Titel: | Ueber die Ausscheidung von Kohlenstoff, Silicium, Schwefel und Phosphor im Frischfeuer im Puddelofen und im Bessemerconverter; von J. L. Bell. |
Fundstelle: | Band 225, Jahrgang 1877, S. 265 |
Download: | XML |
Ueber die Ausscheidung von Kohlenstoff, Silicium,
Schwefel und Phosphor im Frischfeuer im Puddelofen und im Bessemerconverter; von J. L. Bell.Nach einem in der Jahresversammlung des Iron and Steel
Institute gehaltenen Vortrag (Iron, März 1877 S. 390 ff.)
Bell, über die Ausscheidung der Verunreinigungen von
Eisen.
Kohlenstoff, Silicium, Schwefel und Phosphor sind in geringerer oder größerer
Quantität die steten Begleiter der in den Handel kommenden Eisen- und
Stahlwaaren. Das hohe Interesse, welches die großen Eisenconsumenten unserer Zeit an
dem Einfluß dieser Substanzen auf die Qualität des Fabrikates nehmen, macht es dem
Eisenproducenten zur Pflicht, seine materielle und intellectuelle Kraft einzusetzen
zur baldigen Erreichung des Zeitpunktes, wo wir seine Producte nicht allein dem
Namen nach unterscheiden, sondern auch mit bestimmten chemischen Formeln belegen
können. Denn er ist es allein, dem die Mittel zu Gebote stehen, zu diesem Ziele zu
gelangen.
Die An- oder Abwesenheit der genannten vier Stoffe gibt dem Eisen ganz
specifische Eigenschaften. Ihr Verhalten zu dem Eisen und ihr wechselseitiger
Einfluß während der Verarbeitung des Roheisens zu Fertigfabrikat ist bisher nur in
sehr ungenügendem Maße Gegenstand der Forschung gewesen. Wenn auch im großen Ganzen
die Vorgänge beim Frischen, Puddeln und Bessemern nur Modificationen ein und
desselben Processes sind, so bedingen doch sie so specifisch die Natur des erzeugten
Productes, daß diese verschiedenen Arbeitsmethoden auch eine gesonderte Untersuchung
verlangen.
Die vorzunehmenden Betrachtungen machen es wünschenswerth, zunächst in Kürze die
wesentlichsten chemischen Vorgänge bei der Herstellung des Roheisens im Hohofen zu
erörtern. Bei der Fabrikation des ordinären Roheisens ist die Anwesenheit der
folgenden fünf Substanzen im Hohofen unbedingt erforderlich: Kalk, Thonerde und
Kieselsäure als Schlackenbilder; Kohle, von der ein verhältnißmäßig nur sehr kleiner
Theil sich mit dem Eisen verbindet, während der Rest in gasförmigen Verbindungen
entweicht, und schließlich das Eisen selbst. Außer diesen Stoffen sind noch zwei andere zu
erwähnen, weil sie nie ganz fehlen: Phosphor und Schwefel. Der Phosphor ist
gewöhnlich in Verbindung mit Sauerstoff, als Phosphorsäure, und der Schwefel
entweder in der Form von Schwefeleisen oder von Schwefelsäure, im letzteren Falle
meistens an Kalk gebunden, vorhanden.
Durch die intensiv reducirende Wirkung des Hohofens wird ein Theil der Kieselsäure,
und wahrscheinlich der größere Theil der Schwefelsäure, ihres Sauerstoffes beraubt,
und Silicium sowie Schwefel verbinden sich mit dem reducirten Eisen. Die Resultate
der Praxis belehren uns ferner daß die Phosphorsäure sämmtlich zu Phosphor reducirt
wird, welcher ohne Ausnahme im Roheisen wiederzufinden ist. Der an das Eisen
überlieferte Kohlenstoff ist entweder vom Brennmaterial direct aufgenommen worden,
oder aus der Reduction gasförmiger Kohlenstoffverbindungen entstanden. Für unsere
gegenwärtige Aufgabe kann man daher das Roheisen als eine Verbindung von Eisen mit
Kohlenstoff, Silicium, Schwefel und Phosphor betrachten. Nachstehende Analysen von
Cleveland-Roheisen mögen zeigen, in welchen Quantitäten die vier genannten
Stoffe in demselben vorkommen:
Kohlenstoff
3,670
3,030
3,305
3,200
Silicium
1,910
2,610
2,163
1,506
Schwefel
0,046
0,020
0,102
0,096
Phosphor
1,930
1,450
1,515
1,020
––––––––––––––––––––––––––––
Gesammtgehalt an Metalloiden
7,546
7,110
7,085
5,822
Eisen (Differenz)
92,454
92,890
92,915
94,178
––––––––––––––––––––––––––––
100,000
100,000
100,000
100,000
Bevor man die Hohöfen kannte, war eine besondere Art kleiner Oefen, von denen die mit
dem Namen Catalanische bezeichneten als Typus gelten können, im Gebrauch, um aus
Eisenerzen direct schmiedbares Eisen herzustellen. Die in diesen Oefen erzeugbare
Temperatur ist, im Verhältniß zu der in den Hohöfen vorhandenen, sehr niedrig. Die
Folge davon war, daß die Reduction des Eisens nur mangelhaft vor sich ging. Die
Schlacken entführten bis zu 25 Proc. des in den Erzen enthaltenen Eisens, und die
Production an Eisen blieb gering. Anderseits aber gewährte diese Fabrikationsmethode
einen nicht zu unterschätzenden Vortheil. Nicht nur das Eisen wurde unvollständig
reducirt, sondern auch das Silicium, der Schwefel und der Phosphor, und es hat den
Anschein, daß da, wo Holzkohlen und Erze billig sind, das erwähnte Verfahren auch
heute noch durchaus nicht absolut zu verwerfen ist. Die statistischen Nachweise
belehren uns, daß Nordamerika bis zur Stunde auf diesem Wege jährlich ca. 60000t herstellt. Dieser große Vortheil, den die alte Hütterei
vor dem Hohofenbetrieb voraus hat, gab in jüngster Zeit Veranlassung, sich wieder
etwas eingehender mit derselben zu beschäftigen.
Dr. C. William Siemens hat in
Towcester eine Versuchsstation angelegt, woselbst er in einem rotirenden Ofen aus
Erzen, die im Hohofen verhüttet, ein Roheisen mit 1 1/2 Proc. Phosphor liefern
würden, Schmiedeisen vorzüglicher Qualität erzeugt. Ein Theil des Erzes wird bei
mäßiger Temperatur in Berührung mit Kohle reducirt und dann, bei verstärkter Hitze,
die Schlacke geschmolzen und das Eisen auf Schweißhitze gebracht. Die nachstehenden
Analysen von Schlacke und Eisen beweisen sowohl die unvollständige Reduction des
Eisens, als die Ueberführung des ungleich größern Theiles des Phosphors in die
Schlacke.
Bestandtheile der Schlackenproben.
I.
II.
Eisenoxydul
46,95
49,24
Eisenoxyd
–
7,05
Kieselsäure
28,10
18,80
Thonerde
16,50
20,40
Kalk
2,09
Spuren
Mangan
0,49
Spuren
Schwefel
1,03
0,408
Phosphorsäure
5,22
3,465
––––––
–––––––
100,38
99,363
Gehalt an metallischem Eisen
36,51
43,23
„ „
Phosphor
2,24
1,51
Bestandtheile der Eisenprobe.
Metallisches Eisen
99,71
Kohlenstoff
0,12
Silicium
0,065
Schwefel
0,027
Phosphor
0,074.
Es existiren allerdings Analysen von Schmiedeisenproben aus
Cleveland-Roheisen, in Danks' Puddelofen verarbeitet, welche nicht mehr
Phosphor aufweisen, als vorstehende Eisenanalyse. Dr. C.
W. Siemens versichert indessen, daß andere Analysen
seines Fabrikates im Phosphorgehalt noch unter einem Sechstel des obigen
bleiben.
Ob die fortgesetzten Versuche in dieser Richtung für die Zukunft zu dem gewünschten
Resultate führen, oder ob der mit allen Verbesserungen der Neuzeit ausgestattete
Hohofen im Verein mit dem rotirenden Puddelofen den Sieg davon tragen werden, lassen
wir dahingestellt sein.
Nach der Einführung des Roheisens, zu Anfang des 17. Jahrhunderts, bediente man sich
zur Umwandlung desselben in Schmiedeisen einer Art kleiner Frischöfen. In diesen wurde das Roheisen
geschmolzen und dann bis zur fast gänzlichen Verbrennung des Kohlenstoffes einem
Windstrom ausgesetzt. Erst vor etwa 100 Jahren führte Cort das Puddeln ein. Trotzdem ist noch heute die oben erwähnte
Frischarbeit unter der Bezeichnung „Feinen“ zur Vorbereitung
des Roheisens für den Puddelofen an manchen Orten im Betrieb und namentlich da, wo
es gilt, schlechtere Sorten Roheisen zu Stahl zu verarbeiten. Es ist übrigens auch
anzunehmen, daß das Roheisen bei längerer Behandlung in einem Bade von geschmolzenem
Eisenoxyd mehr von seinem Phosphorgehalt verliert als bei der Verarbeitung im
Puddelofen. Welche Umwandlung das Roheisen in Bezug auf den Gehalt an Metalloiden im
Feinfeuer erfährt, ist aus nachstehenden, vor Kurzem angestellten Analysen
ersichtlich:
Metalloide.
Versuch angestellt aufBowling Works
mitBowling Roheisen.
Durchschnitt von 3Versuchen angestellt
aufBowling Works mitBowling Roheisen
Versuch angestellt aufTudhoe Ironworks
mitClarence III Roheisen.
Roheisen.
GefeintesEisen.
Verlust.Proc.
Roheisen.
GefeintesEisen.
Verlust.Proc.
Roheisen.
GefeintesEisen.
VerlustProc.
Silicium
1,255
0,150
88,05
1,250
0,123
90,12
2,80
0,12
90,57
Phosphor
0,565
0,490
13,27
0,669
0,344
48,12
1,47
0,84
42,85
Schwefel
0,033
0,025
24,24
0,0346
0,0233
29,77
0,11
Spuren
100,00
Kohlenstoff
3,686
3,342
9,33
3,743
3,410
8,89
3,12
2,50
19,87
Obgleich hier einzelne Unregelmäßigkeiten vorkommen, so ist doch die Reihenfolge, in
welcher die Metalloide vorstehend geordnet sind, gleichzeitig diejenige für das Maß
ihres Austreibens im Feinfeuer. Der größere Verlust an Kohlenstoff bei
Clarence-Eisen mag abzuleiten sein von der größern Zeitdauer dessen
Verweilens im Feinofen, bedingt durch den größern Siliciumgehalt. Die andern
Abweichungen sind nicht aufgeklärt.
So verschieden auch in der „äußern Erscheinung“ der
Bessemer-Proceß von dem Feinproceß ist, so gleichen sie sich doch beide im
Princip. In beiden Fällen befindet sich das Eisen während der Behandlung einem Strom
gepreßter Luft ausgesetzt, und durch den Oxydationsproceß entsteht eine ganz
bedeutende Temperaturerhöhung; letztere ist indessen beim Bessemern erheblich
größer. Während beim Feinen der Wind nur auf der ihm grade dargebotenen Oberfläche
des Eisens hinstreicht, durchdringt derselbe beim Bessemern die ganze Masse des
Eisens, wodurch der Sauerstoff der Luft in viel innigere Berührung mit den einzelnen
Eisentheilchen kommt
und kräftiger auf dieselben einwirkt. Außerdem liegt ein Unterschied in der
Zeitdauer der beiden Operationen. Hiervon abgesehen, geschieht das Feinen in
Gegenwart von reichlich Eisenoxyd enthaltender Schlacke, was beim Bessemern nicht
der Fall ist.
Auch die bei beiden Processen mit der Zusammensetzung des Eisens vorgehenden
Veränderungen treffen nicht überein. Das Silicium wird zwar bei beiden Methoden
durch Oxydation größtentheils ausgetrieben, der Phosphor hingegen, welcher beim
Feinen unter den ausgetriebenen Metalloiden schon in zweiter Linie kommt, bleibt
beim Bessemern sämmtlich in dem Eisen zurück.
(Schluß folgt.)