Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 222, Jahrgang 1876, Nr. , S. 186 |
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Miscellen.
Miscellen.
Die Felsensprengung am Hellgate bei New-York.
Die nördliche Einfahrt in den Hafen von New-York, der sogen.
East-River, welcher durch das der Küste vorliegende Long-Island
gebildet wird, ist an einer Stelle, Hellgate (Höllenthor) genannt, derart durch
Klippen und Felsenrisse verlegt, daß der Verkehr von Schiffen größern Tonnengehaltes
gänzlich unmöglich war. Um dieses Schifffahrtshinderniß zu beheben und um die Fahrt
nach England um mindestens 8 Stunden zu verkürzen, wurde (nach Mittheilung des Scientific American von einem deutschen Ingenieur, A. W.
v. Schmidt) die großartigste Felsensprengung geplant, die
bis jetzt in der Geschichte der Ingenieur-Wissenschaft verzeichnet steht. Der
ganze gefährliche Grund, in einem Flächenraum von 9ha, wurde unterminirt, das felsige Material
herausgeschafft und so unterhalb der Wassersohle ein Raum geschaffen, groß genug um
alle Felsentrümmer zu bergen und den größten Schiffen von 8m Tiefgang genügende Wassertiefe zu geben.
Wir hatten Gelegenheit, dieses wahrhaft großartige Unternehmen kurz vor seiner
Vollendung zu besichtigen. An der Westküste des Eilandes, etwa 6km oberhalb der imposanten, 487m spannenden
East-River-Brücke, deren Wunderbau ein würdiges Gegenstück bildet, war
ein mächtiger Kofferdamm in dem Meeresarm hinausgebaut. Geschützt von demselben,
senkte sich ein Schacht herab, 36m lang,
19m breit, 10m unter den Wasserspiegel, und von diesem
aus strahlenförmig waren 10 mächtige Stollen in den Felsengrund hineingebohrt, an
ihrer Mündung etwa 3m breit bei 5m hoch, einige bis 100m lang unter den Boden des jetzigen
Wasserlaufes getrieben, in zahlreichen Verästungen, durch Quergallerien verbunden,
im Ganzen einen Tunnel von 2250m
darstellend. So stand der gewaltige Bau, einem Riesendome vergleichbar; das
reichlich durchsickernde Wasser mochte wohl die Stimmung etwas beeinträchtigen;
dafür weckte es das Bewußtsein um so lebhafter, daß uns nur ein schwaches,
brüchiges, von wenig Pfeilern gehaltenes Dach vor den Fluchen des atlantischen
Oceans schützte. Denn es sollte so wenig als möglich Material zur Sprengung
zurückbleiben; daher wurde 1m als
Maximalstärke der Decke festgestellt und entsprechend der Figuration des Meerbodens,
welche durch 22000 Sondirungen von Fuß zu Fuß ermittelt worden war, die Höhe der
Tunnels bestimmt.
Die Herstellung der Bohrlöcher zum Vortreiben der Tunnels geschah mit
Gesteinsbohrmaschinen verschiedener Constructionen, welche durch comprimirte Luft
betrieben wurden; das fortwährend zuströmende Wasser wurde durch zwei Dampfpumpen
entfernt, die es in gewaltigem Strahle über die Brüstung des Kofferdammes warfen;
das durch die Sprengungen ausgebrochene Material endlich wurde auf Grubenbahnen zu
dem Hauptschachte geführt und dort mittels eines mächtigen Drehkrahnes
herausgehoben. Am obern Rande des Schachtes stand das Maschinenhaus, Kessel und
Pumpen für die Luftcompression und die Maschine für den Drehkrahn; für die
Wasserhaltung war ein kleinerer Kessel am Boden des Schachtes aufgestellt.
Im October 1869 war das große Werk begonnen worden; einige Jahre durch Sparsamkeit
des amerikanisches Congresses verzögert, wurde es endlich im Laufe des J. 1876
vollendet. Am 24. September mochte wohl mancher Bewohner von New-York und
Brooklyn sich mit bittern Sorgen erheben, denn die Bevölkerung hegte die
weitgehendsten Befürchtungen, wenn sie der 23600k Nitroglycerin gedachte, welche in den 4462 Bohrlöchern am Hellgate
verschlossen waren.
Jedoch mit Unrecht; um 2 Uhr 50 Minuten Nachmittags wurde der galvanische Strom durch
die Zünder gesendet – wie es heißt von dem dreijährigen Töchterchen des
leitenden Ingenieurs General I. Newton – eine
donnernde Explosion erfolgt, auf 8km
hörbar, aber nicht den geringsten Unfall verursachend, und der Ocean wogte durch die
zersprengten Hallen des Felsenbaues.
M-M.
Ueber die glücklich vollzogene Sprengung berichtet uns Ingenieur Ernst Bilhuber aus New-York, wie folgt:
Am 21. September war Alles in Ordnung gebracht, Pumpen und Geräthschaften aus dem
unterminirten Gewölbe geräumt und dieses selbst mittels eines mächtigen Heberrohres in Verbindung mit
dem außen stehenden Wasser gesetzt. Beim Steigen der Fluch füllte sich der Heber und
das Wasser strömte Tag und Nacht, um das ganze Gewölbe nebst seinem Stollen mit
Wasser zu füllen und dadurch die Erschütterung beim Sprengen zu mäßigen und das
Emporschleudern von Felsstücken aus dem Wasser zu verhindern.
Am Sonntag Nachmittag 2 Uhr 51 M., nach Abfeuern des dritten Warnungsschusses,
erfolgte die Explosion. Ueber dem gesprengten Gewölbe erhob sich eine schäumende
weiße Wasserwand von 6000 bis 10000qm
Ausdehnung 18 bis 25m hoch und war einer
Wassergarbe zu vergleichen, in welcher die Köpfe der einzelnen Strahlen leicht zu
unterscheiden waren. Gleichzeitig stieg ein mit Rauch, Fels- und Holzstücken
vermischter Wasserstrahl über die Wand empor, und es ertönte ein dumpfer rollender
Donner. Nur ein leichtes Erzittern des Erdbodens war zu verspüren und ein dicker
brauner Wasserring trieb sich in immer weiterm Bogen über den Meeresarm, die Ufer
mit Schaum bedeckend. – Fünf Minuten später war die ehedem so gefährliche
Stelle mit einer Unzahl von Fahrzeugen bedeckt, und Sondirungen bestätigten ein
vollkommenes Gelingen der Sprengung.
Das Ereigniß verlief ganz ohne Schaden; kein einziges Fenster wurde eingedrückt; nur
auf der Seite gegen Astoria (einem auf Long-Island liegenden Vorstädtchen
New-Yorks) trieb eine Wasserwelle bis 75m aufs Land hinein und wusch theilweise die Erdbekleidung des bombenfesten
Gebäudes hinweg, von welchem aus der elektrische Funken zur Entzündung der Patronen
abgegeben wurde. Im Ganzen sind etwa 24000k
Dynamit und Nitroglycerin zur letzten Sprengung aufgewendet worden.Während der Vorarbeiten verloren 6 Mann ihr Leben: 3 Arbeiter bei einer
Dynamitexplosion, 1 Bergmann durch ein herabgefallenes Felsstück und 2 Mann
in Folge unvorsichtiger Annäherung eines entzündeten geladenen
Bohrloches.
Die Arbeiten währten 7 Jahre und verursachten einen Aufwand von 1700000 Dollars; die
Leitung führten als Chefingenieur General Newton, als
seine Assistenten Ingenieur Striedinger (ein Deutscher)
und Capitän Mercur.
Hartgußwalzen.
Zu den bekannten Verfahren (vgl. 1875 217 154) * 218 491. 1876 221 484) für den
Guß von Hartwalzen ist noch folgende, von der Société des fonderies et forges de l'Horme patentirte
Methode zu notiren. Soll der Mantel der Walze aus weißem Roheisen, der Kern und die
Zapfen aus grauem Gußeisen hergestellt werden, so wird jede der beiden
Roheisensorten für sich durch einen besondern Einguß in die Form gebracht; sie
werden aber von einander getrennt gehalten durch einen in die Form eingesetzten
schwachen Hohlcylinder von Gußeisen, dessen Wanddicke derart bemessen ist, daß durch
die Wärme des eingegossenen geschmolzenen Roheisens ein oberflächliches
Zusammenschmelzen desselben mit dem ihn innen und außen umgebenden Eisen
stattfindet.
Das Woolf'sche System bei Locomotiven.
Die Einrichtung einer Dampfmaschine mit Hoch- und Niederdruckcylinder, mit
einem zwischenliegenden Sammelraum und um 90° versetzten Kurbeln, auf welche
die Kolben der beiden Dampfcylinder wirksam sind, dieses Dampfmaschinensystem, für
welches wir noch immer keinen andern Ausdruck haben als den falschen
„Woolf'sches“ oder den nichtssagenden
„combinirtes“ System, ist nun auch auf Locomotiven
angewendet worden. Der französische Ingenieur A. Mallet
hat in den Locomotivwerkstätten des Creuzot eine Locomotive für die von Bayonne nach
Biaritz führende Localbahn bauen lassen, die statt zweier gleichgroßen
Hochdruckcylinder auf der einen Seite einen Hochdruckcylinder von 240mm, auf der andern Seite einen
Niederdruckcylinder von 400mm Durchmesser
besitzt.
Die Kurbeln der Treibräder sind wie gewöhnlich um 90° versetzt, der Hub ist
beiderseits gleich und beträgt 450mm. Die
übrigen Dimensionen der Maschine sind 47qm,1 Heizfläche, davon 4,6 in der Box, 42,5 in den Rohren, und 1qm Rostfläche. Kesselspannung 10at, Raddurchmesser 1m,200. Gewicht im Dienst 18t.
Auffallend ist die geringe Heizfläche im Verhältniß zum Gewicht, ein Umstand, der auf
die ökonomische Verwendung des Dampfes hinweist; dabei soll durchaus keine
Verminderung der Blasrohrwirkung bemerkbar sein, obwohl der Auspuff des
Hochdruckcylinders entfällt. Beim Anfahren und auf großen Steigungen ist in beiden
Cylindern directer Dampf zu geben; eine einfache Vorrichtung hierzu, Patent Dubocq, wurde schon 1872 bekannt gemacht und ist
selbstverständlich unerläßliche Bedingung.
Es mag wohl zugegeben werden, daß sich auf diese Weise, wenn rationell durchgeführt,
eine wesentliche Oekonomie erzielen läßt; interessant wäre es aber zu wissen, bis zu
welchen Geschwindigkeiten man bei der so ungleichen Kraftäußerung der beiden
Maschinenseiten gehen kann, ohne die Stabilität zu gefährden.
M-M.
Sandpumpe für Aufbereitungsanstalten.
In der Berg- und hüttenmännischen Zeitung, 1876 S. 281 beschreibt E. Heberle eine neue Sandpumpe für Aufbereitungsanstalten,
welche im Princip ihrer Construction mit der in diesem Journal (* 1873 207 111) bereits früher beschriebenen und abgebildeten
australischen Sandpumpe übereinstimmt. Wir beschränken uns deshalb darauf, bezüglich
der neuerdings von der Maschinenbau-Actiengesellschaft Humboldt in Kalk bei Deutz gebauten Sandpumpe (von welcher zwei Stücke in
dem Aufbereitungswerke zu Ammeberg in Schweden mit Vortheil benützt werden) nur das
Wesentlichste mitzutheilen.
Die in Schweden aufgestellten Pumpen sind zweifache Saug- und Druckpumpen mit
Bockgestell, von denen je eine die Mitteltrübe von sechs Rittinger-Stoßherden
und vier rotirenden Herden zum wiederholten Sortiren und Separiren in die
Spitzlutten zurückhebt. Der Durchmesser der Plunger beträgt 160mm, die Hubhöhe ist veränderlich und
beträgt 200, 160 und 120mm; die Plunger
haben nur 1mm Spielraum im Stiefel. Die
Höhe, auf welche die Trübe gehoben wird, beträgt von Wasserspiegel zu Wasserspiegel
3m,750 und die pro Minute gehobene
Menge 80l. Die Saugrohre haben 50mm, die Druckrohre 75mm lichte Weite.
Um zu verhüten, daß während der Stillstandspausen der im Bassin sich absetzende Sand
und Schlamm den untern Theil des Saugrohres verstopfe und einhülle, wird das
Saugrohr aus zwei in einander gesteckten Rohren hergestellt, von denen das obere
fest, das untere auf und ab beweglich und durch eine Stopfbüchse der einfachsten Art
gegen das unbewegliche Rohr abgedichtet ist. Bei Außerbetriebsetzung der Pumpe wird
der untere Theil des Saugrohres etwas gehoben und beim Anlassen allmälig wieder
gesenkt.
Daß der Kolben, um ihn vor Abnützung zu schützen, fortwährend mit frischem Wasser
gespült wird, ist in unserer früheren Beschreibung bereits erwähnt worden; nicht
aber, daß zu diesem Behufe im Pumpengehäuse unterhalb der Stopfbüchse eine rings
herumlaufende Rinne von halbkreisförmigem Querschnitt ausgespart worden ist, in
welche das Spülwasser eingeführt wird. In der Abbildung auf Tafel II Band 207 ist
diese Spülrinne indeß deutlich angegeben.
R.
Ueber den Nickelgehalt des Staubes.
Bei seinen fortgesetzten Untersuchungen über den atmosphärischen Staub (1875 215 476) hat Tissandier (Comptes rendus, 1876 t. 83
p. 75) auf großen Flächen den direct aus der Luft
niedergefallenen oder mit dem Regen heruntergekommenen Staub gesammelt und aus
diesem 124g kleiner, eigenthümlich
gestalteten Körperchen erhalten, welche vom Magnet angezogen wurden. Bei der Analyse
derselben zeigte es sich, daß das Eisen des Staubes nickelhaltig ist; diese
Körperchen scheinen demnach kosmischen Ursprunges zu sein.
Ueber den Werth der Braunkohlenasche.
Die Asche der Braunkohle von Dorheim in Hessen hat nach der Analyse von E. Schulze (Biedermann's Centralblatt, 1876 Heft 8 S. 94)
folgende Zusammensetzung:
Kali
0,46
Natron
0,34
Kalk
11,40
Magnesia
2,10
Eisenoxyd
5,08
Thonerde
22,64
Schwefelsäure
6,40
Phosphorsäure
0,66
Kohlensäure
0,60
Kieselsäure, Sand und Thon
49,58
––––––
100,00.
Der Gehalt der Asche an Kali und Phosphorsäure ist demnach nur
gering, wie auch schon Stohmann (1868 189 271) gefunden hat.
Temperatur der Sonne.
Entgegen den ungemein hohen Temperaturen der Sonne, welche von Secchi und Zöllner (1874 212 531) berechnet sind, leitet Violle (Journal de Physique, 1876 S. 169) aus actinometrischen
Beobachtungen, welche er auf dem Montblanc in verschiedenen Höhen ausgeführt hat,
unter Zugrundlegung des Strahlungsgesetzes von Dulong und
Petit die auffallend niedrige Temperatur von
2500° für das die Sonne bildende Metallbad ab.
Ueber die Fähigkeit der Luft und des Wasserstoffgases, die
Wärme zu leiten und deren Strahlen durchzulassen.
Bekanntlich schloß Magnus aus seinen Versuchen, daß
Wasserstoff eine derjenigen der Metalle ähnliche Leitungsfähigkeit für die Wärme
besitze. H. Buff (Poggendorff's Annalen, 1876 Bd. 158 S.
177) hat nun umfassende Versuche über die Wärmedurchlassungsfähigkeit und Absorption
der Gase ausgeführt, deren Resultate in folgender Tabelle zusammengestellt sind.
Name desGases.
Spannungmm
Diathermanität.
Absorption.
Wasserstoff
1,5
100,0
0
Wasserstoff
750–760,0
102,0
0
Luft trocken
750–760,0
45,6
54,4
„ „
520,6
54,5
45,5
„ „
414,5
60,0
40,0
„ „
254,5
63,0
37,0
„ „
108,0
80,4
19,6
„ „
12,1
87,5
12,5
„ „
1,5
95,6
4,6
Luftleere feucht bei 12°
12,9
74,2
25,8
Luft dampfgesättigt bei 12°
756,6
43,2
56,8
Kohlensäure trocken
750,0
42,1
57,9
Oelbildendes Gas
750,0
53,6
47,4.
Wasserstoff besitzt demnach eine dem Vacuum sehr nahe kommende Durchstrahlbarkeit.
Die trockne Luft absorbirt 50 bis 60 Proc. der Wärmestrahlen, welche aus einer bis
zum Siedepunkt des Wassers erhitzten Quelle in sie eindringen. Das
Absorptionsvermögen der feuchten Luft übertrifft dasjenige der trocknen um mehrere
Procente.
Die Wärmeleitungsfähigkeit des Wasserstoffes und anderer Gase ist nach diesen
Versuchen viel zu gering, als daß es möglich wäre, dieselbe auf dem von Magnus eingeschlagenen Wege mit Sicherheit
nachzuweisen.
Bestimmung der Dampfdichte hochsiedender Körper.
Die Bestimmung der Dampfdichte hochsiedender Stoffe führt V. Meyer im Schwefeldampf aus; als Sperrflüssigkeit verwendet er die
Wood'sche Metalllegirung. Betreffs der näheren Ausführung, Correctionen u.s.w. muß
auf unsere Quelle: Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1876 S. 1216
erwiesen werden.
Ueber das absolute Gewicht der Atome.
Aus den Verdünnungen, in denen die Farbe von Fuchsin und Cyanin noch wahrgenommen
wird, berechnet Annaheim (Berichte der deutschen
chemischen Gesellschaft, 1876 S. 1151), daß das absolute Gewicht eines Atoms
Wasserstoff nicht größer sein kann als 0mg,00000005.
Schwefelkohlenstoff als Conservirungsmittel.
Varrentrapp(1866 182176)
wendete Schwefelkohlenstoff gegen Insekten an, Zöller
(1876 221 191) fand, daß derselbe ein ausgezeichnetes
Conservirungsmittel ist. Nach neueren Mittheilungen des Letztgenannten (Berichte der
deutschen chemischen Gesellschaft, 1876 S. 1080) genügen 5 Tropfen
Schwefelkohlenstoff auf 1l Luftraum, um
darin die am leichtesten zersetzbaren Früchte, Gemüse u. dgl. conserviren zu können.
Die so conservirten Brodsorten, Gemüse, Früchte und Fruchtsäfte eignen sich, nachdem
sie ausgelüftet sind, ohne weiteres zum Genusse und sind im Geschmack dem frischen
Gemüse u.s.w. völlig gleich.
In Schwefelkohlenstoffdampf conservirtes Fleisch nimmt einen unangenehmen Geruch an.
Dieser Geruch wird schwächer, wenn das Fleisch an der Luft steht. Er verliert sich
jedoch ganz beim Kochen und Braten des Fleisches; während des Bratens tritt
Schwefelkohlenstoffgeruch auf. Aber neben dem erwähnten Geruche ist bei dem
conservirten Fleische noch ein solcher nach flüchtigen Fettsäuren wahrzunehmen;
diesen verliert es nicht vollständig beim Braten und erhält dadurch den Geschmack
des Wildpretes.
Für Conservirungszwecke genügt es offenbar, wenn in einem Luftraume sich soviel
Schwefelkohlenstoff befindet, daß hierdurch alle im Luftraume selbst und an der
Oberfläche der Nahrungsmittel befindlichen Keime getödtet werden, da Fäulniß und
Schimmelbildung (Verwesung) von Außen nach Innen vorschreiten. Freilich können dann
noch Zersetzungen im Innern der conservirten Substanzen geschehen, welche als
einfache Spaltungsvorgänge aufzufassen sind. Jede der mit Schwefelkohlenstoff
conservirten Zwetschen entwickelte beim Oeffnen Blausäuregeruch; das Emulsin des
Samenkernes übte auf das Amygdalin, da der Schwefelkohlenstoff nicht in das Innere
der Zwetschen eindrang, seine spaltende Wirkung; einem ähnlichen Vorgange ist das
Auftreten der Fettsäuren im Innern des conservirten Fleisches zuzuschreiben.
Wird eine größere Menge Schwefelkohlenstoff in Anwendung gebracht und die Dauer der
Einwirkung genügend verlängert, so wirkt derselbe auf die zu conservirenden
Substanzen selbst ein; bei mittlern Mengen Schwefelkohlenstoff fault z.B.
conservirtes Fleisch nicht mehr, es schimmelt nur noch. Bei noch größern Mengen
tritt weder Fäulniß noch Verschimmelung ein; der Luft ausgesetzt, trocknet das
Fleisch einfach aus.
Auffrischen alter Korke.
Nach dem Vorschlag von Moore werden die gesammelten Korke
mit heißem Wasser übergossen, am andern Tage mehrmals mit reinem Wasser abgewaschen
und nun in ein Gemisch von 15 Th. heißem Wasser und 1 Th Salzsäure gebracht. Werden
sie nun nach einigen Stunden herausgenommen, gut abgewaschen und getrocknet, so
haben sie wieder das Aussehen neuer Korke.
Beseitigung der Abflußwässer aus Zuckerfabriken.
Mehrere schlesische Zuckerfabriken waren in den letzten Jahren durch das Verbot, die
öffentlichen Wasserläufe ferner durch ihre Abwässer zu verunreinigen, in arge
Verlegenheit gekommen. Mehne (Zeitschrift des Vereins für
Rübenzuckerindustrie des deutschen Reiches, 1876 S. 600) empfiehlt zur Verminderung
dieser Uebelstände getrennte Abführung der warmen und kalten Wässer, namentlich
getrennte Verwendung des Abwassers des Knochenkohlenhauses, um die faulige Gährung
in den Absatzbehältern zu verhüten. Zur Berieselung, der jedenfalls besten
Verwendung dieser Wässer, sind seiner Ansicht nach zu große Flächen erforderlich, so
daß sie nur unter Umständen leicht ausführbar ist. (Vgl. 1875 218 277.)
Die Melasse bildenden Stoffe.
Feltz zeigt in einer längeren, von der Industriellen
Gesellschaft des nördlichen Frankreichs gekrönten Preisarbeit (Wochenschrift für
Zuckerfabrikation, 1876 Nr. 31), daß alle im Syrup löslichen Substanzen einen
nachtheiligen Einfluß auf das Kochen der Syrupe und das Auskrystallisiren derselben
ausüben. Die organischen Stoffe scheinen viel nachtheiliger zu sein als die
unorganischen, die so lange als wesentlich melassebildend betrachtet worden sind
(vgl. 1876 219 363 und 521). Alle Reinigungsmethoden der
Säfte sind deshalb auch wesentlich auf Beseitigung der organischen Substanz
gerichtet, so die Scheidung, die Behandlung mit Kohlensäure und die Filtration.
Ebenso scheint der Effect der Osmose, sowohl des Melassekalkes als der Melasse,
obgleich nachweislich die Beseitigung der Mineralsalze größer ist als die der
organischen Verbindungen, wesentlich durch die Beseitigung der organischen Salze
bedingt zu sein.
Kaliumxanthogenat zur quantitativen Bestimmung von
Schwefelkohlenstoff, Kupfersalzen und Aetzalkalien.
Gelegentlich der Untersuchungen über das Verhalten des xanthogensauren Kaliums im
Boden (1875 217 430) hat Grete
(Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1876 S. 921) die Titrirung des in
Xanthogenat übergeführten Schwefelkohlenstoffes mit einer Fünfzigstelnormallösung
von Kupfervitriol ausgeführt, von welcher also 1l 1g,2672 Kupfer enthält und 6g,404 Kaliumxanthogenat oder 3g,04 Schwefelkohlenstoff entspricht; für
gewöhnlich wird auch eine Zwanzigstellösung genügen.
Zur Herstellung der Kupferlösung werden 3g,168 reiner Kupfervitriol in Wasser gelöst, mit so viel Seignettesalz und
Soda versetzt, bis der anfängliche Niederschlag wieder gelöst ist, und dann auf 1l verdünnt. Aetzalkalien und
Ammoniakverbindungen dürfen nicht angewendet werden, da sie das Resultat
beeinträchtigen.
Der beim Titriren sich bildende Niederschlag von xanthogensaurem Kupfer setzt sich
nach wiederholtem Schlagen sehr gut flockig ab und ermöglicht selbst in nicht ganz
geklärter Flüssigkeit mit großer Genauigkeit das Ende der Reaction durch Ausbleiben
der Trübung nach weiterm Zusatz von einem Tropfen Kupferlosung zu erkennen.
Der von der Bildung des Xanthogenats bleibende, möglichst geringe Ueberschuß an
Aetzkali muß durch etwas Weinsteinlösung oder besser durch Zusatz von
doppeltkohlensaurem Natron unschädlich gemacht werden.
Zur quantitativen Bestimmung des Kupfers löst man die abgewogene Menge des Salzes,
setzt Seignettesalz und Soda hinzu und titrirt mit einer bekannten
Xanthogenatlösung. Da sich diese Lösung an der Luft allmälig zersetzt, so muß man
von Zeit zu Zeit eine Controlbestimmung ausführen.
Da 1 Atom Kupfer aus dem xanthogensauren Kalium 2 Atome Kalium ausscheidet, so ist
diese Methode auch zur Bestimmung der Aetzalkalien in Gegenwart von Carbonaten und
Sulfüren anzuwenden. Von der möglichst wasserfreien, in absolutem Alkohol gelösten
Substanz bildet nur das Aetzkali auf Zusatz von Schwefelkohlenstoff fast
augenblicklich Xanthogenat, während die Carbonate dazu lange Zeit bedürfen, also außer Betracht
kommen. Da es sich ähnlich mit Schwefelnatrium verhält, so würde man nach Abzug der
durch titrirte Kupferlösung und Bleipapier als Endreaction bestimmten Menge von
Schwefelnatrium nebst etwas Sulfocarbonat die Aetzalkalien unmittelbar berechnen
können. Auf dieselben Verunreinigungen ist natürlich auch bei der Bestimmung von
unreinem Schwefelkohlenstoff oder bei der Untersuchung von fertigen Xanthogenaten
Rücksicht zu nehmen.
Aurantia, ein neuer künstlicher Farbstoff.
Die Berliner Actiengesellschaft für Anilinfarbenfabrikation bringt seit einiger Zeit
unter diesem Namen ein ziegelrothes Pulver in den Handel, welches Wolle und Seide
prachtvoll orange färbt. R. Gnehm (Berichte der deutschen
chemischen Gesellschaft, 1876 S. 1245) zeigt nun, daß dieser Farbstoff das
Ammoniaksalz des Hexanitrodiphenilamins ist. Nach Gnehm
hat diese Farbe giftige Eigenschaften, reizt namentlich die Haut sehr stark. Martius bestreitet dies und glaubt diese giftigen
Eigenschaften auf Unreinigkeit zurückführen zu müssen.
Das Aroma des Bieres.
Kenner pflegen beim Kosten des Bieres dasselbe zuerst zu betrachten, ob es blank ist,
dann auch wohl daran zu riechen, ob es ein gutes Aroma besitzt. Es wird nun daran
erinnert (Böhmischer Bierbrauer, 1876 S. 1), daß dieses Aroma abhängt vom Fettgehalt
der Gerste, welches beim Malzproceß den bekannten Gurkengeruch, beim Darren den
Malzgeruch veranlaßt, von den gebräunten Eiweißstoffen des Malzes, vom Hopfen und
zum nicht geringen Theil von der Hefe. Ist die Hefe schlecht (bakterienhaltig?), so
entwickelt sich bei der Gährung oft ein unangenehmer, selbst
schwefelwasserstoffartiger Geruch, welcher gegen Ende der Gährung zwar etwas
geringer wird, aber nie ganz verschwindet.
Einwirkung des Lichtes auf Bier in weißen Flaschen.
Schon vor etwa 14 Jahren machte Kogsbölle in Kopenhagen
die Beobachtung, daß Bier, in wasserhellen Flaschen dem Sonnenlichte einige Zeit
ausgesetzt, einen eigenthümlichen, unangenehmen Geruch annahm. Huth bestätigt jetzt diese Wahrnehmung; eine Flasche Bier, direct aus dem
Lagerkeller geholt, verdarb binnen 1/4 Stunde in den Strahlen der Sommersonne.
Weitere Versuche zeigten, daß namentlich die Hefe bei der Bildung dieses
unangenehmen Geruches betheiligt ist. Flaschenbier sollte daher stets im Dunkeln
aufbewahrt werden.
Flaschenverschluß.
Seidler in Riga berichtet, daß der kürzlich (* 1876 221 113) beschriebene sogen. Leisewitz'sche Flaschenverschluß auf der Wiener Weltausstellung 1873 unter
der Bezeichnung „Codd's Patent“
ausgestellt gewesen sei.
D. Red.
––––––––––
Berichtigung. In Lowe's
Leuchtgasbereitung lies S. 155 Z. 18 v. u. „der
letztern“ statt „des Rostes“ und Z. 17
v. u. „des Rostes“ statt
„desselben.“