Titel: | Zum Studium der Metamorphosen des Anilinschwarz; von Friedrich Goppelsröder. |
Autor: | Friedrich Goppelsröder |
Fundstelle: | Band 224, Jahrgang 1877, Nr. , S. 439 |
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Zum Studium der Metamorphosen des Anilinschwarz;
von Friedrich
Goppelsröder.
Goppelsröder, zum Studium der Metamorphosen des
Anilinschwarz.
Seit meinen frühern Mittheilungen (1876 221 75) 1877 223 317. 634. 224 92. 209)
über meine elektro-chemischen Studien der Benzolderivate habe ich diese
Arbeit fortgesetzt und u. a. meine Aufmerksamkeit auch den Metamorphosen des von mir
auf elektrolytischem Wege bereiteten Anilinschwarz zugewendet, welches, wie
überhaupt das auf verschiedenen Wegen bereitete Anilinschwarz, ein ganz besonderes
Interesse darbietet — nicht nur vom praktischen, sondern auch vom
theoretischen Standpunkte aus betrachtet.
Schon früher habe ich davon gesprochen, wie sich das elektrolytisch bereitete
Anilinschwarz verhält, wenn es für sich allein oder mit Natronkalk oder auch mit
Anilin, Methyldiphenylamin, Pseudotoluidin, Methylanilin, Nitrobenzol, Alkohol oder
Jodäthyl erhitzt wird. Ich habe diese Untersuchungen fortgesetzt, begnüge mich aber
für dieses Mal von zwei andern Metamorphosen des Anilinschwarz Mittheilung zu
machen.
1. Ueber Anilinschwarzküpe. Die Base des elektrolytischen
Anilinschwarz, welche man erhält, indem man das am positiven Pol erhaltene Schwarz
nach Reinigung mit kochendem Wasser und Alkohol mit Kali- oder Natronlösung
behandelt, löst sich, wie ich schon seiner Zeit mitgetheilt habe, in rauchender
Schwefelsäure auf. Man muß fleißig umrühren. Es entwickelt sich Wärme. Je nach der
Säuremenge und je nach der Einwirkung wird die Lösung blauviolett oder dunkelgrün.
Die Behandlung muß so lange dauern, bis die Flüssigkeit vollständig homogen ist;
dann wird die Lösung in Wasser gegossen. War die Einwirkung der rauchenden
Schwefelsäure genügend, so muß sich nun ein rein grüner Niederschlag bilden, während
die Flüssigkeit farblos oder leicht rothviolettlich ist. Der Niederschlag wird mit
Wasser gewaschen, bis dieses keine saure Reaction mehr zeigt. Wenn man fortfährt,
den Niederschlag mit Wasser zu behandeln, löst er sich mit grüner Farbe auf, beim
Erwärmen noch leichter. Diese grüne Lösung färbt weder gebeizte noch ungebeizte
Baumwolle, aber die Wolle. Sie färbt sich blau durch Zusatz von Ammoniak, beim
Erwärmen damit blauviolett. Diese gibt an Aether so wenig als die blaue Lösung etwas
ab. Aetzkali- oder Aetznatronlösung verändern das Grüne in Blau, dann beim
Erwärmen in Violett; Zusatz von Salzsäure macht das Grün wieder erscheinen.
Ebendieselbe grüne Lösung wird durch Hydrosulfit, ebenso durch Zinkpulver allein oder
mit Säure entfärbt. Die entfärbte Flüssigkeit wird durch rauchende Salpetersäure
wieder grün. Mit Natriumamalgam wird die grüne Flüssigkeit blauviolett, dann sehr
langsam entfärbt. Mit Eisensulfat, selbst in der Wärme, findet keine Reduction
statt. Schweflige Säure wirkt nicht, ebenfalls nicht Natriumhyposulfit unter Zusatz
einiger Tropfen verdünnter Schwefelsäure. Fügt man aber Zinkhydrosulfit oder
Calciumhydrosulfit zu, so geht die Farbe der Lösung sofort ins Gelbe über. Durch
Natriumhypochlorid in der Kälte wird sie rothviolett, dann immer röther, beim
Erwärmen orange, durch Zusatz von schwefliger Säure gelb. Mit Kaliumbichromat
erwärmt, bleibt sie grün, wird aber durch Permanganat unter Zusatz von Schwefelsäure
entfärbt. Chlorwasser macht das Grün anfänglich intensiver, dann blauviolett, blau,
violett und endlich weinroth; durch Ammoniak wird die Flüssigkeit braun.
Durch Kaliumferricyanür und Natronlauge entsteht beim Erwärmen braune Färbung der
Flüssigkeit. Mit Kupfersulfat entsteht ein grüner Niederschlag, der nach dem Waschen
und nach Suspension in Wasser mit Schwefelwasserstoff eine nach Abfiltriren vom
Schwefelkupferniederschlage fast farblose Flüssigkeit gibt, die durch Chlorwasser
grün, dann violett wird.
Die mit Barytwasser übersättigte Flüssigkeit gibt einen grünen Niederschlag, während
die filtrirte Flüssigkeit violett bleibt.
Die mit Schwefelwasserstoff behandelte grüne Lösung bleibt grün und wird durch
Chlorwasser violett. Mit Bleiacetat gibt sie einen grünen Niederschlag, mit
Zinntetrachlorür auch einen dunkelgrünen Niederschlag, welcher durch Chlorwasser
zuerst blau, dann violett wird und sich endlich in Natronlauge blauviolett löst.
Zinnchlorür gibt auch einen grünen Niederschlag, welcher sich gelbgrünlich in der
heißen Natronlauge löst. Die grüne Lösung gibt mit Kaliumbichromat in der Wärme
einen schwarzen Niederschlag. Die grüne Lösung wird blauviolett durch
Kaliumhypochlorid, dann rothviolett. Diese rothviolette Flüssigkeit wird wieder grün
durch schweflige Säure und geht durch Kaliumhypochlorid wieder in Violett über.
Durch einen Ueberschuß von Kaliumhypochlorid wird die Lösung rothgelb, beim Erwärmen
gelb; sie wird durch schweflige Säure nicht wieder grün, geht aber in Blauviolett
über durch Natriumhyposulfit, endlich ins Bräunliche und wird hernach durch
Kaliumhypochlorid wieder violett. Dieselbe rothviolette Flüssigkeit wird durch
Schwefelwasserstoff gelbbraun, und gelborange, wenn man Natriumhypochlorid zufügt
und erwärmt. Die rothviolette Flüssigkeit wird gelbbraun durch Natriumamalgam, durch
Natriumhypochlorid wieder violett.
Wenn aber die zur Behandlung der Basis des Anilinschwarz angewendete Schwefelsäure
nicht concentrirt genug war, so gibt die saure Flüssigkeit, in Wasser gegossen,
einen grünen Niederschlag, welcher in Wasser unlöslich ist. Weder der eine, noch der
andere grüne Niederschlag lassen sich durch Ozon oder durch eines der bekannten
Agentien zu Schwarz umwandeln. Der grüne Niederschlag oder seine grüne wässerige
Lösung geben nach Neutralisation mit Alkalilösung eine blaue Flüssigkeit mit
violettlichem Stich. Diese blaue alkalische Lösung gibt folgende Reactionen: Durch
Salzsäure wird sie wieder grün; es bildet sich ein grüner Absatz, und die
Flüssigkeit entfärbt sich nach einiger Zeit. Aether zieht daraus nichts aus,
ebensowenig Chloroform. Natriumhypochlorid in der Kälte macht sie immer mehr
rothviolett, in der Wärme dunkel rothorange, und ein Ueberschuß entfärbt sie bis zum
Gelb. Durch Ferricyanür wird sie in der Wärme gelbbraun; durch Essigsäure, Salzsäure
etc. wieder grün. Brom macht sie zuerst blauviolett, dann rothviolett, ein
Ueberschuß entfärbt sie. Durch Chlorwasser wird sie zuerst blauviolett, dann
rothviolett; endlich wird sie dadurch entfärbt. Durch rauchende Salpetersäure wird
sie zuerst grün, dann beim Erwärmen entfärbt.
Unter den Eigenschaften dieser blauen Lösung hebe ich besonders die hervor, durch
Glycose reducirt zu werden, oder auch durch andere reducirende Mittel. Behandelt
man die alkalische Flüssigkeit unter leichtem Erwärmen mit Glycose, so wird sie
gelblich oder gelbbraun, hernach aber wird sie wieder rasch blau durch die
Einwirkung der Luft. Durch Hypochloride und durch Chlorwasser färbt sich die
Flüssigkeit blauviolett, durch Permanganat rothviolett.
Wenn man in eine solche ziemlich concentrirte Küpe des Anilinschwarz vegetabilische
oder animalische Fasern taucht, so färben sie sich an der Luft rasch violett,
schneller noch in Ozon, dann blauviolett und blau, welche Färbungen durch verdünnte
Säuren grün werden, durch Kochen mit Alkohol sich nicht ändern und auch nichts an
denselben abgeben, auch nicht nach Zusatz von Essigsäure, durch welche das Zeug blos
grün wird und von neuem wieder blau durch Ammoniak. Die Alkalien aber lösen alles
Blau mit violettlichem Stich auf. Behandelt man die blaue Faser mit einem
oxydirenden Bade, so entwickelt sich das durch Säuren nicht grün werdende Schwarz.
War das Blau hell, so erhält man ein Grau, war es dunkel, so erhält man ein
Schwarz.
Ich brauche wohl nicht daran zu erinnern, daß, wenn man die Glycose mit einer
Aetzlösung selbst während 5 Minuten in der Kochhitze behandelt, die Flüssigkeit
braungelb wird und Baumwolle darin sich nur bräunlich gelb färbt. Je nach der
Concentration der Küpe kann man die verschiedensten Nüancen vom sehr hellen Grau bis
zum satten Schwarz erhalten. Man kann also Anilinschwarz auf den Fasern in analoger
Weise wie das Indigblau fixiren. Man imprägnirt die Faser mit dem Chromogen, welches
an der Luft sich schnell oxydirt und sich in Farbstoff umwandelt, welcher auf der
Faser fixirt bleibt.
Man kann die Schwarzküpe, mit Glycose oder Hydrosulfit bereitet, auch zur Indigküpe
setzen und dadurch die blaue Indignüance dunkler machen. In einem vergleichenden
Versuche mit der Indigküpe und mit einer Indig- und Schwarzküpe zugleich wird
letztere viel dunkleres Blau liefern. Man kann nach dem Färben die in der
gemeinschaftlichen Küpe gefärbten Stücke wie die in der Indigküpe gefärbten
behandeln und überdies das Schwarz noch durch das Mittel von Jeanmaire, nämlich eine mit Schwefelsäure angesäuerte Eisenchloridlösung
überoxydiren. Man kann die Stücke auch zuerst mit Schwarzküpe grundiren und dann mit
der Indigküpe blau ausfärben. Man kann auch die Schwarzküpe, wie man es für die
Indigküpe macht, aufdrucken. Mit einer weniger concentrirten Farbe erhält man ein
sehr schönes Grau.
Die alkalische blauviolette Lösung kann ebenso gut mit Calciumhydrosulfit und mit
metallischem Zink als mit Glycose reducirt werden. Die Küpe mit Calciumhydrosulfit
in alkalischer Flüssigkeit gelingt sehr gut. Die Flüssigkeit wird gelb, und Baumwolle, welche in
dieser Flüssigkeit getränkt wird, nimmt an der Luft rasch eine blaue Färbung an.
Fügt man der alkalischen Flüssigkeit eine saure Lösung von Zinkhydrosulfit zu, so
entsteht grüne Färbung, und durch einen Ueberschuß des Reagens bildet sich ein
grüner Niederschlag, während sich die Flüssigkeit entfärbt.
Es gelang mir noch nicht, eine Schwarzküpe zu bereiten, wie man es für Indigo thut
— nämlich mit Eisenvitriol und Aetzkalk. Ich erhielt nur einen schwarzen
Absatz (auf welchem sich ein blauvioletter Niederschlag befindet), gebildet aus
einem schwarzen Lack mit Kalk- und Eisengehalt, wie es die Zersetzung mit
Salzsäure beweist, welche daraus Kalk und Eisen auflöst, während das Schwarz sich
ohne Veränderung niederschlägt. Die klare Flüssigkeit war rothviolettlich und
entfärbte sich durch Natriumhypochlorid.
Man kann, um durch die Küpe zu einem dunkeln Schwarz zu gelangen, auf folgende Weise
verfahren: Man tränkt das Zeug abwechselnd in der Küpe und setzt es der Luft aus,
bis man zu einem sehr dunkeln Blau angelangt ist; dann überoxydirt man nach Jeanmaire's Verfahren mit angesäuerter Eisenchloridlösung
und gelangt zu einem durch Säuren nicht mehr grün werdenden Schwarz. Nachher fängt
man wieder an, abwechselnd in der Küpe zu tränken und dem Sauerstoff der Luft
auszusetzen, überoxydirt von neuem und sofort, bis man zum gewünschten Schwarz
angelangt ist.
Eine alkoholische Lösung von Kaliumnitrit entfärbt die blaue Lösung selbst in der
Wärme nicht, während die Entfärbung sofort eintritt, wenn man eine Lösung von
Glycose oder Hydrosulfit beifügt; nach dem Entfärben erscheint die grüne Färbung
wieder durch Zusatz von rauchender Salpetersäure. Die blaue Lösung wird auch durch
ein Gemisch von Glycerin, Zinnstannit und Soda entfärbt, nach dem Verfahren von Prudhomme für Indigo.
Bedient man sich der Küpe für Tinte, so sieht man die Buchstaben zuerst schwach
gefärbt, dann blau bis dunkel schwarz werdend. Man kann also das reducirte
Anilinschwarz als Tinte verwenden; dies hat auch Wichtigkeit für eine Zeichentinte
für die Zeuge in den Bleichereien, Färbereien, Druckereien und Haushaltungen. Malt
man z. B. mit der einen Ueberschuß von Glycose enthaltenden Schwarzküpe auf Papier,
so erhält man je nach der Zahl der Anstriche Nüancen, welche vom Hellgrau bis sehr
dunklem Schwarz variiren; das so erhaltene Schwarz ist glänzend. Die damit erhaltene
Schrift wird braungelb durch Hydrosulfit, geht dann aber wieder in Blau und alsdann
in Schwarz durch die
Oxydation an der Luft über. Sie wird rothviolett durch Calciumhypochlorid und dann
dadurch entfärbt, grün durch eine Säure und wieder schwarz durch Ammoniak, violett
durch ein Alkali.
Zeug, welches mit der Schwarzküpe bis zu violettlichem Blau gefärbt ist und dann mit
einer Lösung von Aetzkali unter Zusatz von Glycose behandelt wird, entfärbt sich;
die Flüssigkeit wird gelb, wie wenn die Glycose allein in der alkalischen
Flüssigkeit aufgelöst wäre. Zeug, das stärker blau gefärbt ist, verhält sich in
analoger Weise. Mit nicht überoxydirtem Anilinschwarz gefärbtes Zeug entfärbte sich
gleichfalls durch die alkalische Glycoselösung. Das auf Zeug befindliche
überoxydirte Schwarz gibt an Aetzkalilösung nur sehr wenig violetten Farbstoff ab,
welcher durch Zusatz von Glycose entfärbt wird. Dasselbe Zeug entfärbt sich, wenn
man es mit einer alkalischen Glycoselösung behandelt, wird graublau und durch eine
Säure hernach grün.
Diese beschriebene Reduction durch Glycose in Gegenwart eines Alkalis kann ebenso gut
mit dem Derivate der Basis des Anilinschwarz des Handels als mit dem der Basis des
elektrolytischen Schwarz ausgeführt werden. Es ist aber nöthig, daß die Basis des
Schwarz zuerst mit einem Alkali freigemacht werde, ehe man die weitere Behandlung
vornimmt. Ich habe bis dahin mit einem ausgezeichneten Schwarz von d'Andiran und Wegelin in
Mülhausen außer mit meinem elektrolytischen Producte operirt. Die Schwarz des
Handels müssen zuerst mit kochendem Wasser und dann mit Alkohol gereinigt werden.
Dann wird das so gereinigte Anilinschwarz mit Kali- oder Natronlösung in der
Wärme behandelt; die frei gewordene Basis wird mit Wasser gewaschen und dann
getrocknet. Der alkalische Auszug hat eine rothviolette Farbe. Hierauf wird die
Basis in rauchender Schwefelsäure aufgelöst und diese Lösung in Wasser gegossen,
wobei ein grüner Niederschlag entsteht, den man von der Flüssigkeit trennt. Dieser
grüne Niederschlag wird gewaschen. In dicker Masse sieht er schwarz aus, in dünner
Schicht, auf die Fensterscheibe gestrichen, muß er rein grün aussehen. Er löst sich
in Kali- oder Natronlösung mit blauer Farbe auf, und diese Lösung wird durch
Glycose oder Calciumhydrosulfit oder die erwähnten andern hydrogenirenden Agentien
entfärbt.
Hinsichtlich einer Erklärung der mitgetheilten Thatsachen und einer Theorie über die
Beziehungen des Anilinschwarz zu den verschiedenen damit im Zusammenhang stehenden
Körpern, ist es vor allem nöthig, die Elementaranalysen der verschiedenen Körper
auszuführen und ihre Metamorphosen noch einläßlicher zu studiren. Ich bin mit dieser
Arbeit eben schon beschäftigt. Dennoch erlaube ich mir heute schon, die Art und Weise aus einander zu
setzen, wie ich mir die bis jetzt bekannten Thatsachen erkläre.
Ich habe für die Basis des elektrolytischen Anilinschwarz die Formel C24H20N4 in Folge der damit
angestellten Elementaranalyse gefunden. Ich schwankte zwischen den beiden
rationellen Formeln:
Textabbildung Bd. 224, S. 445
Die neuen Thatsachen lassen sich besser mit Annahme der
erstern Formel erklären. Ich erkläre mir dieselben auf folgende Weise: Die Base des
Anilinschwarz, eine Tetrazoverbindung, ändert sich durch rauchende Schwefelsäure in
Sulfosäure; diese gibt ein farbloses hydrogenirtes Derivat und mit Alkalien in
Wasser mit blauviolettlicher Farbe lösliche Salze. Diese blauen Lösungen entfärben
sich durch hydrogenirende Mittel; sie werden nachher an der Luft durch
Deshydrogenation von neuem blau und geben dann das durch Säuren grün werdende
Schwarz, welches durch Ueberoxydation sich in Schwarz umändert, das durch Säuren
nicht mehr grün wird. Ich habe zur Ueberführung des durch Säuren grün werdenden
Schwarz in oxydirtes echtes Anilinschwarz verschiedene der dazu empfohlenen
oxydirenden Agentien angewendet, so eine wässerige Lösung von chlorsaurem Kali,
welche noch mit Kupfervitriol und Salmiak versetzt wurde, oder eine wässerige Lösung
von chlorsaurem Kali mit Kupferchlorid, oder eine wässerige Lösung von
doppeltchromsaurem Kali, namentlich aber das ausgezeichnete Jeanmaire'sche Mittel, eine wässerige, mit etwas Schwefelsäure versetzte
Lösung von Eisenchlorid.
Bei der Entwicklung des Anilinschwarz in saurer Lösung der Anilinsalze bildet sich
zuerst das Emeraldin, ein grüner Körper, welcher nicht mit jenem grünen Körper
verwechselt werden darf, der sich bildet, wenn die Lösung des Anilinschwarz in
rauchender Schwefelsäure in Wasser gegossen wird. Das Emeraldin wird durch Alkalien
blau, ändert sich durch Oxydation an der Luft in Schwarz, das durch Säuren grün wird
und durch Oxydation mit einem der obigen Mittel in echtes, nicht mehr durch Säuren
veränderliches Schwarz übergeht.
Es müssen also durch Analyse und Metamorphosen folgende Körper genau untersucht
werden: 1) Emeraldin, das Zwischenglied zwischen dem unechten Schwarz und den
Anilinsalzen; 2) das durch Säuren grün werdende Schwarz; 3) das oxydirte echte
Schwarz, 4) das grüne Product der Einwirkung der rauchenden Schwefelsäure aus das
grün werdende (und auf das echte) Schwarz; 5) das farblose Product der Hydrogenation
dieses grünen Körpers Nr. 4, welches man einstweilen die Sulfosäure des reducirten
Anilinschwarz oder Anilinweiß nennen könnte. Diese verschiedenen Körper folgen sich,
wenn man von den Anilinsalzen ausgeht, in der folgenden Reihe: Anilinsalze,
Emeraldin, Schwarz, Sulfosäure des Schwarz, Sulfosäure des hydrogenirten Schwarz,
durch Oxydation von neuem das Schwarz.
Folgende, zum Theil nur hypothetische Formeln dienen mir einstweilen zur Erklärung
der Entwicklung des Anilinschwarz aus den Anilinsalzen und des Zusammenhanges der
verschiedenen bis jetzt beobachteten Körper.
Textabbildung Bd. 224, S. 446
4 Mol. Anilin.; 2 Mol.
Hydrazobenzol.; Hydrogenirtes oder reducirtes Anilinschwarz (Anilinweiß).;
Emeraldin.
Textabbildung Bd. 224, S. 446
Anilinschwarz, durch Säuren; grün
werdend Oder 2 Mol.; Oxydirtes Anilinschwarz, durch Säure nicht grün
werdend.
2. Aenderung der Base des Anilinschwarz in einen rosarothen
fluorescirenden Farbstoff. Ich behandelte die Base des elektrolytischen
Anilinschwarz mit geschmolzenem doppeltschwefelsaurem Kali. Es entwickelten sich
Schwefligsäure und Stickstoffgas. Die geschmolzene Masse enthielt weder Sulfit noch
Hyposulfit, noch Sulfür. Die mit Wasser gekochte Masse färbte dasselbe nur leicht
gelblich. Der in Wasser unlösliche Rückstand wurde in der Wärme des Wasserbades mit
concentrirter Schwefelsäure behandelt. Die saure Lösung wurde in Wasser gegossen. Es
bildete sich ein reichlicher schwarzer Niederschlag. Die Flüssigkeit war rothviolett
gefärbt und wurde durch Zusatz von Ammoniak fluorescirend. Aus dem Niederschlage zog
Alkohol einen rosarothen Farbstoff aus, welcher dieselbe Fluorescenz und dieselben
spectralanalytischen und chemischen Reactionen wie das Naphtalinrosa gab. Neben dem
Rosafarbstoff bildet sich sehr wenig violetter Farbstoff.
Ich betrachte die Umänderung des Schwarz in den Rosafarbstoff als einen Act der
Deshydrogenation. Die Elementaranalyse und das Studium der Metamorphosen werden die
Formel dieses Rosafarbstoffes bestimmen. Wenn es wirklich Naphtalinrosa ist, so wäre
seine Bildung durch folgende Gleichung zu erklären:
5 (C24H20N4) - 16H - 8N = 4 (C30H21N3).
Die Reaction zwischen dem Schwarz und dem Bisulfat wäre:
5 (C24H20N4) + 16 (HKSO4) = 8 N + 16H2O + 8SO2 + 8K2SO4 + 4[C30H21N3].
Das Bisulfat zersetzt sich in folgender Weise:
2KHSO4 = K2SO4 + H2O + O + SO2.
Ich bin damit beschäftigt, die Wirkung der Bisulfate und gewisser Sulfate auf
verschiedene organische Körper zu studiren, überzeugt, daß sie eine viel größere
Anwendung als bis dahin zum Oxydiren oder Deshydrogeniren finden können.
Wenn man nach dem Behandeln der Base des Anilinschwarz mit doppeltschwefelsaurem Kali
die Masse mit kochendem Wasser behandelt und dann mit Alkohol, der mit verdünnter
Schwefelsäure angesäuert ist, so färbt sich dieser hell violett. Behandelt man
nachher den Rückstand mit kaustischer Kalilösung, so wird diese violettrosa, und der
Rückstand gibt an Alkohol einen blauen Farbstoff ab.
Ich erhielt diese Resultate nicht nur mit der Base des auf elektrolytischem Wege
gewonnenen Anilinschwarz, sondern auch mit der Base des auf gewöhnlichem chemischem
Wege dargestellten. So arbeitete ich zum Beispiele auch mit dem ausgezeichneten
Producte von d'Andiran und Wegelin in Mülhausen. Wenn man aber, anstatt die Base des Schwarz auf
beschriebene Weise zu behandeln, das Salz anwendet, d. h. den Absatz, wie er sich am
positiven Pole bildet, oder das Anilinschwarz des Handels, so bläht sich die Masse
auf und es bildet sich neben schwefliger Säure ein Gas, welches mit blauer Flamme
brennt. Ich erhielt mit dem Salz nicht das gleiche Resultat wie mit der Base. Man
muß also das aus Anilinsalzen durch ein deshydrogenirendes Mittel erhaltene Schwarz,
ein Salz der Tetrazoverbindung, der ich die Formel C24H20
N4 gebe, nach Reinigung
mit kochendem Wasser und kochendem Alkohol, z. B. mit Aetzkalilösung, in die freie
Base umwandeln. Diese
wird nach vollständigem Auswaschen und nach dem Trocknen der einen oder andern
Metamorphose unterworfen.
Ich danke schließlich Hrn. Barrelet, Assistent in der
hiesigen Schule für Chemie, für den Eifer und die Gewissenhaftigkeit, mit welcher er
bei den von mir angestellten Versuchen mit gearbeitet hat.
Mülhausen, März 1877.