Titel: | Der Kautschukmantel für die Pressionswalzen der Druckmaschinen, nach Anordnung von Letellier und Verstraet in Paris. |
Fundstelle: | Band 223, Jahrgang 1877, S. 102 |
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Der Kautschukmantel für die Pressionswalzen der
Druckmaschinen, nach Anordnung von Letellier und Verstraet in Paris.
Letellier und Verstraet's Kautschukmantel für
Druckwalzen.
Um die theuren endlosen Drucktücher, welche in Form von Woll- oder
Kautschuktüchern mit einer durchschnittlichen Länge von 40m während des Druckens continuirlich über
eine Reihe von Leitwalzen durch einen Theil des Trockenraumes der Maschinen und um
den Pressionscylinder, auch Trommel genannt, herumlaufen (zwischen dem zu
bedruckenden Baumwolltuch und der eisernen Trommel eine weiche, elastische Unterlage
bildend), um die bedeutenden Ausgaben, mehr noch um die verschiedentlichen Anlässe
zu Druckfehlern zu vermeiden, welche die Anwendung dieser Drucktücher mit sich
führt, wurde schon zu wiederholten Malen der Versuch gemacht, noch ehe der Kautschuk
eine industrielle Bedeutung hatte, dieselben durch eine auf der Trommel befestigte
Hülle, durch einen Mantel von entsprechender Stärke und Elasticität zu ersetzen.
Diese Versuche blieben bisher resultatlos, auch nachdem man sich des Kautschuks
bedienen konnte, weil eben der Mantel der Hauptbedingung, fest auf der Trommel zu
sitzen, nie entsprach. Letellier und Verstraet haben neuerdings die Idee frisch aufgenommen
und in verbesserter Form ausgeführt, so daß das Bulletin de Rouen, 1876 S. 153 über
deren neue Kautschukmäntel einen recht befriedigenden, auf die ausführlichen, fast
ein Jahr andauernden Versuche von Reber, Benner und Dépierre gestützten Bericht erstatten kann.
Der neue Kauschukmantel hat eine Breite von 0,95 bis 1m,01 und besteht aus zwei Schichten. Die
untere, welche unmittelbar auf der Metalltrommel oder vielmehr auf der auch bei
Drucktüchern erforderlichen, etwa 2mm
dicken Baumwollhülle des Metalles, auf der sogen. Bombage, aufsitzt, hat eine
schwarze Farbe, ist sehr hart und zeigt ein spec. Gew. von 1,6. Sie muß für einen
längern Gebrauch dienen als die zweite, obere Schichte von olivengelber Farbe,
welche weniger hart ist und nur ein spec. Gew. von 1,3 hat. Die Gesammtdicke beider
Schichten beträgt 20mm, und ist die obere
Lage für den Druck exact abgedreht und mit Schmirgel polirt.
Der Hauptvortheil neben größerer Billigkeit der Kautschukmäntel soll also in dem
Vermeiden der durch das Abdrucken der Nähte oder Falten der Drucktücher, in der
Entbehrlichkeit der Trockenvorrichtung und Leitung für die letztern, sowie in dem
Wegfall des Zeitverlustes beim Waschen und Aufziehen der Drucktücher bestehen.
Ferner gestattet das Drucken mit dieser Vorrichtung die Anwendung einer geringern
Hebelbelastung, so daß ein Muster, welches sonst 120k aufgelegtes Gewicht verlangt, mit 105k gedruckt werden kann. Letztere Belastung
verhält sich zu ersterer, bei welcher ein gewöhnliches Drucktuch vorausgesetzt ist,
wie 7 : 8. Läuft, wie es häufig vorkommt, zwischen Drucktuch und Trommel noch ein
zweites, aber bedeutend kürzeres endloses Wolltuch, der sogen. Sack, so gestaltet
sich das Verhältnis der Hebelbelastung noch günstiger für den Kautschukmantel, indem
statt je 7k bei dieser Anordnung immer
10k bei Anwendung von Drucktuch und
Sack aufgelegt werden müssen. Es folgt aber aus der geringern Belastung, daß die
Aufdruckfarben weniger zerquetscht und durch die Baumwolle weniger durchgedruckt
werden, daß bei ebenso reinem und sattem Druck, wie bei Anwendung eines Drucktuches,
weniger Farbe consumirt und, wo es sich um Färberwaare handelt, folgerichtig auch weniger
Färbematerial erforderlich wird.
Setzt man den Umfang der eisernen Pressionswalze einer einfärbigen Maschine zu
0°,600 (mit 250k Gewicht), so hat
der hierzu erforderliche Kautschukmantel mit den oben angegebenen Dimensionen ein
Gewicht von 12k,5 und kommt auf 250 M.,
sammt Transport auf 270 M. zu stehen. Es wurden mit einem solchen 4665 Stücke
Baumwolle zu 100m gedruckt, alsdann mußte
die obere Kautschuklage mit einem Aufwand von 130 M. erneuert werden, und es wurden
nunmehr weitere 1858 Stück gedruckt; ohne daß übrigens mit dieser Anzahl gedruckter
Stücke der Mantel unbrauchbar geworden wäre. Es läßt sich vielmehr annehmen, daß die
Gesammtzahl von 6500 Stücken sicher zu niedrig gegriffen und daß sich die Ausnutzung
der Kautschukhülle wahrscheinlich bis auf 9000 Stücke gedruckter Waare bringen läßt.
Nimmt man jedoch, um ganz sicher zu gehen, als Basis für die Calculation eben die
Gesammtzahl von 6500 Stück, so berechnet sich die Auslage an Kautschuk für 1 Stück
Druckwaare zu 100m Länge auf 6,1 Pf.
Ein Drucktuch von 40m Länge kostet 768 M.;
damit können im Durchschnitt 5000 Stück Baumwolle zu 100m gedruckt werden, wonach sich die Auslage
an Drucktuch für 1 Stück zu 100m auf 15,4
Pf. berechnet.
Die Kautschukmäntel, für welche selbstverständlich die Unterlagen oder Mitläufer
ebenso nothwendig sind wie für Drucktücher, sind jedoch nicht für jeden Druck zu
empfehlen. Muster mit sehr tiefer Gravüre, wie es wohl dieser oder jener
Druckartikel verlangt, schlagen gern durch die Unterlage durch und beschmutzen
alsdann die Kautschuklage. Ferner eignet sich ein Mantel von bestimmter Breite auch
nur für eine Druckwaare von bestimmter Breite. Lauwarme Druckfarben können zwar
angewendet, ein Erwärmen der Kupferwalzen auf 60 bis 80° muß jedoch vermieden
werden. Auch bemerkt man nach längerm Laufen der Maschine, daß die Kautschukhülle
durch die fortgesetzte Friction sich erwärmt und dadurch weicher wird, aber ohne daß
der Druck dadurch sichtbar geschädigt würde. Gehen mehrere starke Falten der
Unterlage unter der Pressionswalze durch, so drucken sich dieselben auf dem
Kautschuk ein; alsdann muß die glatte Oberfläche desselben wiederhergestellt werden,
indem man die Walze von Hand umdreht und auf 0m,20 Entfernung von der geschädigten Stelle die Wärme einer zum Rothglühen
erhitzten Eisenstange einwirken läßt, bis die Vertiefung verschwunden ist.
Ist die Vertiefung eine bedeutendere, wie z.B. wenn ein Nagel durch irgend einen
Zufall zwischen Walze und Trommel durchgeht, so muß dieselbe mit geschmolzenem
Kautschuk ausgefüllt und die betreffende Stelle nach dem Erkalten der geschmolzenen
Masse mit einer feinen Feile abgerundet werden. Es kann ferner vorkommen, daß ein
solcher Kautschukmantel nach einiger Zeit feine Risse oder Sprünge zeigt, welche für
den Druck wenigstens gewisser Artikel von Nachtheil sein kann; diesem Uebelstand,
welcher wohl auf einen Fehler in der Herstellung des Kautschuks zurückzuführen ist,
begegnet man am besten durch vorsichtiges Bearbeiten mit der Feile oder auf der
Drehbank. Endlich ist noch zu erwägen, daß nicht alle Druckmaschinen für die
Einrichtung der Kautschukmäntel sich eignen, sondern nur solche, deren Construction
ein Herausnehmen des Pressionscylinders ohne allzu große Schwierigkeiten gestattet;
es sind also namentlich die Maschinen englischer Construction, deren Gestell für die
Erneuerung der Kauschuklage auf einer Seite förmlich demontirt werden müßte, und
deren Bauart aus diesem Grund die Anwendung des Kautschukmantels weniger
vortheilhaft erscheinen läßt.
Kl.