Titel: | Ueber die Festigkeitsprüfung der Cemente; von Dr. H. Frühling. |
Autor: | H. Frühling |
Fundstelle: | Band 224, Jahrgang 1877, Nr. , S. 487 |
Download: | XML |
Ueber die Festigkeitsprüfung der Cemente; von Dr.
H. Frühling.
Mit einer Abbildung auf Taf. XI [d/4]
Frühling, über die Festigkeitsprüfung der Cemente.
Deutschland ist ziemlich reich an Fundstätten derjenigen Mineralien, welche als
Grundlage zur Herstellung der Mörtel dienen. Außer den reinen Kalkgesteinen aller
geologischen Formationen werden in ausgedehnter Weise die mit Thonerdesilicaten
gemischten Kalkarten für die Bautechnik nutzbar gemacht, welche die verschiedenen
hydraulischen Kalke, die Romancemente und meistens auch das Rohmaterial zur
Fabrikation des Portlandcementes liefern.
Die hydraulischen Kalke, die Romancemente und auch der Traß sind an vielen Orten
durch den Portlandcement verdrängt worden, so daß deren Verwendung meistens nur noch
in einem begrenzten Umkreise ihres Vorkommens stattfindet, da bei größern
Transportwegen die Preise derselben denen des Portlandcementes zu nahe rücken.
Einige der natürlichen hydraulischen Kalke und Cemente haben jedoch so vorzügliche
Eigenschaften, daß dieselben erfolgreich mit dem Portlandcemente in Concurrenz
treten. Ich erinnere nur an die sehr verbreiteten Cemente von Perlmoos, Staudach,
Ulm, Grenoble u. a. m. Zugleich werden aber auch häufig sehr geringwerthige
Materialien weithin transportirt und theuer bezahlt, weil sich dieselben eines guten
Rufes erfreuen; denn es ist noch sehr allgemein, daß die Auswahl der
Mörtelmaterialien nach den über dieselben verbreiteten oberflächlichen und oft
falschen Meinungen geschieht, da die Feststellung des wahren Werthes auf Grund der
besondern Eigenschaften des Materials noch verhältnißmäßig wenig ausgeführt
wird.
Wie oft aber bei richtiger Auswahl unter Umständen bedeutende Ersparnisse gemacht
werden können, haben in auffallender Weise die Versuche von Dr. Michaëlis (S. 188. 287. 417 d. Bd.)
dargethan. Diese mit aus dem Handel entnommenen Cementen angestellten
Festigkeitsprüfungen beweisen, daß der Werth der Cemente ein sehr ungleicher ist,
während deren Verkaufspreis nur in beschränkten Grenzen schwankt. Man findet
Cemente, welche, mit 2 Th. Sand vermischt, einen Mörtel geben, der nicht fester ist
als ein solcher mit 4 und 5 Th. Sand eines andern Cementes, welcher zu gleichem
Preise wie jene verkauft wird. Wenn die genaue Prüfung der Cemente nicht mit
gewissen Schwierigkeiten verknüpft wäre, sollte man im Angesicht solcher Thatsachen
den Verkaufspreis der Cemente — ähnlich wie der des Spiritus, des Zuckers nach Gehaltgraden
bestimmt wird — nach Festigkeitskilogrammen regeln. Eine solche Regelung wäre
jedenfalls allein richtig, ist aber augenblicklich noch nicht allgemein
durchzuführen.
Wo es sich also darum handelt, unter den gebotenen Fabrikaten eine rationelle Auswahl
zu treffen, ist die Ermittlung der Erhärtungsfähigkeit der aus denselben
hergestellten Mörtelmischungen durch Prüfung ihrer Festigkeit nach einer bestimmten
Erhärtungsdauer der einzige und sicherste Weg. Es ist hier natürlich nur die Rede
von den allgemein gebräuchlichen Mörtelmaterialien, deren Hauptbestandtheile
Kalkerde, Magnesia und Thonerdesilicate bilden; denn bei manchen andern, wie z. B.
Gyps, ist die Festigkeit der daraus erzeugten Mörtel kein Beweis für die allgemeine
Anwendbarkeit derselben.
Die Feststellung des absoluten Werthes der Festigkeit einer Mörtelmischung zur
Einreihung in die Werthe für die Steinbaumaterialien ist eine ziemlich schwere
Aufgabe, da über eine einheitliche Methode zur Formulirung dieser Werthe noch keine
Vereinbarungen bestehen, und weil sodann das Endresultat der Erhärtung von vielen
Umständen beeinflußt wird, welche nicht immer und an allen Orten nach Wunsch
geregelt werden können. Dagegen hat die Feststellung des relativen Werthes der
Mörtelmaterialien unter einander keine besondern Schwierigkeiten, wenn auch eine
gewisse Uebung und Sachkenntniß dazu gehört.
Der Verwendungsweise angepaßt, sollten die Mörtel eigentlich vorzugsweise auf
Druckfestigkeit geprüft werden; es geschieht dies auch wesentlich in öffentlichen
Prüfungsanstalten. Die zum Zerdrücken der Probeobjecte nöthigen hydraulischen
Pressen sind aber so theuere und umfangreiche Apparate, daß deren Anschaffung von
Privatleuten, Bautechnikern und Händlern, welche selbst die Prüfung der
Mörtelmaterialien vornehmen wollen, selten geschieht. Geeignete Apparate für Druckfestigkeitsprüfungen liefern Frühling, Michaëlis
und Comp. in Berlin. Es hat sich daher
die Prüfung auf Zugfestigkeit, welche mit weniger Arbeit und mit einfachern
Apparaten ausgeführt werden kann, allgemein für die Werthbestimmung der Mörtel in
der Praxis Eingang verschafft.
Der Deutsche Verein für Fabrikation von Ziegeln, Thonwaaren, Kalk und Cement in
Berlin hatte in den letzten 2 Jahren eine Commission niedergesetzt zur Feststellung
allgemeiner Regeln, welche den Prüfungen des Cementes im Handelsverkehre zu Grunde
gelegt werden sollten, um denselben an verschiedenen Orten die größtmögliche
Uebereinstimmung zu sichern. In den Beschlüssen dieser Commission (S. 417 d. Bd.) ist der von mir
construirte Festigkeitsapparat, welcher von der Firma Frühling, Michaëlis und Comp. in Berlin geliefert wird, zur Ermittlung der Cemente empfohlen, weil
derselbe bereits vielfach in Deutschland und im Auslande verbreitet ist und sehr
genaue Resultate liefert. Indem ich die Construction dieses Apparates nachstehend
beschreibe, will ich noch einige Worte über ähnliche, demselben Zwecke dienende
Apparate sagen.
Der Apparat von Michele (*1871 199 260) — in Form und Wirkungsweise eine Zeigerwage — hat
vor andern noch die compendiöseste Gestaltung und besticht auf den ersten Blick
durch Einfachheit der Construction und der Behandlungsweise. Ich habe vor einigen
Jahren nach der veröffentlichten Skizze einen derartigen Apparat bauen lassen,
denselben aber wegen der damit erzielten ungenauen Resultate als unbrauchbar zur
Seite gestellt. Die Hauptmängel desselben sind folgende: 1)
Constructionsschwierigkeiten gestatten nicht, den kurzen Hebelarm kleiner als 1/10
des langen zu machen. Das Gewicht des Zeigers muß also schon bei den kleinsten, in
Deutschland angenommenen Querschnitten der Probekörper von 5qc, zur Prüfung reiner Cementmörtel,
die zuweilen über 80k
für 1qc Zugfestigkeit
erreichen, ein solches von etwa 40k sein. Den Rückschlag dieses Gewichtes
beim Bruche des Probekörpers abzufangen, erfordert umständliche Vorsichtsmaßregeln,
welche den Gang der Arbeiten aufhalten. — 2) Um die Scale des Quadranten ganz
auszunutzen, muß der Drehpunkt des Hebels in Form eines cylindrischen Zapfens
hergestellt werden. Die Reibung dieses Zapfens im Lager ist nun unvermeidlich bei
Beanspruchung von Gewichten bis zu 400k so groß, daß von einer genauen Wägung
nicht mehr. die Rede sein kann. — Es wären noch einige andere Mängel zu
erwähnen, welche diesen auf den ersten Blick so handlichen und einfachen Apparat
leider für die Praxis nicht empfehlen, was aber unterbleiben kann, da meines Wissens
derselbe in Deutschland keinen Eingang gefunden hat.
Die andern zum Prüfen der Cemente gebräuchlichen Apparate bestehen größtentheils aus
einfachen Wagen mit ungleicharmigen Hebeln, von denen der kürzere das Probeobject
angreift und der längere das Belastungsgewicht aufnimmt. Die allmälige Belastung bis
zum Bruche der Probe geschieht entweder durch Verschiebung eines auf einer Rolle
beweglichen Gewichtes, oder durch allmälige Einführung von Sand aus einem passend
aufgestellten Behälter. Alle diese Apparate nehmen wegen der Anwendung einfacher
Hebelübersetzungen einen ziemlich großen Raum ein, erfordern dementsprechend viel
Baumaterial und sind nicht leicht transportabel.
Durch Combination von zwei Hebeln habe ich erreicht, den Apparat in eine so einfache
Form zu bringen, daß derselbe bei großer Leistungsfähigkeit nicht mehr räumliche
Ausdehnung und Gewicht hat, als die gewöhnlichen Tafelwagen auf den Verkaufstischen
der Kaufleute. Mit Hinweisung auf die Figur 14 gebe ich hier
einige Erläuterungen der Construction und der Gebrauchsweise:
Die von einer massiven Säule aus Gußeisen von 375mm Höhe getragenen beiden Hebel 1 und m bilden durch Vermittlung der Zugstange g eine Quinquagesimalwage. Der an der Klaue d wirkende Widerstand von verticalen Zugkräften wird
also durch 1/50 des Gewichtswerthes an der Wagschale b
oder dem Eimer e ausgeglichen. Die Schneiden des obern
Hebels 1 sind in Maßverhältnissen von 1 : 10 an demselben vertheilt, die des untern
Hebels m im Verhältnisse von 1 : 5. Die an dem Haken a aufgehängten Lasten können also durch Gewichte auf der
Schale b wie mit einer Decimalwage gewogen werden. Die
Lagerpfannen, Schneiden und die Gehänge sind ähnlich wie an den Präcisionswagen und
in dieser Form von dem Mechaniker Hugo Schickert in
Dresden construirt, welcher auch die Ausführung der Apparate übernommen hat. Die
obere Klaue d′ zur Aufnahme des Probeziegels ist
auf einem Stahldorne leicht beweglich aufgehängt; die untere erhält ihre
Beweglichkeit durch ein Kugelgelenk. Die eiserne Kugel k, welche auf einer cylindrischen Verlängerung des obern Hebels 1 verschiebbar
ist, dient zur Herstellung des genauen Gleichgewichtes des Hebelsystems, nach
Aufhängung der obern Klaue d′ und des
Doppelhakens b mit der Wagschale. Das Blechgefäß s dient zur Aufnahme des zum. Brechen der Proben
angewendeten Bleischrotes. Die Mündung des am Boden befindlichen Auslaufes ist mit
einem federnden Schieber h abgeschlossen, welcher durch
Anziehen einer daran befindlichen Schnur gestattet, den Schrot nach Belieben schnell
oder langsam auslaufen zu lassen und den Auslauf beim Bruche der Probe durch
Loslassen der Schnur schnell abzuschließen.
Die Prüfung des Probeobjectes geschieht in folgender Weise: Nachdem dasselbe in die
Klauen möglichst symmetrisch eingeschoben ist, wird die untere Klaue durch das
Stellrad c so weit nach unten gezogen, daß das Formstück
an den innern Flächen der Klauen fest anliegt und der nun mit dem Eimer e belastete Hebel 1 ein wenig höher als in horizontale
Lage kommt. Man öffnet nun durch Anziehen der Schnur den Auslauf h des passend über den Eimer aufgestellten Schrotgefäßes
und läßt den Inhalt bis zum Bruche der Probe abfließen. Der kleinste Querschnitt der
für die Cementprüfungen angenommenen Nomalformen ist 5qc. Wiegt man also den Eimer mit Schrot
jetzt an dem Haken a durch Gewichte auf der Schale b ab, so erhält man durch 1/10 der Anzahl Gramm, welche
zum Auswiegen nöthig waren, den Ausdruck der absoluten Festigkeit in Kilogramm für
1qc des
Probeobjectes, wie sich leicht beweisen läßt.
Bei häufig vorzunehmenden Prüfungen einer großen Anzahl von Proben ist die Anwendung
einer Federwage zum Auswiegen des Bruchgewichtes sehr bequem, da der Zeiger der Wage
direct das Bruchgewicht für 1qc zum Ablesen angibt.
Der Apparat ist sehr empfindlich. Man kann die schwächsten, erst Stunden alten Mörtel
damit prüfen, zugleich aber auch solche, welche bis an 100k auf 1qc tragen, da die Tragfähigkeit der
ganzen Construction auf 500k berechnet ist. Nach passender Abänderung der Zugvorichtung ist der Apparat auch zur Prüfung
der Zugfestigkeit von Draht, Garn u. s. w. zu gebrauchen. Zur Prüfung der
verschiedenen Leimsorten ist derselbe in
vorliegender Form zu verwenden. Man benutzt hierbei Stücke aus Eichenholz in
Form der Probeobjecte für Cement. Diese Stücke sind an der Stelle des
kleinsten Querschnittes durchgesägt und werden mit dem zu prüfenden Leime
mit einander verbunden. Die Ermittlung der Festigkeit dieser Verbindung
geschieht dann genau, wie oben angegeben.
Bei der Prüfung des Cementes und anderer Mörtelmaterialien besteht eine Schwierigkeit
zur Erzielung gleichwerthiger Resultate in dem Umstände, daß die Dichtigkeit der
Masse des Probeobjectes einen so sehr bedeutenden Einfluß auf das Resultat hat.
Dieses geht so weit, daß ein gewöhnlicher gebrannter Baukalk als Mörtel ganz
dieselbe Festigkeit erreicht wie der beste Portlandcement, wenn man dafür sorgt, daß
bei der Hydratbildung die Kalkerde ihr Volum nicht vergrößere, also eine dem
erhärteten Cementmörtel in Dichtigkeit ähnliche Masse entstehen kann. Pulverisirter
gebrannter Kalk (mit etwa 5 Proc. Gehalt an Thonerdesilicaten), mit 20 Proc. Wasser
angefeuchtet und in einer eisernen Form unter die Presse gebracht, um eine
Volumvergrößerung zu verhindern, erreichte nach von mir angestellten Versuchen schon
nach 24 Stunden eine Zugfestigkeit von 35k auf 1qc, die also jener, welche gute
Portlandcemente nach etwa 7 Tagen, geringere aber erst nach mehrern Monaten
erreichen, gleich ist. Dabei verhielt sich die Dichtigkeit dieser Kalkprobe zu der
eines gleichzeitig geprüften Portlandcementes im Verhältnisse von 23 : 31.
Ein und dasselbe Mörtelmaterial, mit verschiedenen Wassermengen zu Probeziegeln
hergerichtet, ergibt bei der Prüfung so große Unterschiede, daß ganz unabsichtliche
Abänderungen in diesem Punkte die Resultate verwirren können. Es ist daher nöthig,
daß bei vergleichenden
Mörtelprüfungen die Probeobjecte mit der größten Sorgfalt und Gleichförmigkeit
angefertigt werden. Sodann müssen die Objecte möglichst solche Beschaffenheit haben,
daß sie den Mörtel so zur Prüfung bringen, wie derselbe in der Praxis zur Verwendung
kommt.
In Rücksicht auf diesen Umstand, und damit das für verschiedene Materialien
anzuwendende Wasserquantum nicht willkürlich gewählt werde, wird in der unter meiner
Betheiligung geleiteten Prüfungsanstalt für Baumaterialien von Frühling, Michaëlis und Comp. folgendes Verfahren angewendet: Die zu prüfende Mörtelmischung aus
Cement oder anderm Materiale wird mit reichlicher Menge Wassers in solche Consistenz
gebracht, wie dieselbe zum Verarbeiten beim Mauern gerecht ist. Diese Mischung wird
als Fugenverbindung zwischen 2 lufttrockne, gebrannte Ziegel gebracht; beide so
verbundene Ziegel werden mit dem Gewichte von 10 Ziegeln belastet, so daß der Mörtel
sich unter Verhältnissen befindet, welche täglich in der Praxis wiederkehren. Nach
Verlauf von 2 Stunden wird das von dem Mörtel in der Fuge zurückbehaltene Wasser
ermittelt und diese Menge bei Anfertigung der Probeobjecte den trocknen Materialien
beigemischt. Bei Cementen und andern pulverförmigen Mörtelmaterialien muß man
meistens ein wenig mehr Wasser zur Anfertigung der Probeziegel anwenden, als das in
den Fugen ermittelte, um die Masse formbar zu machen. Es ist dann nur zu beachten,
daß diese Menge bei allen zu vergleichenden Materialien gleichmäßig bemessen werde.
Wenn auch die ungleiche Beschaffenheit der Ziegel Unterschiede im Wassergehalte der
Mörtel von demselben Materiale verursacht, so sind diese doch nicht so groß, daß die
für jede Mörtelmischung besondere Fähigkeit, Wasser mechanisch zu binden, dadurch
verdeckt würde. Es ist nicht leicht, der Praxis ein anderes Verfahren vorzuschlagen,
diesen für die Mörtelprüfungen wichtigen Punkt in eine gewisse Regel zu bringen.
Außer den anzustrebenden Vereinbarungen für allgemeine Regeln zur Herstellung der
Probeobjecte ist es nöthig, auch solche über die Erhärtungsdauer festzustellen, nach
welcher die Prüfungen zur Erlangung eines entscheidenden Urtheils angestellt werden
sollen. Die obenerwähnte Commission hat durch Stimmenmehrheit, welche zum größten
Theil aus Cementfabrikanten bestand, die Prüfung des Portlandcementes nach 28 Tagen
Erhärtung als Regel hingestellt und die von Dr. Michaëlis und einigen Cementfabrikanten verlangte Prüfung
nach 7 Tagen als unzuverlässig verworfen. Als Grund zur Verwerfung der 7tägigen
Probe wurde der Umstand angeführt, daß nach dieser Zeit die Cemente häufig sehr
große Unterschiede in der Festigkeit aufweisen, welche nach längerer Zeit verschwinden. Diese
Thatsache ist nicht zu bestreiten; man darf aber nicht vergessen, daß auch
gewöhnliche Kalkmörtel, mit etwas Traß oder andern Zuschlägen versetzt, mit der Zeit
die Härte der Cementmörtel annehmen. Mörtel aus gebranntem pulverisirtem
Rüdersdorfer Kalke und 3 Th. Sand, mit Wasser angerührt, welchem 10 Proc.
Schwefelsäure von 1,82 spec. Gew. beigemischt waren, lieferten mir Probestücke,
welche 7 bis 7k,5
Zugfestigkeit nach 30 Tagen erreichten. Für eine Portlandcementmischung mit 3 Th.
Sand ist eine Minimalfestigkeit von 8k für 1qc nach 30 Tagen als Beweis eines
tadellosen Fabrikates hingestellt worden. Dieses Resultat ist aber mit vielen
billigern Romancementen auch zu erreichen.
Der hohe Werth des Portlandcementes besteht darin, daß derselbe seinen
Erhärtungsproceß sehr schnell, viel schneller als andere bekannte hydraulische Kalke
beendigt. Bei Arbeiten, wie die Fundamentirungen unter Wasser, bei Herstellung
künstlicher Steinmassen u. a., ist es von Wichtigkeit, der Arbeitsdauer Tage und
Stunden abzusparen. Die Architekten, welche umfangreiche Wasserbauten auszuführen
haben, werden bei der Wahl eines Cementes nicht im Zweifel sein, wenn ein solcher
geboten wird, welcher nach 7 Tagen die doppelte Festigkeit eines andern erreicht,
sei es auch, daß nach Monatsfrist beide sich gleichstellen sollten. Langsames
Abbinden und rasches Erhärten sind die vorzüglichsten Eigenschaften guter Cemente.
Leider wird das Abbinden und das Erhärten der Cemente noch häufig mit einander
verwechselt, so daß viele Architekten die raschbindenden Cemente wählen in dem
Glauben, daß diese auch die rasch erhärtenden seien, während in der Regel das
Gegentheil gilt. In manchen, selbst in vielen Fällen, kann es gleichgiltig sein, ob
der Cement bereits nach 7 Tagen eine sehr hohe Festigkeit erreicht, wenn nur das
Endresultat einer guten Erhärtung gesichert ist. So zeigen ja die werthvollen
Traßmörtel erst nach etwa 3 bis 4 Monaten ihre besondern Eigenschaften. Es sind das
alles aber keine Gründe, den hohen Werth rasch erhärtender Cemente
herabzusetzen.
Dr. Michaëlis hat auf Grund
vieler, auf Jahre ausgedehnte Versuche nachgewiesen, daß sich die Güte eines
Cementes nach 7 Tagen erkennen läßt. Zu demselben Resultate ist Dr. Heinzel in Lüneburg durch
eine Reihe von Versuchen gelangt. Vgl. Notizblatt des Deutschen Vereins für Fabrikation von Ziegeln, Thonwaaren
etc., 1876 S. 199. Auch ich bekenne mich auf Grund vieljähriger
Erfahrungen zu dieser Ansicht. Es ist nicht zu empfehlen, die Prüfung nach 30 Tagen
zur Beurtheilung der Cemente ganz auszuschließen — im Gegentheil, bei
wichtigen, umfangreichen Bauten, wozu namentlich die der Häfen, Docks,
Canalisationen der Städte gehören, sollte eine möglichst auf viele Jahre
hinausgehende Controle ausgeführt werden, da bei eintretender Beschädigung solcher
Anlagen die Ursache oft dem Mörtel zugeschoben wird. Eine solche Controle wird
thatsächlich an mehrern Orten Deutschlands durch die bauleitenden Ingenieure
ausgeführt. Diese Controlproben werden aber durchgehends bestätigen, daß die Probe
nach 7 Tagen schon entscheidend war, wenn man bei dieser sowohl den Mörtel aus
reinem Cement, als auch den mit 3 Th. Sand untersuchte. Da nun die Prüfung nach 7
Tagen in Rücksicht auf diesen kurzen Zeitraum auch geeignet ist, in der Praxis
wirklich zur Controle der Cementlieferungen Anwendung zu finden, was bei der Prüfung
nach 30 Tagen nur selten der Fall sein wird, so sollte die 7tägige Prüfung gegen die
andere in den Vordergrund gestellt werden, wenn man dieselbe auch nicht in allen
Fällen als die entscheidende für die Wahl gelten läßt.
Berlin, März 1877.