Titel: | Cochenilleroth für Wolldruck; von Dr. A. Kielmeyer. |
Autor: | A. Kielmeyer |
Fundstelle: | Band 224, Jahrgang 1877, Nr. , S. 96 |
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Cochenilleroth für Wolldruck; von Dr. A. Kielmeyer.
Kielmeyer, über Cochenilleroth.
Die Vorschriften für diese Druckfarbe enthalten meist Cochenilleabsud, Kleesäure,
Kleesalz, ein Verdickungsmittel und eine Zinnlösung; letztere bleibt weg, wenn man
statt des Cochenilleabsuds den violettgefärbten Zinnoxydul- oder den
rothgefärbten Zinnoxyd-Cochenillelack verwendet. Weinstein, welcher in der
Wollfärberei so beliebt ist, wird beim Drucken des Cochenilleroths vorsichtig
vermieden, da sein Zusatz eine Trübung und Verunreinigung des gedämpften und
gewaschenen Roths bewirkt. Daß die Farbe stark sauer gehalten sein muß, ist eine
ausgemachte Sache, und je saurer man die Druckfarbe hält, desto gelbstichiger fällt
das Roth auf der Wolle aus — eine Reaction, welcher alles Roth in der ganzen
Färberei und Druckerei unterworfen ist; sie zeigt sich beim unechten Corallinroth,
wenn man es mit Essigsäure, und beim echten Krapproth, wenn man es mit verdünnter
warmer Schwefelsäure oder Zinnsolution behandelt. Die saure Reaction verliert sich
wieder durch Behandlung der gefärbten oder bedruckten Stoffe mit schwach alkalischen
Flüssigkeiten oder mit Seifenbädern oder auch durch längeres Hängen in kalkhaltigem
Flußwasser, wodurch meist das frühere blaustichige Roth regenerirt wird. Es gehört
hierher auch die Farbenveränderung einer concentrirten Fuchsinlösung, welche
letztere beim Erwärmen mit starken Säuren in die Lösung von gelbgefärbtem
dreisäurigem Rosanilin übergeht, durch Zusatz von überschüssigem Wasser jedoch
wieder in das rothgefärbte einfachsaure Rosanilinsalz sich zurückverwandelt. Wird in
gleicher Weise die Lösung eines Cochenillelacks in Oxalsäure und Wasser von der
Concentration, wie die Druckfarbe sie vorschreibt, erhitzt, so wird die Flüssigkeit
zuerst roth, dann gelbroth, und durch Zusatz von Wasser kann jetzt das reine Roth
wiederhergestellt werden; wird aber das Kochen längere Zeit, z. B. 1 Stunde lang
fortgesetzt, so bräunt sich die Flüssigkeit zusehends und beim Verdünnen mit Wasser
behält dieselbe ihren gelbbraunrothen Stich; das reine klare Roth der ursprünglichen
Lösung wird nicht wiederhergestellt. Ich suche hierin den Grund, warum es nicht
gelingt, durch Bedrucken und Dämpfen der Wolle ein ebenso feuriges Cochenilleroth zu
erhalten, wie der Stückfärber ein solches hervorbringt, abgesehen davon, daß
letzterm die Möglichkeit gegeben ist, durch Auffärben sein Roth beliebig zu erhöhen
und zu nüanciren. Wenn auch kochend gefärbt wird, so ist doch immer die Temperatur
des Dampfes im Dampfkasten eine höhere als die des kochenden Farbbades,
hauptsächlich aber ist die Concentration einer Druckfarbe, und erst wenn dieselbe
auf dem Gewebe
vertrocknet ist, gegenüber einer Cochenilleflotte eine unverhältnißmäßig starke, so
daß alle Bedingungen gegeben sind, die nüancirende Wirkung der Säure in der
Druckfarbe constant zu verstärken. Ich hatte früher schon (1874 211 384) einmal Gelegenheit, beim Jodgrün auf diesen
Unterschied zwischen Flotte und Druckfarbe in ähnlicher Weise aufmerksam zu
machen.
Um diesen schädlichen Einfluß der Säuren beim Dämpfen einigermaßen zu Paralysiren,
habe ich mit Vortheil einen Zusatz von krystallisirtem essigsaurem Natron zur Farbe
gegeben. Das essigsaure Natron verhält sich in der kalten, sauren Farbe, wenn es
nicht im Ueberschuß zugefügt ist, als neutrales Salz; erst im Dämpfkasten wirkt es
wie ein Alkali, indem es seine Essigsäure verliert, einen großen Theil der Oxalsäure
in der Druckfarbe neutralisirt und unschädlich macht. Das Resultat war sogleich bei
den ersten Versuchen ein überraschendes. Das Roth ohne essigsaures Natron hat nach
dem Waschen zwar ein dunkleres Aussehen; in Wirklichkeit aber ist es nicht dunkler,
sondern trüber, brauner, düsterer als das Roth mit Zusatz von essigsaurem Natron,
welches mit seinem reinen warmen Feuer viel freundlicher und satter in die Augen
sticht. Es ist hierbei gleichgiltig, ob man mit Cochenilleabsud sammt seinem
Leimgehalt, oder mit dem von letzterm befreiten Cochenillelack arbeitet; am
deutlichsten aber zeigt sich der Unterschied, wenn man Cochenilleabsud verwendet,
den man zuvor durch Aufkochen mit Tannin gereinigt hat (auf 1l Absud vom spec. Gew. 1,0583 oder auf etwa 420g Cochenille 50g Tannin), indem die
Farbe ohne essigsaures Natron ein hartes Gelbroth, diejenige mit Zusatz von
essigsaurem Natron ein warmes Roth-Roth liefert. Will man einem Roth einen
gelben Ton ertheilen, so soll dies durch genügende Zugabe eines natürlichen reinen
gelben Pigmentes, nicht durch Viriren, Alteriren und damit verbundenes Verunreinigen
des rothen Farbstoffes mittels Säure geschehen. Nachdem ich durch eine Reihe von
Versuchen die nöthige und die zulässige Menge des Zusatzes von essigsaurem Natron
bestimmt, habe ich mich schließlich für folgende Vorschrift meines Druckroths im
Großen entschieden:
14k
Gummi werden mit
15l
Wasser angerührt und mit
17k,5
Cochenillelack und
2k,25
Füstellack so lange auf 60° erwärmt, bis der Gummi gelöst ist,
dann.
1k
Oxalsäure und
1k,75
Sauerkleesalz hinzugefügt, gelöst und wenn ganz kalt
2k,25
krystallisirtes essigsaures Natron eingerührt.
Nach dem Drucken wird getrocknet und bei gelinder Wärme 1 bis 2 Tage verhängt, wo
schon eine theilweise Zerlegung des essigsauren Natrons vor sich geht, hernach mindestens 1 Stunde bei
schwachem Druck und mit viel Feuchtigkeit gedämpft, gut abgetrocknet, im Fluß
gewaschen und getrocknet. Das erhaltene Roth ist in der Nüance vollkommen sicher und
kommt einem in der Flotte gefärbten Scharlach möglichst nahe; ganz wird das letztere
durch Druckfarben nie erreicht werden, weil immer die von der Darstellung
herrührenden Verunreinigungen des Lacks und die färbenden Substanzen auch der
reinsten Gummisorten ihren schädigenden Einfluß auf die Nüance des Wollroths bis zu
einem gewissen Grade ausüben werden. — Ebenso vortheilhaft hat sich der
Zusatz von essigsaurem Natron auch bei Füstelgelb und Füstelorange erwiesen. Nimmt
man auf 1l der in Dextrin verdickten
Füstellackfarbe 35g
Oxalsäure und 50g
essigsaures Natron, so ist das nach dem Dämpfen resultirende Gelb oder Orange viel
reiner, als wenn man den Zusatz des letztern unterläßt. Dasselbe gilt in noch
höherem Maße von den verschiedenen hellen Chamois-, Fleisch- und
Lachsnüancen, welche, mit einer Mischung von Cochenille- und Füstellack
hergestellt, durch geeigneten Zusatz von essigsaurem Natron bedeutend an Klarheit
und Zuverlässigkeit des Tones gewinnen.
Schließlich sei noch kurz erwähnt, daß das essigsaure Natron auch beim Limadampfroth
auf Baumwolle sich vortheilhaft erweist. Noch überraschender tritt jedoch die
Wirkung dieses Salzes zu Tag beim Fuchsinroth auf Baumwolle, welches mittels
arsenigsaurer Thonerde fixirt ist, sowohl wenn man sich die arsenigsaure Thonerde in
der Farbe selbst bildet, als wenn man mit sogen, käuflichem Roseïncarmin
(concentrirte Fuchsinlösung mit essigsaurer Thonerde und arsenigsaurem Natron
vermischt) arbeitet. Gibt man in letzterm Fall zu der bekannten Knosp'schen
Vorschrift noch 70g
essigsaures Natron pro Liter fertiger Druckfarbe, so dient dieser Zusatz zur
theilweisen Neutralisation der Schwefelsäure, welche der zur der Farbe reichlich
zugefügte Mordant immer noch enthält, und welche offenbar ohne diesen Zusatz auf den
Fuchsinfarbstoff während des Dämpfens nüancirend einwirkt. Das trübe, harte Roth
nach der ursprünglichen Vorschrift wird, ohne sonstige Abänderung, nur durch
Hinzufügen des essigsauren Natrons in ein wirkliches lebhaftes Fuchsinroth
übergeführt, das noch dazu weniger Neigung zum Abflecken hat als das erstere.