Titel: | Aus dem chemisch-technischen Laboratorium des Collegium Carolinum zu Braunschweig. Ueber die Krystallisation von Metalloxyden aus dem Glase; von Dr. Paul Ebell. |
Fundstelle: | Band 225, Jahrgang 1877, S. 71 |
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Aus dem chemisch-technischen Laboratorium
des Collegium Carolinum zu Braunschweig. Ueber die Krystallisation von Metalloxyden aus dem Glase; von Dr. Paul Ebell.
Ebell, über die Krystallisation von Metalloxyden aus dem
Glase.
In den in diesem Journal bereits veröffentlichten Studien über die Natur des Glases
ist eine Reihe von Thatsachen niedergelegt, welche den Beweis liefern, daß dasselbe
im glühenden Fluß ein kräftiges Lösungsmittel ist für viele Körper, die in der
Glasfabrikation eine Rolle spielen, sowie daß diese im Zustande der Lösung vom Glase
aufgenommenen Körper beim Erkalten unter günstigen Umständen sich in mancherlei
Formen wieder ausscheiden und so eigenthümliche, zum Theil technisch wichtige
Erscheinungen bewirken.
In erster Linie (vgl. 1874 213 53) handelte es sich um die
wichtige Thatsache von der Löslichkeit von Metallen als solchen im feuerigflüssigen
Glas und deren Ausscheidung durch Erkalten, womit das Färben des Glases mit Silber,
mit Gold, mit Kupfer, die Entstehung von Aventurin und Hämatinon zusammenhängen. In
zweiter Linie (vgl. 1876 220 64) galt es der Löslichkeit
von Metalloxyden, Thonerde, Eisenoxyd, Manganoxyd, Chromoxyd, Zinnoxyd und deren
Ausscheidung in krystallinischer Form. Die vorliegende dritte Mittheilung,
unmittelbar an den Inhalt der vorigen anknüpfend, verfolgt das Verhalten des Glases
als Auflösungsmittel gegen einige weitere Oxyde (Kieselerde, Kalk, Baryt), dann
gegen Schwefelmetalle (Schwefelnatrium), endlich gegen Salze (Natriumsulfat,
Calciumphosphat und Kryolith). Obwohl die Untersuchung mit diesem Schritt den Boden
des zwingenden Beweises verläßt – in sofern die mit den genannten Körpern
erzielten Ausscheidungen sich nicht mehr isoliren und analytisch bestimmen lassen
– so sind nichts destoweniger die Ergebnisse doch von der Art, daß sie
eingehendere Mittheilungen rechtfertigen.
1. Verhalten des Glases mit
überschüssiger Kieselerde.
Man schmolz den auch in den frühern Versuchen (Bd. 220 S. 65) benutzten Satz für
weißes Glas von Hautefeuille
Dieser Satz enthält:gSand150,0Kreide 35,5Calcinirte Soda 80,0Potasche 14,0Salpeter 20,0––––––299,5. mit steigendem Zusatz von reinem gewaschenem Quarzsand in drei Stufen. Die
drei mit überschüssigem Quarz vermischten Glassätze wurden im hessischen Tiegel bei
strengstem Kokesfeuer im gemauerten Windofen niedergeschmolzen, öfter umgerührt und
nach der in völliger Weißglut eingetretenen vollständigen Läuterung einer möglichst
langsamen Abkühlung – durch Schließen des Zuges und Bedecken des Tiegels und
Feuers mit Asche – unterworfen. Die drei Mischungen bestanden aus:
I.
350g
Satz nach Hautefeuille oder
100 G.
Th.
150
Quarzsand
42,86
„
II.
250g
Satz nach Hautefeuille oder
100 G.
Th.
170
Sand
66,67
„
III.
135g
Satz nach Hautefeuille oder
100 G.
Th.
160
Sand
118,67
„
Durch den erhöhten Versatz an Kieselerde nimmt der an sich so gut und
leichtschmelzende Hautefeuille'sche Satz abweichende Eigenschaften an: Schon die
erste Mischung verlangte eine bedeutend höhere Temperatur zum vollständigen Fluß. Es
erfolgte ein schwach gefärbtes, in seinem Aussehen äußerst ansprechendes Glas. Beim
Probenziehen gab es lange feine Fäden; es war augenscheinlich sehr zäh, spinnbar und
unterschied sich wesentlich in dieser Richtung von dem aus dem Hautefeuille'schen
Satze für sich geschmolzenen Glase. Trotz sehr langsamer Abkühlung fand keinerlei
Ausscheidung durch Krystallisation statt, das Glas war vollkommen blank und lauter
geblieben. Ebenso verhielt sich die zweite Mischung, nur daß sie noch um einen Grad
zähflüssiger erschien. Erst bei der dritten Mischung traten bei der verlangsamten
Abkühlung krystallinische Ausscheidungen auf. Das aus dieser Mischung erschmolzene
Glas kam zwar noch vollkommen in Fluß, war aber derart strengflüssig und in lange
weiße seidenglänzende Fäden spinnbar, daß man eher geschmolzenen Quarz als Glas vor
sich zu haben meinte. Gezogene Proben erstarrten vollkommen durchsichtig, nur mit
einem schwachen Stich ins
Grüne. Die bei langsamer Abkühlung erfolgte Krystallisation ging von der Oberfläche
aus vor sich; eine große Zahl von mehr oder weniger deutlichen krystallinischen
Bildungen schied sich aus, von wachsartigem Ansehen, strahlig, milchglasartig,
undurchsichtig, an der Oberfläche des erstarrten Glases etwas stumpfe regelmäßige
Sechsecke bildend und in hohem Grade dem in Hohöfen sich mitunter absetzenden
Tridymit ähnlich. Es gelang trotz wiederholter Versuche nicht, diese Krystalle zu
isoliren, die Analyse mußte daher unterbleiben. Hingegen ergab die Analyse einer
Probe der Glasmasse, einschließlich der krystallinischen Ausscheidungen, die
folgenden Zahlen:
Kieselsäure
88,3
Thonerde
2,8
Kalk
3,4
Rest (Natron)
5,5
–––––
100,0,
wonach auf 54 Atome Kieselerde (SiO₂) 1 At. Thonerde, 2
At. Kalk und 3 At. Natron, zusammengenommen 6 At. Basen kommen; dabei ist noch zu
bemerken, daß der Kieselsäuregehalt eher zu gering gefunden ist. Betrachten wir nun
diesen überwiegend großen Gehalt des Glases an Kieselsäure, so erscheint es nicht
grade wahrscheinlich, daß sie von der so geringen Menge an Basen ihrem ganzen
Umfange nach chemisch gebunden sei; nach dem hohen Betrage der Kieselerde und
Verhalten des Glases im Fluß ist es wohl gerechtfertigter anzunehmen, daß ein großer
Theil Kieselerde einfach aufgelöst in dem Glase vorhanden ist. Von verschiedenen
Seiten ist hervorgehoben, besonders von Benrath, daß bei
den Entglasungen hauptsächlich die Kieselsäure sich in Krystallen ausschiede. Wie
die obigen Schmelzungen ergaben, ist dies nur bis zu einem gewissen Grade der Fall.
Gläser mit hohem Kieselsäuregehalt entglasen im Gegentheil verhältnißmäßig schwer
– eine Thatsache, auf die auch Otto Schott (vgl. 1875 218 151) bereits hingewiesen hat.
2. Verhalten des Glases mit
überschüssigem Kalk.
Auch von Kalk wie von der Kieselerde und anderen Metalloxyden verträgt das Glas
bedeutende Zusätze, ohne seine allgemeinen Eigenschaften einzubüßen. Folgende
Mischungen wurden versucht:
a)
100
Th.
Satz nach Hautefeuille
100
„
Kalkhydrat,
b)
100
Th.
Satz nach Hautefeuille
200
„
Kalkhydrat.
Beide Mischungen geben bei höherer Temperatur vollständig
geläuterte Gläser. Die Schmelze a erstarrt bei schneller
Abkühlung durchsichtig, bei langsamer nimmt sie dagegen ein steinartiges Ansehen an. Dünnschliffe lassen
unter dem Mikroskop in durchscheinender Grundmasse weiße Ausscheidungen von lang
gestreckten Formen erkennen. Die Schmelze b verhält sich
ganz ähnlich, nur sind die Ausscheidungen massenhafter und das geschmolzene Glas ist
wie Wasser dünnflüssig, kurz; es zieht keine Fäden mehr.
Bei dem völlig gleichen Verhalten von Grundmasse und Krystallen lag auch hier eine
Trennung und nähere Untersuchung der Ausscheidungen außer dem Bereiche der
Möglichkeit.
3. Verhalten des Glases mit
überschüssigem phosphorsaurem Kalk.
Der phosphorsaure Kalk ist in Form von gebrannten Knochen seit langem zur Darstellung
von emailartigen Gläsern in der Glasmacherkunst benutzt. Das sogen.
„Beinglas“, ein durchscheinendes milchweißes, die
verschiedenste Verwendung findendes Product, ist das bekannteste. Ein Zusatz von 10
bis 20 Proc. gebrannter Knochen zu einem gewöhnlichen Hohlglase führen es bereits in
Milchglas oder Weinglas über. Beim schnellen Erkalten erstarrt es farblos
durchsichtig; beim Anwärmen läuft das Glas dann plötzlich milchig an und hat somit
eine gewisse Analogie mit dem Kupferrubin und den verwandten Gattungen von Glas.
Ein Schmelzversuch mit 30 Th. gebrannten Knochen auf 100 Th. Glas ließ erkennen, daß
die Beinasche nur schwierig von dem schmelzenden Glase aufgenommen wird; diese
Schwierigkeit liegt hauptsächlich in der verhältnißmäßig großen Leichtigkeit der
Beinasche, vermöge welcher sie auf dem geschmolzenen Glase schwimmt und sich daher
erst nach längerem Rühren auflöst.
O. Schür (1863 167 27) schlägt
vor, die Knochenasche durch Guano zu ersetzen – den von ihm angeführten
Resultaten nach, mit gutem Erfolg. Im vorliegenden Falle erschien es jedoch
vortheilhafter, ein Product von bestimmter Zusammensetzung zu verwenden; man wählte
daher phosphorsauren Kalk, aus einer ammoniakalischen Chlorcalciumlösung mit
phosphorsaurem Natrium ausgefällt, und setzte dieses bei der Schmelzung in folgendem
Verhältniß zu:
300
Th.
Glasbrocken von weißem Glase
40
„
phosphorsaurer Kalk.
Das Gemisch schmolz leicht und vollständig nieder; rasch
gezogene Proben erscheinen farblos durchsichtig, beim Anwärmen wurden sie plötzlich
durch die ganze Masse milchweiß, in Folge der Bildung einer seinen weißen Trübung. Sehr langsam
erkaltete Proben erschienen ebenfalls getrübt, aber von weniger milchigen Ansehen,
die Ausscheidungen sind gröber, unter dem Mikroskop deutlich in der Grundmasse
sichtbar, von geringerer Wirkung in Bezug auf die Lichtzerstreuung, weil zugleich
weniger zahlreich.
In einer zweiten Schmelzung wurde der Gehalt an phosphorsaurem Kalk erhöht im
Verhältniß von
300
Th.
Glasbrocken von weißem Glase auf
60
„
phosphorsauren Kalk.
Das gut geläuterte Glas wurde zu einem Antheil aus dem Tiegel
gegossen, so daß die Abkühlung aus dem hochglühenden Zustande eine sehr plötzliche
war; es war farblos klar und lief dann beim nochmaligen Erwärmen milchweiß mit sehr
feiner mikroskopischer Trübung an.
Der größere Antheil blieb im Tiegel zurück und erkaltete mit diesem sehr langsam. Er
nahm ein wesentlich anderes Aussehen an, als der vorige. Wenngleich das Glas
immerhin noch einigermaßen milchig erschien, so war die Trübung doch weniger dicht
und geschlossen; man konnte schon mit blosen Augen deutlich in einer wenig getrübten
Grundmasse gröbere Ausscheidungen wahrnehmen. Sehr bestimmt trat dies im Dünnschliff
unter dem Mikroskop hervor: In einer fast durchsichtigen Grundmasse sieht man
zahllose eingebettete Krystalle, theils lang gestreckt, theils rundlich, die ohne
Zweifel bei größern Dimensionen durchsichtig erscheinen würden.
Ueber die Natur dieser Ausscheidungen hat von jeher wenig Zweifel bestanden. Man hat
diese Ausscheidungen aus derartigen Gläsern stets für phosphorsauren Kalk erklärt,
ohne jedoch meines Wissens einen positiven Beweis dafür zu erbringen. Daß es mit
dieser Anschauung in der That seine Richtigkeit hat, ist in folgender Weise
experimentell nachgewiesen. Ein Dünnschliff mit deutlich wahrnehmbaren Krystallen
wurde mit verdünnter Chlorwasserstoffsäure digerirt und nach längerer Einwirkung
unter das Mikroskop gebracht. Die Krystalle waren bis auf unbedeutende Neste (wohl
die nicht hinreichend blos gelegten) vollständig verschwunden, während die umgebende
Glasmasse nur wenig von der Säure angegriffen erschien. In der verdünnten
Chlorwasserstoffsäure ließ sich Phosphorsäure und Kalk mit Bestimmtheit nachweisen.
Aus diesem Verhalten nahm man Anlaß zu einem Versuch, den chemischen Bestand der
krystallinischen Ausscheidungen quantitativ zu bestimmen – nur im umgekehrten
Sinn, wie dies mit den Metalloxyden der vorigen Abhandlung geschehen. Während dort
die Glasmasse mit Flußsäure entfernt wurde und die Krystalle ungelöst zurückblieben,
bleibt hier die Glasmasse
und die Krystalle werden gelöst: 6g,682
feingepulvertes Glas wurden mit verdünnter Salzsäure in der Kälte längere Zeit
digerirt, dann filtrirt, das Filtrat verdampft, um die etwa vorhandene, aus dem
Glase stammende, geringe Menge von Kieselsäure unlöslich zu machen. In der nach
Abscheidung der Kieselerde erhaltenen Lösung ist die Thonerde als phosphorsaure
Thonerde gefällt und die darin vorhandene Menge Phosphorsäure der direct bestimmten
Phosphorsäure zugezählt. Der Kalk wurde in der essigsauren Lösung mit oxalsaurem
Ammoniak von der Phosphorsäure getrennt und als Aetzkalk gewogen. Im Filtrat ist die
Phosphorsäure (mit Magnesiamixtur) als Pyrophosphorsaure Magnesia bestimmt. 6g,682 Glas lieferten mit Salzsäure
behandelt:
g
0,113
phosphorsaure Thonerde
=
0g,0655
Phosphorsäure
0,009
Kieselsäure
0,180
Kalk und
0,2595
pyrophosphorsaure Magnesia
=
0g,1659
Phosphorsäure.
Es waren demnach in der Lösung enthalten 0,0655 + 0,1659 =
0g,2314 Phosphorsäure, und man hat in
Procenten:
PhosphorsäureKalkKieselerde
3,4572,6940,135
in der Lösung enthalten.
Alkali, ungelöster Rückstand etc.
93,714
––––––
100,000
Die von der verdünnten Chlorwasserstoffsäure gelösten Quantitäten Phosphorsäure (0g,2314) und Kalk (0g,180) stehen nicht in dem Verhältniß wie
in dem beim Schmelzen zugesetzten Phosphat Ca₃ (PO₄)₂, sondern
im Verhältniß von 1,97 CaO: P₂O₅. Wenn man erwägt, daß ein wenn auch
kleiner Theil des Kalkes von mit aufgeschlossenem Glase herrührt, so scheint
– so weit die gefundenen Zahlenwerthe als Anhaltspunkt gelten können –
die Ausscheidung nicht mehr dreibasischer phosphorsaurer Kalk zu sein, sondern ein
Salz mit weniger Basis. Soviel geht jedoch unwiderleglich daraus hervor, daß die
Krystalle phosphorsaurer Kalk sind, welcher als solcher vom Glase bei hoher
Temperatur gelöst wird und beim Erkalten je nach den Umständen in verschiedener Form
auskrystallisirt.
Es sei hier noch einer Beobachtung erwähnt, welche gelegentlich der Schmelzung des
Beinglases gemacht wurde. Während die Phosphorsäure im Allgemeinen schwer reducirbar
ist, scheint sie doch als Bestandtheil des Glases im feurigen Flusse weniger
Widerstand zu bieten. Theile eines mit Kohle in Berührung gekommenen Milchglases
färbten sich intensiv
schwarz – eine Veränderung, die wohl auf eine Bildung von Phosphorcalcium
zurückzuführen ist. Ein directer Versuch bestätigte in der That diese Auffassung.
Als man in geschmolzenes weißes Glas (Satz von Hautefeuille) Phosphorcalcium in Stücken eintrug und so lange umrührte,
bis alles gleichmäßig geflossen war, so entstand – obwohl ein Theil des
Zusatzes verbrannte – ein Glas von demselben Ansehen, wie das erwähnte,
zufällig erhaltene. Die mikroskopische Untersuchung ließ darin einen dichten
Schleier von intensiv schwarzen Ausscheidungen in einer fast farblosen Grundmasse
erkennen.
4. Mit Kryolith geschmolzenes
Glas.
Der phosphorsaure Kalk (gebrannte Knochen) werden in neuerer Zeit zur Darstellung von
emailartig getrübten Gläsern oft durch Kryolith ersetzt. Nach den Angaben von Benrath (1869 192 239) wird
ein solches Glas erhalten beim Zusammenschmelzen von 1 Th. Kryolith mit 2 Th. Sand;
es entsteht unter Entweichen von Fluorsilicium ein Milchglas, worin Benrath fand:
Kieselsäure
70,01
Thonerde
10,78
Natron
19,21
–––––
100,00
Es gelang ihm nicht, darin Fluor nachzuweisen. Nach seiner
Ansicht ist dasselbe in Verbindung mit Silicium entwichen; die Ausscheidungen in dem
Glase rühren nach ihm von Thonerde her; er betrachtet sie als krystallisirte
Thonerde. Richters (1869 191
301) dagegen findet einen beträchtlichen Fluorgehalt in dem Kryolithglase und hält
die Anwesenheit des Fluors für eine Bedingung der milchigen Beschaffenheit.
Es ist bereits früher gezeigt, in welcher bedeutenden Menge die Thonerde (60,2 Proc.
vom Glase) gelöst werden kann, ohne daß ein derartiges Verhalten wie des
Kryolithmilchglases eingetreten wäre. Im Gegentheil, die Thonerde ist sehr schwer
zur Ausscheidung zu bringen, so schwer, daß ich selbst die von O. Schott (gelegentlich seiner Arbeiten über die
Krystallisationen des Glases, 1875 218 151) als Thonerde
angeführten Krystalle, da eine Analyse derselben nicht vorliegt, auf ihr bloses
optisches Verhalten hin nicht für Thonerde anerkennen kann. Immerhin blieb die Frage
noch eine offene, ob ein Fluorgehalt die weißen Ausscheidungen bedingt, und woraus
diese bestehen.
Folgendes Gemisch nach den Angaben von Benrath wurde bei
Gelbrothglut niedergeschmolzen:
1 Th. Kryolith
2 „ Sand.
Die Gemengtheile schmolzen schon bei verhältnißmäßig niederer
Temperatur zusammen. Große Mengen von Fluorsilicium entwichen unter starkem
Blasenwerfen des geschmolzenen Glases. Nach 2stündigem Schmelzen und fleißigem
Umrühren wurden einige Proben gezogen. Sie erstarrten farblos durchsichtig,
wenigstens bei rascher Abkühlung; durch Anwärmen bis zur Erweichung wurden sie
plötzlich durch die ganze Masse trübe durch äußerst feine weißliche, selbst unter
dem Mikroskop kaum erkennbare Ausscheidungen. Der im Tiegel äußerst langsam
erkaltete Rest des Glases zeigte ein verschiedenes Aussehen. Das Glas war, wenn auch
noch milchig, immerhin nicht so intensiv weiß wie die gezogenen und nachher
erhitzten, also zum Anlaufen gebrachten Proben. Im Dünnschliff unter dem Mikroskop
löst sich das Glas in eine wenig getrübte Grundmasse mit rundlichen wavellitartigen
Ausscheidungen einer krystallisirten weißen Substanz auf. Die qualitative Analyse
dieses Glases ergab mit Bestimmtheit einen Fluorgehalt. Bei Behandlung des
feingeriebenen Glases mit Schwefelsäure entwich Kieselfluorwasserstoffsäure. Die
quantitative Bestimmung ergab 1,74 Proc. Fluor.
Es ist bereits erwähnt, daß beim Niederschmelzen Ströme von Fluorsilicium entweichen;
der größere Antheil des Fluors im Kryolith mußte nach den Ergebnissen der
quantitativen Bestimmung abgeschieden und konnte nur ein kleiner Rest noch
zurückgeblieben sein. Dieser kleine Rückstand an Fluor läßt sich jedoch ebenfalls
noch entfernen. Das oben beschriebene milchige Glas wurde mit Quarzmehl gemengt und
abermals niedergeschmolzen. Es entwich aufs Neue Fluorsilicium gasförmig, aber erst
nach mehrstündigem Schmelzen bei hoher Temperatur gelangte das bis dahin Blasen
werfende Glas zu völlig ruhigem Fluß. Gezogene Proben erstarrten durchsichtig mit
einem geringen Stich ins Grüne; zum Anlaufen waren sie in keiner Weise mehr zu
bringen; selbst der im Tiegel gebliebene, sehr langsam erkaltete Rückstand blieb
vollständig klar. Die qualitative Prüfung des so gewonnenen Glases ergab die
Abwesenheit von Fluor; der letzte Antheil desselben mußte in Verbindung mit Silicium
als Fluorsilicium entwichen sein. Es ist damit nachgewiesen, daß der Fluorgehalt für
die Bildung des Kryolithmilchglases eine entscheidende Bedingung ist, und es handelt
sich nur noch darum zu untersuchen, in Verbindung mit welchen Metallen das Fluor
sich befindet. In Verbindung, mit Calcium als Fluorcalcium kann es wohl nicht
vorhanden sein; denn als Flußspath wird dieses seit Langem in der Glastechnik als
Flußmittel benutzt, ohne daß beim Verschmelzen mit diesem Stoffe die Entstehung von
Milchglas beobachtet wäre. In gleicher Weise ist vom Fluornatrium abzusehen; dieses
Salz ist in Wasser
löslich, während die krystallinischen Ausscheidungen im Kryolithmilchglase darin
unlöslich, nur von kochenden Säuren aufgenommen werden. Ferner ließe sich annehmen,
daß die Fluorwasserstoffsäure zunächst in Verbindung mit Kieselsäure getreten sei
und damit Kieselfluorwasserstoffsäure gebildet habe, die dann als Natrium-
oder Calciumsalz diese Ausscheidungen veranlasse; aber auch diese Möglichkeit ist
durch den folgenden Versuch ausgeschlossen. Man schmolz
100
Glasbrocken (Kalkglas) und
10 Kieselfluornatrium
zusammen; es erfolgt ein gut geschmolzenes Glas mit grünlichem
Schein; aber es konnte in keiner Weise zum Anlaufen gebracht werden. Es bleibt somit
nur die Annahme übrig, daß die Ausscheidungen eine Verbindung sind, in welcher Fluor
und Aluminium die hauptsächlichsten Bestandtheile ausmachen, ob mit Fluornatrium
verbunden, oder nicht, ist kaum zu entscheiden. Jedenfalls ist wiederum
festzuhalten, daß das Glas im feurigen Fluß ein Lösungsmittel ist für eine
Fluoraluminiumverbindung. Aus der Lösung wird je nach dem Sättigungsgrade und der
Art des Erkaltens der feuerflüssigen Lösung die gelöste Verbindung in den
verschiedensten Formen von milchweißem mikroskopischem Nebel bis zu deutlich
erkennbaren Krystallgruppen erhalten.
(Schluß folgt.)