Titel: | Ueber amerikanische Turbinen; von Ingenieur Otto Schrott in Rochester, N.-Y. Nordamerika. |
Autor: | Otto Schrott |
Fundstelle: | Band 225, Jahrgang 1877, S. 313 |
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Ueber amerikanische Turbinen; von Ingenieur Otto Schrott in Rochester,
N.-Y. Nordamerika.
Mit Abbildungen auf Texttafel E.
(Schluß von S. 226 dieses Bandes.)
Schrott, über amerikanische Turbinen.
Die Leffel'sche Turbine besitzt die größte Verbreitung und einen sehr guten Ruf,
nicht allein in den Vereinigten Staaten, sondern auch in Canada, und ist Leffel's System vielfach von Turbinen-Fabriken
adoptirt worden. Abgesehen davon, daß der seit langem verstorbene James Leffel einer der ersten war, welcher die Flügelsysteme in
Amerika einführte und ausbildete, vertritt derselbe noch ein zweites Princip, das
der sogen. Doppelturbinen. Diese Turbinenräder bestehen aus einer Combination zweier
Radsysteme in einem Stücke, nämlich eines Obertheiles, dessen Schaufeln das Wasser
in horizontaler, also radialer Richtung durchführen, und einem Untertheile, dessen
Schaufeln das Wasser vorwiegend in verticaler, also achsialer Richtung nach abwärts
führen. Beide Theile sind, durch eine sehr dünne Scheidewand getrennt, aus einem
Stücke gegossen, und kann die Construction dieses Turbinenrades aus Figur 26 (Taf. E), in welcher der Leitapparat theilweise wegenommen
erscheint, ersehen werden.
Als Zweck dieser Anordnung wurde von J. Leffel zunächst
die Vergrößerung des Nutzeffectes bei voller Beaufschlagung sowohl als bei
Regulirung angegeben, weil in letzterm Falle hauptsächlich die Schwankungen kleiner
ausfallen sollen. Die Wirklichkeit entspricht indeß diesen Voraussetzungen nicht,
wenigstens nicht so weit, als es sich um eine Vergrößerung des Nutzeffectes handelt,
da überdies die Scheidewand wieder wie bei der Eclipse-Turbine einen Theil
des Wassers verspritzt.
Die Regulirung dieser Turbine stimmt im Wesen mit jener der vorher betrachteten
American-Turbine überein. Mit Bezug auf Figur 27 bedeutet B wieder das Scharnier der Leitflügel, G den Zapfen, in welchen die Zugstangen der
Regulirscheibe F mittels der Arme g (Fig.
26) eingehängt sind; die Zapfen G gehen durch
Schlitze des Ringdeckels D₁. Beim Schließen des Leitapparates
befinden sich die Leitflügel in der punktirten Stellung. Die Flügel werden zwischen
die beiden Ringflächen D₁ des Deckels und D₂ der untern Auflagflansche, welche mit dem
Abflußrohr E aus einem Stücke ist, eingesetzt. D₁ und D₂ sind
durch starke Stehbolzen mit einander verbunden.
Lagerung der Turbinenwelle unten auf Holz, oben in nachstellbarer Hanfpackung ist auf
gleicher Weise mit den andern amerikanischen Constructionen ausgeführt. Die Drehung
der Regulirscheibe geht wie bei der American-Turbine durch ein Getriebe vor
sich.
In Amerika laufen zur Zeit über 7000 Leffel-Turbinen, ungerechnet der
beträchtlichen Anzahl gleichartiger, nur wenig veränderter Systeme. Die Fabrik,
welche durch Leffel's Nachfolger fortgeführt wird, schloß
sich von der Prüfung in Philadelphia aus leicht begreiflichen Gründen aus, weshalb
uns neuere Daten über diese Turbine fehlen. Trotzdem hat man Gelegenheit, sich durch
Betrachtung der Procentwerthe der nachfolgenden Turbine, welche ein ähnliches
Princip vertritt, über das Verhalten der Flügelsysteme nach den neuesten Ergebnissen
zu unterrichten.
In Holyoke stand ein Leffel-Rad von folgenden Dimensionen in Untersuchung:
Durchmesser des Turbinenrades
775mm
Querschnitte der Durchströmung
671qc
Aeußerer Durchmesser der Turbine
sammt Leitapparat
1105mm
Länge der Welle von der Auflagflansche
des Leitapparates zur
Kupplungsmitte
978mm
Durchmesser der Bohrung in der obern Kupplungshälfte
79mm
Gewicht der Turbine
680k
Preis der Turbine
385 Dollars.
Die Ergebnisse waren:
Volle Oeffnung des Leitapparates
74,30 Proc.
7/8 „
„
„
67,50 „
3/4 „
„
„
66,40 „
5/8 „
„
„
60,80 „
1/2 „
„
„
59,10 „
Die Prüfung fand jedoch unter der ungünstigen Höhe von 4m,69 statt, während die
American-Turbine unter 5m,49 geprüft
wurde.
Die früher erwähnte Turbine, welche ein dem Leffel-Systeme ähnliches Princip
vertritt, ist von Thomas Tait in Rochester, N.-Y.,
und gibt Figur
28 eine Skizze von deren Einrichtung. Die Leitschaufeln sind aus vier
Theilen zusammengesetzt. Der Theil α, welcher die
längste Seite des Schaufeldreieckes bildet, ist fest zwischen die beiden Scheiben
des Leitapparates
gegossen. β bildet den eigentlichen Flügeltheil
der Schaufel, an welchen sich die Theile γ und
δ reihen. Von den äußern Scharnieren B führen Bolzen in einen oberhalb liegenden Regulirring,
welcher auf die gewöhnliche Weise mittes eines Zahnrades und eines verzahnten
Segmentes in Drehung versetzt wird. Die Wirkungsweise dieser Anordnung und zugleich
deren Vorzug liegt darin, daß die Flügel sehr nahe der Peripherie verengt und
abgeschlossen werden, indem sich der Theil β an
den festen Theil α legt. Außerdem wird nur die
eine Leitseite verstellt, wodurch scheinbar ein neuer Vortheil erreicht wird; die
Untersuchung ergibt jedoch, daß derselbe in Wirklichkeit nicht eintritt.
Die Turbine von Tait wurde in Philadelphia einer sehr
eingehenden Untersuchung unterworfen unter einer Fallhöhe von 9,45 bis 9m,63. Das Ergebniß derselben hatte insofern
besondere Bedeutung, als dasselbe Aufschluß über die Güte der Flügelsysteme
überhaupt gab:
Voller Leitapparat
82,03 Proc.
3/4 „
72,72 „
5/8 „
66,94 „
3/8 „
54,64 „
1/4 „
43,05 „
Der Umstand, daß Flügelsysteme die schlechteste Regulirung bewirken, wird auch noch
durch die Versuchsresultate mit der nachfolgenden Turbine von Bollinger erwiesen. Deshalb glauben wir auch dieses System trotz seiner
einfachen Auswechslungs- und Reparaturfähigkeit nicht als empfehlenswerth
hinstellen zu können, mindestens nicht in jenen Fällen, wo mit der Abnahme der
Wassermenge nicht auch eine bedeutende Verminderung des Gefälles stattfindet.
Die Turbine von Bollinger, gebaut von der „York
Manufacturing Company“, stellt nur eine unbedeutende Modification des
Leffel'schen Flügelsystem es dar. Die Drehbolzen der Leitflügeln werden nämlich bei
derselben nicht durch Zugstangen von einer Scheibe aus bewegt, sondern durch eine
Scheibe mit excentrischen Schlitzen, in welchen die Bolzen gleiten. Diese Scheibe
liegt außerhalb des festen Deckels und wird auf gewöhnliche Weise von einer
stehenden Welle aus mittels eines Zahnrades und Zahnsegmentes in Drehung
versetzt.
Die erhobenen Procentwerthe bei der Prüfung in Philadelphia für diese Turbinen
sind:
Volle Beaufschlagung
73,65 Proc.
7/8
„
67,61 „
3/4
„
67,49 „
5/8
„
59,94 „
Als letzte Turbine, welche wir in den Kreis unserer Besprechung ziehen wollen, sei
die Eureka-Turbine von A. N. Wolff (Fig. 29)
beschrieben. Der Leitapparat besteht aus einem festen Theile A und einem beweglichen Theile B mit der
Lasche B₁ und dem Kreisbogenstücke B₂, welches zur Führung dient. Der Theil A bildet sonach den dem Turbinenrade zunächst liegenden
festen Leitapparat mit den Scharnieren E, in welche die
geraden Platten B mit den Laschen B₁ und äußern Führungsstücken B₂
eingehängt sind. Der außerhalb des festen Leitapparates liegende Ring D ist der eigentliche Regulirring, und in diesen sind
die Bolzen der Scharniere F eingesetzt, so daß bei einer
Drehung dieses Ringes die Platte B in ihrer Lage
verändert und entweder von A entfernt oder A näher gerückt wird. Diese Veränderung geschieht
natürlich gleichzeitig mit allen Leitschaufeln B und
wird sonach wie bei Tait nur die Verstellung der einen
Leitzellenfläche bewirkt. Der innere feste Leitapparat A
bildet zugleich den Deckel der Turbine, so daß die ganze Construction möglichst
vereinfacht erscheint.
Die Prüfung dieser Turbine in Philadelphia ergab für:
Volle Beaufschlagung
74,82 Proc.
5/8
„
64,94 „
1/2
„
61,47 „
Dabei stand eine Turbine von folgenden Hauptdimensionen in
Untersuchung:
Durchmesser des Turbinenrades
610mm
Durchströmfläche
516qc
Länge der Welle von der Flansche
des Leitapparates zum Mittel der
Kupplung
965mm
Durchmesser der Kupplungsbohrung
70mm
Aeußerer Durchmesser der Turbine
1118mm
Preis
300 Dollars.