Titel: | Gates' Teppichwebstuhl. |
Fundstelle: | Band 225, Jahrgang 1877, S. 249 |
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Gates'
Teppichwebstuhl.
Mit Abbildungen auf Taf.
III [b/3].
Gates' Teppichwebstuhl.
Der von dem Amerikaner Joseph Gates erfundene
Teppichwebstuhl weist nach dem Iron, April 1877 S. 452
in seiner Ausführung verschiedene Verbesserungen auf; als Hauptvorzug ist zu
erwähnen, daß derselbe blos ungefähr drei Viertel des Raumes beansprucht, den ein
entsprechender Stuhl der bisher üblichen Constructionen bedarf.
In der Buntweberei überhaupt, speciell aber in der Teppichweberei, ist es höchst
wünschenswerth, eine große Anzahl von verschiedenen Farben zur Verwendung bringen zu
können, einerseits zur Erzielung einer größern Mannigfaltigkeit, anderseits zur
Hervorbringung feinerer Schattirungen. Sowohl bei der Steig- als bei der
Revolverwechsellade ist die Anzahl der Schützen beschränkt. Gates combinirt nun beide Ladenconstructionen, indem er auf jeder Seite
der Lade je einen Steigkasten mit 3 Schiffchen und darunter einen Revolverkasten mit
5 Schiffchen anbringt, im Ganzen also 16 Schützen. Die Einstellung der
Schützenkasten erfolgt auf dem bisher gebräuchlichen Wege durch eine kleine
Jacquardvorrichtung. Benöthigt man nun eine kleinere Anzahl von Farben, so kann man
den Revolverkasten feststellen; es bleiben dann 1 Schütze des Revolverkastens und 3
des Steigkastens, auf jeder Seite also 4 Schützen, in Thätigkeit.
Die Lade hat einen doppelten Anschlag, d.h. jeder Schußfaden erhält zwei Schläge von
beliebig veränderlicher Stärke, die in regulirbaren Zeiträumen auf einander folgen.
Zu diesem Zwecke sind die Kurbeln auf der Hauptantriebwelle durch Daumenexcenter
ersetzt, welche aus je zwei verstellbaren Theilen bestehen, so daß sich die Länge der Daumen und der
Winkel, welchen die beiden Daumen mit einander bilden, verändern lassen. Statt der
Kurbelstangen sind zwei einerseits mit der Lade verbundene und anderseits auf der
Antriebwelle geführte Verbindungsstangen angebracht, welche Rollen tragen, die von
den Daumen die Bewegung empfangen und auf die Lade übertragen.
An dem Gates'schen Stuhl ist eine Aufwindevorrichtung für die fertige Waare
angebracht, welche mit sehr einfachen Mitteln die Kettenspannung zu reguliren
gestattet, so daß sie ein gewisses, nach Wunsch veränderliches Maximum nicht
überschreitet. Die schwingende Bewegung der Lade A (Fig. 29) wird
dazu benutzt, dem Zeugbaum B die Aufwindebewegung zu
ertheilen mittels des Schaltkegels C, welcher durch das
Uebergewicht D fortwährend in Eingriff mit dem Schaltrad
E gehalten wird. Die Achse des Schaltbackens C ist nun nicht direct mit dem Ladenarm A verbunden, sondern sitzt auf dem kürzern Ende eines
Winkelhebels F, auf dessen längern Arm die Feder G wirkt, dessen Zapfen H auf
dem Ladenarm fest ist. Der Schaltkegel C nimmt also an
der schwingenden Bewegung der Lade theil und hat das Bestreben, bei jedem Anschlag
das Schaltrad E vorzurücken. Hat aber die
Kettenbaumbremse nicht genügend nachgelassen, so wird die Waare nicht gewaltsam
aufgewunden, sondern die Feder G gibt nach und es findet
kein Vorrücken des Zeugbaumes statt. Durch beliebiges Anspannen der Feder C kann also die Kettenspannung nach Wunsch regulirt
werden. Der Zeugbaum ist auf zwei Lagerstücken K gelegt,
welche von den Webstuhlschildern nach innen vorspringen und so geformt sind, daß
zwischen ihnen und den Schildern Raum für die Ladenarme A bleibt. Das Schaltrad E sitzt fliegend auf
dem Zapfen des Zeugbaumes.
Auch die Schützen für die Gates'schen Stühle haben eine Verbesserung erfahren. Es
kommt leicht vor, daß beim plötzlichen Antreiben der Schütze oder beim Aufschlagen
derselben der Einschlagkötzer sich in Folge der Trägheit lockert und Theile davon
ablösen, die dann nicht weiter abgespult werden können, also verloren sind. Um
diesen bisweilen sehr beträchtlichen Abfall zu vermeiden, verbindet Gates den Eintragkötzer elastisch mit der Schütze. Die
Wirkung des Stoßes auf den Kötzer tritt nur in einer
Bewegungsrichtung schädlich auf, d.h. beim Anschlagen der Schütze auf der Seite der
Kötzerspitze. Es muß also nach dieser Seite hin der Kötzer nachgeben können, was auf
folgende Weise erreicht ist. Auf der Schützenspindel L
(Fig. 30
und 31),
welche durch die Feder M in ihrer richtigen Lage
gehalten wird, steckt frei beweglich die Kötzerspule N,
in die eine Rille O eingedreht ist; in dieselbe greift eine Nase des
Spulenhakens P ein, welcher durch die Spiralfeder Q die Spule nach links an die Basis der Schützenspindel
anpreßt. Der Stift R dient dem Spulenhaken als Führung.
Die Feder Q mindert also die schädlichen
Stoßwirkungen.
In Amerika sollen bereits 225 derartige Stühle in Betrieb sein. In England werden
dieselben von Edward Leach and Sons in Rochdale gebaut. Die Tagesproduction ist bei geschickter Bedienung
bis zu 35 Yards (32m) angegeben, als
Mittelleistung 25 Yards (etwa 23m).