Titel: | Amerikanisches Windrad. |
Fundstelle: | Band 225, Jahrgang 1877, S. 14 |
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Amerikanisches Windrad.
Mit Abbildungen auf Taf.
I [c.d/4].
Amerikanisches Windrad.
Es ist längst bekannt, daß der Wind die billigste Betriebskraft bietet, und das
Bestreben, zweckentsprechende Maschinen zu construiren, welche die Kraft des Windes
nutzbar machen, ist ein sehr altes. Leider zeigt sich, daß auf diesem Gebiete nur
sehr wenig Fortschritte gemacht worden sind, und daß das gewöhnliche vierflügelige
Windrad nach wie vor seine seit alten Zeiten eingenommene Stelle auch bis zur
Gegenwart behauptet hat, und doch ist nicht zu läugnen, daß das alte vierflügelige
Windrad verbesserungsfähig und verbesserungsbedürftig ist. Sehen wir uns ein altes
Windrad mit einer Ruthenlänge von 20m und
mehr an, so finden wir, daß dasselbe im Verhältniß zu seiner Größe äußerst wenig
Flächeninhalt bietet; wir finden ferner, daß es in Folge seiner bedeutenden
Verhältnisse ungewöhnlich stark gebaut sein muß, und daß in Folge dessen seine
Einstellung gegen den Wind (Steuerung) und Regulirung der Geschwindigkeit (Ein-
und Anschüren, selbstthätiges Auf- und Absegeln) mit verhältnißmäßigem
Kraftverlust und Umständlichkeit verknüpft ist. Diese Uebelstände, welche unläugbar
sind, haben zu einer neuen Windradconstruction geführt, welche in den Vereinigten
Staaten von Nordamerika zuerst gebaut und dort vielfach in Anwendung gebracht, wohl
mit Unrecht den Namen „amerikanische Windturbine“ führt.Im J. 1858 wurde von F. Busse in Osterode a. H.
eine ähnliche Construction ausgeführt. Der Ref. Dieses Windrad ist derart construirt, daß seine Flügelfläche einen
vollständigen Kreis bildet, dessen inneres Drittel ausgebrochen ist. Es bietet in
Folge dessen bei kleinerem Durchmesser eine viel größere Windfangfläche wie unsere
alten Windräder. Ferner ist es auf die einfachste Weise mit Selbststeuerung und
außerdem auch mit Selbstregulirung versehen, so daß es in dieser Hinsicht den alten
Windrädern unzweifelhaft sehr stark überlegen ist.
Diese Windräder werden in Größen von 2 bis 12m Durchmesser ausgeführt und berechnet sich deren Leistung nach der Formel
N = 0,0004 F v³,
d.h. der Nutzeffect in Pferdestärken (N) ist gleich
0,0004 des Flächeninhaltes F des Windrades in
Quadratmeter, wenn letzterer mit dem Cubus der Windgeschwindigkeit (v³) in Meter pro Secunde multiplicirt wird. Die
für den Betrieb der Windräder zweckmäßigste Windgeschwindigkeit beträgt 7m pro Secunde; nehmen wir einen Durchmesser
des Rades von 12m an und rechnen, daß 1/3
der arbeitenden Fläche nicht mit Flügeln besetzt ist, so berechnet sich die
arbeitende Fläche auf 100qm,48, woraus sich
N = 13e,78
ergibt; da aber bei diesen großen Rädern nicht das ganze innere Drittel frei bleibt,
so berechnen sich dieselben auf 14 bis 15e.
Die Figuren 11
bis 13 zeigen
ein solches Windrad in Vorderansicht, Seitenansicht und im Detail der Regulirung.
Das Windrad a (Fig. 12) wird aus sechs
Armen b gebildet, die durch Querstücke c, welche die Scheiden d
tragen, verstrebt sind. Das Windrad wird durch die Kraft des Windes in Umdrehung
versetzt und mit ihr dreht sich die an ihm befindliche Lagerwelle, deren hinteres
Ende entweder (wie in Figur 12) eine Kurbel e oder ein conisches Rad trägt, durch welche die nutzbar
gemachte Kraft an die Arbeitsmaschinen übertragen wird. Der Steuerungs- und
Regulirmechanismus ist, wie folgt, angeordnet. Der Steuerflügel f wird durch die Kraft (Druck) des Windes stets so
gestellt, daß er sich mit der Richtung des Windes parallel befindet, und dadurch
stellt er das Windrad a stets in einen rechten Winkel
zur Richtung des Windes und zwar so lange, wie dieser eine bestimmte Stärke nicht
überschreitet.
Wird der Wind zu stark, so drückt er auf den Regulirflügel g und dieser ist, in Folge des auf ihn wirkenden Winddruckes, im Stande,
das Gegengewicht h zu heben. Dieses Gegengewicht h übt durch die Uebersetzungsstangen i, k, l einen Druck auf den Steuerflügel f; da dieser aber durch die Richtung des Windes parallel
mit dieser erhalten wird, so wird dadurch das Windrad veranlaßt, sich mehr oder
weniger geneigt zur Richtung des Windes zu stellen; geschieht dies, so wirkt der
Wind nicht mehr mit seiner vollen Kraft, sondern je nach dem Winkel mit einer
entsprechend geringern. Um das Windrad a von Hand
abzustellen, dient eine Zugstange oder Zugleine m (Fig. 13),
durch deren Anziehen bewirkt wird, daß sich das Windrad nahezu parallel zum
Steuerflügel f stellt.
Wie man sieht, ist dieses Windrad sowohl bezüglich Steuerung wie Regulirung
vollständig selbstthätig eingerichtet. Durch Verstellen des Gegengewichtes hat man
es ganz in der Hand, das Windrad bei größerer oder geringerer Geschwindigkeit
abstellen zu lassen. Da der ganze Mechanismus äußerst einfach ist, so ist nie zu
befürchten, daß er je seine Dienste versagen werde. Nach unserer Quelle (Mühle, 1877
S. 84) werden diese Windräder in verschiedensten Größen von der
Leipzig-Reudnitzer Maschinenfabrik, vormals Goetjes,
Bergmann und Comp. in Reudnitz-Leipzig ausgeführt.Prof. Dr. Emil Perels
empfiehlt diese Windräder – Patent Halladay – in seinem Berichte über die Weltausstellung in
Philadelphia 1876 (Verlag von Faesy und Frick in Wien) aller Beachtung für Bewässerung kleinerer Wiesenanlagen etc., für Wasserstationen aller Art u.a.m. Die Vertreter
der „U. S. Wind Engine und Pump Company“ zu Batavia,
Ill., welche letztere das Halladay'sche Patent
ausbeutet, sind W. Breymann und Filter in Eimsbüttel-Hamburg.Die Red.