jute und ihre Verarbeitung.
II. Abtheilung:Bei der folgenden Abhandlung ist ausschließlich englisches Maß zu Grunde gelegt worden, weil alle in der
Jute-Industrie verwendeten Maschinen englischen Ursprunges sind und
weil die Numerirung und Weise mit der englischen und schottischen ebenfalls
übereinstimmt. Mit Rücksicht auf das in Deutschland gesetzlich eingeführte
Maß sind jedoch die betreffenden Daten in metrische umgerechnet und in
Klammern beigefügt.Es ist zugleich versucht worden, für die in den deutschen Spinnereien bisher
vorherrschend üblichen englischen Bezeichnungen deutsche Namen zu setzen,
wobei natürlich von einer wörtlichen Uebersetzung abgesehen werden
mußte.Die folgenden Abschnitte dieser Arbeit förderten durch Uebersendung von
Skizzen etc. außer den schon früher Genannten die HH. E. Zimmermann, Buckendahl in Braunschweig und Wichmann in Vechelde. Verarbeitung der Jutefaser.
1) Das Erzeugen der Garne.
a) Die Vorbereitung der Faser zum
Vorspinnen. Die Vorbereitung der Jutefaser zum Vorspinnen ist verschieden,
je nach der Art der Garne, welche man erzeugen will. Wird nämlich bei dem
Vorspinnproceß die lange Jutefaser unter Mitwirkung von Karden in kürzere,
schließlich etwa 8 bis 9 Zoll (203 bis 228mm) lange Fasern zerlegt, die parallel neben einander gebracht und lose
zusammengedreht als Vorgarn den Feinspinnmaschinen zur Bildung des Feingarnes
übergeben werden, so nennt man das nach dieser Methode hergestellte Garn
„Jute-Tow-Garn“. Den größten Theil aller
Jutegarne erzeugt man nach dieser Methode und zwar in den Nummern 1/4 bis höchstens
10, ausnahmsweise wohl auch noch etwas feiner, und ist dieselbe in Deutschland
ausschließlich in Anwendung.
In England und Frankreich wird jedoch zur Erzeugung der Garnnummern 16 und 20 eine
andere Methode angewendet. Es wird nämlich die Jute in etwa 30 Zoll (762mm) lange Abschnitte zerschnitten und in
diesem Zustande wie Flachs weiter verarbeitet, d.h. auf Anlegemaschinen (Spreaders)
zu einem Bande vereinigt, aus welchem dann wiederum das Feingarn – jetzt
„Jute-Line-Garn“ genannt – erzeugt
wird. Je nachdem man also Tow- oder Line-Garn erzeugen will (zu
letzterm werden nur die allerfeinsten und besten Jutesorten benützt), ist die
Vorbereitung der Faser eine verschiedene.
In beiden Fällen findet ein Einsprengen der Faser mit Thran und Wasser statt unter
darauf folgendem Pressen und Quetschen derselben mittels Maschinen, um sie möglichst
weich und geschmeidig zu machen; die weitere Vorbereitung des Materials ist aber
alsdann verschieden. Da nun die Verarbeitung der Jute zu
Jute-Tow-Garnen fernerhin allein näher besprochen werden soll (weil
dieselbe eben bei uns nur im Gebrauch ist), so sei hier gleich mit wenigen Worten
die Vorbereitung und Verarbeitung der Jute zu Jute-Line-Garn
erledigt.
Wenn die Jute in längerem Zustande versponnen werden soll, so wird sie, nachdem
dieselbe einen Weichproceß durchgemacht hat, auf besondern Maschinen in drei Theile
zertheilt, von denen nur der mittlere, feinste, egalste und beste Theil weiter
benützt wird, während die Kopf- und Wurzelenden anderweitig verarbeitet
werden.
Die zum Zertheilen dienenden Maschinen sind denen ähnlich, welche zum Zertrennen
langen Flachses verwendet werden. Die Faser wird an der Stelle, wo die Trennung
erfolgen soll, über zwei Auflegebleche gelegt, an beiden Enden festgehalten und
gegen eine dünne sägeblattartige, kreisrunde Scheibe, deren Umfang mit viereckigen
Zähnen versehen ist und welche sich zwischen den beiden aufrecht stehenden Blechen
bewegt, gedrückt, wodurch die Trennung erfolgt.
Eine andere Art von Maschinen, welche zu diesem Zwecke angewendet werden, besteht
gewöhnlich aus vier Arbeitsständen, so daß zu gleicher Zeit vier Risten zertheilt
werden können. Jeder Stand hat in angemessener Entfernung zwei viereckige, aus dem
Maschinengestell zu beiden Seiten hervorragende Zapfen, von denen der eine fest ist, während der
andere sich dreht. Die sich drehenden Zapfen sind die äußersten, und sie gehen durch
die beiden Gestellständer hindurch, mitten je ein Getriebe tragend, welches durch
ein gemeinsames Treibrad bewegt wird. Die zu zertheilenden Juteristen werden um
einen der festen Zapfen geschlungen, hierauf um den sich drehenden, worauf sofort
die Zertheilung derselben erfolgt.
Die mittlern, etwa 24 bis 30 Zoll (610 bis 762mm) langen Theile werden nun auf kräftig gebauten Hechelmaschinen einem
Hechelproceß so lange unterworfen, bis eine genügende Trennung der einzelnen Fasern
und die Entfernung der kürzern stattgefunden hat. Am meisten werden in England zur
Ausführung des Hechelprocesses die bekannten Combe'schen
Patent-Stripper-Bar- (Vertical Sheet) Hechelmaschinen angewendet, die für Jute extra stark gebaut sind. Die
wesentlichsten arbeitenden Theile einer derartigen Maschine stellt Figur 9 Tafel V [a/4] im Verticalschnitt dar.
Die Hechelleisten f, mit einer
Reihe Hechelnadeln versehen, sind an Lederriemen befestigt, welche über die
Leit- und Treibrollen c, c₁ gehen, und ist
deren Lage und Bewegung derart gewählt, daß zwei in angemessener Entfernung vertical
neben einander abwärts gehende Nadelsysteme entstehen. In der Längenrichtung der
Maschine bilden die Hechelleisten mehrere Felder, und sind die Leisten jedes
folgenden Feldes mit stetig feiner werdenden und dichter stehenden Nadeln besetzt.
Die zu hechelnden Risten werden in eiserne, an der Berührungsfläche mit geripptem
Kautschuk versehenen Kluppen a fest so eingespannt, daß
etwas mehr als die Hälfte an der einen Seite aus denselben herausragt. Zunächst wird
eine auf diese Weise vorbereitete Kluppe in den Kluppenhalter b so eingelegt, daß die größere Hälfte der eingespannten Riste senkrecht
herabhängt. Der Kluppenhalter hat eine alternirende, auf- und abgehende
Bewegung. Bei Beginn des Hechelprocesses ist er in seiner höchsten Stellung; die
Riste hängt senkrecht herab und wird von beiden Seiten durch die Nadeln des ersten,
gröbsten Hechelfeldes erst an den Spitzen und allmälig, je mehr sich der Halter
senkt, in immer größerer Länge bearbeitet. Nachdem der Halter b sich wieder gehoben hat und so die Riste aus dem Bereich der Nadeln
gebracht worden ist, faßt eine an einer Lenkstange befindliche Klinke die Kluppe a und schiebt sie tiefer in die Maschine hinein, so daß
bei der erneuten Senkung des Halters die Riste jetzt von dem zweiten, feinem
Hechelfelde bearbeitet wird. Zugleich kann in das erste Feld eine neue Kluppe
eingelegt werden. Dieses Spiel wiederholt sich so oft, als Felder vorhanden sind,
und liegen, bei
vollständig gefüllter Maschine, ebensoviel Kluppen im Hechelhalter. Hat eine Riste
einmal die Maschine passirt, so ist sie auf der einen Hälfte fertig gehechelt; sie
wird hierauf umgespannt und der Maschine zum zweiten Male zum Aushecheln der andern
Hälfte übergeben.
Das Abnehmen der ausgehechelten Heede von den Hechelnadeln findet bei vorliegender
Maschine folgendermaßen statt: Zwischen den Hechelleisten liegen die sogen.
Abnehmeleisten d, gewalzte Winkelschienen, welche auf
besondern, ebenfalls über die Rollen c, c₁
gehenden Lederriemen e befestigt sind. In dem
senkrechten, abwärts gehenden Theile des Hechelsystemes liegen die Abnehmeleisten so
tief, daß die Nadeln der Hechelleisten vollständig über dieselben herausragen.
Sobald diese aber die untern Rollen c₁ passirt
haben und außen aufwärts gehen, werden sie durch besondere Führungsrollen e₁ aus den Hechelleisten herausgehoben, wodurch
die Heede von den Nadeln abgestreift wird und in einen darunter befindlichen Kasten
fällt. Diejenige Heede indessen, welche an den Abnehmeleisten etwa festhängt, wird
von dem anliegenden Kamm g gefaßt und bei jedem Spiel
der Maschine, bei jeder Kluppenverschiebung, durch eine seitliche rüttelnde Bewegung
von demselben abgeschüttelt. Der Mechanismus, welcher diese Bewegung hervorbringt,
ist in der angegebenen Figur angedeutet.
Nachdem die Risten diesen Hechelproceß durchgemacht haben, ist die Vorbereitung der
Faser zu Ende, und es beginnt durch Auflegen derselben auf das Zuführungstuch der
Anlegemaschine (Spreader) der Vorspinnproceß, der in ähnlicher Weise wie bei Flachs
durchgeführt wird. Die von der Anlegemaschine zu einem Bande vereinigten Fasern
werden also in bestimmten, durch einen Klingelapparat gemessenen Längen in Kannen
aufgefangen, von denen mehrere, die zusammen ein bestimmtes Gewicht zeigen, zum
Ansatz vereinigt, der ersten Streckmaschine vorgesetzt, gemeinsam gestreckt und
wiederum zu einem Bande vereinigt in Kannen aufgefangen werden. Jetzt beginnt ein
mehrfaches Doubliren und Strecken auf der zweiten und manchmal auch auf der dritten
Streckmaschine, dann das Vorspinnen auf Flyerbänken (Rovings) und schließlich das
Feinspinnen auf Trockenspinnstühlen, die nach dem Watersysteme gebaut sind und bei
denen die Entfernung der Einzieh- von den Streckwalzen (Reach), der langen
Faser entsprechend, angeordnet ist. –
Dies vorausgeschickt, beschäftigen wir uns nunmehr ausschließlich mit der
Vorbereitung der Jute behufs Verspinnung zu Jute-Tow-Garnen. Diese
Vorbereitung weicht nicht unwesentlich von der ähnlicher Fasern ab. Eine besondere
Reinigung und Zertheilung der Faser ist nicht nöthig. Beide Operationen vollziehen sich ohne
weiteres in genügendem Maße bei dem Vorspinnproceß von selbst; wohl aber muß durch
eine vorbereitende Behandlung eine größere Geschmeidigkeit und Weichheit der Faser
zu erreichen gesucht werden, da ohne dieselben das Verspinnen sich nur schwierig
bewirken läßt und die fertigen Garne ein rauhes, haariges Aussehen besitzen, welches
ihre Verwendbarkeit wesentlich beeinträchtigen würde. Während nämlich die Jutefaser
in kleinen Bündelchen sich mitunter angenehm glatt anfühlt und man dieses Gefühl mit
„Weichheit“ der Faser verwechseln kann, so zeigt es sich
doch – die einzelne Faser allein betrachtet –, wie sehr gerade diese Eigenschaft der Jutefaser fehlt. Faßt man nämlich
ein einzelnes Faserstück so zwischen zwei Finger, daß ein etwa 3 Zoll (76mm) langes Ende frei emporsteht, und biegt
dieses mit der andern Hand nieder, so zeigt das stete Wiederaufrichten desselben die
Steifheit und Ungefügsamkeit der Faser, welche dem directen Verspinnen insofern sehr
hinderlich sind, als die Vereinigung derselben zu einem Faden durch Drehung nur
unvollkommen gelingt.
Die Behandlung, welcher die Faser nun zuerst zu unterwerfen ist, soll derselben
Geschmeidigkeit und Weichheit geben, und je vollkommener dies erreicht wird, desto
besser wird der Spinnproceß vor sich gehen. Man sucht diesen Zweck durch zwei
getrennte oder unmittelbar auf einander folgende Behandlungen zu erreichen, nämlich
durch den Weich-, Einweich-,
Einlege- oder Batsch-Proceß und durch
den Quetsch- oder Softening-Proceß.
Nach der älteren Methode sind diese beiden Processe durch einen längern Zeitraum von
24 bis 48 Stunden von einander getrennt; nach der neuern Methode finden beide gleich
nach einander statt, und bleibt das Material nach Beendigung derselben nur kurze
Zeit liegen, ehe die weitere Verarbeitung beginnt. Obgleich die letztere, die neuere
Methode weniger Zeit und Arbeitskraft erfordert, also billiger kommt, so ziehen es
doch mehrere größere Etablissements vor, nach der älteren zu Arbeiten, die zwar
kostspieliger, aber nach ihren Erfahrungen besser ist.
Aeltere Methode des Erweichens der Jutefaser. Nach dieser
Methode wird also die Faser zunächst dem Einweich-, Einlege- oder
Batsch-Proceß unterworfen, den man folgendermaßen ausführt:
Die aus dem Magazin in den Vorbereitungsraum gebrachten, für den täglichen Bedarf
nöthigen Ballen werden nach bereits vorher getroffener Bestimmung in einzelne Sorten
zusammengestellt, wie sie bei der Verarbeitung getrennt gehalten werden müssen.
Manchmal kann man jetzt
bereits eine Mischung verschiedener Marken zu einer Sorte
vornehmen; doch setzt dies voraus, daß die Risten der einzelnen Marken nahezu gleich
lang und derart beschaffen sind, daß eine besondere Behandlung einer Marke nicht
nothwendig ist. Sollen z.B. zwei Marken mit einander verarbeitet werden, von denen
die eine harte, bastige Wurzelenden und weiche, feinere, mittlere und obere Partien
hat, während die andere Marke auf der ganzen Länge ziemlich gleichmäßig ist, so darf
eine Mischung nicht ohne weiteres schon bei dem Einlegeproceß vorgenommen werden,
sondern jede Marke muß zuerst für sich allein den Erweichproceß durchmachen. Alsdann
wird die erstere Sorte von den harten Wurzelenden befreit, und es erfolgt nun erst
die Mischung auf dem Auflegetuche der ersten Vorspinnmaschine, der Karde. Sehr
verschiedene Längen der Risten zweier Marken sind auch ein Hinderniß für eine
sofortige Mischung, die man alsdann besser auf der Vorkarde vornimmt.
Der Einweich-, Einlege- oder Batsch-Proceß besteht in einer
schichtenweisen Lagerung der Faser in kleinern Risten und in einer Besprengung der
einzelnen Schichten mit Wasser und Oel. Um das Aufschichten bequem ausführen zu
können, sind Abtheilungen aus Holz, Einlegefächer (Batching Spaces), hergestellt,
die ungefähr 10 bis 12 Fuß (3,05 bis 3m,66)lang, 4 bis 5 Fuß (1,22 bis 1m,52) tief und bis 8 Fuß (2m,44) hoch
sind, und von denen eine größere Anzahl neben einander und wohl auch einander
gegenüber angeordnet sind, wie Fig. 2 und 3 Tafel V [a/1] angibt. Zur Rückwand der einen Abtheilung benützt
man, wenn möglich, die Wand des Gebäudes, verschaalt aber auch diese der
Reinlichkeit wegen mit Bretern. Soll Mineralöl zum Besprengen der Faser benützt
werden, so ist es Vorschrift der Feuerversicherungsgesellschaften, diese Holzfächer
mit Zinkblech auszuschlagen. Sollen die Fächer z.B. 10 Fuß (3 m,05) lang werden, so stellt man in diesen
Entfernungen, 4 bis 5 Fuß (1,22 bis 1m,52)
von der Rückwand, hölzerne, runde, etwa 3 bis 4 Zoll (76 bis 102mm) starke Säulen auf, indem ihre 3 bis 4
Fuß (914mm bis 1m,22) langen viereckigen Enden in die Erde
eingelassen werden. Stehen die Fächer frei in dem Gebäude, so stellt man zur Bildung
der Rückwand ähnliche Säulen den ersten in passender Entfernung gegenüber auf.
Rückwand und Scheidewände der einzelnen Fächer werden durch schwächere, etwa 3/4
Zoll (19mm) starke Breter gebildet, die
durch Feder und Nuth mit einander vereinigt werden. Die Befestigung der Wände auf
dem Fußboden geschieht durch an beiden Seiten aufgenagelte kleine Leisten, während
eine andere mit den Säulen fest verbundene die obern Enden der Wände mittels Nuth in
ihrer Stellung befestigt.
Die einzulegenden Ballen bringt man dicht vor ein solches Fach, öffnet sie, und arbeiten
gewöhnlich zwei Arbeiter an dem Einlegen derselben in ein Fach. Die größern Risten
der Ballen, durch Aufschlagen aus einander gebreitet, werden in mehrere kleinere,
etwa 1,5 Pfd. (750g) schwere Risten
getheilt, so daß man aus einem Ballen von 325 Pfd. (162k,5) Bruttogewicht etwa 180 bis 200 Risten
erhält. Jede dieser kleinern Risten wird in der Mitte umgebogen, etwas
zusammengedreht und werden dann die herabhängenden Enden einmal um einander
herumgeschlungen. Die Länge der Riste beträgt jetzt etwa 4 bis 5 Fuß (1,22 bis 1m,52), entsprechend der Tiefe eines
Einlegefaches. Der mittlere Theil der Riste bildet ein zusammengedrehtes Zopfende,
während das Wurzel- und Kopfende in losem Zustande bleibt, wie Figur 1 Tafel V
[a/1] andeutet. Die derartig zusammengelegten Risten
werden in möglichst dichten Lagen zunächst auf den Boden des Einlegefaches gelegt,
so daß die gedrehten Enden nach außen hin, die Wurzel- und Kopfenden gegen
die Hinterwand des Faches zu liegen kommen. Nun sprengt man über diese Schicht
Wasser und Oel, legt dann in derselben Weise auf die erste eine zweite Schicht,
besprengt auch diese mit Wasser und Oel, legt wieder eine Schicht Jute und fährt so
fort, bis das Fach angemessen gefüllt ist. Ist die Höhe des Faches größer als 5 Fuß
(1m,52), so muß man eine Bank anwenden,
auf welcher die Arbeiter stehen, um die obersten Schichten einlegen und gleichmäßig
besprengen zu können. Wenn es die räumliche Ausdehnung des Vorbereitungshauses aber
erlaubt, nehme man lieber einige Fächer mehr und gebe ihnen eine geringere Höhe,
weil hierdurch die Schnelligkeit der Arbeit gefördert wird.
In der beschriebenen Weise wird der Bedarf eines Tages nach und nach eingelegt, und
markirt man an jedem Einlegefache durch angebrachte Controlbretchen die Sorte und
den Tag der Einlage.
Die Umschnürungen der Ballen, die Jutestricke und Markenlappen, dem Gewichte nach 1,8
bis 2 Proc. vom Bruttogewicht, werden nach Aufarbeitung des Inhaltes gesammelt und
wandern als erster Abfall (dessen Verarbeitung später im Zusammenhange besprochen
werden soll) in das Magazin zurück. Sind keine Markenlappen, sondern Markenbretchen
oder Zettel vorhanden, die mittels Draht an einer Riste befestigt sind, so ist
derselbe sorgfältig zu entfernen, um späteren Verletzungen der Maschinen durch
denselben vorzubeugen.
Das Besprengen geschieht entweder mittels einer Gießkanne, oder noch besser mittels
einer Spritze aus Weißblech, deren Stiefel etwa 2 Zoll (50mm) im Durchmesser hat, und deren
Spritzöffnung durch ein feines, flaches Messingsieb gebildet wird, so daß die
durchgedrückte Flüssigkeit in Form eines feinen Sprühregens sich ausbreitet. Mechanische
Vorrichtungen, welche das Einsprengen ausführen, sind bis jetzt in weitere Aufnahme
nicht gekommen.
Das Oel, welches man zum Einfetten anwendet, ist fast ausschließlich Robbenthran und
Mineralöl; doch so vortheilhaft auch das letztere in mancher Hinsicht wirkt, so ist
doch der Geruch desselben bis jetzt ein Hinderniß gewesen, es allgemeiner
anzuwenden.
Das Einsprengen der Juteristen kann dadurch erfolgen, daß 1) zuerst Oel und dann
Wasser, oder 2) erst Wasser und dann Oel, oder endlich 3) beide gleichzeitig
aufgegeben werden, indem man durch Zufügung von etwas Seife eine Emulsion der beiden
Flüssigkeiten herstellt. Ueber die Zweckmäßigkeit der einen oder der andern Methode
hat zuerst die Praxis zu entscheiden, und wird ein aufmerksamer Beobachter finden,
daß die zweite und dritte Methode den Vorzug vor der erstern verdient. Unter sonst
gleichen Verhältnissen erscheint nämlich die nach der ersten Methode eingelegte Jute
nässer, sie wickelt mehr um die Abzugswalzen der Karden und um die Streckwalzen der
Streckmaschinen als bei der unter denselben Verhältnissen nach der zweiten oder
dritten Methode eingelegten Jute. Der Grund für diese Erscheinung mag in Folgendem
liegen. Gibt man zuerst Oel auf, so wird die Faser mit einer Fettschicht bedeckt,
die allmälig in die Hohlräume der Elementarfasern dringt, wodurch aber das nun
später auffallende Wasser mehr oder weniger gehindert wird, ebenfalls in dieselben
einzudringen, deshalb mehr an der Oberfläche bleiben muß und so die Adhäsionskraft
der Faser erhöht, wodurch die erwähnten Erscheinungen bei dem Spinnproceß
hervorgerufen werden. Anders ist es, wenn man zuerst Wasser und dann Oel aufgibt.
Das Wasser wird nun begierig von der Faser aufgesogen und füllt die Hohlräume
derselben aus, während das später aufgegebene Oel, mehr an der Oberfläche der Faser
bleibend, wesentlich die Glätte derselben erhöht und hierdurch den Spinnproceß
erleichtert. Es kann nach dieser Erklärung nicht auffallend sein, daß die dritte
Methode ebenfalls bessere Resulte als die erste ergeben muß; nur könnte man die
Seife sparen, da diese von nicht bemerkbarem Einfluß auf den Spinnproceß ist,
insofern sie denselben weder befördert, noch das Product verbessert, noch eine
Oelersparniß bewirkt. Es empfiehlt sich daher, bei der zweiten Methode zu bleiben,
also zuerst Wasser und dann die Oele, entweder Thran oder Mineralöl,
aufzuspritzen.
Das Wasser- wie Oelquantum, welches man der Faser zuzusetzen pflegt, ist nicht
constant, sondern wechselt, ersteres mit der Jahreszeit (an heißen Sommertagen etwas
mehr als an Wintertagen) und mit der Qualität der Jute, letzteres
lediglich mit der Qualität. Je besser die Jute ist, desto weniger Wasser und desto
mehr Oel pflegt man im allgemeinen anzuwenden. Das Oel erleichtert den Spinnproceß
und erhöht besonders die Rundung des Fadens, weshalb alle Kettengarne nicht blos aus
besserer Jute erzeugt, sondern auch mit mehr Thran versponnen werden müssen. Bei
ordinärer Jute mit bastigen Wurzelenden pflegt man etwas mehr Wasser zu nehmen, um
die Enden möglichst vollständig aufzuweichen und verspinnbar zu machen, und ist es
hier zulässig, etwas weniger Thran zu nehmen und bei Anwendung von Mineralöl für
diese geringern Sorten etwas mehr von diesem Oele beizufügen. Geht man in der
Anwendung von Thran zu weit, so rutschen die Druckwalzen der Streckwerke bei den
Karden und Durchzügen, bewirken also unegalen Verzug und Betriebsstörungen; doch
treten letztere auch bei Anwendung von zu viel Wasser dadurch auf, daß sich die
Jutebänder um die Druckwalzen herumwickeln. Da aber das Feinspinnen um so leichter
vor sich geht, je feuchter das Vorgarn ist, so gilt als Regel, die Jute so naß auf
die Vorspinnmaschinen zu bringen, als dies ohne zu große Betriebsstörungen möglich
ist.
Durch die Beimengung des Mineralöles werden die Nadeln der Kardenbeschläge reiner
erhalten, sie brauchen nicht so oft gereinigt zu werden als bei Weglassung
desselben, und ist aus diesem Grunde dessen Anwendung zu empfehlen. Da aber der
Geruch dieses Oeles sich auch noch in dem fertigen Product, z.B. dem Mehlsack, zeigt
und dadurch der Verkauf desselben manchmal erschwert wird, so muß man sich in der
Anwendung dieses Oeles nach der Kundschaft richten.
Der Ersatz des Robbenthranes durch andere billigere Oele ist vielfach versucht
worden, jedoch ist man stets wieder auf ihn zurückgekommen. Auch Glycerin soll als
Ersatz angewendet worden sein; und wenn auch die Versuche mit diesem Stoffe noch
nicht abgeschlossen sind, so ist doch vorauszusehen, daß derselbe, weil ihm die
Eigenschaften des fetten Oeles abgehen, nie einen genügenden Ersatz für Robbenthran
geben kann.
Der hauptsächlichste Grund, weshalb man sich überhaupt nach einem Ersatz für
Robbenthran umsieht, liegt in der wechselnden Qualität und in dem ziemlich hohen
Preise desselben, obwohl letzterer Punkt von mehr untergeordneter Bedeutung ist. Der
Robbenthran zeigt nämlich oft eine trübe Farbe und einen unangenehmen Geruch, der
dann auch den Geweben anhaftet und Anstoß erregt. Es ist dieser Geruch nicht dem
Thrane eigenthümlich, sondern rührt von den faulenden Fleischtheilchen her, welche
in dem schlecht gereinigten Producte suspendirt sind. Um aber diesen Geruch zu
beseitigen, dürfte sich die Beifügung von Schwefelsäure empfehlen, welche rasch diese
Fleischtheilchen zerstört. Man könnte dann die etwa zuviel zugefügte Säure durch
Kreide wieder neutralisiren. Der Geruch von gut gereinigtem Thran ist durchaus nicht
widerlich, und es kann aus diesem Grunde der Verwendung desselben kein Hinderniß
entgegen stehen.
Man pflegt im DurchschnittDurschnitt zu nehmen auf 100k
Rohmaterial:
bei bester Jute zu Kettengarn
3k Thran und 16 bis 18k Wasser,
bei mittlerer Jute zu guten Schußgarnen
2,5
„ „
18 bis 20 „
bei ordinärer Jute zu geringern Schußgarnen
2 „ „
21 bis 24 „
oder bei gleichzeitiger Anwendung von Mineralöl:
bei bester Jute
2k,25 Thran, 1k Mineralöl und Wasser wie
oben,
bei mittlerer Jute
2 „ 1 „
„ „
„ „
bei ordinärer
Jute
1 „ 1,3
„
„ „
„ „
Nach andern Angaben rechnet man pro Ballen von 325
Zollpfund:
bei besserer und mittlerer Jute
7 bis 8 Pfd. Thran oder 6,5 Pfd. Thran und
1,25 Pfd. Mineralöl bei 55
bis
60 Pfd. Wasser,
bei ordinärer Jute
5 bis 6 Pfd. Thran oder 4 Pfd. Thran und
1,5 Pfd. Mineralöl bei 60 bis
65 Pfd. Wasser.
Was die Zeit anlangt, während welcher man das eingelegte Material liegen lassen muß
und anderseits höchstens liegen lassen darf, ehe die weitere Verarbeitung beginnen
kann, so ist dieselbe je nach der Jahreszeit und der Tagestemperatur verschieden.
Während in der warmen Jahreszeit, an heißen Tagen, das Material schon nach 24
Stunden, nachdem es fertig eingelegt war, reif zur fernern Behandlung ist, muß man
an kalten Wintertagen oft 48 Stunden warten, ehe man zur weitern Verarbeitung
schreiten kann. Es ist demnach die Beendigung des Einweichprocesses von der
Temperatur abhängig, und erkennt man den richtigen Zeitpunkt der eingetretenen
genügenden Aufsaugung der Flüssigkeiten durch das Gefühl. Man faßt zu dem Zweck etwa
300mm tief in die aufgeschichteten
Risten hinein, und müssen dieselben eine gleichmäßige fette und nicht eine nasse Feuchtigkeit zeigen;
letztere ist entweder ein Zeichen, daß die Aufsaugung des Wassers noch nicht
genügend erfolgt, oder daß überhaupt zuviel Wasser genommen worden ist. Zeigen bei
der erwähnten Probe die Risten aber eine merkliche Erwärmung, so deutet dies eine
beginnende Zersetzung an, hervorgerufen durch bereits zu lange Lagerung des Materials. Dasselbe muß nunmehr schleunigst
aufgearbeitet werden, wobei man durch Auslegen des Materials dem Verderben oder der
Beschädigung desselben vorsichtigerweise vorbeugen sollte.
Da an heißen Tagen die obersten Risten, sowie die Zopfenden sämmtlicher andern, weil
sie mehr der Luft ausgesetzt sind, abtrocknen, ohne genügend Feuchtigkeit
aufzunehmen, so ist es nothwendig, von Zeit zu Zeit diese Partien nachträglich mit
Wasser aufs Neue anzufeuchten, bis die mittlern reif zur weitern Verarbeitung sind.
Man hat, um diesem Abtrocknen einigermaßen vorzubeugen, einen Deckel auf die
obersten Schichten gelegt und denselben mit Gewichten beschwert, oder durch
Schrauben aufgepreßt, auch wohl die Risten in Kästen eingelegt, welche dann
ebenfalls mit einem Deckel verschlossen wurden; doch sind diese Vorrichtungen viel
zu umständlich und hindern die Schnelligkeit der Arbeit wesentlich, während der bei
der einfachern ersten Methode auftretende erwähnte Umstand leicht durch
nachträgliches Besprengen aufgehoben werden kann, so daß man keine Veranlassung hat,
von derselben abzugehen.
Aus der Dauer des Einweichprocesses ist ersichtlich, daß man, um denselben auch im
Winter richtig durchführen zu können, 3 Systeme von Fächern haben muß, von denen
jedes den Bedarf eines Tages fassen kann. In ein Fach von 10 Fuß (3m,05) Länge, 4 1/2 Fuß (1m,38) Tiefe und etwa 5 bis 6 Fuß (1,52 bis
1m,83) Höhe ist es möglich, 5 bis 6
Ballen Jute oder ungefähr 800 bis 900k
einzulegen. Bei Bestimmung der Anzahl der Fächer eines Systemes hat man noch auf 2
bis 3 Reservefächer Bedacht zu nehmen, da man nicht immer in der Lage ist, wegen der
verschiedenen Sorten Jute, die getrennt bleiben müssen, jedes einzelne Fach voll
legen zu können. Der Turnus während der Wintermonate wäre nun der folgende: Das
erste System Fächer wird voll gelegt, am 2. Tage das zweite, und während man nun am
3. Tage das dritte einzulegen beginnt, kann die Weiterverarbeitung aus dem ersten
System vorgenommen werden, wobei man natürlich mit den
Sorten den Anfang macht, welche am ersten Tage zuerst
eingelegt wurden. Die Fortsetzung dieses Turnus ist leicht ersichtlich.
Es sei noch erwähnt, daß ein geübter Arbeiter (Einleger, Batscher) in 12 Stunden etwa
16 Ballen oder 2600k Material einzulegen
vermag und gegenwärtig 15 bis 18 Pf. Lohn per Ballen erhält.
Wenn das Material nun lange genug gelegen hat und vollständig gleichmäßig von der
Nässe durchdrungen, der Einweich- oder Batschproceß also beendet ist, beginnt
die weitere Verarbeitung, indem das Material dem Quetsch- oder Softeningproceß unterworfen
wird. Derselbe besteht in einem wiederholten kräftigen Drücken und Quetschen der
Faser an dicht auf einander folgenden Stellen, so daß möglichst jeder Theil
derselben mehrere Male einem starken Drucke ausgesetzt gewesen ist. Die Faser erlangt, nachdem sie auch
diesen Proceß durchgemacht hat, wesentlich veränderte Eigenschaften; sie ist alsdann
im hohen Grade geschmeidig, weich und biegsam geworden und nunmehr recht gut zum
weitem Verspinnen geeignet; selbst die bastigen, harten Wurzelenden erscheinen
alsdann einigermaßen weich und können leichter zu starken Nummern verarbeitet
werden.
Zur Ausführung dieses Processes bedient man sich gewisser Maschinen, welche
Jute-Softeners (Softening-Maschinen) genannt werden. Wir wollen sie,
ihrem Zwecke nach, „Jute-Quetschmaschinen“ nennen. Dieselben sind nach
zwei verschiedenen Systemen gebaut, und es sei, ehe die Beschreibung derselben
vorgenommen werden soll, noch folgende Bemerkung erlaubt:
Diese Maschinen werden manchmal einfach unter die Kategorie der Brechmaschinen, wie
solche für Hanf und Flachs üblich sind, gezählt, jedoch, wie wir meinen, mit
Unrecht. Wenn man auch wohl einige Brechmaschinen, z.B. die mit mehreren hinter
einander liegenden, geriffelten Walzen, füglich auch als Quetschmaschinen für Jute
verwenden könnte (vorausgesetzt, daß die Anzahl der Walzen um das 5 bis 6fache
vergrößert wird), so wird doch nun und nimmermehr eine gute
Jute-Quetschmaschine zugleich eine gute Brechmaschine für Flachs und Hanf
sein können und umgekehrt. Der Brechproceß für Flachs ist nach ganz andern
Grundsätzen durchzuführen als der Quetschproceß für Jute, und lassen sich beide
durchaus nicht vereinigen, resp. durch gleiche Maschinen gleich gut bewirken.
Während bei dem Brechproceß der Holzkörper der Flachsfaser in nicht zu kleinen Zwischenräumen durch scharfen Flächendruck
zerbrochen werden soll, um das nachherige Schwingen zu erleichtern, oder die
Brechmaschine so beschaffen sein muß, daß, wenn sie den Stengel in kleinern
Zwischenräumen knickt, sie zugleich durch ein gelindes Schieben den Stengel von der
Faser loslöst, hat der Quetsch-(Softening-)Proceß für Jute andere
Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Der Druck soll hier ein möglichst starker, mehr
stumpfer Flächendruck sein; er trifft lediglich die Faser allein (da Stengel
überhaupt nicht vorhanden sind), und zwar soll jeder
Theil derselben möglichst gleich stark und mehrere Mal hinter einander dem Druck
ausgesetzt sein; von einer Knickung der Stengel, einem Verschieben resp. Loslösen
der Schäben von der Faser ist hier gar keine Rede. Hieraus geht wohl hervor, daß der
Quetschproceß, wie er bei der Jutefaser angewendet werden muß, ein lediglich dieser
Faser eigenthümlicher ist, und daß sich derselbe wesentlich von dem Brechprocesse
für Flachs und Hanf unterscheidet.
(Fortsetzung folgt.).