Titel: | Einfluss des Puddelns auf das Schweissen mit besonderer Berücksichtigung des Maschinenpuddelns; von R. Howson. |
Fundstelle: | Band 224, Jahrgang 1877, Nr. , S. 452 |
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Einfluss des Puddelns auf das Schweissen mit
besonderer Berücksichtigung des Maschinenpuddelns; von R. Howson. Vgl. C. W. Siemens 1868 190
203. Jordan und Williams
1874 214 163. Ledebur 1875
216 78.
Howson, über den Einfluß des Puddelns auf das
Schweißen.
Bekanntlich sind nur diejenigen Metalle schweißbar, welche beim Uebergang aus dem
festen in den flüssigen Zustand ein Stadium durchlaufen, in welchem sie zäh und
teigartig sind. Man rechnet hierzu in der Regel nur Eisen, Platin und Gold. Platin
und Gold schweißen, wenn sie den erforderlichen Temperaturgrad erreicht haben, unter
allen Umständen, weil beide unoxydirbar sind, ihre Oberfläche also während des
Erhitzens keine chemische Veränderung erleidet. Mit dem Eisen verhält sich dies
nicht so; dasselbe bedeckt sich, wenn es unter Zutritt der Luft auf Schweißhitze
gebracht wird, mit einer Oxydschicht, die außerordentlich schwer schmelzbar ist und
dem Schweißen hindernd im Wege steht. Die nachfolgend aufgeführten, leicht
auszuführenden Versuche mögen dies bestätigen:
I) Feilt man an zwei Stücken Gußstahl je eine Fläche
glatt ab, legt die beiden Stücke mit den glatten Flächen auf einander, bindet sie
mit Draht fest zusammen, verschmiert die außen sichtbare Fuge, welche beide Stücke
von einander trennt, ringsherum mit feuerfestem Thon und bringt das so gebildete
Paket in einem gewöhulichen Schmiedefeuer auf Schweißhitze, hämmert es dann eine
kurze Zeit lang mit einem Vorhammer gleichmäßig durch, so wird man auf seiner
Bruchfläche nirgends eine Schweißnaht entdecken. Beide Stücke sind eins geworden,
weil die Erhitzung der Schweißflächen vor sich ging unter Ausschluß der
atmosphärischen Luft.
II) Erhitzt man die beiden Stücke Gußstahl, nachdem, wie
oben, vorher von jedem eine Seite abgefeilt worden ist, getrennt von einander in
einem Schmiedefeuer bis zur erforderlichen Temperatur, legt alsdann die abgefeilten
Flächen auf einander und hämmert beide Stücke zusammen, so wird entweder keine oder
nur eine sehr mangelhafte Schweißung entstehen. Die beim Erhitzen auf der ganzen
Oberfläche der Stücke entstandene Oxydschicht verhindert dieselbe.
III) Wiederholt man das Experiment, wie unter I angegeben, mit der einzigen Abänderung, daß man vor
dem Auseinanderlegen der beiden Stücke die abgefeilte Fläche des einen derselben mit
reinem gepulvertem und geschlämmtem Eisenoxyd bepinselt, so wird ebenfalls nur
unvollkommene oder gar keine Schweißung eintreten. In den Fällen II und III offenbart sich
genau dieselbe Wirkung.
Wir haben nun aber ein einfaches, leicht wirkendes Mittel, um die bei der Bearbeitung
des Eisens in hoher Temperatur auf seiner Oberfläche entstehende Oxydschicht zu
beseitigen. Dies ist die Kieselsäure oder, um die Form zu wählen, in welcher uns
dieselbe am leichtesten zugänglich und am handlichsten ist, der Quarzsand. Die
Kieselsäure bildet mit den Eisenoxyden leicht schmelzbare chemische Verbindungen,
sogen. Schlacken.
Wiederholt man daher die Experimente II und III, genau wie oben angegeben, nur mit der Abänderung,
daß man vor dem Zusammenlegen der Stücke die eine gefeilte Fläche mit einer dünnen
Schicht feinen Sandes bestreut, so werden die gebildeten Oxydschichten mit dem Sand
zusammenschmelzen und während des Hämmerns als leichtflüssige Schlacke allerseits
weggespritzt werden, so daß die hierdurch blank werdenden Berührungsflächen in
unmittelbaren Contact mit einander kommen und zusammenschweißen werden.
Wollte man bei dem Versuche I die Berührungsflächen durch
eine Sandschicht trennen, so könnte dies nur schädlich wirken, weil keine
Oxydschicht vorhanden ist, und die Schweißung würde, ähnlich wie durch die reine
Oxydschicht, unvollständig vor sich gehen.
Nach Obigem erscheint es auffallend, daß wir das Schmiedeisen ohne hinzugefügtes
Flußmittel und ohne Abschluß der Luft Paketiren und schweißen sehen. Hierbei tritt
jedoch ein anderer Umstand ins Mittel. Das Schmiedeisen enthält sein Flußmittel in
sich selbst — einmal dadurch, daß das zur Herstellung des Schmiedeisens zur
Verwendung kommende Roheisen gewöhnlich ziemliche Quantitäten Silicium enthält, dann
durch den Kieselsäure- und Phosphorgehalt des Futters der Puddelöfen, und
überhaupt durch seine ganze Fabrikationsmethode ist dasselbe, nicht nur in seinem
Innern (in den Zwischenräumen der Fasern), sondern auch auf der Oberfläche mit
kieselsauren (auch phosphorsauren) Eisenverbindungen geschwängert, welche beim
Schweißen als Flußmittel dienen. Diese verbinden sich mit den beim Erhitzen der
Schmiedeisenstäbe auf deren Oberfläche neu entstehenden Oxydschichten, und diese
neue Verbindung (Schlacke) wird beim Hämmern oder Walzen im flüssigen Zustand
ausgespritzt.
Wir sehen also, daß der Einfluß der Kieselsäure bezieh. des Sandes sich wie ein
rother Faden durch die gesammte Eisenfabrikation hinzieht. Betrachten wir nun die
Rolle etwas näher, welche die Kieselsäure beim Puddeln spielt. Der Puddelproceß ist
ein Schweißproceß vom Augenblick des Luppenbildens an, und da, wie aus Vorstehendem
erhellt, zu jeder guten Schweißung, welche unter Zutritt der Luft stattfinden soll,
ein Flußmittel erforderlich ist, so muß zur Erzielung eines gut geschweißten Eisens
im Puddelofen während des Luppenmachens eine leichtflüssige Schlacke vorhanden sein,
welche auf dem Gang der Luppe zum Hammer und während des Hämmerns noch nicht
erstarrt. Denn nur dann findet vollständige Schweißung statt, wenn beim Hämmern alle
in den Zwischenräumen der Luppe befindlichen Schlackentheilchen rein ausgespritzt
werden, damit sich die blanken Eisenflächen berühren. Man erinnert sich noch der
Schwierigkeiten, welche die Puddelarbeit anfänglich zu überwinden hatte, und der
unzähigen angepriesenen Zusatzmittel zur Verbesserung des Eisens. Mit Ausnahme
derer, welche den Zweck hatten, das Eisen stahlartig zu machen, werden sie alle wohl
nur dazu beigetragen haben, die Leichtflüssigkeit der Schlacke zu erhöhen. Dieselben
wurden gewöhnlich gegen das Ende des Processes zugesetzt, und dies mit Recht, weil
sie sonst das Wegschmelzen des Futters veranlaßt hätten, während sie sich blos mit
der schon geschmolzenen Schlacke mischten und mit ihr vereint die Luppe
durchdrangen.
Es bleibt zu erwägen, ob diese Methode sich nicht auch für rotirende Puddelöfen
eignen würde, um die übermäßige Hitze in denselben unnöthig zu machen. Reinstes
Eisenoxyd ist das beste Futter für rotirende Puddelöfen, wegen seiner
Feuerbeständigkeit, und weil es die Unreinheiten des Eisens begierig aufnimmt. Das
Eisenoxyd wirkt indessen gegen das Ende des Puddelprocesses eben wegen seiner
Feuerbeständigkeit schädlich auf die Luppenbildung. Man pflegte wohl im Anfang etwas
unreine kieselige Schlacke in den Puddelofen zu werfen, um einen gewissen Grad von
Leichtflüssigkeit und ein Schlackenbad zu erzielen, in welchem sich das Eisen
hin- und her bewegt. Es steht indessen außer Frage, daß die Qualität der
erzeugten Luppe um so besser ist, je reiner die Schlacke war. Man ist daher
genöthigt, während des Luppenmachens eine äußerst intensive Hitze in dem Puddelofen
zu unterhalten, um ein einigermaßen flüssiges Schlackenbad zu haben. Hieraus
entstehen aber folgende Uebelstände: Die in den Zwischenräumen und auf der
Oberfläche der Luppe abgelagerte, sehr strengflüssige Schlacke erstarrt, wenn die
Luppe den Puddelofen verlassen hat, sehr schnell; die Luppe bleibt unganz, zerfällt
häufig schon auf dem Weg zum Hammer und bleibt nach dem Hämmern voll von
Schweißnähten. Nebenbei wird durch die enorm hohe Temperatur das Futter und der Ofen
sehr bald zerstört und beide erheischen häufige, kostspielige Reparaturen. Wirft man
dagegen einige Handvoll Sand in den Puddelofen, wenn das Eisen anfängt, sich zu
ballen, so kann dies nur vortheilhaft sein, ohne die Qualität der Luppe zu
verschlechtern. Man vermeidet dadurch die hohe Temperatur, Futter und Ofen werden
nur wenig angegriffen, und die Luppe füllt sich mit dünner, leichtflüssiger
Schlacke. Als Beweis dafür, daß dadurch die Qualität des Eisens nicht verschlechtert
wird, mögen die Resultate der beiden nachstehend verzeichneten Versuche dienen.
I) Eine kleine Quantität geschmolzenes
Cleveland-Roheisen von etwa 1,25 Proc. Phosphorgehalt wurde unter Zusatz von
etwas Hammerschlacke in einem bedeckten Schmelztiegel ungefähr ¼ Minute lang
heftig geschüttelt und dann analysirt.
II) Der Versuch I wurde ganz
ebenso wiederholt, mit der Abänderung, daß anstatt reiner Hammerschlacke ein Gemenge
von 80 Proc. Hammerschlacke und 20 Proc. Sand zugesetzt wurde. Das Resultat der
Analysen war folgendes:
Versuch I.
Versuch II.
Kohlenstoff
2,40 Proc.
3,00 Proc.
Silicium
Spuren
Spuren
Phosphor
0,13 Proc.
0,04 Proc.
Es geht hieraus hervor, daß durch den Zusatz von Sand die größere Abnahme an
Phosphorgehalt erzielt worden und daß dieselbe wohl eher der lebhaften Bewegung der
geschmolzenen Masse, als der hohen Temperatur zuzuschreiben ist. Es führt dies zu
dem Schlüsse, daß eine verbesserte, namentlich auf die Bewegung der zu
verarbeitenden Massen gerichtete Construction des rotirenden Puddelofens, sowohl in
Bezug auf die Qualität des Productes als auf die Erhaltung des Ofens, bessere
Resultate liefern wird als die große Hitze.
Was die Möglichkeit betrifft, Fertigeisen innerhalb gewisser Grenzen ohne Paketirung
herzustellen, so mag hier auf die bisher bei Hopkins, Gilkes und Comp. in
Middlesbrough erzielten Resultate verwiesen werden. Wie das Ergebniß bei
Verarbeitung großer Massen sein wird, vermag nur die Anlage einer kostspieligen
Maschinerie zu entscheiden. (Nach Engineering, März 1877 S. 237.)
—r.