Titel: | Amerikanischer Füllofen; von Prof. Meidinger. |
Autor: | Heinrich Meidinger [GND] |
Fundstelle: | Band 225, Jahrgang 1877, S. 203 |
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Amerikanischer Füllofen; von Prof. Meidinger.
Mit Abbildungen.
Meidinger, über einen amerikanischen Füllofen.
Das reichliche Vorkommen von Anthracit in Pennsylvanien, der schönsten und in mancher
Beziehung der besten Kohle auf der Erde – namentlich für die Eisengewinnung
und die Stubenheizung – führte grade für letzteren Zweck in Nordamerika zu
einer eigenthümlichen Entwicklung der Oefen. Anthracit, der schwerst entzündliche
aller Brennstoffe, läßt sich nur in größern Massen in Glut erhalten und brennen. Er
ist außerordentlich dicht und fast steinhart, entwickelt beim Glühen so gut wie
keine Gase, er kann sich deshalb nur an der Oberfläche mit dem Sauerstoff der Luft
verbinden; mehr als bei einem andern Brennstoff ist es hier geboten, für mäßiges
Feuer die Stücke nicht zu groß zu machen. Das Füllprincip ist hier das einzige
Mittel, um eine Verbrennung überhaupt zu ermöglichen, zugleich aber auchein solches,
um das gleichförmigste, angenehmste Feuer ohne irgend welche nennenswerthe Bemühung
auf Stunden und Tage zu unterhalten. Thonöfen scheinen in Amerika kaum angewendet zu
werden, wenigstens ist von solchen bis jetzt nichts vorgekommen; die Ofenfabrikation
hat sich drüben vorzugsweise im Material des Eisengusses entwickelt.
Ein Bild von einem höchst originellen amerikanischen Füllofen geben die beigegebenen
Figuren 1 bis 3.
Derselbe ist von Perry und Comp. in Albany ausgeführt, wo sich ein Hauptsitz der amerikanischen
Ofenfabrikation befindet. Ein Exemplar ist seit einigen Monaten in der
Landes-Gewerbehalle zu Karlsruhe von O. Hassel in
Heidelberg ausgestellt, welcher die Vertretung der Fabrik für Süddeutschland hat.
Fig. 1 ist eine äußere Ansicht, Fig. 2 und 3 sind
senkrechte Durchschnitte.
Der Ofen läßt sich als aus drei Theilen bestehend ansehen. Der obere, einen
cannelirten Cylinder vorstellend, ist blos Füllraum; der mittlere Theil b, c, bauchförmig gestaltet, enthält den Feuerherd sowie den Ansatz für das
Rauchrohr f; der untere Theil d, den Sockel vorstellend, nimmt den Aschenkasten auf und hat außerdem
noch eine Zugleitung für das Feuer.
Fig. 1., Bd. 225, S. 204
Die Urne a dient als
Verzierung und zugleich als Deckel, um den Zugang zu dem Füllraum abzuschließen.
Die Form des Ofens ist nicht übel, bis auf den Sockel, welcher viel zu breit und
niedrig ist, so daß der Ofen wie zusammengedrückt erscheint. Der Ofen steht auf
vier Füßen, und diese ruhen (was in der Zeichnung nicht angedeutet) auf einer
niedrigen Platte, gebildet aus einem Gußrahmen mit Blecheinsatz und Loch in der
Mitte, welche den Sockelstein ersetzen soll. Die Platte steht ein wenig vom
Boden ab, so daß die Luft darunter eintreten und durch das Loch in der Mitte
entweichen kann. Dadurch ist dem Ueberhitzen des Bodens gut vorgebeugt, und
möchten wir dieses Mittel der Aufstellung von Oefen statt der schwerfälligen
Steine auch für unsere Oefen empfehlen.
Der obere cylindrische Theil des Ofens (Fig. 2)
enthält einen gußeisernen Einsatz, der sich unten etwas verjüngt und nur
unbedeutend von dem äußern Cylinder absteht. Wärme kann nur wenig in den
ringförmigen Zwischenraum gelangen, da die Zugleitung des Feuers nach unten
gerichtet ist. Bei sehr starker Glut des Brennstoffes kann der Cylinder doch
fast zischend heiß werden; bei mäßigem Feuer läßt er sich mit den Fingern
unbedenklich angreifen.
Fig. 2., Bd. 225, S. 204
Fig. 3., Bd. 225, S. 204
Der Feuerherd (Fig. 2) ist durch einen Rostkorb
gebildet, welcher von der bauchförmigen Wandung absteht; er ist stets ganz mit dem
von oben nachsinkenden Brennstoff gefüllt; die Luft kann sowohl von den gebogenen
Seiten wie von unten durch den gewöhnlichen, runden Rost in den Brennstoff reichlich
einströmen. Der äußere Bauch ist bei b und c (Fig. 1) rings herum
mit Oeffnungen versehen, welche mit eingelegten Glimmerplatten bedeckt sind, so daß
das Feuer von allen Seiten frei sichtbar ist, wie bei einem Kamin, ohne daß jedoch
der Rauch irgend wie
herausdringen könnte. Diese Glimmerplatten halten sich sehr gut auf lange Zeit, sie
bleiben auch vollkommen durchsichtig, wenn man Kokes oder eine nicht rauchende
(gasarme) Steinkohle brennt; bei Anwendung gewöhnlicher Steinkohle trüben sie sich
jedoch sofort; solche ist somit bei diesem Ofen nicht am Platze.
Der Sockel enthält bei d (Fig.
1 und 2) Schieber, mittels deren man den
Eintritt der Luft zu dem Feuer reguliren kann; unter dem Rost befindet sich der
herausnehmbare Aschenkasten. Unterhalb des letzteren befindet sich ein durch eine
Zunge getheilter Hohlraum, welcher von den niedergehenden Feuergasen durchströmt
wird; von hier sich aufwärts bewegend (bei h, Fig. 3) gelangen dieselben direct in das Rauchrohr
hinein. Auf diese Weise wird der unterste Theil des Ofens selbst noch in recht
zweckmäßiger Weise erwärmt, sehr stark sogar bei gutem Feuer.
Es ist noch zu bemerken, daß sich bei f und g (Fig. 3) Schieber
befinden, welche daselbst vorhandene Oeffnungen schließen können. Beim Feuermachen
ist f offen, überhaupt dann, wenn man das Feuer rasch zu
starker Glut anfachen will. Wird g geöffnet, so geht der
Luftzug statt durch Rost und Kohle größtentheils direct in das Rauchrohr und das
Feuer läßt sich auf seine geringste Stärke bringen, was durch Schluß der Zugschieber
bei d allein nicht möglich ist, da bei den zahlreichen
einzelnen Gußstücken des Ofens zu viele feine Fugen bleiben, durch welche die
Speiseluft immer noch reichlich eintreten kann.
Wir hatten den Ofen mehrere Wochen dem Versuch auf dem Bureau unterzogen und folgende
Beobachtungen dabei gemacht. Als Brennstoff diente die hierfür sich vortrefflich
eignende magere (anthracitartige) Kohle von Kohlscheid bei Aachen, welche in
Karlsruhe gegenwärtig für Füllofenbetrieb eine große Verwendung findet und auch in
der Landes-Gewerbehalle fast allein benutzt wird. Die Stärke des Feuers läßt
sich sehr gut mittels der verschiedenen Schieber reguliren; dasselbe wurde Tag und
Nacht ununterbrochen unterhalten, man konnte 5 bis 30k Kohlen in 24 Stunden brennen. Die
Entfernung der Asche läßt sich durch Stochern mittels einer Stange zwischen den
senkrechten Roststäben, sowie durch Drehen des horizontalen Rostes bewerkstelligen.
Die Asche fällt in einen Blechkasten und ist bequem ohne Stauberzeugung aus dem Ofen
fortzuschaffen. Größere Schlackenstücke sind während des Brandes nicht gut zu
entfernen; durch die Rostfugen fallen sie nicht, man kann sie nur oben herausnehmen
und dafür muß der Füllschacht leer von Kohlen und das Feuer am besten erloschen
sein. Bei schwachem Feuer nimmt man von dem Glühen der Kohlen so gut wie nichts
wahr. Der Ofen verbreitet dann nur eine sehr mäßige Hitze und lassen sich die
Glimmerplatten ungefährdet mit den Fingern berühren. Bei stärkstem Feuer ist der
ganze Inhalt des Herdes im lebhaftesten Glühen und wird reichliches Licht nach außen
geworfen, so daß man in der Dunkelheit nahe beim Ofen bequem lesen kann. Der äußere
Bauch des Ofens wird natürlich sehr heiß, aber ohne ins Glühen zu kommen. Wie das
Licht so wird auch die Wärme durch den Glimmer hindurchgestrahlt, und in dieser
Weise gelangt ein großer Betrag von Wärme direct nach außen, ohne zur Erhitzung des
Ofenmaterials beizutragen. Bei undurchsichtigen Körpern, wie dem Eisen, geschieht
die Uebermittlung der Wärme lediglich in der Weise, daß dieselbe erst von Theilchen
zu Theilchen durch Leitung langsam fortwandert, bis sie von der heißern Fläche zur
kältern gelangt, um dann von der letztern nach außen durch Strahlung wie durch
Berührung mit der Luft überzugehen; dabei muß das Material natürlich in weit größere
Hitze kommen. Wenn nun das Ofenmaterial auf obige Weise geschont wird, so ist doch
auf der andern Seite die Empfindung der strahlenden Wärme für das Gefühl so stark,
daß ein Aufenthalt in
der Nähe des Ofens unmöglich ist. Selbst auf Entfernung von mehr als 1m werden Gegenstände sehr stark erhitzt.
Der Ofen entfaltet dann die Eigenschaften eines gewöhnlichen eisernen Ofens, des
Strahlers, im höchsten Grade. Die ökonomischen Leistungen stehen denen anderer guter
Füllöfen nahe; bei starkem Feuer dürften sie etwas geringer sein, da dann, wie das
Gefühl erkennen läßt, das Rauchrohr sehr heiß wird, die Feuergase somit nicht
genügend Kühlfläche zur Abgabe ihrer Wärme vorfinden.
Was die Verwendbarkeit des Ofens anlangt, so ist vor Allem zu beachten, daß er nur da
am Platze ist, wo man Kokes oder eine anthracitartige Kohle zur Verfügung hat. Für
kleine Räume erscheint er weniger geeignet, da bei etwas starkem Feuer die Strahlung
unerträglich wird, ebenso in Versammlungsräumen, wo Menschen sich nahe dem Ofen
aufhalten müssen. In letztern Fällen könnte man zwar einen Schirm vor den Ofen
rücken; da aber der unbestreitbare Reiz des Ofens gerade in dem Sehen des Feuers
besteht, wie bei dem offenen Kamin, so fiele dann sein eigentliches unterscheidendes
Merkmal vor andern Füllöfen weg, wie man auch bei mäßiger Wärmeentwicklung, wo ein
Schirm unnöthig ist, von dem Feuer nichts wahrnimmt. Eine Ventilation, d.h.
Zuführung frischer, erwärmter Luft wie bei Mantelöfen läßt sich mit dem
amerikanischen Füllofen nicht verbinden; wo auf diesen Umstand Gewicht gelegt wird,
wie bei Räumen, in denen sich längere Zeit viele Menschen aufhalten, ist der Ofen
somit nicht zu verwenden.
Im Ganzen, dürfen wir sagen, sehen wir in diesem Füllofen einen durchaus originalen,
sehr interessanten und ganz rationellen Heizapparat, der zugleich Muster
vorzüglicher technischer Ausführung ist. Sein Preis ist allerdings auch,
inländischen Oefen gegenüber, ein hoher und dürfte hierin besonders ein Hinderniß
größerer Verbreitung liegen. Das bei uns ausgestellte Exemplar hat bis zur Urne eine
Höhe von 1m,2, kann 22k Kohlen aufnehmen, somit eine unter
Umständen für mehrere Tage ununterbrochenen Brand ausreichende Menge. Sein Preis ist
etwa 200 M., übertrifft somit noch um ein Mehrfaches den Preis anderer Oefen
gleicher Leistungsfähigkeit. Die Oefen können von O. Hassel in Heidelberg in 6 Dimensionen bezogen werden, im Preise von 142
bis 352 M., die Bodenplatten extra im Preise von 11 bis 25 M.
Die amerikanische Fabrik fertigt außerdem eine große Zahl abweichender Formen an, die
bald innere Einsätze, bald äußere Anhänge zum Kochen haben und auch in der sonstigen
Gestaltung etwas verschieden sind. Auch stellt sie Kochherde in eigenthümlichen
Constructionen her, die sich durch besondere Nettigkeit der Ausführung von den
unseren unterscheiden, wenn sie auch in der Wirkung keine Vorzüge vor denselben
besitzen können. Ausführliche splendide illustrirte Preiscourante mit zahlreichen,
theils colorirten Holzschnitten geben getreue Bilder der Fabrikate und lassen in
lehrreicher Weise erkennen, welcher Werth in Amerika auf äußere Ausstattung
überhaupt gelegt wird.