Titel: | Die Wasserfrage in der Brauerei. |
Fundstelle: | Band 224, Jahrgang 1877, Nr. , S. 217 |
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Die Wasserfrage in der Brauerei.
Die Wasserfrage in der Brauerei.
Der kürzlich ausgegebene 7. Jahresbericht der ersten österreichischen Brauerschule in Mödling enthält eine längere Arbeit von Prof. Th. Langer
über die Wasserfrage in der Brauerei, aus welcher folgender Auszug entnommen
ist.
Unter den vielen Factoren, welche bei der Anlage einer Brauerei voll und ganz zu
berücksichtigen sind, nimmt die Qualität des in den Betrieb einzuführenden Wassers
keineswegs eine untergeordnete Stellung ein. Die Erfahrung lehrt zur Genüge, daß
eine Unterschätzung dieses Factors von sehr nachtheiligen Folgen begleitet sein
kann. Die Wasserfrage in der Brauerei läßt sich in die drei Specialfragen
auflösen:
1) Welches Wasser eignet sich zur Malz- und
Biererzeugung?
2) Ist das zum Mälzen und Brauen taugliche Wasser zugleich ein
gutes Speisewasser für den Dampfkessel?
3) Wie entledigt sich der Brauer der Abwässer?
Die für Trinkwasser aufgestellten Forderungen (1877 223
589) können bis auf die Härte unverändert auch auf das zur Malz- und
Biererzeugung dienende Wasser übertragen werden. Durch Anwendung eines harten
Wassers bei der Malzbereitung wird weniger phosphorsaures Kalium aus der Gerste beim
Weichen ausgelaugt und ein Theil der Eiweißkörper in unlösliche Verbindungen
überführt. Das phosphorsaure Kali erhöht nicht nur den Ernährungswerth des Bieres,
es ist auch ein wesentliches Nahrungsmittel für die Hefe bei der Gährung. Eine
theilweise Ueberführung der Eiweißkörper in unlösliche Verbindungen, herbeigeführt
durch die in reichlicher Menge im Weichwasser auftretenden alkalischen Erden, hat
zur Folge, daß sich die Würze beim Kochen rascher und besser bricht. Auch beim
Sudprocesse wirkt hartes Wasser günstig ein. Die günstige Wirkung des Gypses besteht
nach Lintner nicht in einer vermehrten Fällung der
Eiweißköper und dadurch bedingtem rascherem Brechen der Würze, sondern vielmehr
darin, daß sich schwefelsaurer Kalk und phosphorsaures Kali in der Würze zu
phosphorsaurem Kalk und schwefelsaurem Kali umsetzen, wobei ersterer als unlöslich
ausfällt und dabei gewisse Fermentoide mit sich niederreißt. Nach Untersuchungen A. Mayer's bringt ein reichlicher Gypsgehalt beim Beginn der
Gährung eine Verzögerung derselben hervor, die aber später durch eine um so
intensivere Gährung mehr als ausgeglichen wird. (Vgl. 1876 222 497.)
Nach Langer läßt sich auf Grund der keineswegs
abgeschlossenen Versuche so viel schon heute sagen, daß die Ansicht, hartes Wasser
tauge zum Brauen nicht, eine irrige ist.
Viel wichtiger als die Härte des Brauwassers ist dessen fsst völlige Reinheit von
organischen Stoffen. Besonders schädlich sind thierische und stickstoffreiche
vegetabilische Verunreinigungen, wie Jauche, oder Brauereiabflußwässer. In welcher
Weise diese schädlichen Zuflüsse auf den Malzungs- und Brauproceß wirken, ist
noch nicht völlig aufgeklärt. Daß die Gerste bei Anwendung von mit organischen
Stoffen reich beladenem Wasser während der Keimung leichter zur Schimmelbildung
hinneigt, und das aus ihr bereitete Malz nicht den reinen, aromatischen Geruch wie
normal erzeugtes besitzt, ist längst erwiesen. (Vgl. 1876 222 494.) Ebenso die Thatsache, daß dieses Malz dem daraus gebrauten Biere
üblen Geruch und Geschmack und eine geringere Haltbarkeit verleiht. Die nicht
ausoxydirten organischen fäulnißfähigen Substanzen des Brauwassers zeigen ein
gewisses Bedürfniß nach Sauerstoff, sie beeinträchtigen dadurch die Hefe in ihrer
Entwicklung und auch noch damit, daß sie einen geeigneten Boden für die Entwicklung
anderer Gährungserreger abgeben, deren Sporen theils durch das Malz, theils aus der
Luft in die Würze gelangen.
Die zweite Frage: „Ist das zum Mälzen und Brauen taugliche Wasser zugleich
ein gutes Speisewasser für den Dampfkessel“ muß, so wenig
vortheilhaft dies für den Betrieb einer Dampfbrauerei ist, mit Nein beantwortet
werden. Die erste und wichtigste Anforderung an ein brauchbares Speisewasser ist
möglichst geringe Härte — eine Bedingung, welche mit den vorausgehenden
Ausführungen über das Brauwasser im directen Widerspruche steht.(Vgl. 1876 220 172.)
Was die dritte Frage anbelangt: „Wie entledigt sich der Brauer der
Abwässer“, so ist dieselbe keineswegs so leicht zu lösen, als es
vielleicht den Anschein hat. Wenn man das Interesse des Brauers allein im Auge hat
und nicht auch das der Nachbarschaft, so wird ihm der bisherige Brauch, die
Abfallwässer mittels eines Canales in den nahen Bach zu leiten, wohl am bequemsten
sein. Er verdirbt aber durch die höchst widerlich riechenden fauligen Wässer die
Luft der nächsten Umgebung und längs des Bachlaufes. Bei größerm Betriebe mehren
sich die Abwässer bedeutend, und die Belästigung der Nachbarschaft steigert sich bis
zur Unerträglichkeit. Nicht minder verwerflich ist die oft anzutreffende Gebahrung,
die Abwässer einfach in den Boden versickern zu lassen, da durch sie das Grundwasser
verdorben wird. Es regt sich in neuester Zeit eine berechtigte Opposition gegen das
Einleiten der Fabrikabfälle in kleinere Gewässer, ob nun die fauligen Stoffe aus
Brauereien, Färbereien oder Zuckerfabriken kommen, und viele Communen dringen
darauf, daß die Abwässer vor dem Austritte aus der Fabrik durch chemische Agentien
gereinigt werden müssen; erst nach Ausscheidung der organischen Beimengungen läuft
das klare, geruchlose Wasser in den Bach. Die gefällten Substanzen dienen mit
Vortheil als Düngemittel. (Vgl. *1876 222 493.)
In Städten, deren Canalwässer zur Berieselung angewendet werden (vgl. 1874 211 210), wird man die Brauereiabwässer unbeanstandet in
die öffentlichen Canäle leiten können.