Titel: | Die Ueberführung von Chromoxydhydrat und chlorsaurem Chromoxyd in Chromsäure. |
Fundstelle: | Band 225, Jahrgang 1877, S. 294 |
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Die Ueberführung von Chromoxydhydrat und
chlorsaurem Chromoxyd in Chromsäure.
Ueberführung von Chromoxydhydrat und chlorsaurem Chromoxyd in
Chromsäure.
Balanche theilt im Bulletin de
Rouen, 1876 S. 419 mit, daß die grüne Farbe des auf Baumwolle mittels
Albumin befestigten Guignet'schen oder Smaragd-Grüns (vgl. 1875 216 287) nach 12stündigem Liegen in kalter
Chlorkalklösung vom spec. Gew. 1,014 fast gänzlich verschwindet, während die
Flüssigkeit sich gelb färbt. Einerseits wird das Albumin zerstört, so daß es
aufhört, für den kleinen unveränderten Theil des Chromoxydhydrates als
Fixationsmittel zu fungiren; anderseits ist der größte Theil des Chromoxydes
nachweisbar als Chromsäure in Lösung übergegangen. Balanche hat diese Reaction, die übrigens Prof. W.
Stein schon vor etlichen Jahren benutzt hat, um mittels
Chlorkalk auf nassem Weg das Chromoxyd von andern grünen Farben auf Baumwolle zu
unterscheiden (vgl. 1871 200 51), mit teigförmigem
Chromgrün wiederholt, indem er 10g
desselben in einen Mörser mit 170g kalter
Chlorkalklösung vom spec. Gew. 1,0661 fein zerrieben 12 Stunden lang unter öfterm
Umrühren stehen ließ und schließlich eine Flüssigkeit von der rothbraunen Farbe
einer Chromsäurelösung erhielt. Wird mit heißer Chlorkalklösung behandelt, so geht
die Umwandlung des Chromoxydes viel rascher vor sich.
Wirklich hat Witz (a. a. O. S. 421) das sonst so schwer
angreifbare Guignet-Grün in 3 Minuten zur vollständigen Auflösung gebracht
durch Verkochen von 10g Grün mit 1l Chlorkalklösung vom spec. Gew. 1,014. Die
Oxydation des Chromoxydes zu Chromsäure geht hiebei nach folgender Gleichung vor
sich: 2 Cr₂ O₃
+ 3CaO, ClO = 4CrO₃ +
3CaCl. Nach ihm verlangsamt die Anwesenheit von
wenig Kalkhydrat in der Chlorkalkflüssigkeit den Proceß wesentlich; fügt man der
letztern einen Ueberschuß von Salzsäure hinzu, so bleibt das Chromgrün unverändert;
ebenso wirkt Zusatz von Salpetersäure schädlich, wenn er größer ist, als die
Neutralisation des in klarer Chlorkalklösung enthaltenen Kalkhydrates erfordert.
Setzt man den Gehalt an freiem Kalk in 1l
Chlorkalklösung vom spec. Gew. 1,0283 zu 0,5 bis 0g,6 und berechnet nach diesem Verhältniß
den Zusatz der Salpetersäure, so sind die günstigsten Bedingungen für die Reaction
gegeben. Schwieriger wird das Chromoxydhydrat durch Chlornatronlösung oxydirt, wobei
die Chromsäure als chromsaures Natron in Lösung geht. Zeigt sich zugleich ein gelber
Niederschlag, so beweist derselbe, daß das Chromgrün, wie solches mit Gelbstich in
Deutschland producirt wird, chromsauren Baryt enthält, der sich übrigens bei seiner
Löslichkeit in Salzsäure schon vor der Behandlung mit Chlornatron leicht durch
Digeriren des Grünteiges mit verdünnter Salzsäure entfernen und nachweisen läßt.
Es ist bekannt, daß das Guignet-Grün, mitunter sogar wasserfreies Chromoxyd,
wenn es, in Wasser suspendirt, mit übermangansaurem Kali, mit oder ohne Zusatz von
Natronlauge, behandelt wird, ebenso schnell in chromsaures Alkali übergeführt wird,
und zwar nach der Formel Cr₂ O₃ + KO, Mn₂
O₇ = KO, 2CrO₃ + 2MnO₂.
E. Bohlig hat sogar diese Reaction benutzt, um das
Chromgrün des Handels auf maßanalytischem Weg zu bestimmen (1870 198 541). Nach Witz kann die
Reaction ebenso gut in saurer Flüssigkeit durchgeführt werden, in der Kälte oder in
der Wärme, und zwar alsdann ohne den Manganhyperoxydniederschlag.
Da das Guignet-Grün für sich allein von Alkalien, welche ihm nur seinen
Borsäuregehalt entziehen, so wenig als von Säuren angegriffen wird, so ist dessen
Oxydation mittels Bleihyperoxyd oder aber mittels Ferricyankalium (im letztern Fall
unter Bildung von wenig ungelöstem Eisenoxyd) von besonderm Interesse. Wird nach der
Angabe von Witz Chromgrün, welches auf Baumwolle mit
Albumin fixirt ist, mit siedend heißer Natronlauge vom spec. Gew. 1,0431 behandelt,
dann ein Stückchen Ferricyankalium hinzugebracht, so verschwindet die grüne Farbe
rasch und vollständig, indem nur ein leichtes Eisenchamois an Stelle des Grüns
zurückbleibt, wenn nicht ein etwaiger Gehalt des Handelsproductes an chromsaurem
Baryt dem Chamois noch einen gelben Ton hinzufügt. Gibt man der Natronlauge einen
Zusatz von weinsaurem Natron, so geht auch noch das Eisenoxyd in Lösung, und da das
coagulirte Albumin von der alkalischen Flüssigkeit aufgelöst worden ist, so wird
zuletzt nach dem Auswaschen des so behandelten Baumwollfleckes die reine, weiße
Baumwolle blosgelegt. Witz ist der Ansicht, daß das
Ferricyankalium wegen dieses Verhaltens sich allenfalls zur Basis einer Aetzfarbe
für den chromgrünen Artikel benutzen ließe.
Storck und v. Coninck
veröffentlichen im Bulletin de Rouen, 1877 S. 43 wieder
einen andern Weg, um Chromoxyd in Chromsäure überzuführen. Sie lösen 644g chlorsauren Baryt, der seit seiner
theilweisen praktischen Verwendung für Anilinschwarz (vgl. 1874 214 325) zu annehmbarem Preise erhältlich ist, in 2l kochendem Wasser auf, fügen dann unter
fortwährendem Umrühren 499g Chromalaun
hinzu, lassen erkalten, waschen den aus schwefelsaurem Baryt und krystallisirtem
chlorsaurem Kali bestehenden Niederschlag nach dem Abfiltriren mit wenig Wasser aus
und stellen schließlich die klare Lösung des ebenfalls mit chlorsaurem Kali
vermischten chlorsauren Chromoxydes auf das spec. Gew. 1,1152. Wird die so erhaltene
Lösung für sich erhitzt, so verliert sie während des Verdampfens allmälig ihre grüne
Farbe und bekommt zuletzt eine orangerothe Färbung, d.h. man hat nunmehr freie
Chromsäure in Lösung. Löst man ferner in 310g jener Lösung von chlorsaurem Chromoxyd vom spec. Gew. 1,1152 noch 76g Bleizucker auf und erwärmt diese
Mischung, so beobachtet man bei 60° die erste Veränderung der grünen Farbe
der Flüssigkeit; bei 80° bildet sich ein gelber Niederschlag von chromsaurem
Bleioxyd unter Freiwerden von Unterchlorsäure: Cr₂ O₃, 3ClO₅ + 2(C₄ H₃ O₃, PbO + 3HO) = 2(CrO₃, PbO) + 3ClO₄ + 2(C₄
H₃ O₃, HO) + 4HO.
Storck und v. Coninck haben
diese Reaction praktisch zu verwerthen versucht. Ein Baumwollfleck wurde mit der
soeben angegebenen Mischung von chlorsaurem Chromoxyd und Bleizucker getränkt, an der Luft getrocknet
und gedämpft, wodurch die ursprünglich graugrüne Farbe des Fleckes in ein Chromgelb
überging, welches beim Waschen in Wasser nicht heruntergeht und in kochendem Kalk
Chromorange liefert.
Nach Angabe von J. Dépierre und A. Perrey (a. a. O. S. 45) ist dieses Chromgelb kein ganz
reines, sondern ein grünschillerndes Gelb, weil nach ihrer Ansicht der im Ueberschuß
vorhandene Bleizucker die vollständige Oxydation alles Chromoxydes vermöge seines
Essigsäuregehaltes nicht zuläßt; dagegen constatiren sie, daß der Faden nur
unmerklich geschwächt ist. Nimmt man auf die 310g chlorsaures Chromoxyd nur 45g
Bleizucker, so fällt das Gelb allerdings reiner aus, aber der Stoff ist stark
angegriffen.
Dépierre und Tatarinoff
(a. a. O. S. 47) haben dasselbe Gemenge von chlorsaurem Chromoxyd und Bleizucker mit
dunkelgebrannter Stärke verdickt, auf Baumwolle gedruckt, gedämpft und ein
grünstichiges Gelb erhalten; dasselbe, durch Kalk genommen, verwandelte sich in ein
Orange, welches immer noch die grüne Nüancirung zeigte. Nimmt man dagegen, wie oben
für die Klotzfarbe, so jetzt für die Druckfarbe nur 45g Bleizucker, anstatt 76g, auf 310g gelöstes chlorsaures Chromoxyd, so erhält
man wiederum ein lebhafteres, reineres Gelb, welches jedoch durch kochende
Kalklösung nicht in Orange übergeführt werden kann.
Dépierre und Tatarinoff
haben beide Farben, die Farbe a mit mehr, die Farbe b mit weniger Bleizucker, auch auf in der Küpe
mittelblau gefärbte Baumwolle gedruckt. Sie erhielten mit Farbe a nach dem Dämpfen ein trübes Gelb, aus dem jedoch ein
brauchbares Orange hergestellt werden kann; die Farbe b
entfärbt das untenliegende Blau gänzlich und erzeugt deshalb ein reines Gelb, greift
aber den Stoff an, welchen Farbe a kaum schwächt. Zusatz
von essigsaurer Thonerde, essigsaurem Kalk, von Kreide oder Bleioxyd zu Farbe b hilft letzterm Uebelstand ab. Wird das erhaltene reine
Gelb nach dem Dämpfen durch schwache, lauwarme Salzsäure genommen, so tritt an seine
Stelle ein vollkommen reines Weiß; für Orange läßt es sich nicht benutzen. Die Farbe
a eignet sich also für Dampfätzorange, die Farbe b für Dampfätzweiß auf Küpenblau.
Das chlorsaure Chromoxyd für sich allein, ohne Zusatz von Bleizucker, verdickt und
als Dampffarbe auf Baumwollgewebe gedruckt, zerstört sowohl Küpenblau als auch
Krapproth; auffallender Weise wird das mit künstlichem Alizarin hergestellte Roth
nur unvollständig weggeätzt. – Wird das chlorsaure Chromoxyd mit ungefähr 50
Proc. essigsaurer Thonerde vom spec. Gew. 1,0740 vermischt und eine mit diesem Gemenge bereitete Farbe
auf Küpenblau gedruckt, so wird dasselbe an den bedruckten Stellen zerstört und
daselbst Thonerde fixirt, welche in Krapp oder Alizarin roth gefärbt werden kann.
– Außer den angeführten praktischen Anwendungen, welche übrigens, wie auch
die Proben mit obigen Gemengen a und b, nach Depierre's eigener
Aussage noch als erste unfertige Versuche anzusehen sind, läßt sich das chlorsaure
Chromoxyd wohl auch zur Fixirung von Cachou, Blauholz und Anilin auf Baumwolle
benutzen. Beispielsweise hat derselbe ein Anilinschwarz nach folgender Vorschrift
zusammengesetzt:
g
100
salzsaures Anilin werden in
200
heißem Wasser gelöst,
500
Traganthstärkepaste eingeführt und der Reihe nach
25
krystallisirter Salmiak,
20
Anilinöl,
50
gefälltes Eisenoxydhydrat und
200
chlorsaures Chromoxyd von spec. Gew. 1,1152 zugegeben.
Der mit dieser Farbe bedruckte Stoff wird warm verhängt, und
man erhält ein grünstichiges Schwarz, das übrigens, obgleich die Druckfarbe stark
basisch gehalten ist, den Faden merkbar angreift.
Das chlorsaure Chromoxyd vermag, ohne daß man die Lösung erwärmt, ungefähr den 5.
Theil seines Gewichtes frisch bereitetes, wohl ausgepreßtes Chromoxydhydrat, nicht
aber trockenes Hydrat oder Guignet-Grün, aufzulösen. Diese basische Lösung
hat in der Hauptsache dieselben Eigenschaften wie das gewöhnliche chlorsaure
Chromoxyd, nur in weniger ausgesprochener Weise. Sie darf nicht zu lang im Vorrath
gehalten werden, denn schon nach 5 bis 6 Tagen beobachtet man bei gewöhnlicher
Temperatur das Auftreten der Chromsäure in derselben, sofern sie mit kalter
Bleizuckerlösung einen gelben Niederschlag gibt. Das gewöhnliche chlorsaure
Chromoxyd zeigt diese Erscheinung nicht. Sonst läßt sich die basische Lösung analog
dem gewöhnlichen chlorsauren Chromoxyd verwenden, so namentlich um Krapproth und
Indigoblau zu entfärben. – Es ist erinnerlich, daß E. Schlumberger auch in der chlorsauren Thonerde eine gewisse Menge
Thonerdehydrat aufgelöst hat (1872 207 63). Wird ein
indigoblau gefärbter Baumwollfleck in die Lösung der gewöhnlichen chlorsauren
Thonerde getaucht und erwärmt, so wird das Blau entfärbt durch die beim Erwärmen der
Flüssigkeit sich bildenden Zersetzungsproducte der Chlorsäure. War jedoch die
chlorsaure Thonerde zuvor mit Thonerdehydrat neutralisirt, so entfärbt sie unter
denselben Umständen Indigoblau nicht, weil die Lösung sich nunmehr beim Erwärmen
nicht zerlegt, jedenfalls keine Zersetzungsproducte der Chlorsäure freigibt, welche auf das
Indigotin einwirken könnten. Dépierre macht nun
auf den Unterschied zwischen dem Verhalten von chlorsaurer Thonerde und chlorsaurem
Chromoxyd aufmerksam. Letzteres wird Indigoblau und Krapproth in der Wärme immer
zerstören, gleichviel ob es gewöhnliches oder basisches Salz mit aufgelöstem
Chromoxydhydrat ist; denn seine Wirkung ist nicht an das alleinige Freiwerden der
Zersetzungsproducte der Chlorsäure gebunden, sondern sie ist gleichzeitig in beiden
Fällen durch das Auftreten der freien Chromsäure gesichert.
Kl.