Titel: Henri Robert's „mysteriöse Uhr“.
Fundstelle: Band 225, Jahrgang 1877, S. 143
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Henri Robert's „mysteriöse Uhr“. Mit Abbildungen im Text und auf Taf. II [b/3]. Robert's mysteriöse Uhr. Unter den jüngsten Erzeugnissen der modernen Uhrmacherkunst verdient eine eigenthümliche Uhrengattung, welche ihr Verfertiger Henri Robert in Paris (rue de Faubourg-Saint-Honoré, 86) unter der Bezeichnung „mysteriöse Uhr“ eingeführt hat, hervorgehoben zu werden. Ein an zwei Fäden aufgehängtes, oder von einer Statuette emporgehaltenes, vollkommen transparentes Zifferblatt aus Glas, mit einem Stunden- und Minutenzeiger, ist alles, was man bemerkt; von einem Mechanismus ist keine Spur zu sehen. Ist die Uhr im Gang, so mag man das Zifferblatt in schwingende Bewegung setzen, die Zeiger mit dem Finger aufhalten, oder ihnen ein mehr oder weniger schnelle Rotation nach der einen oder der andern Richtung ertheilen, immer nehmen sie, sobald die Störung aufhört, von selbst diejenige Stellung ein, in welche sie bei ununterbrochenem Fortgang der Uhr gelangt sein würden. Wenn auch das dem Apparate zu Grunde liegende Princip nicht neu ist, so ist es doch die Art und Weise, wie H. Robert dasselbe dem in Rede stehenden Zwecke anzupassen gewußt hat. Der Zeiger trägt nämlich an dem der Spitze entgegengesetzten Ende als Gegengewicht eine flache cylindrische Büchse, worin ein kleines Uhrwerk verborgen ist; letzteres hat die Bestimmung, ein an einem Hebelarm befestigtes Platingewichtchen innerhalb 12 Stunden um den Mittelpunkt der Büchse, d.h. um das Schwanzende des Zeigers herumzuführen, und zwar in einer der Zeigerbewegung umgekehrten Richtung. Mit dieser Rotation steht die gleichzeitige Bewegung des Zeigers in unmittelbarem Zusammenhang, wie aus folgender Betrachtung hervorgeht. Man denke sich die Spitze des um die Centralachse des verticalen Zifferblattes frei beweglichen, genau äquilibrirten Stundenzeigers etwa auf 12 Uhr zeigend, den Zeiger also in verticaler Lage und das Platingewichtchen von dem andern Ende pendelartig herabhängend, so wird die geringste Abweichung des Gewichtchens aus der Verticalen eine Gleichgewichtsstörung herbeiführen. Angenommen dasselbe werde um einen Bogen von 30° nach rechts bewegt und in dieser Lage fixirt, so erleidet dadurch der Schwerpunkt des Systems eine kleine Verschiebung nach der rechten Seite. Die nothwendige Folge davon ist eine Bewegung des Zeigers um einen Bogen von 30°, d.h. von 12 Uhr auf 1 Uhr; denn dieser Strecke bedarf es, um den Schwerpunkt des Platingewichtes wieder in die Verticale zurück zu bringen und das Gleichgewicht des Systems wieder herzustellen. Denkt man sich nun das Gewichtchen von neuem um 30° aus der Verticalen nach der rechten Seite hin bewegt, so wiederholt sich der eben beschriebene Vorgang, indem der Zeiger von 1 Uhr auf 2 Uhr übergeht. Auf diese Weise könnte man durch 12 malige ruckweise Ortsveränderung des Schwerpunktes des Platingewichtchens den Zeiger von Stunde zu Stunde um das ganze Zifferblatt herumführen. Die Bewegung nun, welche hier zur Veranschaulichung des Vorganges in 12 Absätzen angenommen wurde, bewirkt das Uhrwerk in ununterbrochener Weise. Es erklärt sich nun die oben erwähnte Erscheinung, daß der Zeiger, wenn er in seinem Gange aufgehalten und dann wieder frei gelassen wird, nach einigen Schwingungen von selbst diejenige Stellung wieder einnimmt, welche der inzwischen veränderten Lage des Platingewichtes entspricht. Textabbildung Bd. 225, S. 145 Zweierlei Modelle sind es, welche H. Robert nach vorstehendem Principe construirt, eines mit solidarisch verbundenen Zeigern, das andere mit unabhängigen Zeigern. Bei dem erstern Modell macht das Platingewichtchen des Minutenzeigers unter dem Einflusse des Uhrwerkes in einer Stunde eine Umdrehung und der Stundenzeiger ist mit dem Minutenzeiger durch ein gewöhnliches, in der Nabe verborgenes Minutenwerk von sehr kleinen Dimensionen verbunden. Bei dem andern Modell stehen die beiden Zeiger in gar keinem Zusammenhang mit einander. Jeder derselben besitzt in der Verlängerung jenseits der Achse seinen eigenen Motor. Wir gehen nun zur speciellern Beschreibung der beiden Systeme über, die sich äußerlich nicht von einander unterscheiden. Als eine der graziösesten Formen, welche für das eine wie das andere gewählt werden kann, dürfte wohl diejenige sich empfehlen, wo das Zifferblatt von einer Statuette getragen wird. I) Uhr mit solidarisch verbundenen Zeigern. Die Figur 33 stellt das Zeigerwerk und einen Theil der Zeiger im Verticalschnitte durch die Zeigerachse, und zwar in mehr als natürlicher Größe, dar; Figur 34 ist die hintere Ansicht des Minutenzeigers mit Hinweglassung der Rückwand des kleinen Uhrgehäuses; Figur 35 die Seitenansicht desselben mit geschlossenem Gehäuse; Figur 36 die Vorderansicht mit Hinweglassung des vordern Gehäusedeckels; Fig. 34 bis 36 sind in 2/3 der wirklichen Größe ausgeführt. Der Minutenzeiger B ist über seine Achse hinaus verlängert und trägt als Gegengewicht ein Gehäuse C, welches ein sehr leichtes Taschenuhrwerk D (Fig. 34) umschließt, auf dessen Zifferblatt E (Fig. 36) zwölf Theilstriche in Abständen von 5 zu 5 Minuten gravirt sind. Als Zeiger dieses Zifferblattes dient ein auf dem quadratischen Centralzapfen justirter Vorstecker F und zum Aufziehen des Uhrwerkes der quadratische Zapfen G, sowie zur Regulirung seines Ganges der übliche, zwischen avance und retard spielende Zeiger H. Ein Platingewicht I (Fig. 34), von der Form eines flachen Kreissegmentes ist es, von dessen Ortsveränderung unter dem Einflusse des Uhrwerkes die Bewegung des Zeigers B abhängt. Dieses Gewicht ist an einen kleinen Arm J befestigt und hängt pendelartig von der Centralachse des Uhrwerkes herab, welche an ihrem andern Ende den erwähnten Zeigerstift F (Fig. 36) trägt. Um die Uhr zu richten, hat man F auf diejenige Minute des Zifferblattes E zu stellen, auf welche der Minutenzeiger B weisen soll, z.B. um 12 Uhr auf 60, um 1 Uhr auf 5, um 2 Uhr auf 10 u.s.w. Die Stelle der Zeigerspitze vertritt ein Stern, in dessen Innerm, wie Figur 34 zeigt, ein Gegengewicht K angeordnet ist; letzteres ist der genauen Aequilibrirung des Zeigers wegen mit Hilfe dreier Stellschrauben justirbar. Was den Stundenzeiger betrifft, so unterscheidet sich derselbe vom Minutenzeiger nur durch seine geringere Größe und dadurch, daß die Büchse kein Uhrwerk enthält. Die Anordnung beider Zeiger auf dem Zifferblatte und die Verbindung des Stundenzeigers mit dem Minutenzeiger durch ein kleines verborgenes Zeigerwerk ist aus Figur 33 ersichtlich. Im Centrum der Vorderfläche des gläsernen Zifferblattes A ist eine Metallscheibe L festgeschraubt und durch diese ein Rohr geschoben, welches die Spindel N des Minutenzeigers concentrisch umschließt. An das vordere Ende dieses Rohres ist eine Scheibe O genietet, aus welcher ein Zapfen hervorragt, um den das Minutenrad P nebst Getriebe rotirt. Auf dem vordern Theile der Spindel N dreht sich mit gelinder Reibung ein Getriebe Q nebst Muff, das mit dem Rade P in Eingriff steht. Ueber diesen Muff ist das Stundenrad R geschoben, welches in das Getriebe des Minutenrades greift. Ein leichtes, an den Muff des Rades R gelöthetes Gehäuse S, woran der Stundenzeiger B' geschraubt ist, bedeckt die Scheibe O sowie das ganze Zeigerwerk. Der Minutenzeiger B aber ist an eine auf das äußerste Ende der Spindel N geschobene und mit dieser sich drehende Hülse T gelöthet und wird durch eine kleine Scheibe U nebst Vorstecker an seinem Ort gehalten. Seine Bewegung überträgt sich durch Vermittlung des Getriebes Q, des Rades und Getriebes P, des Rades R und des Gehäuses S auf den Stundenzeiger B'. II) Uhr mit unabhängigen Zeigern. Figur 37 ist ein Verticalschnitt durch die Zeigerachse, ebenfalls in mehr als natürlicher Größe. Bei diesem Modell enthält jeder der beiden Zeiger in seinem Gehäuse ein Taschenuhrwerk mit einem kleinen Platingewicht, nur daß dieses Gewichtchen bei dem Stundenzeiger 12 mal langsamer umläuft als bei dem Minutenzeiger. Die Zeigeranordnung auf dem Zifferblatte a ist folgende: Im Centrum ist wie in Figur 33 eine Scheibe b befestigt, deren Bohrung einen mit leichter Reibung drehbaren Metallpfropf c aufnimmt. d ist eine in dem letztern befestigte Spindel, auf der sich die Stundenzeigerhülse e und vor dieser die Minutenzeigerhülse f frei dreht. Zwischen beiden ist ein kleiner, gleichfalls auf der Spindel frei beweglicher Stahlring angeordnet. Das Abgleiten des Ganzen verhütet eine auf das vordere Ende der Spindel geschraubte Mutter. (Nach dem Bulletin de la Société d'Encouragement, Mai 1877 S. 213.) P.

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Tafel Taf. II
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