Titel: | Hydraulische Presse zur Fabrikation des Whitworth-Stahles. |
Fundstelle: | Band 225, Jahrgang 1877, S. 423 |
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Hydraulische Presse zur Fabrikation des
Whitworth-Stahles.
Mit Abbildungen auf Taf.
VI [b/2].
Hydraulische Presse für Whitworth-Stahl.
Der berühmte englische Industrielle, Sir John Whitworth,
beschäftigt sich schon seit Jahren mit der Durchführung eines eigenthümlichen
Verfahrens, bei welchem die Widerstandskraft des für Geschütze und ähnliches
bestimmten Stahles dadurch wesentlich erhöht wird, daß der noch flüssige
Tiegelgußstahl dem starken Drucke einer hydraulischen Presse unterworfen wird (vgl.
1871 200 417). Das hierzu verwendete Werkzeug ist in
Armengaud's Publication industrielle, Bd. 23 S. 331 ff.
beschrieben, welcher Quelle auch die Abbildungen Fig. 17 bis 20 (in 1/35 n.
Gr.) entnommen sind.
Wie daraus ersichtlich, besteht die Presse aus zwei Druckcylindern A und B (Fig. 17) mit ihren
Plungerkolben a und b, von
denen der untere die auf Rollen bewegliche Platte W
aufnimmt, welche die Gußform trägt. Ist dies erfolgt, so wird die Gegenplatte G herabgelassen, bis sie mit einem entsprechend
geformten Gesenk die Gußform schließt, und hierauf mittels des Kolbens a der eigentliche Druck gegeben, indem die Gußform nach
auswärts angepreßt wird. Es hat somit der untere Druckkolben a stets nur einen kleinen Weg unter großem Druck zurückzulegen, während
der zweite, schwächere Druckcylinder B mittels der aus
Figur 17
ersichtlichen Querhauptverbindung beim Zulassen von Druckwasser die Gegenplatte G hebt, beim Entweichen des Wassers dieselbe sinken
läßt. Hierdurch wird die Manipulation der Presse für verschieden hohe Gußformen
außerordentlich vereinfacht und eine wesentliche Ersparung an Druckwasser erzielt;
dabei muß jedoch zur richtigen Functionirung der Presse noch eine Einrichtung
getroffen sein, welche es ermöglicht, die Gegenplatte G
in jeder Stellung unveränderlich zu fixiren, damit sie den Druck des Plungerkolbens
a aufnehmen kann. In der geistreichen Lösung dieses
Problemes besteht das wesentlich Neue der Whitworth'schen Presse. Es ist aus den
Skizzen Fig.
17 und 18 ersichtlich, wie die Kopf- und Fußplatte K und F der Presse, von denen letztere den
Druckcylinder A, erstere den Hebecylinder B trägt, durch vier hohle Zugstangen S mit einander verbunden sind. Auf dieselben ist in der
obern Hälfte ein flaches Gewinde geschnitten, in welches die Muttern m eingreifen. Wenn es nun erreicht wird, daß sich diese
Muttern bei der Bewegung der Platte G mittels des
Kolbens b stets um den gleichen Weg über die Stangen S nach abwärts oder aufwärts schrauben, so ist das
erforderliche Widerlager für die Reaction der Druckwirkung des Cylinders A gefunden. Zu diesem Zwecke tragen die Muttern m kleine Stirnräder aufgeschraubt, in welche beiderseits
je ein gleich großes Zwischenrad z eingreift; letztere
sind auf die verticalen Wellen p aufgekeilt, welche im
untern Ende in der Gegenplatte G geführt und durch
Spurlager unterstützt sind, während sie oberhalb der Stirnräder z steiles Gewinde aufgeschnitten haben und in der
Kopfplatte K in feste Muttergewinde eingreifen. Wird
somit die Platte G gehoben oder gesenkt, so müssen sich
die Scheibenspindeln entsprechend rechts oder links drehen und bewegen dadurch unter
Vermittlung der Stirnräder z die Muttern m im selben Sinne nach aufwärts oder abwärts. Ist die
richtige Stellung der Gegenplatte erreicht, so werden, um dieselbe zu fixiren, die
Spindeln p durch die Klemmvorrichtungen k festgehalten, so daß keine Drehung derselben und damit
auch keine Bewegung der
Muttern m stattfinden kann. Es erfolgt hierauf die
Druckwirkung des Kolbens a, wobei sich die Gegenplatte
G wider die Muttern m
anpreßt. Um dann nach Beendigung des Druckes die Muttern m etwas zu lüften, ehe die Aufwärtsbewegung der Gegenplatte beginnt, ist
noch eine weitere Vorrichtung erforderlich, welche in Fig. 17 und 18 in den
Seitenansichten, in Fig. 19 im Grundriß dargestellt ist. Die Muttergewinde der steilen
Schraubenspindeln p sind nämlich nicht fest mit der
Kopfplatte K verbunden, sondern nur gewöhnlich darin
fixirt; zum Zwecke des Lüftens der Muttern m können sie
dadurch verdreht werden, daß die damit verbundenen Stirnräder q durch die Zahnstange r bewegt werden.
Letztere wird mittels des in Fig. 19 ersichtlichen
kleinen Druckcylinders verschoben; dabei müssen sich die Schraubenspindeln p, da sie an der Verticalbewegung verhindert sind, mit
ihrem Muttergewinde verdrehen und so die Muttern m
lüften.
Die Wirkungsweise der Presse ist hiernach vollkommen klar; es muß nur noch bemerkt
werden, daß selbstverständlich die Schraubenspindeln p
gleiche Ganghöhe mit dem Flachgewinde der Zugstangen S
haben müssen (sobald die drei im Eingriff befindlichen Stirnräder gleiche
Zähnezahlen haben), weil nur dann der Weg der Muttern m
mit dem Wege der Gegenplatte übereinstimmt. Da aber einerseits der Neigungswinkel
des Gewindes der Schraubenspindel p entsprechend groß
sein muß – mindestens 45° – um durch eine achsiale Kraft
Verdrehung hervorzubringen, während anderseits der Neigungswinkel des
Zugstangenwinkels möglichst klein erwünscht ist, so bietet sich als einfaches
Auskunftsmittel dar, den Durchmesser der Zugstangen S so
vielmal größer zu machen wie die Stärke der Schraubenspindeln p, als der Neigungswinkel des letztern Gewindes größer sein soll wie der
des Zugstangengewindes.
Fr.