Titel: | Zur Werthstellung des Cementes; von Dr. W. Michaëlis. |
Autor: | W. Michaëlis |
Fundstelle: | Band 224, Jahrgang 1877, Nr. , S. 287 |
Download: | XML |
Zur Werthstellung des Cementes; von Dr. W. Michaëlis.
(Fortsetzung von S. 193 dieses
Bandes.)
Michaëlis, zur Werthstellung des Cementes.
Zur weitern Prüfung des Einflusses der Mahlung auf die Festigkeit des Cementes,
wurden folgende Versuche gemacht.
Aus dem Handel entnommener „Stern-Cement“ ergab bei
näherer Prüfung seiner Mahlung:
22,8 Proc. Rückstand auf einem Sieb mit
900
Maschen auf 1qc.
77,2 Proc. passirten durch ein Sieb mit
900
Maschen auf 1qc.
61,0 Proc. passirten durch ein Sieb mit
2500
Maschen auf 1qc.
51,0 Proc. passirten durch ein Sieb mit
5000
Maschen auf 1qc.
Diesem Thatbestande conform wurde der Versuch ausgeführt; es wurden folgende 4
Mörtelmischungen hergestellt, nämlich:
a) 1
Th. Cement an sich
und 5 Th. Sand.
b) 0,772
Th. Cement durch Sieb mit
900
Maschen
und 5 Th. Sand.
c) 0,610
Th. Cement durch Sieb mit
2500
Maschen
und 5 Th. Sand.
d) 0,510
Th. Cement durch Sieb mit
5000
Maschen
und 5 Th. Sand.
oder vielmehr:
a) 1 Gew-Th. Cement an sich
und
5,0
Gew-Th. Sand.
b) 1 Gew-Th. Cement Feinheit
900
Maschen
und
6,5
Gew-Th. Sand.
c) 1 Gew-Th. Cement Feinheit
2500
Maschen
und
8,5
Gew-Th. Sand.
d) 1 Gew-Th. Cement Feinheit
5000
Maschen
und
10,0
Gew-Th. Sand.
Alle Abmessungen für diese Versuche haben nach Gewicht
stattgefunden, welches Verfahren für exacte Versuche das richtigste bei Cementen
verschiedener Mahlung, sogar das allein zulässige ist.
Die auf mehrere Jahre auszudehnende Prüfung hat bisher für diese 4 Mörtelmischungen
folgende Zugfestigkeiten (k für 1qc) ergeben.
Textabbildung Bd. 224, S. 287
Alter.; 30 Tage; 90 Tage; 180 Tage;
Erhärtung in; Wasser; Wasser; Wasser; feuchter Lust; Wasser; feuchter Luft.
Da Portlandcement in so starker Verdünnung, wie im vorliegenden Falle, im Wasser
einer nicht unbedeutenden Zersetzung unterworfen ist, und weil die Mischungen c und d in dieser Hinsicht
offenbar denen a und b
gegenüber sich im Nachtheil befinden, so wurden nebenher Proben, welche in einem mit
Wasserdampf permanent gesättigten Raume lagern, „in feuchter Luft“ der
Prüfung unterzogen, auch um solcherart die Einwirkung des Wassers näher feststellen
zu können.
In dem vorgeführten Falle war also das „Siebgrobe“ jedesmal
vollständig eliminirt worden. Da aber die Möglichkeit nicht ausgeschlossen ist, daß
das „Siebfeine“ in der Qualität von dem Siebgroben bedeutend
abweichen kann — ein Fall, der bei sehr vielen Cementen vorliegen wird und
vorzugsweise bei solchen, welche mulligen Bränden entstammen, so wurden anderseits
noch folgende Gegenversuche mit einem aus dem Handel entnommenen
„Stern-Cement“ gemacht. Dieser Cement beließ 15
Proc. Rückstand auf einem Siebe mit 900 Maschen auf 1qc.
1) Es wurde nur der Theil angewendet, welcher ein Sieb mit 2500 Maschen auf 1qc passirte.
2) Es wurde Cement von der Feinheit 2500 Maschen angewendet, so aber, daß der
Rückstand auf genanntem Siebe so weit gefeint wurde, daß er ganz dieses Sieb
passirte.
3) Es wurde nur der Theil verwendet, welcher ein Sieb mit 900 Maschen passirte.
4) Es wurde Cement von 900 Maschen Feinheit angewendet, indem der Cement total durch
dieses Sieb gefeint wurde.
5) Es wurde so viel Siebgrobes ausgehalten, daß ein Cement resultirte, der 10 Proc.
Rückstand auf dem Sieb mit 900 Maschen hinterließ.
6) Es wurde der Cement an sich, also mit 15 Proc. Rückstand auf einem Siebe von 900
Maschen, verwendet.
7) Es wurde dem Cement so viel Siebgrobes hinzugefügt, daß derselbe einer Mahlung
entsprach, welche 30 Proc. auf einem Siebe von 900 Maschen hinterläßt.
Mit diesen 7 Mahlungsgattungen ein und desselben Cementes wurden je 3
Mörtelmischungen gefertigt, nämlich je 1 Gew-Th. Cement mit 3, 5 und 6
Gew.-Th. Sand. Die Erhärtung fand statt unter Wasser in der allgemein
angenommenen Weise. Die bisher gewonnenen Resultate der Zugfestigkeit (k für 1qc) sind folgende:
Textabbildung Bd. 224, S. 288
Mahlung 1.; Mahlung 2.; Alter
Tage.; 1 Cement 3 Sand.; 1 Cement 5 Sand.; 1 Cement 6 Sand.; Alter Tage.; 1
Cement 3 Sand.; 1 Cement 5 Sand.; 1 Cement 6 Sand.
Textabbildung Bd. 224, S. 289
Mahlung 3.; Mahlung 4.; Alter
Tage.; 1 Cement 3 Sand.; 1 Cement 5 Sand.; 1 Cement 6 Sand.; Alter Tage.; 1
Cement 3 Sand.; 1 Cement 5 Sand.; 1 Cement 6 Sand.; Mahlung 5.; Mahlung 6.;
Mahlung 7.; Alter Tage.; 1 Cement 3 Sand.; 1 Cement 5 Sand.; 1 Cement 6
Sand.
Diese Zahlen, welche nach einigen Jahren vervollständigt werden sollen, und zwar
zugleich durch Angabe der correspondirenden Druckfestigkeiten, sind immer das Mittel
aus je 10 Versuchen, wie alle meine Festigkeitszahlen, wofern anderes nicht dazu
bemerkt wird. Diese Zahlen erscheinen berechtigt, die Aufmerksamkeit aller
Bautechniker zu fesseln. In der ersten Versuchsreihe reichte gradezu die Hälfte desselben Cementes hin, die gleiche Wirkung
hervorzubringen wie das Ganze; die 50 Proc. Siebgrobes auf einem Sieb mit 5000
Maschen waren also reiner Ballast. Die zweite Versuchreihe gibt ein ganz ähnliches
Resultat, zumal wenn man bedenkt, daß hier nur bis zum Feinheitsgrade 2500 Maschen
gegangen wurde. Sie zeigt ferner, daß ein aus reinem Klinker gefertigter Cement
vorlag, sonst hätten die Mahlungen 1 und 3 geringere Werthe als 2 und 4 ergeben
müssen; daß sie sogar höhere ergeben haben als 2 und 4, hat seinen Grund darin, daß
in dem Siebfeinen von der ursprünglichen Mahlung feineres Mehl vorliegt, als wenn
nachher im Mörser die Siebgröbe so weit gefeint wird, daß Alles das betreffende Sieb
passirt. Nun kosten 100k Cement etwa 6 M.; es bietet aber keinerlei Schwierigkeiten, die
Cementfabriken so einzurichten, daß dieselben für wenige Procent Mehrkosten eine um
100 Procent werthvollere Waare produciren. Es ist allen vom Sonderinteresse
dictirten gegentheiligen Behauptungen gegenüber einfach darauf hinzuweisen, daß die
Erzeugung eines Cementpulvers von solcher Feinheit, daß es ein Sieb mit 5000 Maschen
total passire, eine nichts weniger als schwierige Aufgabe Aufgabe ist.
Textabbildung Bd. 224, S. 290
Alter.; Mischung.; Erhärtung; in
Wasser.; in Luft.; Erhärtung; in Wasser.; in Luft.; Erhärtung; in Wasser.; in
Luft.; 7 Tage.; Reiner Cement; 1 Cem. 1 Sd.; 1 Cem. 2 Sd.; 1 Cem. 3 Sd.; 1 Cem.
4 Sd.; 14 Tage.; Reiner Cement; 1 Cem. 1 Sd.; 1 Cem. 2 Sd.; 1 Cem. 3 Sd.; 1 Cem.
4 Sd.; 1 Monat.; Reiner Cement; 1 Cem. 1 Sd.; 1 Cem. 2 Sd.; 1 Cem. 3 Sd.; 1 Cem.
4 Sd.; 1½ Monat.; Reiner Cement; 1 Cem. 1 Sd.; 1 Cem. 2 Sd.; 1 Cem. 3
Sd.; 1 Cem. 4 Sd.; 3 Monat.; Reiner Cement; 1 Cem. 1 Sd.; 1 Cem. 2 Sd.; 1 Cem. 3
Sd.; 1 Cem. 4 Sd.
In Bezug auf die Beurtheilung des Cementes halte man stets im Auge, daß die Stärke
des reines Cementes — gleiche Mahlung vorausgesetzt — maßgebend ist
für die Stärke der Sandmischungen etc., daß die Güte des Cementes innerhalb 7 Tagen
unbedingt sicher festgestellt werden kann.
Die vorhin gemachten Angaben für die Werthstellung des Cementes gingen vorzugsweise
davon aus, daß
1) bei gleicher Mahlung die Stärke der Sandmischungen
derjenigen der reinen Cemente proportional ist;
2) ziemlich sichere Werthe für die Stärke von Mischungen aus
Cement und Sand im Vergleich zum reinen Cement festgestellt sind;
3) Die Druckfestigkeit zur Zugfestigkeit in genügend fester
Relation stehe.
Alle hinreichend objectiv und kritisch gehaltenen Untersuchungen haben den ersten
dieser Grundsätze bestätigt.
Die nebenstehende Zusammenstellung der Resultate der Zug- und Druckfestigkeit
aus einer an 2160 Probekörpern vorgenommenen Prüfung von aus dem Handel entnommenen
Cementen norddeutscher Fabriken diene noch als experimenteller Belag. Die Tabelle
(von der hier nur die Resultate von 3 Cementen folgen) gibt, trotz ihrer
mannichfachen Unvollkommenheiten, ganz genügend scharf den für 1 zu erbringenden
Beweis. Es entstammt diese Versuchsreihe einer Zeit, wo die Aufsaugungsmethode für
die Herstellung der Probekörper für Zugfestigkeit noch nicht angewendet wurde, wo
also nur Mörtel gleicher Consistenz erzeugt wurden; wo ferner auf die Mahlung noch
keine besondere Rücksicht genommen wurde, und wo die Zahlen noch nicht das Mittel
aus je 10 Versuchen, sondern nur aus einigen wenigen bildeten. — Das
Mischungsverhältniß ist nach Volumtheilen, die Festigkeit in Kilogramm für 1qc angegeben; die 1.
und 3. Zahlenreihe jeder Colonne bedeuten die Zugfestigkeit, die 2. und 4.
Zahlenreihe die Druckfestigkeit.
Die fehlenden Zahlen sind unter 4 für absolute und unter 25 für rückwirkende
Festigkeit; diese gab der Apparat nicht scharf genug an. Nimmt man aus der
(vollständigen) Tabelle das Mittel der Zug- und Druckfestigkeiten nach 7
Tagen und nach 3 Monaten zusammen für die reinen Cemente, so verhalten sich
dieselben in gleicher Folge wie 100 : 73,2 : 81,3 : 63,4 : 67,5 : 49,5 : 37,3 :
31,6.
Nimmt man für die Sandmischungen das Mittel der Zug- und Druckfestigkeiten im
Alter von 3 Monaten, so verhalten sich dieselben wie
100 : 73,7 : 62,0 : 48,5 : 54,0 : 40,5 : 32,5 : 36,5
bei 1:1
100 : 77,5 : 83,0 : 59,7 : 62,5 : 50,5 : 27,4 : 28,0
bei 1:2
100 : 74,7 : 66,7 : 31,0 : 28,3 : 33,9
bei 1:3
100 : 75,0 : 88,5 : 42,3 : 40,5 : 40,0
bei 1:4
Alle waren Cemente aus renommirten Fabriken und erzielten nahezu denselben Preis,
obschon der wahre Werth der Waare so verschieden war, daß er bei einzelnen bis unter
ein Dritttheil anderer hinabging.
Zu dem unter 2 aufgestellten Grundsatze: „die Stärke der Mischungen aus
Cement und Sand im Vergleich zu reinem Cement ist genügend
festgestellt“, sei hier wiederholt, daß man nicht außer Acht lassen
darf, daß die von John Grant und mir ermittelten Werthe
für Mörtelmischungen sich für das Alter von 12 Monaten verstehen, und daß dieselben
je nach der Mahlung variiren. Grant's Angaben entsprechen
annähernd einer Mahlung mit 30 Proc. Rückstand auf einem Siebe mit 900 Maschen.
Bei einer Mahlung mit 25 Proc. Rückstand auf einem Siebe mit 900 Maschen hat sich bei
Anwendung eines Normalsandes die Zugfestigkeit eines Mörtels aus 1 Gew-Th.
Cement und 3 Gew-Th. Sand zu 20 Proc. von der des reinen Cementes nach
7tägiger Erhärtung immer wieder bestätigt.
Zu 3 „Die Druckfestigkeit steht zur Zugfestigkeit in einem genügend festen
Verhältniß“ ist zu bemerken, daß für reinen Cement die
Druckfestigkeit je nach dem Alter im Mittel das 7 bis 10fache der Zugfestigkeit
beträgt, daß für Sandmischungen aber etwas andere Werthe anzuwenden sind. Es
verringert sich mit dem Sandgehalte die Druckfestigkeit der Zugfestigkeit
gegenüber.
(Fortsetzung folgt.)