Titel: | Ueber amerikanische Turbinen; von Ingenieur Otto Schrott in Rochester, N.-Y., Nordamerika. |
Autor: | Otto Schrott |
Fundstelle: | Band 225, Jahrgang 1877, S. 113 |
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Ueber amerikanische Turbinen; von Ingenieur Otto Schrott in Rochester,
N.-Y., Nordamerika.
Mit Abbildungen.
Schrott, über amerikanische Turbinen.
Unter den hydraulischen Motoren der Gegenwart nehmen unbedingt die Turbinen der
Bedeutung nach den ersten Rang ein. Während die Construction der meisten Wasserräder
bereits abgeschlossen ist und dem Erfindungsgeiste wenig Spielraum mehr gestattet,
bietet die Turbine dem Ingenieur ein weites Feld der Erfindung, allerdings nur in
Bezug auf die Anordnung der einzelnen Theile und besonders bezüglich der
Regulirungsvorrichtung, indem die Schaufelung derselben an unwandelbare theoretische
Gesetze gebunden ist, welche befolgt werden müssen, wenn das Maximum des
Nutzeffectes erreicht werden soll. Es ist ein sehr bekannter Uebelstand der meisten
Vollturbinen, daß dieselben in Folge der Mangelhaftigkeit der Regulirvorrichtung für
den Fall einer geringern Beaufschlagung weit in ihrem Nutzeffecte zurückgehen, oder
mit andern Worten, grade wenn wenig Wasser zur Disposition ist, dasselbe verwüsten.
Dieser Uebelstand, der bei Rädern viel weniger fühlbar ist, war seit einer Reihe von
Jahren die Veranlassung zu Verbesserungen, welche denselben zu beheben suchten.
So lange als die Regulirvorrichtung die Verwandlung der Vollturbine in eine
Partialturbine zuläßt, ist es nicht zu vermeiden, daß der Nutzeffect abnimmt, da
hierdurch störende Erscheinungen im Turbinenrade auftreten, welche größtentheils
sich der Berechnung entziehen. Daß jedoch diese Abnahme des Nutzeffectes in gewissen
Fällen nicht so groß ist, um das Verwerfen dieser Regulirvorrichtungen von
vornherein zu rechtfertigen, wurde durch umfassende praktische Versuche, welche
voriges Jahr in Philadelphia und vor mehreren Jahren in Holyoke vorgenommen wurden,
erwiesen.
Die amerikanischen Turbinen sind fast ausschließlich von außen beaufschlagte
Vollturbinen, welche durch die Regulirung der Partialturbinen verwandelt werden, und
findet man die Methode der Regulirung, bei welcher sowohl die Leitzellen als auch die Turbinenzellen
gleichzeitig verengt und der vorhandenen Wassermenge angepaßt werden, nur durch ein
einziges Exemplar vertreten. Diese Methode, welche allein den theoretischen
Anforderungen entspricht, dient europäischen Ingenieuren mehrfach zum Ausgange ihrer
Constructionen, besitzt jedoch den Mangel, daß dieselbe meist zu complicirten und
theuren Anordnungen führt, welche auf diese Weise den erstrebten Vortheil wieder
durch die vermehrten Kosten einbüßen; die erwähnte amerikanische Turbine besitzt
indeß diese Nachtheile nur in beschränktem Maße. Dem amerikanischen Industriellen
ist Billigkeit die Hauptbedingung, und eine zweite nicht viel weniger wichtige
Bedingung, die man im ganzen amerikanischen Maschinenbau vertreten findet, ist die
Einfachheit, durch welche kostspielige Reparaturen, die den Motor oft Tage lang dem
Betriebe entziehen, möglichst vermieden werden. In der That muß man den
amerikanischen Turbinen das Zeugniß ausstellen, daß dieselben von musterhafter
Anordnung, Einfachheit und Billigkeit sind, und darf sich sonach, wenn auch mancher
Theoretiker den Kopf schüttelt, nicht wundern, daß die Turbine in Amerika viel
verbreiteter ist als in Deutschland, und daß Aufstellungen von Rädern nur selten in
Amerika vorgenommen werden. Hiermit hat dieses Land auch mit dem alten Vorurtheile
gebrochen, daß Turbinen nur in Wasser, welches nicht durch angeschwemmte Holzstücke
oder Steine verunreinigt ist, verwendet werden können, da sonst die Gefahr eines
Bruches zu groß wäre, indem durch sorgfältig angeordnete Rechen, welche oft
gereinigt werden, und von denen Amerika mehrere eigene patentirte Constructionen
besitzt, die Anzahl der Brüche, welche sich meist auf die Schaufeln des
Leitapparates erstreckt, sehr gering ist und überdies in solchen Fällen die
Reparatur des außenliegenden Leitapparates nicht so schwer fällt.
Es ist nicht nöthig, bei der Besprechung der amerikanischen Turbinen eine eigene
Eintheilung in Bezug auf die verschiedenen Turbinensysteme zu treffen, da, wie
bemerkt, Turbinen mit außenliegendem Leitapparate fast ausschließlich angewendet
werden – gleichgiltig, ob das eigentliche Turbinenrad für einen vertical nach
abwärts gerichteten oder horizontalen (centralen) Durchfluß des Wassers bestimmt
ist. An dieser Anordnung, welche die Vortheile hat, daß die Austrittsgeschwindigkeit
des Wassers aus dem Rade auf ein Minimum gebracht wird, und daß der Leitapparat
leicht reparirt werden kann, halten die Amerikaner mit Zähigkeit fest, und obwohl
die heutigen Turbinen bedeutend von den alten Francis-Turbinen abweichen, ist
das Princip derselben doch in Amerika geltend geblieben.
In Bezug auf die Regulirung wollen wir uns jedoch erlauben, in unserer Besprechung
eine Eintheilung zu treffen, und unterscheiden wir nach dem Vorausgegangenen: I)
Vollturbinen, welche nach der Regulirung Vollturbinen bleiben und II) Vollturbinen,
welche durch die Regulirung in Partialturbinen verwandelt werden. Außerdem kann man
in Bezug auf die Regulirungsweise unterscheiden: I) Turbinen, bei denen durch die
Regulirung der Einlaufwinkel des Wassers ungeändert bleibt (welche also entweder
durch Heben einer außerhalb des Leitapparates oder zwischen Leitapparat und Rad
liegenden Cylinderschütze, oder durch Verdrehen einer Spaltenschütze oder ähnliche
Mechanismen regulirt werden); 2) Turbinen, bei denen durch die Regulirung der
Einlaufwinkel des Wassers geändert, d.h. unrichtig wird. Zu diesen gehören die
sogen. Flügelsysteme, deren Leitapparat aus einzelnen um Scharnieren drehbaren
Flügeln besteht. Diese Flügelsysteme erfreuen sich in Amerika einer großen
Verbreitung, obwohl dieselben bei der Regulirung die schlechtesten Resultate
ergeben.
Wir wollen mit der in Bezug auf Regulirung vollkommensten Turbine, welche, wie
erwähnt, das einzige Exemplar dieser Art in Amerika ist, beginnen. Es ist dies die
Turbine von Silas Walton
Vgl. hiermit die Zeidler'sche Turbine, 1875 217* 11. 1877 224
134.Die Red. in Morrestown, N. J., welche sowohl ein in verticaler Richtung verstellbares
Außenregister, als auch ein die Zellen der Turbinenräder regulirendes und in
gleicher Weise mit verstellbares Innenregister besitzt. Die Einrichtung dieser
Anordnung kann aus Betrachtung der Figuren 1 bis 3 (Texttafel
B) ersehen
werden, von denen Fig. 1 eine Ansicht der completen Turbine, Fig. 2 einen
Horizontalschnitt und Fig. 3 eine Ansicht des
innern Registers mit theilweise weggebrochenem Turbinenraddeckel vorstellt.
Der Leitapparat B₁, welcher ein fest gegossenes
System von Leitschaufeln darstellt, an deren Deckelfläche der Cylinder B₂ gegossen ist, erscheint durch eine dicke
scheibenförmige Platte A₁ gesteckt und in
derselben derart eingepaßt, daß er ohne Schwierigkeit auf- und abgleiten
kann. Die Platte A₁ ist mit dem untern Rohrstück
A₂ und der Auflagflansche A₃ des Leitapparates aus einem Stücke. Der
Cylinder B₂ des Leitapparates gleitet innerhalb
des ausgebohrten Cylinderstückes des Deckels D und wird
auf diese Weise an seinem Umfange geführt.
Von dem Leitapparat führen 3 Zugstangen zu einer Traverse, die direct über der
Riemenscheibe liegt, welche die Kraft der Turbine abgibt; es ist somit, da die
Regulirvorrichtung unmittelbar über der Welle in gleicher Mittelebene liegt, die Länge der Turbinenwelle
beschränkt. Mittels Handrad und Schraube wird die Lage der Traverse und sonach des
Leitapparates verändert und auch gleichzeitig mittels der Welle E die Verschiebung des innern Registers bewirkt.
Da durch Verschiebung des Leitapparates der Raum zwischen α und β (Fig. 1) entweder größer
oder kleiner wird, so ist klar, daß damit die Einströmöffnungen sowohl, als die
Leitzellen entsprechend vergrößert oder verkleinert werden. Dasselbe findet mit den
Turbinenradzellen durch die gleichzeitige Verschiebung des innern, einem
cylindrischen Trog ähnlichen Registers statt, so daß diese Regulirungsweise
thatsächlich theoretisch vollkommen ist. Als etwas ganz Neues kann dieselbe aber
keinesfalls bezeichnet werden. Charakteristisch für das Turbinenrad ist auch dessen
Schaufelung, indem der convexe Theil der Schaufeln auf etwa 2/3 des Weges plötzlich
abgebrochen und in einer dünnen Platte fortgeführt erscheint. Als Ursache dieser
Construction gibt die Fabrik an, daß auf diese Weise der weitere Contact des
durchfließenden Strahles von dem vorrückenden (convexen) Theile der Schaufel
aufgehoben wird, wodurch auch der Widerstand dieses Strahles gegen diesen
Schaufeltheil vermindert bezieh. unterbrochen wird.
Das Eintrittselement der Turbinenschaufeln steht senkrecht zur
Peripherietangente.
Man muß wohl zugeben, daß durch die erwähnte Regulirungsmethode eine nicht übermäßige
Complication erzielt wird; trotzdem ist der materielle und constructive Aufwand
dieser Construction viel bedeutender, die Gefahr eines Bruches viel größer und wohl
auch die Kosten höher als die einer gewöhnlichen Turbine mit minder vollkommenem
Regulirungssysteme. Es ist daher nicht zu verwundern, daß einfachere
Regulirvorrichtungen vorgezogen werden und noch immer bedeutenden Absatz finden, um
so mehr als nach Feststellung der für die Güte der Regulirung erforderlichen
Principien die Mangelhaftigkeit der Regulirungen bedeutend gehoben wurde, wenn
dieselbe auch trotzdem noch immer sehr groß ist.
Die nächste zu besprechende Turbine von T. H. Risdon in
Mount Holly, N. J., repräsentirt das Regulirungssystem mittels einer vertical
verschiebbaren Ringschütze, die zwischen Leitapparat und Turbinenrad liegt und sich
in einem schmalen Ringe, welcher zwischen die Leitschaufeln eingepaßt ist, nach
außen erstreckt. Figur 4 (Taf. B) stellt eine Ansicht und Figur 5 einen
Verticalschnitt dieser Turbine dar.
Der außenliegende Leitapparat A, welcher mit dem nach
abwärts führenden Abfluß- oder Zugrohre F aus
einem Stücke besteht, wird durch eine mittels Zugstangen bewegte Ringschütze B durch Heben oder Senken derselben theilweise geöffnet
oder verschlossen. Diese Verticalbewegung oder Regulirung geht von einer verticalen
Welle aus, die eine Schnecke trägt, in welche zwei Schraubenradsegmente eingreifen;
letztere bilden das eine Ende zweier Hebel, in deren anderes Ende die Zugstangen der
Regulirschütze eingehängt sind; hinter diesen beiden Hebeln und mit einander durch
horizontale Achsen verbunden befinden sich zwei Hebel mit Gegengewichten, so daß die
Bewegung der Schütze ohne große Kraftanstrengung vor sich gehen kann.
Die Schütze wird an der Innenseite des Cylinders D
geführt, welcher oben mit einer breiten Flansche versehen ist und unten mittels
Lappen auf vier verdickte Schaufeln des Leitapparates aufgeschraubt ist. Ueber die
obere Flansche dieses Cylinders ist die Deckplatte E
geschraubt, auf welcher sich das beschriebene Stellzeug zur Regulirung befindet;
diese Deckplatte, welche vier Rippen zur Versteifung besitzt, trägt eine
Führungsbüchse für die Turbinenwelle, die mit keiner besondern Schmiervorrichtung
oder Nachstellung versehen ist.
Das Fußlager der Turbine ist mittels vier Gußbändern in das Abflußrohr geschraubt; es
besteht zunächst aus einer eingesetzten Büchse, in welcher sich ein oben kegelförmig
stumpf zugeschärfter Holzzapfen befindet, dessen Dicke niemals bedeutend von der der
Turbinenwelle abweicht. Auf diesem Holzzapfen läuft unmittelbar die Turbinenwelle
und bildet sonach das abfließende Wasser das einzige Schmiermaterial. Diese Art von
Unterwasserzapfen findet man fast ausnahmslos bei amerikanischen Turbinen verwendet,
und dürfte dieser Umstand für den praktischen Werth dieser überaus einfachen und
billigen Einrichtung sprechen.
Das eigentliche Turbinenrad C hat propellerförmige
Schaufeln, die das Wasser, welches anfangs auf dem ansteigenden gewölbten Boden des
Leitapparates sanft nach aufwärts geführt wurde, in einer Wölbung nach abwärts
führen. Diese gewölbte Form des Radquerschnittes – c₁ und c₂ in Figur 5 – scheint
auf den Durchfluß des Wassers eine sehr günstige Wirkung auszuüben.
Wenn man bedenkt, wie viel in Amerika in praktischen Versuchen und Experimentiren
gethan wird, so kann man gewiß den dortigen Fabriken in mancher Beziehung die
Anerkennung nicht versagen und drängt sich unwillkürlich der Vergleich auf, wie sehr
diese „Kunst“ des Experimentirens in Deutschland noch
vernachlässigt wird. Die Fabrik von Risdon allein hat
eine große Anzahl von Versuchen vorgenommen u.a. mit 2 Sorten von
Flügelleitapparatsystemen, 9 Sorten von Registern, 5 Methoden, die Turbinenzellen
statt den Leitzellen zu verkleinern (eine Methode die seither aus der amerikanischen Praxis
verschwunden ist), 16 Sorten von Cylinderschützen und 8 verschiedenen Arten von
Rädern. Rechnet man hierzu die mannigfachen Combinationen die zwischen diesen
Versuchsconstructionen vorgenommen wurden und fügt die mindestens ebenso weiten
Versuchszahlen anderer amerikanischen Fabriken, wie der von Leffel u.a., hinzu, so wird man obigen Ausspruch gerechtfertigt
finden.
Die vorliegende Form des Risdon'schen Turbinenrades ist eine sehr bemerkenswerthe.
Das Rad ist aus einem Stücke gegossen und die untern Enden der Schaufeln nochmals in
einem starken Bande zusammengefaßt. Das Rad erhält von dem durchfließenden Wasser
einen bedeutenden Druck nach aufwärts an dem Obertheile seines gewölbten Deckels,
welcher zur Entlastung des Turbinenzapfens beiträgt. Da der Schützenapparat
vollständig zwischen die Leitschaufeln eingepaßt ist, so erfolgt das Auf- und
Abgleiten mit Genauigkeit, und schließt der zwischen Leitrad und Turbinenrad sich
befindende cylindrische Schützentheil beim vollständigen Herablassen dicht ab.
Die Risdon'sche Fabrik fertigt diese Turbinen in Größen von 102 bis 2438mm Durchmesser nach laufenden Nummern, und
sind alle gleichlautenden Nummern in ihren Theilen vollkommen identisch. Dieses
Geschäftsverfahren, das man durchweg in Amerika vertreten findet, läßt die
Bestellung von Reparaturen ohne weitschweifige Angaben zu.
Mit den meisten der in Philadelphia ausgestellt gewesenen Turbinen wurden umfassende
Prüfungsversuche angestellt.Ueber diese Versuche hat Verfasser in Uhland's praktischem
Maschinenconstructeur, 1877 S. 182 ausführlich berichtet. Die Walton'sche
Turbine nahm an der Preisbewerbung in Philadelphia nicht theil. Analoge Proben fanden, nur im beschränktern Maße, vor einigen Jahren in
Holyoke, Mass., statt; wiewohl letztere nicht so sorgfältig ausgeführt wurden als
jene in Philadephia, so sollen sie in der vorliegenden Abhandlung doch
vergleichsweise angezogen werden, oder dann, wenn eine Prüfung auf der Ausstellung
nicht stattgefunden hatte. Der Nutzeffect der Risdon'schen Turbine war hierbei
für
in Philadelphia.
in Holyoke.
volle
Beaufschlagung
87,56
78,71
Proc.
7/8
„
86,20
76,12
„
3/4
„
82,66
69,02
„
5/8
„
75,26
58,08
„
1/2
„
–
41,17
„
Bei der Untersuchung in Holyoke stand ein Rad von 914mm Durchmesser unter einer Fallhöhe von
404mm – einer Höhe, welche nur beiläufig die Hälfte
der in Philadelphia benutzten betrug. Das in Philadelphia verwendete Rad hatte
762mm Durchmesser, 581qc Einströmungsfläche und kostete 490
Dollars. Die Ergebnisse der Prüfung in Philadelphia in Bezug auf die Regulirung sind
günstiger wie jene der Prüfung in Holyoke, welche jedoch, wie bemerkt, nicht so
genau war wie die erstgenannte. Die Risdon'sche Turbine erreichte unter allen
geprüften Rädern bei voller Beaufschlagung den höchsten Procentwerth (87,56); bei
5/8 Beaufschlagung nahm der Nutzeffect um 12,3 d. i. auf 75,26 Proc. ab; bei 3/4
Beaufschlagung – ein Werth, der sich bei den meisten Turbinen in der
Prüfungscolumne befindet, um 4,9, also auf 82,66 Proc.; demnach betrug für 3/4
Beaufschlagung die Abnahme des Nutzeffectes 5,6 Proc. des ursprünglichen
Nutzeffectes.
Die der Risdon-Turbine ähnlichste amerikanische Turbine ist die von Rodney Hunt, mit dem Unterschiede, daß bei derselben die
Regulirschütze einen einfachen Cylinder darstellt, welcher zwischen dem Leitapparat
und dem Rade liegt und durch zwei Zahnstangen von zwei auf einer horizontalen Welle
sitzenden Zahnrädern in verticaler Richtung bewegt wird. Diese Turbine ist viel
einfacher wie die Risdon'sche, welche die ganze Leitzelle verengt, während Hunt nur das Ende der Leitzelle verkleinert. Dafür wendet
Hunt ein solides Führungslager der Turbinenwelle über
dem Deckel mit nachstellbaren Büchsen an. Die beiden verticalen Zahnstangen, welche
sich über dem Deckel befinden, haben unten eine Quertraverse, an der die zwei
Zugstangen befestigt sind, welche durch den Deckel gehen und zur Ringschütze führen.
Die Zahnräder, welche in die Zahnstangen eingreifen, sind in zwei Ständern mit je
zwei Augen gelagert; die andern zwei Augen dienen zur Lagerung von zwei hinter den
Zahnstangen gelegenen Führungsrollen. Das auf der Philadelphier Ausstellung geprüfte
Rad dieser Fabrik arbeitete unter sehr ungünstigen Umständen, da die vorhandene
Wassermenge kaum dem Bedarf desselben entsprach; es hatte bei 610mm Durchmesser eine Einströmfläche von
523qc und gab für
volle
Beaufschlagung
78,08
Proc.
7/8
„
71,55
„
3/4
„
68,79
„
5/8
„
50,35
„
Die Regulirung stellte sich sonach ungünstiger heraus wie jene von Risdon, was nicht zu verwundern ist, da das Wasser bei
letzterm jedenfalls eine bessere Führung erlangt als bei Hunt, wo das Wasser aus einer voll offenen Leitzelle sich plötzlich durch
eine verengte Querschnittsöffnung drängen muß. Für 3/4 Beaufschlagung beträgt die
Abnahme 11,9 Proc. des
ursprünglichen Effectes, während Risdon nur 5,6 Verlust
ausweist. Diese Verluste sind sehr bedeutend, wenn man bedenkt, daß beispielsweise
für die bei der Prüfung verwendeten Wassermengen und Höhen der Verlust bei 3/4
Beaufschlagung 6e,7 beträgt.
Eine der nächst bemerkenswerthesten Turbine ist die Obenchain'sche, welche von der Firma Knowlton
und Dolan in Loyansport, Ind., gebaut wird; dieselbe wird
durch einzelne vertical bewegte, zwischen den Einströmöffnungen des Leitapparates
eingepaßte, ständerförmige Schützen regulirt, welche oben in einen
gemeinschaftlichen Ring geschraubt sind. Von diesem Ringe führen vier Stangen zu
einem Gleitcylinder, der sich auf einer Büchse, durch welche die Turbinenwelle frei
hindurchläuft, bewegt und mittels eines Hebels verschoben werden kann, wie dies Figur 6 (Taf.
B) ersichtlich macht.
Diese Turbine ist noch mit einigen vorzüglichen Detailen versehen, unter welchem wir
besonders die Adjustirung des hölzernen Fußzapfens hervorheben, die in Figur 7
besonders abgebildet ist. A bezeichnet eine nach abwärts
geformte Flansche, welche in das Gehäuse gegossen ist, grade an der Außenseite des
Radumfanges, und in eine entsprechende Grube B reicht,
die zwischen den äußern aufrechten Kanten der Turbinenschaufeln C und dem schmiedeisernen Ring D geformt ist; der Ring D ist an die
horizontalen Ränder an der Außenseite der Turbinenschaufeln genietet, wie auch aus
der Ansicht des Turbinenrades in Figur 8 zu entnehmen ist.
Die abwärtsreichende Flansche A und die Grube B können nun zu jeder Zeit genau adjustirt werden
mittels einer Schraube und Hebel F, auf welchen der
hölzerne Fußzapfen E ruht. Diese Einrichtung hat das Lob
aller amerikanischen Fachmänner errungen.
Eine zweite nicht minder vorzügliche Einrichtung, die sich an Obenchain's Turbine
findet, ist in den Figuren 9 und 10 dargestellt. Sollte
nämlich ein Holzstück oder ein Stein zwischen die Turbinenschaufeln gelangen, was
bei den schmalen Leitöffnungen dieser Turbine sehr selten geschieht, so ist es noch
immer möglich, einen Bruch der Turbinenschaufeln zu vermeiden, wenn das Rad in
diesem Momente sich aus der Transmission auskuppelt, bezieh. von dem Widerstande
befreit wird, worauf dasselbe stehen bleibt, während die Transmission vermöge des
Trägheitsmomentes noch kurze Zeit sich fortbewegt. Diese Absicht wird durch Knowlton's Construction einer selbstthätig auslösbaren
Kupplung erreicht. Die in Figur 9 dargestellte
Hälfte derselben befindet sich an der gekuppelten Welle, welche zur Transmission
führt, und besitzt drei Klinken, die für gewöhnlich durch in den Figuren nicht
sichtbare Federn nach außen gedrückt werden und auf diese Weise sich gegen die
innern Vorsprünge der
andern in Figur
10 gezeichneten Kupplungshälfte anlegen. Im Falle einer Hemmung des Rades
passiren jedoch die Klinken über die Vorsprünge und kann die Transmission leer
weiter laufen. Ein anderer Vortheil dieses Rades ist die Billigkeit desselben in
Bezug auf seine Leistungsfähigkeit, indem diese Turbine in Folge ihres gedrungenen
starken Baues unter größere Arbeit und Beanspruchung gebracht werden kann, wie
andere Räder desselben Durchmessers (mit Ausnahme der Hunt-Turbine).
Trotz aller dieser nicht abzuläugnenden Vorzüge hatte diese Turbine dennoch bei der
Prüfung einen zweifelhaften Erfolg; bei derselben wurde ein Rad gewählt, dessen
Hauptdimensionen folgende waren:
Durchmesser des Turbinenrades
584mm
Querschnittsfläche der vollen Einströmung
477qc
Länge der Welle von der untern Radflansche
zum Mittel der
Kupplung
965mm
Durchmesser der Wellenkupplung
67mm
Aeußerer Durchmesser der ganzen Turbine,
gemessen über den
Leitapparat
838mm
Preis
255
Dollars.
Die Versuche mit dieser Turbine ergaben für
volle
Oeffnung des Leitapparates
77,36 Proc.
7/8
„
„ „
73,29 „
3/4
„
„ „
62,69 „
Vergleicht man diese Daten mit jenen der vorher betrachteten Turbinen von Risdon und Hunt, so wird man
bemerken, daß die bedeutende Differenz, welche sich im Nutzeffecte zwischen den
beiden Systemen ergibt, für den ersten Augenblick befremdend ist; denn in beiden
Fällen wird die Leitöffnung durch verticale Schützen verschlossen – nur mit
dem Unterschiede, daß bei den Turbinen von Risdon und Hunt die ganze Leitzelle oder mindestens das Ende
derselben verschlossen wird, während bei Obenchain der
Anfang der Leitzelle verschlossen wird. Die erstere Regulirungsweise erzielt demnach
bessere Resultate.
Eine Turbine, welche ein in Deutschland längst bekanntes Princip vertritt, das darin
besteht, das Turbinenrad in eine Anzahl von Partien, hier vier, zu theilen und durch
eine Ringschütze je nach Bedarf das Wasser in mehrere dieser Partien einzulassen,
ist von Brown und McCormick
ausgeführt und in Figur 11 (Taf. B) dargestellt. Die Turbine
bleibt daher für je 25 Proc. Abnahme der Wassermenge eine Vollturbine und selbst für
den Fall, als die Wassermenge zwischen diese Grenzen fällt, können die
Effectverluste nicht so sehr bedeutend werden. Die einfache Ringschütze befindet
sich zwischen dem Leitapparate und dem Turbinenrade mit den erwähnten vier
Schaufelreihen, welche für centrale Wasserführung berechnet sind.
Auf den Leitapparat B ist der Deckel C von der Seite angeschraubt, innerhalb dem sich die
Schütze bewegt, deren Verschiebung durch die Welle D,
welche nach oben geht und unten ein Schraubengewinde trägt, bewirkt wird. A ist die Flansche, mittels welcher die Turbine in das
hölzerne oder eiserne Wasserzuleitungsrohr gesetzt wird, und ist mit der
Zugrohrverlängerung aus einem Stücke.
Dieses System besitzt neben seinen Vortheilen die Nachtheile der Plumpheit, dem zu
Folge eines großen Gewichtes und höhern Preises. Außerdem nehmen die vielen
Schaufelreihen viel Raum für das Wasser hinweg und muß die Turbine für gleiche
Leistungsfähigkeit höher gebaut werden. Ueber das Verhalten derselben bei der
Regulirung sind keine Belege vorhanden, da die Fabrik ihr Rad von der Prüfung
ausschloß.
Von dieser Turbine gehen wir zu den Systemen über, welche die Regulirung durch
Verdrehung einer Schütze, Verdrehung des Leitapparates oder ähnliche Vorrichtungen
erzielen. Es ist eine derzeit noch offene Frage, ob für den Fall, als man von einer
ganz vollkommenen Regulirung absieht und diese nur auf die Leitzellen erstreckt, das
Heben einer Schütze oder das Verdrehen einer solchen besser ist, ob es ferner, wie
schon früher erwähnt, bedeutend vortheilhafter ist, die ganze Leitzelle zu verengen,
oder nur das Ende derselben. Praktische Erfahrungen sprechen dafür, daß das Ende
einer Leitzelle unbedingt verkleinert werden muß, wenn die Regulirung günstige
Resultate erzielen soll. Leichter zu lösen ist die Frage, ob es besser ist, alle
Leitzellen zu verengen, oder nur wenige von denselben abzuschließen, da dieselbe
direct von der Beschaffenheit des Rades abhängt, wenn eine sogen. Reactionsturbine
vorliegt. Ist das Turbinenrad vorwiegend auf Reaction berechnet, so ist das Verengen
aller Leitcanäle entschieden vortheilhafter, da hierdurch die Unterbrechung des
Zusammenhanges zwischen den Wasserfäden im Rade und denen im Leitapparate
gleichförmiger vertheilt ist. Für Druckturbinen (Actionsturbinen) dagegen ist die
Antwort wieder unbestimmt. Ueber diese Fragen können nur praktische Versuche in
großem Maßstabe genügendes Licht verbreiten.
(Fortsetzung folgt.)