Titel: | Molard's oscillirende Dampfmaschine. |
Fundstelle: | Band 224, Jahrgang 1877, Nr. , S. 26 |
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Molard's oscillirende Dampfmaschine.
Mit Abbildungen auf Taf.
II [a.b/1].
Molard's oscillirende Dampfmaschine.
Ingenieur Molard in Lunéville, von welchem die in diesem
Journal, *1876 220 392 behandelte
Schleppschieber-Steuerung stammt, hat auch eine oscillirende Dampfmaschine
angegeben, welche einige originelle Constructionsdetails aufweist und nach
Armengaud's Publication industrielle, Bd. 25 S. 72 Taf.
41 in den Figuren
1 bis 5 dargestellt ist.
Der schwingende Dampfcylinder B ruht mit zwei centralen
Zapfen in Lagern der beiden Tragständer A, welche oben
die Kurbelwelle C mit den zwei zur Auflage von
Uebertragungsriemen geeigneten Schwungrädern F, F′ tragen. Die Kolbenstange ist unmittelbar an
dem Kurbelzapfen eingehängt und ertheilt dem oscillirenden Cylinder durch die
Gegenkolbenstange eine sichere Führung. Ein- und Ausströmung erfolgt durch
die hohlen Schwungzapfen, und tritt der frische Kesseldampf bei a (Fig. 3) ein, erfüllt den
Dampfmantel und gelangt dann in das Schiebergehäuse. Der Austrittdampf wird durch
den Hohlzapfen b in den Condensator D geleitet und daselbst durch Einspritzung
niedergeschlagen. Der Antrieb der Luftpumpe und der Speisepumpe H erfolgt durch einen im Schwungrade F eingesetzten Kurbelzapfen.
Zur Dampfvertheilung an dem Spiegel I dient ein
Muschelschieber ohne äußere oder innere Ueberdeckung, der nur die Ausströmung
beeinflußt, während das Abschneiden des Kesseldampfes durch einen Schleppschieber
erfolgt, welcher den Muschelschieber rahmenartig umgibt. Die beiden Leisten i des Schleppschiebers sind dampfdicht am
Schieberspiegel aufgeschliffen; an der Rückseite der Leisten i sind je zwei schräglaufende Rinnen eingearbeitet, in welche vier Ansätze
i′ der Deckplatte eingreifen, von deren
Stellung daher die relative Entfernung der beiden Leisten i abhängig ist. Die Verstellung der Deckplatte nach rechts oder links
— wobei die Expansion verändert wird — geschieht vom Regulator aus
durch ein Hebelwerk, Spindel m und Kurbel m′.
Der Vertheilungsschieber erhält seine Verschiebung durch die Oscillation des
Dampfcylinders, indem die Schieberstange J an der
Traverse J′ eingehängt ist, deren Enden mittels
der beiden Schienen K an die Ständerzapfen d, d gebunden sind. Man
bestimmt die Lage dieser Drehzapfen einfach dadurch, daß man den Cylinder in seinen
todten Punkten einstellt, wobei die Achse d d mit dem
Mittel des Schieberspiegels zusammen fallen muß. Der Muschelschieber ist also im
Schwingungsmittelpunkt festgehalten, und rückt der Schieberspiegel bei der
schwingenden Bewegung des Cylinders zu beiden Seiten über das Mittel gleichmäßig
hinaus — mit demselben Erfolg, als wenn der Schieber auf seinem Spiegel
hin- und hergeschoben würde.
Zur Ableitung des Schieberbewegungsgesetzes denke man sich die Grundlinien des
Mechanismus in Figur
6 schematisch dargestellt: e bedeute die
mittlere Stellung des Muschelschiebers, in welcher derselbe durch die Schienen K und J (Fig. 3) festgehalten wird,
und d stelle das Schieberspiegelmittel dar. Bei einer
Drehung der Kurbel wird in Folge der oscillirenden Bewegung des Cylinders der Punkt
d abwechselnd zu beiden Seiten des Punktes e ausschwingen. Bezeichnet man den jeweiligen Abstand
de vom Mittelpunkt der Schwingung, d. i. der
Schieberweg für den Drehwinkel ω, mit s und sieht de als gerade Linie an, so folgt de : am = bd : a b, daraus de = am
bd/a b oder (da am = ac
sin ω) s = nb sin ω wenn man das Verhältniß
ac/ab = n und bd = b) setzt. Diese Gleichung
des Schieberweges s hat die
von Zeuner für die einfache Schiebersteuerung
aufgestellte allgemeine Form ξ = A sinω + B cos ω wobei A = nl/2 und B = 0 die Ordinaten des Schieberkreises sind.
Die vorliegende Anordnung leidet an dem Uebelstande, daß kein lineares Voreilen
gegeben werden kann. Bei den Stellungen der Kurbel in den todten Punkten ist der
Schieberweg jedenfalls gleich Null, da Textabbildung Bd. 224, S. 28 für ω = 0 und 180° Null wird.
Ebenso ist der Drehungssinn bei dieser Maschine wie bei der einfachen
Schiebersteuerung ein bestimmter, und zwar hebt sich der Kolben, wenn der Cylinder
sich auf die Seite der Steuerung neigt. Ein Reversiren wäre nur auf umständliche
Weise einzuführen.
Bezeichnet man, wie in Figur 7, mit l die Länge des
Schiebergesichtes, mit L
die innere Enfernung der beiden Schleppschieberleisten i
und mit λ die Breite der letztern, so ergeben
sich noch folgende einzuhaltende Relationen. Nachdem das Bewegungsgesetz der
Schieberplatte ein Voreilen des Schiebers unmöglich macht, so darf derselbe weder
innere noch äußere Ueberdeckung aufweisen, sondern muß in der Mittelstellung die
Einströmspalten eben bedecken; die Expansionsplatten müssen, wenn s = n b den Maximalschub bedeutet, so weit
aus einander gerückt werden könen, daß L = l + nb ist, damit bei ganzer Füllung keine
Verengung des Dampfweges verursacht werde. Wenn aber die Dampfspalten selbst bei der
geringsten Füllung noch auf die volle Breite α0 eröffnet werden soll, so muß L = l + α0 der erreichbare Minimalwerth
sein. Damit aber keine Wiedereröffnung oder Nacheinströmung stattfinde, muß die
Breite der Leisten λ = nb + l - L oder für obige Minimalfüllung λ = nb - α0 sein. Den besten Einblick in alle Fragen der
Dampfvertheilung gestattet das Zeuner'sche Schieberdiagramm, wenn man beachtet, daß
der Canal so lange geöffnet bleibt, bis s = L - l + α0 wird.
Die Einstellung der Schleppschieberleisten i erfolgt
durch einen eigenen Regulator, welcher auf dem Einströmungszapfen lose angebracht
ist und durch
Riementrieb von der Welle C auf die lose Rolle f in Drehung gesetzt wird. In seiner Anordnung weist der
Regulator einige Abweichungen von der ursprünglichen Einrichtung (vgl. * 1876 220 393) auf. Die Rolle f
trägt zwischen zwei Bundringen einen getheilten Schwungring g, dessen seitlich vorragende Segmente c (Fig. 4)
zwischen zwei Ringe h und h1 einer zweiten losen Rolle h2 ragen; letztere
bleibt auf dem Einströmungszapfen unbewegt, wenn nicht durch den getheilten
Schwungring g die Segmente c
an die Ringe h oder h1 nach außen oder innen angepreßt werden. Dies
geschieht, sowie die Maschine die normale Rotationszahl nicht mehr einhält, der
Schwungring g also eine solche Stellung annimmt, daß die
Segmente c nicht mehr frei zwischen den Ringen h und h1 gleiten. Eine Beschleunigung oder Verzögerung der
Tourenzahl wird also eine Drehung der Rolle h2 im einen oder andern Sinne hervorrufen. Die Rolle
h2 umgibt ein Hebel
(von der Gestalt eines Greifzirkels) R R1, welcher durch Reibung bei Drehung von h2 mitgenommen wird und
dadurch mittels des Winkelhebels O, der Stange N den Hebelarm M verschiebt;
letzterer wirkt auf die obengenannte Regulirspindel m
der Expansionsleisten i. Die Stange N kann, wie aus Figur 2 zu ersehen, durch
Drehung eines Handrades verkürzt oder verlängert werden, womit ein beliebiger
Füllungsgrad erzielbar ist.
S.