Titel: | Johnson's Expansionssteuerung. |
Fundstelle: | Band 224, Jahrgang 1877, Nr. , S. 243 |
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Johnson's Expansionssteuerung.
Mit Abbildungen auf Taf.
VI [a/1].
Johnson's Expansionssteuerung.
Die Polytechnic Review, März 1877 S. 106 enthält die
Skizzen Fig. 1
bis 3 eines,
neuen Steuerungsmechanismus, welchem vor allem besondere Einfachheit nachgerühmt
wird. Daß dem nicht so ist, lehrt ein Blick auf die Zeichnungen; eine interessante
Eigenthümlichkeit dagegen besteht in der Möglichkeit, bei dieser Steuerung Voreilung
und Hub des Excenters und zwar unabhängig von einander zu verändern.
Die Figuren stellen die Anwendung derselben (im Aufriß, Grundriß und Querschnitt) bei
einer amerikanischen Locomotive dar — selbstverständlich nur in principieller
Andeutung. Im Grundriß Figur 2 bedeuten die
beiden Stangen S die Schieberstangen, die am einen Ende
mit dem Dampfschieber, am andern Ende mit je einem Winkelhebel G verbunden sind, deren Achsen auf den Framebalken F drehbar gelagert sind. Indem nun diesen Winkelhebeln
eine oscillirende Bewegung wechselnder Voreilung und Amplitude ertheilt wird,
erfolgt die passende Bewegung beider Steuerschieber. Dies geschieht mittels des
Excenterbügels E, mit welchem beide Winkelhebel G durch ihre Zugstangen z
verbunden sind.
Der Bügel E umspannt eine Scheibe D, welche hier die Rolle des Excenters versieht, und zwar centrisch zur
Treibachse, jedoch nicht in einer normalen Ebene zu derselben rotirt; in Folge
dessen vollzieht die Scheibe D eine schaukelnde Bewegung
in der Längsrichtung der Treibachse und der Bügel E,
welcher durch ein Gleitstück r (Fig. 2) am Mitrotiren
gehindert ist, setzt dieselbe mittels der Zugstangen z
in die Oscillationsbewegung der Steuerungswinkelhebel G
um.
Insoweit stimmt die Johnson'sche Steuerung vollständig mit dem
Dampfvertheilungsmechanismus einer stehenden Locomobile der „Buckeye
Engine Company“ überein, welche in Philadelphia ausgestellt war, bis
jetzt aber noch nicht beschrieben worden ist.
In der Anwendung auf die Locomotive, wie sie der Johnson'schen Steuerung zu Grunde
liegt, ist nun zunächst zu bemerken, daß die beiden Zugstangen z, welche die Bewegung des Bügels E aufnehmen, aufnehmen, unter einem Winkel von 90° an demselben
angreifen (Fig.
3), wie dies der Versetzung der beiderseits arbeitenden Treibkurbeln
entspricht. Dann bedingt die Neigung der Steuerscheibe D
nach der einen oder andern Seite einen ganz bestimmten Drehungssinn der Kurbeln;
wird diese Neigung der Scheibe D in die symmetrisch
entgegengesetzte verwandelt, so ist die Maschine reversirt, während bei der
Mittelstellung (in Figur 1 punktirt), wo die Scheibe D normal
zur Drehungsachse steht, den Steuerhebeln G keinerlei
Bewegung mitgetheilt wird. In den Zwischenlagen von der Vorwärts- oder
Rückwärtsstellung der Steuerscheibe D zu deren
Mittelstellung nimmt der Hub der Schieber und damit der Füllungsgrad successive ab.
Indem somit die Steuerscheibe D, wie dies aus Figur 3
ersichtlich, mit der Treibachse nicht fest verbunden, sondern über zwei Zapfen b drehbar gelagert ist, so leuchtet ein, daß durch
Verschiebung der mit D verbundenen Zugstange l (Fig. 1 und 3) sowohl der
Füllungsgrad als der Drehungssinn der Maschine geändert werden kann. Wie die
Zugstange 1 an einem Muff M angreift, welcher durch eine
Schraube in der Längsrichtung der Treibachse verschoben werden kann, ist aus Fig. 1 und 2 klar
ersichtlich. Die Verbindung des auf der Achse gleitenden Muffes mit der im
Maschinenrahmen gelagerten Schraube muß selbstverständlich das Federspiel gestatten;
von der Schraube führt mit Kegelräderübersetzung eine Welle zum Stand des Führers,
welcher hiermit sowohl beliebig expandiren als reversiren kann.
Zu einer günstigen Dampfvertheilung kann jedoch die Veränderung des Hubes nur
innerhalb enger Grenzen ausreichen; thatsächlich findet auch bei allen
Coulissensteuerungen gleichzeitig Veränderung des Hubes und der Voreilung statt.
Während jedoch bei letzteren einem bestimmten Hube des Schiebers eine stets
constante Voreilung entspricht, ist bei Johnson's Steuerung die Voreilung ganz
unabhängig von dem Hub zu verstellen. Wie letzterer verändert und damit eventuell
reversirt wird, ist in Vorstehendem beschrieben worden; in ähnlicher Weise erfolgt
nun die Veränderung des Voreilens mittels einer zweiten vom Führerhaus ausgehenden
Welle, welche eine zweite Schraubenspindel (rechts in Figur 2) in Bewegung
setzt. Hierdurch verschiebt sich der Muff N über der
Treibachse, auf der er jedoch nicht lose, wie der Muff M, sondern durch eine Schraubennuth c (Fig. 1 rechts)
mitgenommen aufsitzt, so daß einer Verschiebung längs der
Achse gleichzeitig eine Verdrehung um die Treibachse entspricht. Damit diese Drehung
auf die Steuerscheibe D übertragen werde, sind die Zapfen b (Fig. 3), von denen sie
mitgenommen wird, nicht fest auf der Treibachse, sondern auf einer Hülse C eingesetzt (Fig. 3), welche zwischen
Bundringen gehalten die Treibachse umfaßt und nur durch einen Mitnehmer d an deren Drehung theilzunehmen gezwungen wird;
letzterer (in den Figuren ersichtlich) ist nämlich an dem Muff N befestigt und überträgt daher der Steuerscheibe D die Bewegung der Treibachse, bei constanter
Muffenstellung N unverändert, bei Verschiebung des
Muffes mit entsprechender Vor- oder Nacheilung.
Damit ist gewissermaßen das Ideal einer variablen Expansionssteuerung, wie sie
mittels einer Excenterbewegung erzielt werden kann, erreicht und es bliebe nur noch
übrig, auch die Ueberdeckungen des Schiebers variabel zu machen; praktisch ist aber
mit alle dem gar nichts erreicht. Eine gut construirte Coulissensteuerung verändert
zwar Hub und Voreilung stets gleichzeitig, aber auch grade in dem richtigen Maße,
und die Erzieluug hoher Expansionsgrade ohne gleichzeitig excessive Dauer der
Compression und des Voraustrittes ist bei Anwendung eines
Schiebers überhaupt unmöglich.
M-M.